Wenn Werte Worte suchen
eBook - ePub

Wenn Werte Worte suchen

Von den Werten und dem Werten

  1. 196 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Wenn Werte Worte suchen

Von den Werten und dem Werten

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

"Wenn Werte Worte suchen - Von den Werten und dem Werten" untersucht die Logik und den Charakter des Wertes. Der Blick richtet sich nach einem Streifzug durch die Literatur auf den Umgang mit Werten in der Praxis. Insbesondere die Verantwortung der Medien wird thematisiert.Als Alternative plädiert der Autor für Begriffe, die einen Sachverhalt beschreiben, anstatt ihn zu bewerten. Ihm geht es um ein Verstehen von Unterschieden, Meinungen und Haltungen. Dementsprechend wirbt er für einen verstärkten Dialog und beschreibt Wege, wie die Fähigkeit hierzu wiedererlangt werden kann.Das Buch will als Sachbuch zu einer Diskussion und Reflexion beitragen, die nicht nur fachgebunden, sondern für eine interessierte Leserschaft zugänglich ist. Geschrieben ist es für einen Personenkreis, der sich aus pädagogischen, therapeutischen oder anderen Gründen mit Werten beschäftigt, aber auch für Menschen, die die politischen Entwicklungen in unserer sogenannten Wertegemeinschaft verfolgen.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Wenn Werte Worte suchen von Günther Krüger im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Politik & Internationale Beziehungen & Politik. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Von den Ballons, die bei Festlichkeiten aufgeblasen werden
Diese Überschrift greift ein Zitat auf, das Andreas Urs Sommer seinem Essay voran gestellt hat. Vollständig lautet es: „Werte sind nichts anderes als eine hochmobile Gesichtspunktmenge.
Sie gleichen nicht, wie einst die Ideen, den Fixsternen, sondern eher Ballons, deren Hüllen man aufbewahrt, um sie bei Gelegenheit aufzublasen, besonders bei Festlichkeiten.“ Sommer zitiert den Soziologen und Gesellschaftstheoretiker Niklas Luhmann.112 Warum Sommer diese Worte wählt, erschließt sich nicht sofort. In seiner Nachbemerkung spricht er jedoch – ein anderes Bild verwendend – von Wundertieren, die „erstaunlich zahm und ja sogar nützlich sind“.113 Vermutlich will Andreas Urs Sommer bereits zu Beginn auf das Bunte und Leichte in den Werten aufmerksam machen. Da sie sich gerade in der Krise bewähren, spart man sie sich besser auf wie Ballons zu Festlichkeiten. Denkbar wäre noch eine andere Interpretation: Ballons sind nur bunt und schön im aufgeblasenen Zustand. Lässt man aus ihnen die Luft wieder heraus, fallen sie in sich zusammen. Soll das auch für die Werte gelten? Auf diese Idee könnte man kommen, wenn man ein anderes Zitat von Niklas Luhmann berücksichtigt, demzufolge Werte viel versprächen, aber nichts hielten.
Andreas Urs Sommer hält in seinem Essay ein leidenschaftliches Plädoyer für die Werte. Zudem gibt er eine Antwort auf die Frage, warum das Werten nicht unbedingt in einem Zusammenhang mit den Werten zu sehen ist. Dieser Abschnitt wendet sich somit noch einmal dem „Wert an sich“ zu, um dann wieder in den Wertealltag zurück zu kehren.
Sommer nähert sich den Werten, indem er Fragen formuliert, die sich auf Kategorien beziehen, die ursprünglich von Aristoteles entwickelt worden waren. Sie dienten ihm zu dem Zweck, Bestehendes zu beschreiben, um hierüber reden zu können. Analog zu diesen Kategorien ergeben sich bei Sommer nachfolgende Fragen:
Was ist ein Wert?
Wie viele Werte gibt es?
Wie ist ein Wert beschaffen?
Worauf beziehen sich Werte?
Wo und wann sind Werte (im Gebrauch)?
In welcher Position ist ein Wert?
Was haben Werte?
