Ego-State-Therapie bei Traumafolgestörungen
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Ego-State-Therapie bei Traumafolgestörungen

Handbuch für die Praxis

  1. 450 Seiten
  2. German
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Ego-State-Therapie bei Traumafolgestörungen

Handbuch für die Praxis

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Über dieses Buch

Fünfundzwanzig Jahre nach dem Erscheinen der letzten Lehrbücher zur Ego-State-Therapie bei Traumafolgestörungen ist es an der Zeit für einen aktuellen Nachfolger. Mit Kai Fritzsche hat sich einer der versiertesten Ego-State-Therapeuten dieser Aufgabe gestellt.Sein Handbuch leistet zweierlei: Es stellt ein umfassendes Behandlungskonzept vor, das sich gut an die unterschiedlichen Ausprägungen von Traumafolgestörungen anpassen lässt. Und es erläutert praxisnah konkrete Interventionen, die sich aus diesem Konzept ableiten lassen – breit gefächert, einzeln oder in Kombination anwendbar.Der erste Teil des Handbuchs gibt einen Überblick über neuere Entwicklungen in der Ego-State-Therapie und ordnet diese in die bekannten Konzepte zur Behandlung von Traumafolgestörungen ein –unter Berücksichtigung des neu erscheinenden ICD-11. Für die Praxis ergibt sich daraus die Möglichkeit, verschiedene Therapieansätze, Konzepte und Techniken zu integrieren.Der zweite und größere Teil ist dieser praktischen Anwendung gewidmet. Hier werden fünf zentrale Interventionen vertieft und ausführlich erläutert. Die einzelnen Kapitel werden durch Übersichten, Checklisten, Interventionsbeispiele, Verweise auf Alternativen sowie Fallbeispiele angereichert. Jede der fünf Interventionen folgt einer Struktur, die einen schnellen Überblick über die Behandlungsschritte ermöglicht und einen Leitfaden für die tägliche Praxis bildet. Kapitel zur therapeutischen Beziehung und zur Prognose runden das Buch ab.

