Zur Aufführung
TITEL
Der Ring des Nibelungen
Ein Bühnenfestspiel für drei Tage und einen Vorabend
Im Vertrauen auf den deutschen Geist entworfen und zum
Ruhme seines erhabenen Wohltäters, des König Ludwig II.
von Bayern vollendet von Richard Wagner
Vorabend:
Das Rheingold
URAUFFÜHRUNG
22. September 1869, München
Kein Chor. Statisten in den Nibelungen-Szenen.
7
ZUR AUFFÜHRUNG
8
SCHAUPLÄTZE
(bei pausenlosen Verwandlungen):
1. Bild: In der Tiefe des Rheins
2. Bild: Freie Gegend auf Bergeshöhen, nahe dem Rhein, im
Hintergrund Walhall
3. Bild: Nibelheim, das in Klüften des Erdinneren gelegene Reich
der Zwerge oder Nibelungen
4. Bild: Wie 2. Bild
ZEIT
Mythische Vergangenheit.
ORCHESTERBESETZUNG
4 Flöten (große und kleine), 4 Oboen, eine davon auch Englischhorn, 3 Klarinetten, Baßklarinette, 4 Fagotte, eines eventuell durch Kontrafagott ersetzt; 8 Hörner, von denen 4 sogenannte Wagner-Tuben blasen (2 Tenor-, 2 Baß-Tuben), 3 Trompeten, Baß-Trompete, 4 Posaunen (verschiedener Stimmungen), Kontrabaß-Tuba; 2 Paare Pauken, Triangel, 1 Paar Becken, große Trommel, Tamtam, auf der Bühne 16 Ambosse verschiedener Größe; 7 Harfen (1 auf der Bühne); Streicher, wenn möglich 16 erste, 16 zweite Geigen, 12 Bratschen, 12 Violoncelli, 8 Kontrabässe.
SPIELDAUER
etwa 2 Stunden und 20 Minuten.
9
Textbuch mit Erläuterungen
zu Musik und Handlung
ERLÄUTERUNGEN
Wie aus Urtiefen steigt der kaum vernehmbare Beginn dieses seltsamen Vorspiels empor. Wagner schöpfte es aus einer Klangvision (siehe »Geschichte«). Die Kontrabässe verharren auf einem langen, tiefen Ton (wozu bei fünfsaitigen Instrumenten das Herabstimmen der tiefsten Saite um einen Halbton nötig ist), nach
vier Takten treten die Fagotte hinzu:
Es gleicht einer matten Dämmerung in der Wassertiefe.
Nach endlos scheinenden 16 Takten einer ruhig verharrenden, auf Es basierenden Harmonie – die »Endlosigkeit« ist voll beabsichtigt
– bläst ein Horn das erste Motiv:
(1)
Sucht man nach den Definitionen der Leitmotive in Worten, dann wäre dies »der Rhein« im Urzustand, im Naturzustand, das ewige Ziehen des Wassers, sein Kreislauf zwischen Himmel und Erde, von der Quelle zur Mündung. Mit dem gleichen, nur aus aufsteigenden Dreiklangsnoten bestehenden Motiv setzen die weiteren Hörner ein, langsam entsteht ein verstärktes Fließen und Wogen. Die Streicher treten in gleitender Bewegung hinzu, allmählich auch die Holzbläser, immer majestätischer scheint das Wasser
dahinzuströmen:
10
(2)
11
VORSPIEL / ERSTE SZENE
VORSPIEL
ERSTE SZENE
In der Tiefe des Rheines
Grünliche Dämmerung, nach oben zu lichter, nach unten zu dunkler. Die Höhe ist von wogendem Gewässer erfüllt, das rastlos von rechts nach links zu strömt. Nach der Tiefe zu lösen sich die Fluten in einem immer feineren feuchten Nebel auf, so daß der Raum in Manneshöhe vom Boden auf gänzlich frei von Wasser zu sein scheint, welches wie in Wolkenzügen über den nächtlichen Grund dahinfließt. Überall ragen schroffe Felsenriffe aus der Tiefe auf und grenzen den Raum der Bühne ab; der ganze Boden ist in wildes Zackengewirr zerspalten, so daß er nirgends vollkommen eben ist und nach allen Seiten hin in dichtester Finsternis tiefere
Schlüfte annehmen läßt.
ERLÄUTERUNGEN
Wagner setzt hier eine sehr kühne Idee in die klingende Tat um: nicht weniger als 136 Takte lang – das bedeutet eine Zeitdauer von ungefähr viereinhalb Minuten – wird an der Es-Dur-Harmonie nichts verändert, ein Klangbild ersteht vor dem Hörer, das lediglich durch wachsende Intensität (»Beleuchtung« könnte man es beinahe nennen) Leben gewinnt: Ein Fluß zieht durch unendliche Zeiträume dahin, Tag und Nacht, Sonne und Mond spiegeln sich in ihm, lange bevor ein menschliches Auge da ist, ihn zu beobachten. Alles ist Harmonie, sozusagen Urwelt-Harmonie; die Dreiklangsnoten sind als vollkommene, im Weltall verankerte
physikalisch-mathematische Konsonanz aufgefaßt.
In der st...