Was tun Werte?
Was erleiden Werte?
Zusätzlich zu den genannten Kategorien stellt Sommer die Frage nach dem „Warum“ Werte sind.114
Die Beziehung von den Werten und dem Werten beschreibt Andreas Urs Sommer wie folgt: „Werte sind nichts, was dem Bewerten vorausgeht, sondern etwas, was aus dem Bewerten hervorgeht. Werte sind nicht vorausgesetzt, sondern abgeleitet. Sie sind nicht Prämissen, sondern die Resultate des Bewertens.“115 Mit dieser Zuordnung schließt Sommer aus, dass Werte dem Bewerten zugrunde liegen. „Bewerten ist zwar eine grundlegende Funktion des Lebens. Daraus folgt aber mitnichten die Existenz oder die ‚Geltung‘ eines Abstraktums namens ‚Wert‘ oder entsprechender Abstrakta im Plural. Die Vorstellung von Wert oder Werten, die dem Bewerten zugrunde liegen sollen, ist missbräuchlich….“116 Hier begegnet uns das bekannte Problem von „Henne und Ei“.
Sommer wendet sich gegen eine philosophische Auffassung, dass es moralische Werte im Sinne einer objektiven Wertordnung gäbe. Mit dieser Haltung stimme ich überein. Das „Henne-Ei-Problem“ hingegen muss ich noch aufschieben, zumal sich die Frage, was Werte sind, erst nach dem Durchlauf durch alle aristotelischen Kategorien beantworten lässt.
Fürs Erste bezeichnet er sie als „Fiktionen“117, also als Annahmen, die richtig oder falsch sein, aber zu richtigen Erkenntnissen verhelfen können. Fiktionen sind ein Vehikel zur Erkenntnisbildung.
In der zweiten Kategorie geht es um die Quantität des zu untersuchenden Gegenstandes: Wie groß ist etwas? und: Wie viele von ihm gibt es? Um diese Fragen zu klären, geht Sommer zurück zur Geschichtlichkeit der Werte mit dem Fokus auf den Grund ihrer Entstehung. Weshalb wurden sie erfunden oder gebraucht? Die geläufigste These, die uns bereits begegnet ist, behauptet, dass Werte gebraucht wurden, weil sie im Gegensatz zu den in die Krise geratenen metaphysischen Lehren mit ihren Tugenden und Pflichten empirisch nachvollziehbare Eigenschaften versprachen. Wie seine Brüder aus der Ökonomie seien Werte in der Ethik bezifferbar und vielfältig. Ferner besäßen sie die Fähigkeit, die Welt, in der wir leben zu strukturieren.118 Gegen diese These führt Sommer an: „Werte bleiben nicht, was sie sind – angeblich unerschütterliche Felsen in der Brandung des Lebens. Vielmehr sind sie selbst äußerst dynamisch. Sie scheinen sich zu vermehren. Werte gebären Werte und erweisen sich dabei als äußerst reproduktionsfreudig.“119 Die Frage zur Quantität beantwortet er entsprechend: „Viele, immer mehr.“120
Die dritte Kategorie fragt nach der Qualität oder Beschaffenheit: Wie ist der Wert (beschaffen)? Die Antwort: Die Vielzahl der Werte folgt deren historischem Wandel in der Moderne. „Das Wie der Werte ist wesentlich Wandelbarkeit.“121
Worauf beziehen sich Werte? So lautet Sommers Ausgangsfrage zur vierten Kategorie, die zur Relation. Aus den bisherigen Antworten ist zu folgern, dass Werte sich aufeinander beziehen. Anzunehmen wäre dabei, dass sie sich gegenseitig ergänzen, einander ausschließen, miteinander konkurrieren oder sich gegenseitig relativieren. Sommer sieht – im Gegensatz zu den Wertekritikern – hierin kein Problem. Es ist ein Faktum, egal wie man es bewertet. „Was das Geld in der sozialen Alltagspraxis ermöglicht, ermöglichen Werte in der sozialen Denk- und Gefühlspraxis. Werte sind ein Zaubermittel, alles mit allem in Beziehung zu setzen.“122
