Psychosynthese - Systematisch-Integrativ!
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Psychosynthese - Systematisch-Integrativ!

Eine Einführung

  1. 92 Seiten
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Psychosynthese - Systematisch-Integrativ!

Eine Einführung

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Über dieses Buch

In dieser Einführung werden die zentralen Begriffe, Prinzipien und Arbeitsweisen der Psychosynthese im Kontext eines modernen methodischen Leitfadens vorgestellt.Ursel Neef, die Gründerin des Wuppertaler Instituts für Psychosynthese und Interpersonale Psychologie, zieht mit der von ihr entwickelten Systematisch-Integrativen Psychosynthese (SIPS) zugleich ein Resümee aus ihrer inzwischen 25jährigen Arbeit als Therapeutin und Lehrerin.Georg Henkel, nach seiner SIPS-Ausbildung selbst Dozent am Institut, erschließt u. a. die Struktur, die Roberto Assagioli seiner Arbeit mit Patienten zugrundelegte, aus unterschiedlichen Perspektiven.

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I. Gelebte Psychosynthese:
Roberto Assagioli
Georg Henkel
Nachfolgendes biographisches Porträt von Roberto Assagioli beleuchtet vor allem solche Aspekte seiner Persönlichkeit und seiner Arbeit, die zu einem grundlegenden Verständnis der von ihm begründeten psychotherapeutischen Richtung, der Psychosynthese, beitragen können. Assagiolis besonderes Charisma, sein liebenswürdiger Humor und seine Menschlichkeit sind ohne Zweifel von sehr großer Bedeutung für sein erfolgreiches Arbeiten gewesen. Seine charismatische Erscheinung wurde aber im Hintergrund immer von seinen handwerklichen und technischen Fähigkeiten im therapeutischen Arbeiten begleitet. Beides zusammen macht die Psychosynthese als Bewusstseinsschule so erfolgreich! Besonders spannend ist dabei, was Assagioli zum Verhältnis von Therapeut und Patient, zu den Voraussetzungen erfolgreicher psychosynthetischer Arbeit und zur Struktur des gesamten Prozesses geschrieben hat. Hier gibt es viel Erstaunliches und Erhellendes zu entdecken.
Ich möchte Sie einladen, mich auf dieser Entdeckungsreise zu begleiten!
Image
Roberto Assagioli (1888-1974)
Foto: R. Assagioli, Handbuch der Psychosynthese, Rümlang 2004. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Nawo-Verlags
„Freiheit im Gefängnis“
Es gibt eine Episode aus dem Leben Roberto Assagiolis, in der die Essenz seiner Lehre, der Psychosynthese, besonders klar und deutlich erkannt werden kann: 1940 wurde Assagioli wegen seiner pazifistischen Haltung angezeigt und verhaftet. Im faschistischen Italien Mussolinis hatte er wegen seiner jüdischen Herkunft und der Gründung eines Instituts für Psychosynthese schon seit Längerem mit Schwierigkeiten kämpfen müssen; 1938 war das Institut in Rom geschlossen worden. Nun wurde er zu einem Monat Gefängnis verurteilt. Es ist bezeichnend, dass er auf diese Episode nicht mit Bitterkeit und Groll, sondern vielmehr mit Dankbarkeit zurückblickt. Er begriff diese äußere Krise als eine Möglichkeit zu innerem Wachstum:
Ich erkannte, dass ich frei war, entweder die eine oder andere Einstellung gegenüber der Situation einzunehmen, ihr den einen oder den anderen Wert beizumessen, sie in dem einen oder in dem anderen Sinne zu nutzen.1
In dieser Aussage Assagiolis klingen bereits zwei zentrale Prinzipien an, die charakteristisch für die von ihm entwickelte Psychosynthese sind: die DisIdentifikation von Gedanken und Gefühlen, um echte Gelassenheit und Wahlfreiheit zu erlangen, und der Wille, gut für sich zu sorgen und Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.
DISIDENTIFIKATION
Assagiolis Selbstzeugnis ist ein vorzügliches Beispiel dafür, wie sehr er selbst in der Lebenskunst der Disidentifikation geübt war, so dass er seine Situation nicht als Beschränkung, sondern als Fülle von Möglichkeiten – er spricht sogar von Privilegien! – wahrnehmen konnte:
Ich hätte mich auflehnen oder passiv unterordnen können; dahinvegetieren oder mich dem Genuss des Selbstmitleids hingeben und die Märtyrerrolle einnehmen. Ich hätte die Situation auch auf sportliche Art und mit Humor nehmen und sie als neues und interessantes Erlebnis betrachten können. Ich hätte eine Ruhe-Kur daraus machen können oder eine Zeit des intensiven Nachdenkens über persönliche Belange oder über mein vergangenes Leben oder über wissenschaftliche und philosophische Probleme. Oder ich hätte die Situation nutzen können, um mich einem Training psychologischer Fähigkeiten zu unterziehen und um psychologische Experimente an mir selbst durchzuführen; schließlich hätte ich auch ein spirituelles Retreat daraus machen können.
Ich verstand, dass es nur von mir selbst abhing, dass ich frei war, die eine oder mehrere dieser Tätigkeiten oder Haltungen auszuwählen, und dass diese Wahl bestimmte unumgängliche Wirkungen hat, die ich voraussehen konnte und für die ich voll und ganz verantwortlich war. Mein Geist hatte keinerlei Zweifel an dieser essentiellen Freiheit und Macht und auch nicht an den Privilegien, die sich mir boten, und an der Verantwortung mir selbst, meinen Freunden und dem Leben gegenüber.2
Assagioli erkennt, dass er die Wahl hat, wie er seine Situation bewertet und damit umgeht. Er ist kein Opfer der Umstände, sondern gestaltet diese mit. Er weiß, wie er für sich sorgen kann, statt sich in Sorgen über sich selbst zu verlieren. Auf gewisse Weise erschafft er selbst in diesem Moment seine Wirklichkeit überhaupt erst. Dabei wirkt das, was Assagioli so treffend als „Magie unserer Einstellung“ bezeichnet.3 Man lässt sich nicht leben, man lebt selbst. Und so zu leben, ist eine Kunst.
Freilich bedarf es dazu einer Konzentration und Koordination im seelischen Haushalt: Verschiedene widerstreitende Impulse erscheinen im Feld von Assagiolis Bewusstsein; trefflich charakterisiert er in obigem Text deren Eigenarten und ‚Botschaften‘. In der psychosynthetischen Arbeit spricht er bei diesen seelischen Impulsen auch von „verschiedenen Selbsten“ oder „Teilpersönlichkeiten“. Zum besseren Verständnis dieses Begriffs hilft ein Blick in seine therapeutische Praxis weiter: Wenn Assagioli mit Patienten arbeitete, leitete er sie u. a. an, bislang unbewusst wirksame Gedankenmuster und Affekte wahrzunehmen, um sich dann von diesen zu disidentifizieren, d. h. den Gedanken und Gefühlen gegenüber in eine BeobachterRolle zu gehen (statt unbewusst mit ihnen identifiziert zu sein). Die Gedankenmuster und Gefühle wurden dazu personifiziert. Assagioli erkannte, dass seelische Impulse in der Gestalt von Teilpersönlichkeiten von Patienten selbst viel unmittelbarer in ihrer Dynamik erlebt und bearbeitet werden konnten, als wenn er mit ihnen über diese Impulse lediglich analysierend geredet hätte. Gerne benutzte er das Bild von Musikern in einem Orchester, die einer kompetenten Leitung bedürfen, um gut zusammenzuspielen. Der Patient wurde zum Dirigent seines Seelen-Orchesters, bei dem die Pulte mit verschiedenen Teilpersönlichkeiten besetzt sind. Erst alle zusammen erzeugen den vollen sinfonischen ‚Klang des Lebens‘ und dies auch nur dann, wenn die Führung wach und willensstark ist. Assagioli unterstützte seine Patienten darin, ihr inneres Orchester zu einem harmonischen Ensemble zu formen, das der ‚Partitur des Lebens‘ unter ihrer Leitung virtuos folgt, statt unsicher und reflexartig dagegen anzuspielen.
Auf diese Weise gewannen seine Patienten Selbst-Kompetenz, d. h. sie selbst lernten, mit ihren inneren Antrieben und seelischen Bewegungen souverän umzugehen und sie als wechselnde Rollen zu begreifen, die sie auf der Bühne des Lebens spielen.
