Richtig gendern für Dummies

Lucia Clara Rocktäschel

• Verlag: Wiley-VCH
• Jahr: 2020
• ISBN:
  9783527834259
• Auflage: 1
• Thema: Languages & Linguistics
• Thema: Journalism

Sie möchten Menschen aller Geschlechter gleichermaßen ansprechen, wissen aber nicht, wie das am besten funktioniert? Lucia Clara Rocktäschel stellt Ihnen in diesem Buch sechs Arten zu gendern vor: von der Paarform über den Gender-Gap bis hin zu unauffälligeren Varianten wie neutralen Formulierungen oder dem Prinzip der Rollenverteilung. Ganz ohne Moralkeule zeigt sie, warum gendergerechte Sprache wichtig ist und wie Sie diese richtig umsetzen - in Studium und Beruf oder auch im Internet. Konkrete Beispiele zeigen Ihnen, wie Sie das Gendern sogar mit Suchmaschinenoptimierung und Barrierefreiheit in Einklang bringen können.

Teil II

Sechs Arten zu gendern

IN DIESEM TEIL …

• Gendern? Ja, aber wie denn nun? In diesem Teil stelle ich Ihnen sechs Arten zu gendern vor. So viele? Richtig – aber lassen Sie sich davon nicht verunsichern. Die Möglichkeiten geschlechtergerechter Sprache sind im Deutschen vielfältig. Das mag zunächst etwas verwirrend wirken, hat aber auch Vorteile! Denn nicht jede Variante eignet sich für jede Situation. In Teil II erfahren Sie, wie Sie die verschiedenen Arten zu gendern richtig anwenden, was für sie spricht und welche Nachteile sie haben. Am Ende dürfen Sie entscheiden, welche Variante Sie in Zukunft nutzen wollen!

Kapitel 4

Die Paarform

IN DIESEM KAPITEL

• Wie Sie die Paarform richtig anwenden
• Was die Paarform so beliebt macht
• Welche Stolperfallen dennoch drohen

Gendern kann so einfach sein! Bedienen Sie sich an den sprachlichen Möglichkeiten, die schon da sind: weibliche und männliche Bezeichnungen. Sprechen Sie Damen und Herren an, Kundinnen und Kunden, Leserinnen und Leser, Freundinnen und Freunde, Ihre Chefin oder Ihren Chef!

Na gut, wenn es wirklich so leicht wäre, könnte ich jetzt aufhören zu schreiben. Die sogenannte Paarform, auch als Doppelnennung bekannt, hat wie alles im Leben mindestens einen Haken. Sie kann Texte aufbauschen, die Leserin ermüden und schließt nichtbinäre Menschen aus. Dafür ist sie für jede:n leicht verständlich und problemlos anwendbar. In diesem Kapitel lernen Sie alles Wissenswerte über die Paarform und wie und wann Sie sie anwenden können.

Immer Hand in Hand

Wie die Paarform funktioniert, können Sie sich sicher vorstellen: Männlein und Weiblein halten sich an den Händen und gehen überall gemeinsam hin – eine große Liebe! Dazwischen passt kein Blatt, sondern allenfalls ein »und« oder ein »oder«:

• Die Zufriedenheit unserer Kundinnen und Kunden liegt uns am Herzen.
• Können Sie mir einen Experten oder eine Expertin auf diesem Gebiet empfehlen?
• Wir suchen eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter, die oder der uns mit einem außerordentlichen Organisationstalent begeistert!

Vielleicht fragen Sie sich jetzt, was eigentlich zuerst kommt: die männliche oder die weibliche Form? Falls Sie noch von der »alten Schule« sind, ist es für Sie vermutlich völlig normal, dass der Mann der Frau den Vortritt lässt. Aber gilt das auch beim Gendern? Mit dem Höflichkeitskodex ist es so eine Sache. Die einen verteidigen ihn vehement, andere betrachten ihn als Relikt aus einer Zeit, in der Frauen von Männern unterdrückt wurden.

Die weibliche Bezeichnung zuerst zu nennen, begrüßen aber auch einige Feminist:innen. Nachdem das generische Maskulinum Frauen so lange unsichtbar gemacht hat, finden sie es wichtig, dass die weibliche Form beim Gendern den Vortritt bekommt.