Wo und wann sind Werte (im Gebrauch)? Mit dieser Frage fasst Andreas Urs Sommer die fünfte und sechste Kategorie zu Ort und Zeit zusammen. Die eine der beiden Antworten, die Sommer gibt, mag nach der der bisherigen Analyse niemanden mehr überraschen: Überall. Genauer heißt es in der Überschrift zu diesem Kapitel: „Zuhause nirgends und überall.“123 Die Antwort „nirgends“ hingegen finde ich ziemlich überraschend. Sommer schreibt, dass Werte überall dort ihren Ort und ihre Zeit haben, wo ein „vermehrter Moralredebedarf auftritt“.124 Das sei dann der Fall, wenn einst moralisch geklärte oder sanktionierte Regelungen infolge gesellschaftlicher Veränderungen nicht mehr greifen. „Und dieser Moralredebedarf wird mit Vorliebe über Werte geführt. Werte sind die gängigen Münzen im alltäglichen Moraldiskurs.“125 Positiv gewendet seien die Werte die Währung einer modernen Gesellschaft. „Modernität bedeutet Diversifikation der Lebenswirklichkeiten; moderne Menschen leben (…) in einer Mehrzahl von Welten.“126 Der Moralredebedarf bestehe darum auch darin, die in diesen Welten vorherrschenden und miteinander konkurrierenden Werte abzugelten. Sommers Fazit: „Werte kommen also an verschiedensten Orten und zu verschiedensten Zeitpunkten vor, um unterschiedlichste Funktionen auszufüllen – und andere Funktionen (…) zu verweigern. Dabei sind Werte (…) Münzen von unterschiedlichem Nennwert in sprachlichen Verständigungs- und Missverständigungsprozessen ….“127 Damit wäre das „Überall und zu jeder Zeit“ gefunden. Unauffindbar blieb das „Nirgends“. Vielleicht gehört es ja zu dem Nirgends, dass man es nirgends findet. Vielleicht ist damit auch nur gemeint, dass Werte eine begrenzte Lebensdauer haben.
Das Kapitel zu siebten Kategorie überspringe ich. Die Antworten Sommers zur Frage, in welcher Position oder Lage sich ein Wert befinde, enthalten zunächst nur weitere Abgrenzungen zu einem unsachgemäßen Gebrauch der Werte. Zum anderen erschließt sich mir kein positiver Sinn, wenn als Ergebnis nicht mehr heraus kommt als eine weitere Frage: „Warum nicht der instabilen Seitenlage den Vorzug geben?“ gegenüber dem absoluten Anspruch, der Wert könne in jeder erdenklichen Lage und Position seine Funktion ausführen.128
Es geht weiter mit der achten und neunten Kategorie: „Was haben Werte? Was tun sie?“129 Es müsste also um den Habitus oder die Gewohnheiten des Wertes wie auch um seine Wirkung gehen. Auch in diesem Kapitel bedient sich Andreas Urs Sommer einer Argumentationsfigur, die sich durch alle seiner Kapitel zieht. Er grenzt sich zuerst von all jenen Auffassungen in der Wertrede ab, die seines Erachtens dem Wesen der Werte und ihrer Wirkweisen nicht entsprechen. Leider wird dabei seine sachliche Bewertung durch Überzeichnungen, Pathos und Polemiken im Stile eines Besserwissers geschwächt. In mehreren Anläufen befragt Sommer bisherige Überlegungen und Modelle zu den Werten in der Philosophie und Soziologie, welche Anlässe Werte auf den Plan riefen oder welcher Antrieb sie motiviere. Für Andreas Urs Sommer sind Werte fiktionale Wesenheiten130, die durch Sorge oder Krisen hervorgerufen würden und sich in diesen Situationen bewährten, indem sie Unverbundenes miteinander verbänden. „Sie leisten – als regulative Fiktionen – die Verbindung von Sphären, die bis dahin nichts miteinander zu schaffen zu haben schienen. (…) Das Versprechen der Werte ist ihre Amalgamierungskraft – die Kraft, Unverbundenes miteinander zu verbinden. Sie sollen die vielen Wirklichkeiten zu einer Wirklichkeit zusammenfügen. Sie können das nur zeitweilig und situativ – weil sie so viele sind und zudem so veränderungsanfällig.