1. Einleitung
Fußball bewegt die Menschen wie kaum eine andere Sportart: Rund 57 Prozent der Bundesbürger interessieren sich laut einer Erhebung der DFL für Fußball.1 91 Prozent davon halten die Bundesliga für einen festen Bestandteil der Gesellschaft.2 Ungefähr 18,8 Mio. Zuschauer verfolgten in der Saison 2015/2016 ein Spiel der 1. oder 2. Bundesliga im Stadion.3 Fußball ist kein klassischer Industriezweig, deutschlandweit beschäftigt er jedoch innerhalb von Fußballclubs4 und indirekt, beispielsweise über die Gastronomie, mehr als 165.000 Menschen.5 Längst haben sich die Strukturen im professionellen Fußball gewandelt: von reinen Sportvereinen hin zu gewinnorientiert handelnden Wirtschaftsunternehmen, die nicht selten eine oder mehrere Kapitalgesellschaften halten.6 Sie wurden zu Unternehmen, die ihr „Oberziel der Maximierung des sportlichen Erfolgs unter Aufrechterhaltung des finanziellen Gleichgewichts“7 verfolgen. So erzielten beispielsweise allein die 18 Clubs der 1. Bundesliga in der Saison 2015/16 Umsatzerlöse in Höhe von 3,24 Mrd. Euro.8 Sie wurden aber auch zu Unternehmen, die umfangreichen Rechnungslegungs- und Offenlegungspflichten nachkommen müssen.
Ein Blick in die Jahresabschlüsse von Fußballclubs offenbart dabei eine Besonderheit: So findet sich im Bereich der Vermögenswerte ein ganz charakteristischer Wert – der des Fußballspielers. Diese Spielerwerte sind ein zentraler Aspekt im Vermögen von Fußballunternehmen. Nicht nur beeinflussen Spielerwerte als Vermögenswerte die Aktiva der Clubbilanz in hohem Maße. Vielmehr sind Spielerwerte auch ein bedeutender Umsatzträger von Fußballunternehmen. Durch ihren Einsatz werden Zahlungsmit- telzuflüsse generiert, die sich unter anderem durch Ticketverkäufe sowie sämtliche dem Stadion- und Spielbetrieb zuzuordnende Umsatzerlöse ergeben, beispielsweise aus medialen Rechten, Merchandising, Stadiongastronomie, Logo-, Marketing- und Hospitalityrechten und nicht zuletzt aus ihrem Verkauf oder Abstellgebühren für Nationalspieler. Tabelle 1 zeigt exemplarisch am Beispiel von Borussia Dortmund, dem einzigen deutschen börsennotierten Fußballclub, dass die Umsatzerlöse im Geschäftsjahr 2015/2016 nur zu 12,4 Prozent aus dem eigentlichen Spielbetrieb stammten:
Erlösquelle | Mio. Euro | Anteil |
Spielbetrieb | 46,8 | 12,4 % |
Werbung | 84,6 | 22,5 % |
TV-Vermarktung | 82,6 | 22,0 % |
Merchandising | 39,8 | 10,6 % |
Transfergeschäfte | 95,0 | 25,2 % |
Catering & Sonstiges | 27,5 | 7,3 % |
Summe | 376,3 | 100 % |
Tab. 1: Zusammensetzung der Umsatzerlöse von Borussia Dortmund 2015/2016, Konzern, gerundet9
Das Ziel dieser Ausarbeitung ist es, aufzuzeigen wie Spielerwerte grundsätzlich bilanziert werden. Im Mittelpunkt soll dabei die Bilanzierung von professionellen Fußballspielern nach den internationalen Rechnungslegungsstandards IAS/IFRS stehen. Die zentrale Fragestellung ist dabei, wie bei der Bilanzierung von Spielerwerten von ihrem Zugang in die Bilanz bis zu ihrem Austritt vorgegangen wird. Ergänzend wird auch auf die handelsrechtliche Bilanzierung eingegangen, um wesentliche Unterschiede zum Vorgehen nach IFRS hervorzuheben.