Doch zurück zu Assagiolis Selbstzeugnis: Leicht lassen sich verschiedene Selbste oder Teilpersönlichkeiten identifizieren. Da ist der Kämpfer, der sich auflehnt; dann der Demütige, der sich passiv in die Verhältnisse fügt; hier macht sich der Verzweifelte oder Dramatiker, der sich aufgibt („dahinvegetiert“) bemerkbar und dort äußert sich der Wehleidige, der sich selbst bedauert und sein Schicksal als negative Auszeichnung bzw. als Mittel zur Selbsterhöhung im Leiden („Märtyrer“) begreift. Es melden sich aber auch der distanzierte Humorist bzw. innere Narr Assagiolis oder die Teilpersönlichkeit des neugierigen Wissenschaftlers, der das Ganze nicht weiter persönlich nimmt, sondern als interessantes Selbstexperiment auffasst. Der Reflektierende sieht darin gar die Möglichkeit, eine Auszeit zur Rekreation zu nehmen und sich einfach mal zu entspannen! Man erkennt, dass manche Teilpersönlichkeiten einen eher begrenzten Horizont haben und weniger flexibel in ihren Reaktionen sind als andere. Einige sind auf bloßen Selbsterhalt aus (und sei es auf niedrigstem Anpassungsniveau), andere haben offenbar so große Ressourcen, dass sie der Situation mit weiser Gelassenheit gegenübertreten können und sie regelrecht transzendieren („spirituelles Retreat“). Wir erkennen auch, dass sich viele Impulse bzw. Teilpersönlichkeiten komplementär verhalten und in einer gewissen Polarität zueinander stehen.
Was für ein psychologisch interessantes seelisches Personal! Und was für eine innere Freiheit, seine Lebensverantwortung als große Chance zu begreifen und all diesen Persönlichkeitsanteilen grundsätzlich akzeptierend und mit Aufmerksamkeit zu begegnen und dabei stets offen für die Erfordernisse des Moments zu bleiben! Es geht bei Assagioli am Ende immer weniger um die äußere Situation als um die innerseelischen Prozesse der Bewertung, Verarbeitung, Verweigerung oder Hingabe, die dadurch ausgelöst werden. Hier liegt für ihn die eigentliche Arbeit, denn äußerlich gibt es ja gerade nur wenig zu tun oder zu erreichen. Welcher Anteil wird schließlich die Oberhand behalten? Wie werden die verschiedenen Impulse harmonisiert? Lassen sich die ängstlichen oder unglücklichen Anteile transformieren und integrieren?
Das entscheidet Assagiolis bewusstes Ich (das man auch als ‚bewusstes personales Selbst‘ bezeichnen kann). Um überhaupt in die Lage zu kommen, frei wählen und gestalten zu können, muss das Ich grundsätzlich disidentifiziert sein, d. h. selbst-bewusst. Darum spricht Assagioli auch von Selbstidentifikation und meint damit die „Erfahrung reiner Selbst-Bewusstheit, unabhängig von irgendeinem Inhalt oder einer Funktion des Ich im Sinne von ‚Persönlichkeit‘“.4 Das Ich nimmt gegenüber der Persönlichkeit und ihren verschiedenen charakterlichen Anteilen, Wahrnehmungen, Gefühlen oder Triebkräften einen Beobachterstandpunkt ein. Das Prinzip der Disidentifikation lässt sich mit Assagioli auf eine einfache Formel bringen:
Ich habe einen Körper, aber ich bin nicht mein Körper.
Ich habe Gefühle, aber ich bin nicht meine Gefühle.
Ich habe Wünsche, aber ich bin nicht meine Wünsche.
Ich habe Verstand, aber ich bin nicht mein Verstand.
Ich bin ein Zentrum reiner Selbst-Bewusstheit.5
Der Körper kann müde sein und die Erschöpfung vom Ich gespürt werden. Eine Gestimmtheit Ärger, Begeisterung, Mutlosigkeit – kann vom Ich wahrgenommen werden. Ein Gedanke artikuliert sich und das Ich vernimmt ihn. Doch in allen Fällen ist nicht das Ich an sich müde oder verärgert oder gedankenvoll. Disidentifikation ist freilich nicht zu verwechseln mit Dissoziation: Assagioli steht nicht neben sich, sondern er ruht in sich selbst!
Da viele Teilpersönlichkeiten nur einen sehr begrenzten Blickwinkel haben und lediglich über eine verzerrte Wahrnehmung verfügen – z. B. der oder die ‚Wütende‘, ‚Ängstliche‘ oder ‚Selbstmitleidige‘, neigen sie dazu, auf bestimmte Reize und Situationen stereotyp und starr zu reagieren. Sie bedürfen einer Transformation, um zu ihrer ungetrübten, lebensförderlichen Gestalt und Vitalkraft zurückzufinden und sich in die Gesamtstruktur der Persönlichkeit zu integrieren. In der wütenden Teilpersönlichkeit liegt z. B. ein enormes Willenspotential, in der ängstlichen verberge...

Inhaltsverzeichnis

  1. Umschlag
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Zitat
  5. Inhaltsverzeichnis
  6. „Wovon das Herz voll ist …“
  7. I. Gelebte Psychosynthese: Roberto Assagioli
  8. II. „Ich bin ein Zentrum reinen Selbst-Bewusstseins“
  9. III. Systematisch-Integrative Psychosynthese (SIPS)
  10. Psychosyntheseadressen für den deutschsprachigen Raum
  11. Danksagung
  12. Die Autoren