“131 Werte können dies, weil sie „der Dynamik Rechnung (tragen), die die Moderne auszeichnet, indem sie selbst dynamisch sind statt starr wie heilige Prinzipien, unverrückbare Grundsätze oder soziale Zwänge. Die Amalgamierung lässt jedes Mischungsverhältnis zu; die Amalgamierung vollzieht sich durch unentwegtes Abgleichen und Abwägen. (…) Moralische Wertschöpfung funktioniert durch Amalgamierung.“132
Die zehnte und letzte Kategorie gilt dem Erleiden. Da Werte in ihrem Sein und Tun selbst auch Einflüssen ausgesetzt sind, stellt Andreas Urs Sommer die Frage: „Was erleiden Werte?“133 Werte unterliegen dem Wandel oder verflüssigen sich. „Werte können und sollen ganz viel leiden. Man muss sie dehnen und biegen können.“134 Denn: „Menschen existieren in einem Wertgeflecht, einem Wertgefüge, das sich unablässig neu gestaltet, neu anordnet und neu priorisiert. Das entspricht den modernen Bedürfnissen.“135
Mit dem le...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelblatt
  3. Urheberrechte
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Das Reich der Werte
  7. Freiheit und Wert
  8. Freiheit
  9. Werte
  10. Die Klage vom Werteverfall in einem Land der Grund(ge)sä(e)tze
  11. Die Grundlagen des Grundgesetzes
  12. Die Philosophie des Grundgesetzes
  13. Objektive Wertordnung
  14. Die Kultur der Werte
  15. Der Wert als ideologischer Begriff
  16. Die Tyrannei der Werte?
  17. Vom „Nährwert“ und „Mehrwert“ der Werte
  18. Von der Wertordnung der Grundrechte zu den objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalten
  19. Christliche Werte
  20. Die Werte im Alltag
  21. Von den Ballons, die bei Festlichkeiten aufgeblasen werden
  22. Werte, die wir (nicht) meinen
  23. Werteverfall oder Wertewandel?
  24. Wie (un)moralisch sind Werte?
  25. An die Medien- und Meinungsmacher und ihre Gehilfen
  26. Irrwege
  27. Freiheit und Wert
  28. Wert und Wahrheit
  29. Die Freiheit als Rechtsgut
  30. BeWertung
  31. Was sind Werte und wozu werden sie benötigt?
  32. Werte und Moderne
  33. Das Lob der Vielfalt gegen die Sorge um Beständigkeit
  34. Umkehr
  35. Das Reich der Wertfreiheit
  36. wertfrei
  37. Das Dialogische Prinzip
  38. Ich und Du
  39. Das Dilemma
  40. Das Dialogische Prinzip und seine Auswirkungen
  41. Das Dialogische Prinzip in der Psychologie und Psychotherapie
  42. Das Dialogische Prinzip und die personenzentrierte Psychotherapie
  43. Parallelen und Unterschiede
  44. Das Dialogische Prinzip in der Gestalttherapie
  45. Das Dialogische Prinzip in den Disziplinen der Pädagogik
  46. Erwachsenenbildung
  47. Sonderpädagogik
  48. Erlebnispädagogik
  49. Das Dialogische Prinzip und die Pädagogik in den Kindertageseinrichtungen
  50. Das Dialogische Prinzip im Unterrichtsgeschehen
  51. Das Dialogische Prinzip in der Organisationstheorie
  52. Die Kultur des Dialogs
  53. Umkehr und Heilung
  54. Dialogkultur statt Wertekultur
  55. würdigen statt werten
  56. Menschen begleiten statt abholen
  57. Schatzsuche statt Fehlerfahndung
  58. Dialogische Utopie
  59. Nachwort
  60. Literaturverzeichnis