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Information

Jahr
2020
ISBN
9783849782412
Teil 1 – Orientierung

1Erster Kontakt mit der Thematik der Traumafolgestörungen

Wenn ich heute an den ersten Kontakt mit meinem Berufsleben als Psychotherapeut, an die Anfänge meiner psychotherapeutischen Laufbahn in der Universitätsambulanz für Psychodiagnostik und Psychotherapie der Humboldt-Universität zu Berlin zurückdenke, dann staune ich darüber, wie meine damaligen Patientinnen und Patienten trotz meiner Behandlung gesund wurden. Hochmotiviert, enthusiastisch, man könnte auch sagen etwas hypomanisch und unwissend stürzte ich mich mit meinen Rettungsfantasien förmlich auf sie, sodass ihnen, falls sie sich für ein Verbleiben in der Therapie entschieden hatten, nur eine Chance blieb, die darin bestand, möglichst schnell gesund zu werden.
Den glücklichen Verlauf meiner weiteren beruflichen Entwicklung habe ich vor allem drei Umständen zu verdanken:
1)Die Patienten hatten Geduld mit mir und unterstützten mich in meinen Bemühungen, indem sie mir behilflich waren, ihnen angemessen zu helfen. Ihnen habe ich am meisten zu verdanken und ohne sie könnte ich heute nicht dieses Buch schreiben. Meine Patientinnen und Patienten forderten mich. Sie brachten mich wieder auf den Boden, sie zeigten Verständnis für meine Naivität und sie schenkten mir ihr Vertrauen, das größte Geschenk, das ihnen möglich war.
2)Ich hatte das Glück eines wohlwollenden und verständnisvollen Supervisors, der meine Bemühungen richtig einzuschätzen vermochte und eine wunderbar wertschätzende Art besaß, mich auf die Gefahren meines Tuns sowie auf angemessene psychotherapeutische Wege hinzuweisen, ohne meine Motivation zu bremsen.
3)Ich war fasziniert von der Begegnung mit Menschen. Ihre Geschichte interessierte mich und das spürten sie. Ich wollte verstehen, mitfühlen, Ideen bekommen. Ich wollte mit ihnen ein Stück des Weges gemeinsam gehen, mal einen Schritt voraus, mal einen Schritt hinterher und möglichst häufig genau neben ihnen. Ich wollte mich auf ihre Seite schlagen, was einerseits unmöglich schien, was sie andererseits unbedingt brauchten. Ich suchte mit ihnen gemeinsam nach Bewältigungsschritten, bildete mit ihnen ein Team, das meiner Vorstellung nach durch dick und dünn ging, und versorgte sie mit Zuversicht.
Seitdem ist viel Zeit vergangen und ich hatte reichlich Gelegenheit zu lernen, nicht nur von meinen Patientinnen und Patienten, sondern auch aus einem riesigen Wissensfundus all derer, die sich mit dem Thema des Verstehens von psychischen, physischen und sozialen Prozessen in Zusammenhang mit Traumatisierungen und mit den Behandlungsmöglichkeiten von Traumafolgestörungen beschäftigten und noch immer beschäftigen. Ich werde natürlich nicht alle zitieren können, die mich in meiner Arbeit beeinflusst haben. Ich werde jedoch versuchen, so viele Verweise unterzubringen, wie es möglich ist.
In meinen Seminaren und Vorträgen werde ich häufig gefragt, wie ich es aushalten würde, mich den ganzen Tag mit Traumatisierungen zu beschäftigen. Die Antwort fällt mir nicht schwer: Ich beschäftige mich nicht den ganzen Tag mit Traumatisierungen. Ich habe das Glück, mich den ganzen Tag Menschen widmen zu können. Diese sind mehr als ihre traumatischen Erfahrungen, deutlich mehr. Trotz der Nähe zum Schrecken, zu Ohnmacht, Hilflosigkeit, Bedrohung und Gewalt freue ich mich auf die Begegnung mit diesen Menschen.
Ich bin ihnen auch dankbar dafür, dass sie mit mir arbeiten und mir meine Ecken und Kanten ebenso verzeihen können wie meine Fehler.
Bereits bei meinem ersten Kontakt mit dem Berufsleben als Psychotherapeut begegnete ich Menschen, die unter Traumafolgestörungen litten. Wie bei allen anderen psychischen und somatischen Störungen auch, halte ich es für wichtig, die eigenen Reaktionen, Impulse und Gefühle wahrzunehmen, die diese Störungen bzw. Menschen, die unter ihnen leiden, auslösen. In der Behandlung von Traumafolgestörungen werden wir mit einer Vielzahl an schrecklichen Geschichten konfrontiert. Es bleibt eine berufslebenslange Aufgabe, eigene konstruktive Wege zu finden, damit gut umzugehen. Zum Glück gibt es hinter den schrecklichen Geschichten immer den Menschen, zu dem auch andere Geschichten und andere Seiten gehören. Ich möchte an dieser Stelle vom ersten Kontakt mit einer der komplexen und drastischen Biografien berichten, die ich als junger Therapeut erlebte und die mit zu den Behandlungen gehörte, die meine traumatherapeutische Ausrichtung prägte. Die Fallsequenz stellt auch für Sie, liebe Leserin und lieber Leser, in diesem Buch einen ersten Kontakt mit betroffenen Menschen dar, von denen viel berichtet werden wird und die uns mit all ihren Facetten begleiten werden. Das Fallbeispiel 1 führt uns mitten hinein in die Fragen der Beschreibung, Einordnung, Behandlung und des Erlebens von komplexen Traumafolgestörungen. Es kann auch die unterschiedlichen Gefühle verdeutlichen, die Biografien bei uns auslösen, in denen traumatisches Geschehen enthalten ist.

