War Marx ein Zwilling?
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War Marx ein Zwilling?

Der Marxismus ist mausetot. Der "andere" Marx wie er leibt und lebt und tagtäglich aktueller wird.

  1. 144 Seiten
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War Marx ein Zwilling?

Der Marxismus ist mausetot. Der "andere" Marx wie er leibt und lebt und tagtäglich aktueller wird.

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Obwohl die Auflagen seiner Bücher an die Verbreitung der Bibel heranreichen, ist Karl Marx heute aus den Buchhandlungen fast ganz verschwunden. Eine Marx-Auswahl-Auswahl fehlt daher und könnte doch nützlich sein, vielleicht nicht zuletzt für eine junge Generation in Ost und West, die mit keiner Marx-Lektüre und keiner Marx-Diskussion mehr aufgewachsen ist, sich aber endlich einmal selber mit dem authentischen Marxschen Denken auseinandersetzen will, das angeblich beinahe die Weltgeschichte ruiniert hätte. Es hat schon viele Editionen Marxscher Texte gegeben, wobei meistens ein Verständnis stille Voraussetzung war, das Marx mit dem "Marxismus" der sozialistischen Arbeiter- und Staatsparteien indentifizierte. Heute ist dieser Sozialismus ebenso mausetot wie die Arbeiterbewegung. Die Formeln des "Standpunkts der Arbeit" und des "Klassenkampfs" sind altertümlich geworden; sie lösen keine positiven oder negativen Leidenschaften mehr aus und reizen nur noch zum Gähnen. Lass Dich überraschen von der Radikalität und Logik des "anderen" Marx, der bis an die Innere Schranke des Kapitalismus dachte und sogar darüber hinaus.

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Information

Universelle Aneignung einer Totalität von Produktivkräften:
Kriterien für die Überwindung des Kapitalismus
Der kapitalistisch sozialisierte Normalmensch wird enttäuscht sein, wenn er feststellen muss, dass Marx außer einer Analyse und Kritik der kapitalistischen Produktions- und Lebensweise keine umfassende Blaupause für das hinterlassen hat, was noch vor einiger Zeit in der Linken und in den staatskapitalistischen Staaten „Aufbau des Sozialismus“ genannt wurde, keine Anweisung, wie man das denn „richtig“ zu machen hätte. Es fehlt jedenfalls das, worauf der kapitalistische Normalmensch bei Gesellschaftskritik einen Anspruch zu haben glaubt, nämlich eine beigepackte sozialökonomische Gebrauchsanweisung. Das liegt ganz einfach daran, dass ein solches Konstrukt aus der kritischen Gesellschaftstheorie beim besten Willen nicht ableitbar ist. Kritische Theorie kann die negativen und destruktiven Erscheinungen des Kapitalismus, wie sie von allen Menschen in irgendeiner Weise erfahren werden, erklären und auf den Begriff bringen, analysieren und damit die Kritik des Kapitalismus und die Notwendigkeit seiner Überwindung begründen. Diese Begründung der Kritik ist aber etwas ganz anderes als eine Gebrauchsanweisung für den konkreten Aufbau einer „idealen“ und womöglich „widerspruchsfreien“ Gesellschaft, ein Reißbrettentwurf für eine Gesellschaftsarchitektur nach irgendeinem Modell des Menschen, wie er zu sein hätte.
Wer eine solche Gebrauchsanweisung einfordert, verlangt unbewusst, dass selbst noch die Überwindung der Marktgesellschaft nach dem gewohnten und eingefleischten Muster des Kaufens und Verkaufens vonstattengehen soll: er sieht die kritische Theorie in der Rolle des Verkäufers, der gefälligst ein Angebot mit garantiertem Rückgaberecht zu machen hat, und sich selbst in der Rolle des wählerischen (und ewig betrogenen) Konsumenten, der eine umfassende Produktinformation wünscht, um die erworbene Ware problemlos konsumieren zu können. Dabei vergisst er, dass ja keineswegs von einem Warenangebot auf dem Markt der Meinungen, Weltverbesserungsvorschläge usw. die Rede ist, sondern von den realen Leiden seines eigenen Lebens und den an ihn gerichteten gesellschaftlichen Zumutungen, von denen er sich nur selber im Verein mit anderen Menschen befreien kann. Kritische Theorie ist in diesem Sinne kein Angebot, sondern ein Spiegel der Selbsterkenntnis, eine Wut des Begreifens und eine „Aufforderung zum Tanz“ mit ungewissem Ausgang.
