Einleitung
1. Einleitung
Das Leiden an Rückenschmerzen sei bei allen Beschäftigten in Deutschland die Hauptursache für Arbeitsunfähigkeit im Jahre 2011 gewesen, wie auch in den Jahren zuvor, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 28. März 2013. Der Zeitungsbericht ergänzte, dass Rückenschmerzen erhebliche Produktionsausfälle verursachten und zur Minderung an erreichbarer Wertschöpfung großen Ausmaßes führten.
Die vorliegende Schrift zielt mit ihrem Hauptanliegen auf einen Teil, aber nicht unerheblichen Teil dieser Rückenschmerzpatienten. Eine besondere Teilgruppe der Rückenschmerzpatienten soll darin beleuchtet werden. Dieser Teil umfasst nach Schätzungen ungefähr 1 – 2 Prozent der Gesamtbevölkerung Deutschlands. Bei diesen Menschen schmerzt nicht nur der Rücken, sondern viele weitere Beschwerden plagen und verunsichern sie. Unser Blick richtet sich auf die Fibromyalgie und auf die Menschen, die an Fibromyalgie leiden und an solche, die vom Fibromyalgiesyndrom bedroht sind.
„Alles schmerzt, der ganze Körper tut weh“ klagte soeben eine Patientin, die bevor ich diese Zeilen heute niederschreibe, ganz niedergeschlagen und erschöpft sich Hilfe suchend an mich wandte. „und ich fühle mich, als sei ich vergewaltigt worden“, hatte sie hinzugefügt.
An Fibromyalgie erkranken überwiegend Frauen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren. Die Erkrankung führt zu langen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und im erheblichen Ausmaß auch zur Frühverrentung.
Die angeführte Hilfe suchende Frau ist eine typische Vertreterin der an Fibromyalgie Erkrankten. Sie ist 44 Jahre alt, seit zwei Jahren hat sie die Regel verloren. Seit der Jugend leidet sie an zum Teil heftigen wiederkehrenden Rückenschmerzen und seit einigen Monaten an zunehmenden Schmerzen am ganzen Körper. Sie wirkt depressiv, hoffnungslos und erschöpft, sodass sie ihre Arbeit als Reinemachefrau kaum noch auszuüben vermag, wie sie angab.
Die körperliche Untersuchung ergab bei ihr sämtliche typische Befunde, die auch bei allen anderen Patientinnen mit Fibromyalgie, die der Verfasser bisher untersucht hat, zu sehen waren.
Von diesen Befunden soll in dieser Schrift die Rede sein und von den Konsequenzen, die der Verfasser daraus zog.
Als die obige Patientin ihre Befunde erfuhr, meinte sie: „Es erleichtert mich zu wissen, woher die Schmerzen kommen.“
Zu wissen, woher die Schmerzen kommen, ist selten bei Fibromyalgie gegeben und keineswegs selbstverständlich. Vermutungen über die Entstehung des Leidens und über die Verursachung der Schmerzen gab es und gibt es dagegen viele.
Den geltenden deutschen Leitlinien zur Fibromyalgie ist zu entnehmen, dass die Ursachen dieses schweren Leidens der Fibromyalgie trotz intensiven Forschens bisher ungeklärt sind.
Für einen Teil der Patientinnen, wahrscheinlich für den Großteil der Patientinnen mit Fibromyalgie, wird jedoch diese Schrift Ursachen angeben können, die die Entstehung der Fibromyalgie bei ihnen hinreichend erklären.
Diese Ursachen sind so einfacher körperlicher Art, erscheinen so banal, dass sie bisher übersehen werden konnten.
Für diese Art der Fibromyalgie sei der Name „Fibromyalgia simplex“ vorgeschlagen (die einfache Fibromyalgie), um sie von möglichen Formen der Fibromyalgie anderer Ursachen begrifflich unterscheiden zu können.