Fallbeispiel 1

Der erste Kontakt mit der kasachischen Patientin fand im Beisein ihrer Betreuerin statt, die sich händeringend mit der Bitte um eine traumatherapeutische Behandlung für die junge Frau an mich gewandt hatte. Der sowjetische Hintergrund stand während meiner Kindheit und Jugend in der DDR nicht besonders hoch im Kurs. Umso verblüffender war der Effekt, irgendwie ziemlich schnell einen Draht zu ihr gefunden zu haben, die derart auffällig und instabil zu sein schien, dass ihr viele ambulante Therapeuten und stationäre Einrichtungen eine Behandlung verwehrten, zum Teil, da diese schon mehrmals ohne Erfolg versucht worden waren. Sie brachte mir im Therapieverlauf u. a. Zeichnungen und Grafiken mit, die sie selbst angefertigt hatte. Eine davon zeigte ein Diddl-Maus-Paar in einer Blüte. Die beiden Diddl-Mäuse umarmten sich glücklich und strahlten sich liebevoll an. Die Blüte stand farbenfroh in voller Pracht und ich versuchte, das Leben der Patientin mit diesem Bild in Verbindung zu bringen. Sie hatte es mit den Worten kommentiert, dass dies der Zustand sei, den sie erreichen möchte, ein Zustand, in dem sie glücklich sei. Ein solches Glücklichsein stand in krassem Gegensatz zu ihrer derzeitigen Situation. Sie befand sich in einem Strudel aus heftigen Symptomen, von denen das beängstigendste war, dass sie einen kaum zu kontrollierenden Drang verspürte, einen Menschen umzubringen.
Von gewalttätigen und extrem vernachlässigenden Eltern kommend, gelangte sie im Alter von 13 Jahren in Kasachstan an eine paramilitärische Einheit, in der sie zum Kämpfen ausgebildet wurde. Sie lernte dort die verschiedenen Fertigkeiten des Guerillakampfes. In den folgenden zwei Jahren führte sie Aufträge der Einheit aus, zu denen auch Auftragsmorde gehörten. Es gelang ihr später, sich nach Deutschland abzusetzen, wo sich eine komplexe Traumafolgestörung entwickelte, die die Patientin immer noch in gleichem Maße belastete. Dazwischen lagen gescheiterte Versuche der Integration, Ausbildung, Klinikbehandlungen, geschützte Wohnprojekte, Drogenprojekte, Obdachlosigkeit, Kriminalität und ein Gefängnisaufenthalt. Während dieser gesamten Zeit erlebte sie permanent Überflutungen von traumatischen Erinnerungen, Bedrohungserleben (bedroht werden und bedrohen gleichermaßen), extreme Anspannung, Angst- und Panikzustände, quälende Zwangsgedanken, Derealisationen, Suizidalität, autoaggressives Verhalten, Depressivität, Identitätsunsicherheit. Es war anspruchsvoll, ihr und ihrem Körper zu helfen, sich in Sicherheit fühlen zu können, überhaupt so etwas wie Sicherheit spüren zu können und Möglichkeiten zu finden, sich ihrem Leben und ihren Beschwerden zuzuwenden. Mir war klar, dass es dafür einen integrativen Behandlungsansatz brauchte, dass der Körper, die Gefühle und die Überzeugungen einbezogen werden müssten, dass wir sowohl top-down als auch bottom-up arbeiten müssten und dass die Behandlung nur gelingen konnte, wenn sie gut vernetzt und supervidiert stattfand.
Anhand dieses Fallbeispiels lässt sich ebenfalls zeigen, inwieweit uns eine Topografie von Traumafolgestörungen dabei unterstützt, uns in der Behandlung zu orientieren. Die verschiedenen Bereiche dieser Topografie bilden sozusagen Puzzleteile auf dem Weg der traumatherapeutischen Behandlung. Die Symptome der Traumafolgestörungen der Patientin zeigten sich sehr deutlich und ließen sich schnell mit dem zugrunde liegenden traumatischen Stress in Verbindung bringen (siehe Abschnitt 2.1). Neben den Intrusionen verschiedener traumatischer Ereignisse, den drogengestützten Vermeidungsversuchen und der anhaltenden Übererregung stand das Verlangen der Patientin, einen Menschen zu töten, absolut im Vordergrund und erforderte intensive therapeutische Arbeit. Ebenso wie die Symptome ließen sich die traumatischen Ereignisse bzw. die traumatischen Belastungen topografisch nutzen. Allerdings fand sich eine große Zahl der Ereignisse sowie der verschiedenen Arten von Traumatisierungen (siehe Abschnitt 2.2). Der aktuelle Zustand der Patientin und Aspekte ihrer Persönlichkeit ließen sich zusätzlich nutzen, um einen therapeutischen Weg zu finden (siehe Abschnitt 2.3). Einerseits wirkte die Patientin in ihrem Alltag im Rahmen des geschützten Wohnens stabil, andererseits gab das beschriebene vorrangige Symptom Anlass zu großer Sorge. Die Klassifikation der Störung der Patientin als komplexe Traumafolgestörung fiel nicht schwer. Sie diente als Grundlage für die Erstellung eines individuellen Behandlungsplanes (siehe Abschnitte 2.4 und 2.5). Aufgrund der Komplexität und Ausprägung des Störungsbildes wurde schnell ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Widmung
  3. Titel
  4. Impressum
  5. Inhalt
  6. Vorwort von Martin Sack
  7. Vorwort
  8. Teil 1 – Orientierung
  9. Teil 2 – Behandlung
  10. Fazit und Ausblick
  11. Verzeichnis der Checklisten
  12. Literatur
  13. Über den Autor