Vorab werden im Kapitel 2 wichtige Rahmenbedingungen erläutert, die den professionellen Fußball betreffen: So spielt die Untergliederung in Lizenz-, Vertrags- und Amateurspieler im Lizenzfußball eine Rolle, genau wie der Ablauf eines Spielertransfers, der verbandsseitig vorgegeben ist. Die Darstellung umfasst auch eine Erläuterung der Entwicklung vom Verein hin zur Ausgliederung der Lizenzabteilung in eine Kapitalgesellschaft – ein Weg, der auch national immer öfter beschritten wird und in Verbindung mit einer Kapitalmarktorientierung die Rechnungslegungspflicht nach IFRS mit sich bringt.
Im Kapitel 3 wird aufgezeigt, warum Fußballspieler in der Rechnungslegung als immaterielle Vermögenswerte angesehen und bilanziert werden. Kapitel 4 gibt einen Überblick über die grundsätzliche Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte nach IFRS im Allgemeinen, bevor anschließend im Kapitel 5 die Grundlagen zur abstrakten und konkreten Bilanzierungsfähigkeit von Spielerwerten unter Beachtung der Darstellungen des IAS 38 erläutert werden.
In den darauffolgenden Kapiteln werden wichtige Aspekte der Bilanzierung von Spielerwerten entlang des "Lebenszyklus" eines Fußballspielers aus Vereinssicht betrachtet. Kapitel 6 beginnt mit der Zugangsbewertung. Dabei werden verschiedene Arten unterschieden, wie ein Fußballspieler zu einem Fußballverein kommen kann und die resultierenden Auswirkungen auf die Bilanzierung dargestellt. Den Schwerpunkt von Kapitel 7 bildet die Folgebewertung von Spielerwerten, d. h. die bilanzielle Behandlung des Spielers, während er bei dem Fußballverein tätig ist. Dabei wird auch betrachtet, warum Spielerwerte regulär nur linear abgeschrieben werden und wie im Falle einer außerplanmäßigen Wertminderung oder einer Wertaufholung vorzugehen ist. Um den Kreis zu schließen, wird im Kapitel 8 schließlich aufgezeigt, auf welchem Weg ein Spieler einen Fußballverein wieder verlassen kann, und wie dies jeweils bilanziell zu erfassen ist.
Bei der Betrachtung des Vorgehens und der Vorgaben zur Bilanzierung von Spielerwerten zeigt sich deutlich, dass diese teilweise große Ermessensspielräume für das Management des Fußballclubs beinhalten. Im Kapitel 9 werden deshalb ausgewählte bilanzpolitische Möglichkeiten in Form von Wahlrechten und Spielräumen bei der Spielerbewertung dargestellt und diskutiert. Im Kapitel 10 wird anschließend ergänzend auch auf die Eckpunkte der handelsrechtlichen Bilanzierung von Spielerwerten eingegangen, um wesentliche Unterschiede bei der HGB-Bilanzierung im Vergleich zum Vorgehen nach IFRS hervorzuheben. Der Aufbau des Kapitels gestaltet sich dabei analog zu den vorherigen Betrachtungen nach IFRS.
Im Kapitel 11 werden schließlich die wichtigsten Aspekte nochmal kurz zusammengefasst und ein Fazit mit Ausblick gezogen. Im darauffolgenden Anhang befinden sich neben einer Auflistung der verwendeten Abkürzungen auch Abbildungs- und Tabellenverzeichnisse sowie Hinweise zu Quellen und weiterführender Literatur.
2. Rahmenbedingungen im Profifußball
Die Teilnahme am professionellen Fußball ist geregelt durch Rahmenbedingungen, die weltweit durch den Dachverband FIFA und europaweit durch eines ihrer Mitglieder, die UEFA, vorge- geben werden.10 Auf nationaler Ebene ist der lt. Präambel der DFB-Satzung im Jahr 1900 gegründete DFB als Mitglied der UEFA und FIFA für die Durchführung des wettbewerbsmäßigen Fußballs auf Verbandsebene und in den Lizenzligen zuständig. Als Beginn der Professionalisierung des Fußballs...