Was sind Depressionen?
In diesem Kapitel erfahren Sie, was Depressionen sind, wie sich Depressionen anfühlen und wer an Depressionen erkrankt. Sie erhalten Informationen über die Heilungschancen sowie die körperlichen Grundlagen und Ursachen von Depressionen. Die unterschiedlichen Schweregrade sowie die Sonderformen der Depression werden ebenfalls erläutert.
Depressionen sind ganz normale Krankheiten, die jeden ereilen können. Sie haben eine körperliche Komponente und sind erfreulicherweise heilbar. Depressionen sind offiziell anerkannte und erfasste Krankheiten, die Fachleute klar diagnostizieren können. Es sind Erkrankungen der menschlichen Stimmungsregulation im Gehirn.
Depressionen verursachen hauptsächlich anhaltende Niedergeschlagenheit sowie anhaltenden Antriebs- und Interessenverlust. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer Symptome, die im weiteren Verlauf des Buches erläutert werden.
Wer erkrankt an Depressionen?
Depressionen sind eine Volkskrankheit. Mehr als fünf Millionen Deutsche erkranken jährlich daran.1 20 – 40 Prozent aller Deutschen erkranken mindestens einmal im Leben an Depressionen.2 Sie sind eine wesentliche Ursache für Fehltage deutscher Arbeitnehmer3 und weltweit die Hauptursache für Berufsunfähigkeit.4
Weltweit sind über 300 Millionen Menschen an Depressionen erkrankt, knapp fünf Prozent der Weltbevölkerung.5 Depressionen kommen in allen Bevölkerungsschichten und allen Berufen vor.
Depressionen können jeden treffen: Frauen und Männer, Junge und Alte, alle Einkommensgruppen und sozialen Schichten, Erwachsene und Kinder. Auch Hollywoodstars mit Weltruhm und allen vermeintlichen Annehmlichkeiten des Lebens erkranken an Depressionen, zum Beispiel:6
•Jim Carrey
•Kirsten Dunst
•Angelina Jolie
•Mel Gibson
•Robin Williams
•René Zellweger
•Catherine Zeta-Jones
und viele mehr.
Popstars leiden auch an Depressionen, beispielsweise:7
•Sheryl Crow
•Chris Cornell (Soundgarden)
•Chester Bennington (Linkin Park)
•Eminem
•Lady Gaga
•Kanye West
•Robbie Williams
Ebenso gibt es unter Spitzensportlern in gleichem Umfang wie in der allgemeinen Bevölkerung Depressionen, beispielsweise:8
•Sebastian Deisler
•Robert Enke
•Sven Hannawald
Depressionen treten also nachgewiesenermaßen in großer Zahl auch bei Menschen auf, die ein vermeintlich sorgenfreies Leben führen.
Viele Menschen möchten Depressionen verständlicherweise nicht haben und weisen daher eine mögliche Erkrankung weit von sich. Sie akzeptieren einen Bänderriss, eine Lungenentzündung oder eine andere physische Erkrankung, aber Depressionen oder andere psychische Krankheiten wollen sie nicht wahrhaben. Leider trägt diese Sichtweise nicht zu einer Heilung oder einer Verbesserung der Lebensqualität bei.
Wesentlich besser ist es anzuerkennen, dass man sich nicht wohlfühlt und sich informiert, was Sie hier ja gerade machen. Glückwunsch!
Depressionen sind unangenehm, teilweise höllisch. Die gute Nachricht lautet, dass man die Lebensqualität trotz Depressionen erheblich steigern oder die Depressionen sogar ganz heilen kann.
Wie fühlen sich Depressionen an?
Aufgrund der großen Bandbreite der Symptome und der verschiedenen Schweregrade empfinden Depressive ihre Krankheit nicht alle auf die gleiche Weise. Um Ihnen einen guten Eindruck von der Bandbreite des depressiven Erlebens zu geben, sind hier die Innenansichten und Empfindungen von drei an Depressionen Erkrankten aus ihrer ganz persönlichen Sicht beschrieben.