Indem das Normalbewusstsein die Kritik als fix und fertige Utopie einfordert, die man wie ein Supermarktangebot kaufen oder verschmähen kann, macht es (wiederum unbewusst) auf den inneren Zusammenhang zwischen Utopismus und Warenform aufmerksam. Deshalb ist bei der Frage nach der Überwindung des Kapitalismus und dem Weg in eine andere Gesellschaft noch einmal auf den nicht-utopischen Charakter der Marxschen Theorie und auf die These zurückzukommen, dass wir in Wahrheit heute mitten in einer verwirklichten Negativutopie leben, denn nichts Anderes ist der zum Weltsystem ausgewachsene Kapitalismus. Oder wie soll man es sonst nennen, dass in diesem System die Individuen durch den „stummen Zwang der Verhältnisse“ (Marx) ebenso wie notfalls durch Staatsgewalt „eindimensional“ (Herbert Marcuse) gemacht und zur Exekution blinder Systemgesetze an sich selbst genötigt werden? Der „neue Mensch“ war von Anfang an ein Postulat der modernen Form versachlichter Herrschaft. Die Zwangsvorstellung eines „ideal“ kontrollierten „Menschenmaterials“, das auch innerlich unter dem Bann eines ihm vorgegebenen abstrakten Selbstzwecks steht, gehörte schon zu den frühesten Ideen kapitalistischer Rationalität. Und heute wird bekanntlich unter dem Totalitarismus des Marktes der total modellierbare und sich selbst nach Marktimperativen modellierende „neue Mensch“ gewissermaßen im Jahres-, Monats- und Wochentakt abgefordert.
Im Zuge dieser Verwirklichung eines totalitären utopischen Anspruchs unter der Maske der Sachlichkeit setzte eine Umwertung der Begriffe ein: Die utopische Irrationalität und Eindimensionalität des kapitalistischen Selbstzwecks wurde zur „natürlichen Ordnung der Dinge“, und die betriebswirtschaftliche Zerstörungslogik, die das Universum der sinnlichen Welt gnadenlos auf die eine dürre Abstraktion des Geldes zurechtschneidet, zum „pragmatischen Umgang“ mit den Dingen erklärt. Umgekehrt mussten dann aber auch in der einmal verwirklichten kapitalistischen Utopie das Geltendmachen der elementarsten menschlichen Regungen und Bedürfnisse wie die einfachste pragmatische Vernunft im Umgang mit der erfahrbaren sinnlichen Welt den falschen Namen des Utopischen annehmen. Indem der Kapitalismus die Ortlosig- keit zum realen Ort der Welt machte, verbannte er die menschli- che Vernunft in die reale Ortlosigkeit. Es ist „utopisch“ geworden, den zur mörderischen Plage ausgeuferten Transport von der Straße auf die Schiene zu verlegen, die gemeingefährlichen und viele Generationen als Hypothek belastenden Atomkraftwerke früher als in 30 Jahren abzuschalten oder mit Hilfe der mikroelektronischen Netzwerke und Automaten, der größten Arbeitsersparnis aller Zeiten, weniger als die Bauern des Mittelalters zu „arbeiten“ – um bloß einige Beispiele zu nennen. In der Welt des vollendeten Kapitalismus ist nur der offene Wahnsinn realistisch. Unter diesen Bedingungen nimmt der sogenannte Pragmatismus zwangsläufig selber endzeitliche Züge an.