Die Schrift wird darüber hinaus diesen Ursachen entsprechende Vorbeugemaßnahmen und Behandlungswege für die Fibromyalgie aufzeigen.
Diese Ziele seien einleitend thesenhaft formuliert:
Die Ursachen der Fibromyalgie, nicht die Fibromyalgie selbst, sind einfacher „banaler“ Art. Sie beruhen auf zumeist noch normalen oder an der Grenze zum Krankhaften liegenden anatomischen und physiologischen individuellen Besonderheiten der Patienten mit Fibromyalgie, die oft vererbt werden.
Die wichtigste Strategie zum Vorbeugen der schweren Formen der Fibromyalgie besteht darin, diese individuellen anatomischen und physiologischen Besonderheiten bei Patienten rechtzeitig zu erkennen und die Patienten darüber aufzuklären.
Dazu sind Hausärzte, Fachärzte der Orthopädie, der Rheumaerkrankungen und der Frauenkrankheiten sowie Schmerztherapeuten besonders aufgerufen. Es wäre auch eine dankbare Aufgabe für Selbsthilfegruppen von an Fibromyalgie Erkrankten.
Einfache Behandlungsformen, auch Mittel der Selbstbehandlung der Fibromyalgie werden vorgestellt. Medikamentöse Behandlungen und Psychotherapien erhalten darin eine untergeordnete Stellung.
Die bisherigen maßgebenden Strategien zum Erkennen, Vorbeugen und Behandeln der Fibromyalgie, die die aktuellen Leitlinien zur Fibromyalgie darlegen, sind in ihrer Wertigkeit unter Einbeziehung der hier dargestellten Erkenntnisse zu überdenken und gegebenenfalls zu erweitern und anzupassen.
Einschränkung: Die nachfolgenden Aussagen und Darlegungen über die Ursachen der Fibromyalgie, zur Vorbeugung der Fibromyalgie und über Wege, sie zu behandeln, beruhen auf eigenen Beobachtungen und Erfahrungen des Autors im langjährigen Umgang mit Erkrankten. Diese Beobachtungen und Erfahrungen waren jedoch nur möglich auf der Grundlage dessen, was auf einem langen wissenschaftlichen und ärztlichen Ausbildungsgang erlernt, was der Literatur entnommen und in regen kollegialen Gesprächen lebendig gehalten wurde.
Einschränkend muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass der Autor in den letzten 18 Jahren nur ungefähr 150 Patientinnen mit Fibromyalgie und etwa 1800 Patienten mit chronischen unspezifischen Rückenschmerzen gesehen, untersucht und behandelt hat. Eine weitere Überprüfung seiner Erfahrungen und Ergebnisse, auch von anderer Seite, an einer größeren Zahl vor allem an Patienten mit Fibromyalgie ist daher wünschenswert.
Es liegen diesem Bericht zwar nur ungefähr 150 Leidensgeschichten von Patienten mit Fibromyalgie zugrunde, zu vermuten ist, dass diese 150 Patientinnen aber für einen Großteil der „Fibromyalgiepatientinnen“ in den westlichen Industrienationen, in Europa und den USA, stehen.
Denn alle Patientinnen und Patienten, die der Autor sah und behandelte, kamen bereits mit der Diagnose „Fibromyalgiesyndrom“ zu ihm. Sie kamen zu ihm zur Untersuchung und Behandlung, nachdem sie zuvor von einer Reihe anderer Ärzte und Therapeuten unterschiedlicher Fachrichtungen von Allgemeinmedizinern, Orthopäden, Fachärzten für Rheumaerkrankungen, Neurologen, Schmerztherapeuten und Psychotherapeuten gesehen und untersucht worden waren. Die vom Autor gefundenen, für die Erkrankung bedeutsamen Sachverhalte waren aber von den Voruntersuchern nicht erkannt, beschrieben oder für nicht wichtig erachtet worden.