Carsten, lang anhaltende leichte Depressionen (Dysthymia):
Mir geht es eigentlich ganz gut. Nur empfinde ich irgendwie keine richtige Freude. So sollte es doch nicht sein! Ständig so ohne richtige Freude! Was mir jedoch sehr gut hilft, ist Sport. Sport macht bei mir alles viel erträglicher. Und die Medikamente sind gut. Zumindest bekomme ich vermehrt depressive Symptome, wenn ich sie absetze.
Stefanie, mittelgradige Depression:
Meine Depressionen fingen damit an, dass ich an Schlafstörungen und erheblichen Stimmungstiefs zu leiden begann. Jeden Morgen wachte ich um vier Uhr auf, während ich abends fast komatös ins Bett fiel. Ich merkte, wie mir nach und nach alles zu viel wurde, ich mich von meinen Sozialkontakten zurückzog und die Freude an allem verlor. Im Februar 2012 erlitt ich in den Ferien einen ersten Nerven- und Kreislaufzusammenbruch. Meine Ärztin diagnostizierte eine Erschöpfungsdepression.
Nachdem ich mich schon die zwei Jahre zuvor zwecks Vergangenheitsbewältigung regelmäßig in Psychotherapie befand, verstärkte ich die ambulante Behandlung wegen dieser Depression.
Die Therapie half mir kurzfristig, aber ich merkte trotzdem, dass ich es in meinem alltäglichen Umfeld nicht schaffte, grundlegende Veränderungen vorzunehmen. Dennoch ließ ich mich immer nur kurzzeitig arbeitsunfähig schreiben, da ich immer wieder dachte, die Ferien zur Regeneration nutzen zu können. Diese sowie die ambulante Psychotherapie reichten am Ende des Jahres 2012 nicht mehr aus, mich aus dieser inzwischen mittelschweren Depression herauszuholen. Ich sah für mich selbst nur noch die Möglichkeit einer stationären Behandlung, um Distanz zu gewinnen. Sowohl meine Hausärztin als auch meine Psycho- und Physiotherapeutin wie auch mein neuer Partner unterstützten mich in meinem Bestreben.
Als ich Anfang 2013 in der Akutklinik Urbachtal eintraf, war ich am Ende und erleichtert zugleich. Ich musste nun niemandem mehr etwas vormachen. Doch der Druck, der dadurch von mir abfiel, kehrte sich um in Müdigkeit und Tränen. Die ersten Tage in der Klinik verbrachte ich gefühlt mit schlafen, einigeln und weinen. Doch die zwei Monate, die ich letztlich dort verbrachte, sollten zu einem Geschenk an mein Leben werden. Mir tat der Abstand gut – ich hatte nun endlich Zeit mich auf mich zu fokussieren. Aus therapeutischer Sicht sind außerdem die Gespräche und Bindungen, die zwischen den Patienten entstehen, mindestens genauso heilsam wie der offizielle Therapieplan. Auch dass mein Partner in dieser schwierigen Zeit vorbehaltlos zu und hinter mir stand, half mir bei der Genesung.
Nach dem Klinikaufenthalt begann ich meinen großen Traum – nämlich ein Buch zu schreiben – wirklich umzusetzen. Vier Jahre nach meinem Klinikaufenthalt habe ich es geschafft, mein autobiografisches Buch zu veröffentlichen und dazu ein erfolgreiches Theaterstück zu inszenieren. Meine Kreativität lebt. Vor allem aber veränderte ich meine Sichtweise auf die Dinge. Ich versuche bis heute, jeden Tag sehr bewusst und achtsam zu leben. Ich umgebe mich mit Menschen, die mir guttun. Ich versuche in den Herausforderungen des Tages nicht nur Sorgen und Probleme zu sehen, sondern mit einer positiven Einstellung an die Dinge heran und auf die Menschen zuzugehen. Selbst Glück zu schenken, gibt mir Glück. Das gelingt nicht immer, sicher, aber auf der großen Lebens...