Es gibt also, und das ist die Botschaft von Marx, erstens kein „neues Jerusalem“ welcher Art auch immer zu verwirklichen, sondern schlicht mit dem verwirklichten Irrsinn der herrschenden Produktionsweise Schluss zu machen, die alle Produktivkräfte in Destruktivkräfte verwandelt hat. Und zweitens kann die Aufgabe der praktischen Veränderung in diesem Sinne nicht mehr in das Ressort einer die Kritik begründenden Theorie fallen, sondern nur die Tat einer praktischen sozialen Aneignungs- und Aufhebungsbewegung sein. Allenfalls kann die Theorie dafür allgemeine Zielsetzungen und bestimmte, aus der begründeten Negation des Kapitalismus folgende Kriterien angeben; und nur solche Kriterien finden sich dementsprechend bei Marx. Diese aber sind in der Regel explizit wie implizit stets bereits Bestandteil der kritischen Analyse selber.
Der vernünftige Umgang mit den Dingen selber ist also nicht aus den Abstraktionen der kritischen Theorie herzuleiten, sondern diese kann nur als Begründung dafür dienen, dass sich die Individuen bewusst zu einer negatorischen Organisation zusammenschließen, um die kapitalistische Antivernunft zu sprengen, sich die gesellschaftlichen Potenzen anzueignen und in einem von den irrationalen betriebswirtschaftlichen Zwängen befreiten praktischen Umgang mit den Dingen deren vernünftigen Gebrauch eigentlich erst herauszufinden, also die vom Kapitalismus in einer destruktiven Form hinterlassenen Produktivkräfte gewissermaßen „auszusortieren“, sie umzuformen, in andere Konstellationen zu bringen, teilweise auch wegen erwiesener Unsinnigkeit oder Gemeingefährlichkeit stillzulegen usw. Während der Kapitalismus ohne Rücksicht auf die besondere Qualität, auf den spezifischen Stoff oder Inhalt, auf die jeweilige Eigenart usw. der Dinge und Beziehungen alles nach ein und demselben abstrakt-allgemeinen Prinzip zurichtet, nämlich dem Prinzip der Verwertung des Werts oder der Plusmacherei, wäre es gerade das „Prinzip“ des Kommunismus im Marxschen Sinne, gar kein solches Prinzip mehr zu haben, sondern erstmals bewusst pragmatisch mit der Welt umzugehen.
Das Kriterium dafür besteht darin, dass kein fetischistisches Medium mehr zwischen die gesellschaftlichen Individuen und die Welt tritt. Insofern eben kann darüber keine allgemeine theoretische Aussage Auskunft geben, sondern nur die praktische Erfahrung im veränderten Umgang mit den Dingen selbst und der Prozess dieser Veränderung selbst. Der Begriff einer „Aneignungsbewegung“ trifft vielleicht dieses Marxsche Kriterium am besten, weil er den Charakter der umwälzenden Aneignung als Prozess erfasst: nicht die beschränkte und äußerliche „juristische“ Form der Aneignung, worauf sich dieser Gedanke im Arbeiterbewegungsmarxismus weitgehend reduzierte, sondern die tatsächliche, praktische, stofflich-sinnliche, intellektuelle usw. Aneignung einer „Totalität von Produktivkräften“, also die Verfügungsgewalt nicht im Sinne von bloß auf „das Volk“ oder „die Gesellschaft“ übertragenen bürgerlichen Eigentumstiteln, sondern von tatsächlicher inhaltlicher Beherrschung der eigenen universellen Gesellschaftlichkeit und ihrer Potenzen.
Die Produktivkräfte müssen dem Kapitalismus nicht nur entrissen, somit ihrer bürgerlichen Rechtsform überhaupt entkleidet werden, sondern sind in diesem weit umfassenden Sinne anzueignen und gerade dadurch umzuformen. Marx wendet sich bewusst und deutlich gegen die „juristische Illusion“ einer Pseudo-Aufhebung des Kapitals innerhalb der bürgerlichen Rechtsformen. Diese juristische Illusion besteht eben darin, die kodifizierte Eigentumsform (eben jene vermeintliche Verfügungsgewalt) für das Eigentliche und Wesentliche zu nehmen, obwohl sie doch nur die notwendige Konsequenz bestimmter, ihr vorgelagerter Produktionsverhältnisse und gesellschaftlicher Beziehungsformen ist. Es wäre also nur absurd, ein direktes gesellschaftliches Eigentum einführen zu wollen und dennoch die dem gerade nicht gesellschaftlichen Eigentum zugrundeliegende Warenproduktion, abstrakte Arbeit usw. beizubehalten (wie dies im „Realsozialismus“ der Fall war).