Ob Sie nun die männliche oder die weibliche Form an den Anfang schreiben, bleibt aber Ihnen überlassen. Da gibt es kein richtig oder falsch. Achten Sie jedoch darauf, dass Sie in Neben- und Folgesätzen auch Artikel und Pronomen wieder in derselben Reihenfolge aufzählen:

• Nicht: Sie erhalten eine individuelle Beratung durch einen Experten oder eine Expertin. Sie oder er wird Ihnen all Ihre Fragen beantworten.
• Sondern: Sie erhalten eine individuelle Beratung durch einen Experten oder eine Expertin. Er oder sie wird Ihnen all Ihre Fragen beantworten.

Das perfekte Match: Paarform und neutrale Formulierungen

Die Paarform kann einen Text allerdings ganz schön aufbauschen. Nehmen Sie beispielsweise den bekannten Satz: »Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin oder Ihren Apotheker oder Ihre Apothekerin.« Das ist ja fast schon ein Zungenbrecher! Holprig klingen auch diese Beispielsätze:

• In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie aus einer Interessentin oder einem Interessenten eine Kundin oder einen Kunden machen.
• Sie suchen eine Therapeutin oder einen Therapeuten, der oder dem Sie vertrauen können? Dann sind Sie hier richtig!
• Studenten und Studentinnen wenden sich für die Betreuung ihrer Abschlussarbeit bitte an einen Dozenten oder eine Dozentin ihrer Wahl.

In solchen Fällen helfen oft neutrale Formulierungen oder alternative Begriffe:

• Bei Risiken und Nebenwirkungen konsultieren Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin oder fragen Sie in Ihrer Apotheke nach.
• In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie aus einer interessierten Person eine Kundin oder einen Kunden machen.
• Sie suchen einen Therapieplatz bei einer vertrauenswürdigen Fachperson? Dann sind Sie hier richtig!
• Studierende wenden sich für die Betreuung ihrer Abschlussarbeit bitte an eine Lehrperson ihrer Wahl.

So lesen sich die Sätze viel flüssiger, finden Sie nicht auch? Fragen Sie sich bei der Paarform also immer, ob Sie an einigen Stellen auch neutrale Begriffe einfügen könnten.

Mit neutralen Formulierungen oder auch dem Prinzip der Rollenverteilung (mehr dazu in Kapitel 8) können Sie die Paarform getrost mischen. Aber zwischen Paarform, Binnen-I und Varianten mit Schrägstrich oder Sonderzeichen sollten Sie nicht hin- und herspringen. Einheitlichkeit ist hier wichtig, denn alles andere verwirrt unnötig und lenkt vom Inhalt des Textes ab.

Für Sparfüchse: Sparschreibungen gegen Wortwiederholungen

Normalerweise sollten Sie auf Wortwiederholungen möglichst verzichten, wenn Sie einen guten Text schreiben wollen. Beim Gendern mit der Paarform ist es jedoch unvermeidlich, Personenbezeichnungen doppelt zu nennen – einmal in der männlichen und einmal in der weiblichen Variante. Nicht für jedes Wort stehen geeignete neutrale Alternativen zur Verfügung. Vielleicht kommt es Ihnen auch zu unpersönlich vor, von »Kundschaft« oder »Personal« zu sprechen. Dann können Sie eine sogenannte Sparschreibung ausprobieren. Sie kennen das vielleicht von Wortgruppen wie »Garten- und Landschaftsbau«, »Vor- und Nachbereitung« oder »Geschlechtergerechtigkeit und -ungerechtigkeit«. Genauso können Sie das auch beim Gendern machen:

• Deutschlehrer und -lehrerinnen
• Flugbegleiterinnen und -begleiter
• Staatsbürger und -bürgerinnen

Ganz ohne die amtliche Rechtschreibung zu verletzen, können Sie das »und« bzw. »oder« auch durch einen Schrägstrich ersetzen. Außerdem ist diese Schreibweise erlaubt:

• Deutschlehrer/-innen
• Flugbegleiter/-innen
• Mitarbeiter/-innen
• jede/-r
• eine/-r

Aufs amtliche Glatteis bewegen Sie sich allerdings mit folgen...

Inhaltsverzeichnis

• Cover
• Titelseite
• Impressum
• Über die Autorin
• Inhaltsverzeichnis
• Einführung
• Teil I: Männlich, weiblich, divers – alle Geschlechter ansprechen
• Teil II: Sechs Arten zu gendern
• Teil III: Richtig gendern in jeder Situation
• Teil IV: Top-Ten-Teil
• Verwendete Literatur
• Stichwortverzeichnis
• End User License Agreement