Die Patienten kamen aus ganz Deutschland, aus der Schweiz und aus anderen Ländern Europas, auch aus anerkannten Zentren der Schmerztherapie und aus verschiedenen Universitätskliniken in Deutschland und der Schweiz.
Insofern kommt den an der relativ kleinen Patientenzahl erhobenen Befunden hohe Aussagekraft zu, ein Faktum, das dem ausgesprochenen Wunsch auf Nachuntersuchungen im größeren Umfang Nachdruck verleihen sollte.
Die Schrift wendet sich nicht nur an Ärzte und Therapeuten, sondern auch an Patienten mit Fibromyalgie selbst und deren Angehörige. Diese besonders sollen mitentscheiden können, ob das hier Dargestellte zutreffen kann und für die Behandlung der Leiden in Betracht zu ziehen ist oder nicht.
Anatomische und physiologische Merkmale und krankhafte Befunde bei Patienten mit Fibromyalgie
2. Anatomische und physiologische Merkmale und krankhafte Befunde bei Patienten mit Fibromyalgie
Was haben eingehende, genauere klinische Untersuchungen des Bewegungsapparates bei Patienten mit Fibromyalgie ergeben, Befunde, die sie von anderen Menschen unterscheiden?
Auf einem wissenschaftlichen Kongress an der Universitätsklinik Charité in Berlin 2012 hat der Autor die Befunde auf einem Poster zusammengefasst. Um Ihnen eine Übersicht über das Ganze zu ermöglichen, werden zunächst die Kernaussagen dieses Posters wiedergeben und danach ausführlich auf einzelne Punkte eingegangen.
Vier besondere Merkmale, die zur Entstehung der Schmerzen beitrugen, waren bei allen untersuchten Patienten mit Fibromyalgie zu sehen:
1. Eine Asymmetrie des Beckenoberrandes im Sitzen.
2. Eine leichte Skoliose der Wirbelsäule mit Torsion.
3. typisch wiederkehrende Gelenkblockierungen.
4. Ansatztendinosen.
Danach entstehen Fibromyalgien aus dem Zusammenspiel von Gelenkblockierungen, die ständig sich erneuern, mit Ansatztendinosen.
2.1 Vier besondere Merkmale der „Fibromyalgia simplex“
Fibromyalgie soll hier als eine Erkrankung aus einfachen banalen Ursachen dargestellt werden.
Die Charakterisierung der Fibromyalgie als eine „einfache,“ simple Erkrankung mag zunächst als ein Skandal empfunden werden. Diese Benennung könnte Empörung hervorrufen und Proteste. Unwillen und Empörung wird die Kennzeichnung „einfach“ vor allen bei den Erkrankten und deren soziale Umgebung erregen. Dies ist zu verstehen in Anbetracht der großen schweren Leiden über viele Jahre und Jahrzehnte, die diese Erkrankung für die Betroffenen in sich birgt oder bergen kann, und an sozialen Belastungen infolge der Erkrankung.
Die Bezeichnung „einfach“ bei „Fibromyalgia simplex“ bezieht sich nicht auf das Beschwerdebild. Die Beschwerden der Fibromyalgie sind durchaus nicht immer einfach zu ertragen und als „banal“ zu werten, etwa wie ein „Schnupfen“ als banal gewertet werden kann gegenüber einer schweren echten Grippe, etwa der „Vogelgrippe“, die nicht selten tödlich verläuft.
„Einfach“ (banal, simplex) bezieht sich allein auf die körperlichen Ursachen der Erkrankung und die Möglichkeiten, falls diese körperlichen organischen Ursachen richtig und rechtzeitig erkannt sind, die Erkrankung zu behandeln und ihren Übergang in ein schwer zu veränderndes Stadium vorzubeugen.
Sollte nicht wahrscheinlich sein, dass die Ursachen der Erkrankung sich als einfacher und „banaler“ Art erweisen?
Denn eine inte...