Es bereitet wenig Schwierigkeiten, bei der Benennung solcher Kriterien für die tatsächliche Überwindung des Kapitalismus den esoterischen vom exoterischen Marx zu trennen. Das „Proletariat“ als solches kann mit seinem schon dem Begriff nach in den vorgegebenen Rahmen des Kapitalismus eingebrannten „Klassenkampf“ die Marxschen Kriterien für eine Aufhebungs- und Aneignungsbewegung über den Kapitalismus hinaus nicht erfüllen. Deshalb blieb der „Arbeitssozialismus“ auch stets in der Rechtsform und damit der „juristischen Illusion“ über die Verfügungsgewalt befangen. Teilweise legt Marx selber schon eine andere Logik der Aufhebung und Aneignung nahe, wenn er dabei streckenweise nicht vom „Proletariat“, sondern von den „Individuen“ spricht. In der Tat kann Träger einer im Sinne des esoterischen Marx umwälzenden sozialen Bewegung keine vom Kapitalismus selber apriorisch vordefinierte Klasse sein, die sich gerade auf ihre Stellung im Kapitalismus beruft, wie sie ihr „unbewusst“ schon zukommt, sondern nur ein bewusster Zusammenschluss der Individuen, der von ihrer eigenen Einsicht und nicht von ihrer objektiv vorgegebenen Stellung im System abhängt.
Während innerhalb der kapitalistischen Kategorien und ihres scheinbar objektiv vordefinierten, quasi-naturgesetzlichen Zusammenhangs der Wille der Individuen bloß eine Illusion ist, kann umgekehrt die Aufsprengung dieses irrationalen Fetischverhältnisses wirklich nur eine Funktion des Willens sein, und zwar eben des Willens derjenigen Individuen, die aufgrund ihrer Erfahrung und eigenen kritischen Einsicht „nicht mehr wollen“ (also ihre bisherige, unerträglich gewordene bürgerliche Willensform abstreifen wollen). Insofern wäre eine vom Kapitalismus und überhaupt vom Fetischismus befreite Gesellschaft erstmals eine, deren Gestalt, Leben und Tätigkeit tatsächlich auf ihre freien Willensverhältnisse zurückzuführen ist. Wenn es um eine nicht bloß illusorische Überwindung des Kapitalismus geht, stürzt also nicht eine innerkapitalistische Klasse die andere, sondern der Zusammenschluss der kritischen Individuen (ungeachtet ihrer jeweiligen innerkapitalistischen Position), die sich das „automatische Subjekt“ vom Hals schaffen wollen, stößt mit dem Teil der Gesellschaft zusammen, der es (ebenfalls ungeachtet seiner vorgegebenen Stellung) unbedingt erhalten und sein Heil in der umso hemmungsloseren Konkurrenz suchen will. Der „Materialismus“ der Aufhebungsfrage besteht in der Art und Weise, wie die in einem umfassenden gesamtgesellschaftlichen Sinne negativen Erfahrungen der kapitalistischen Realität verarbeitet werden, nicht in der Art und Weise, wie die Individuen a Priori sozial festgenagelt sind.
Insofern ist die alte marxistische Frage nach dem (objektiv vorgegebenen) „Subjekt“ der Kapitalismuskritik, wer es denn „an sich“ schon sei, ohne von seinem historischen Glück zu wissen, schlicht falsch gestellt und daher heute bloß noch eine ratlose. In der kapitalistischen Welt des 21. Jahrhunderts, in der die fixierten sozialen Funktionskategorien real fließend geworden und die Individuen tatsächlich und handgreiflich atomisiert worden sind (bei gleichzeitiger Verschärfung der globalen Massenarmut und vielfältiger Verelendungsprozesse), kann es weitaus eher als im 19. Jahrhundert einleuchten, dass die Kriterien des esoterischen Marx für die Überwindung des Kapitalismus gerade nicht von ei- ner systemisch vorbestimmten Klassenbewegung, sondern nur von einer bewusst sich selbst konstituierenden Bewegung der „assoziierten (bzw. sich im Prozess der praktischen Kritik selber assoziierenden) Individuen“ erfasst und wirksam gemacht werden können.
Mag diese Einsicht aufgrund der heutigen empirischen Evidenz auch relativ leichtfallen (außer für die in ihrer ideologischen Identität gefesselten restlichen Marxisten der vergangenen Epoche), so haben es doch die anzulegenden Kriterien selber in sich und sperren sich dem Bewusstsein, wie es in dieser kapitalistischen Welt geworden ist. Der scheinbar plausible Begriff der Aneignung lässt schnell die Scheuklappen herunter, wenn klar wird, dass dieses Kriterium unvereinbar mit der Rechtsform ist. Denn in dieser Hinsicht sind die kapitalistisch sozialisierten Individuen, und gerade die postmodernen, allesamt „Arbeiterbewegungsmarxisten“, weil hier ja der obsolet gewordene Marxismus mit dem bürgerlichen Bewusstsein zusammenfällt. Das bürgerliche Individuum kann sich zunächst einmal nicht selber außerhalb der Rechtsform denken, die ja seine Subjektform und damit seine Beziehungsform zur Welt ist. Diese bürgerliche Rechtssubjektivität kommt aber, wie Marx offengelegt hat, überhaupt nur durch die Aufspaltung des bürgerlichen Menschen in ein Wirtschafts- und ein Staatsbürgersubjekt zustande, in den „homo oeconomicus“ und den „homo politicus“, den „bourgeois“ und den „“citoyen“, den Geldmenschen und den Staatsmenschen. Geld und Staat aber sind laut Marx die beiden polaren Formen einer bloß abstrakten und daher unwahren Allgemeinheit, jener bloß „illusorischen Gemeinschaftlichkeit“. Damit die unwahre Gesellschaft der nach blinden Gesetzmäßigkeiten atomisierten Individuen wirklich zu einer Gesell...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelblatt
  3. Urheberrecht
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Ein Vorwort
  6. Das Schicksal des Marxismus – Marx lesen im 21. Jahrhundert
  7. Marx und der postmoderne Abgesang auf die „Großtheorie“
  8. Nach dem Jahrhundert der Arbeiterbewegung
  9. Die innere Ungleichzeitigkeit des Kapitalismus
  10. Die Arbeiterbewegung in der „nachholenden Modernisierung“ des 19. Jahrhunderts
  11. Die Zwillinge: Der exoterische und der esoterische Marx
  12. Marx und die Arbeiterbewegung: keine Liebesheirat
  13. Der Marxismus und die nachholende Modernisierung im 20. Jahrhundert
  14. Die Verwurstung des Marxismus im Kalten Krieg
  15. Die 68er Bewegung als Johannistrieb des exoterischen Marx
  16. Die große Irritation nach dem Ende des Marxismus
  17. Marxistische Totenbeschwörungen
  18. Die kategoriale Krise und die Tabuzone der Moderne
  19. Der Fetischismus als stumme Dimension und der große Sprung der Geschichte
  20. Postmoderne Mogelpackungen als letztes Wort der Moderne
  21. Sie wissen es nicht, aber sie tun es: Die kapitalistische Produktionsweise als irrationaler Selbstzweck
  22. Das fremde Wesen und die Organe des Hirns: Kritik und Krise der Arbeitsgesellschaft
  23. Die unwahre Erscheinung einer eingebildeten Souveränität: Kritik der Nation, des Staates, des Rechts, der Politik und der Demokratie
  24. Aus allen Poren blut- und schmutztriefend: Der hässliche Kapitalismus und seine Barbarei
  25. Die wahre Schranke der kapitalistischen Produktion ist das Kapital selbst: Mechanik und historische Tendenz der Krisen
  26. Jagd über die ganze Erdkugel, die Konkurrenz rast: Globalisierung und Fusionitis des Kapitals
  27. Die Mutter aller verrückten Formen und die Brut von Börsenwölfen: Zinstragendes Kapital, spekulative Seifenblasen und die Krise des Geldes
  28. Universelle Aneignung einer Totalität von Produktivkräften: Kriterien für die Überwindung des Kapitalismus