Wegebilder im Münsterland
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Wegebilder im Münsterland

Geschichte und Geschichten von Bildstöcken und Wegekreuzen

  1. 84 Seiten
  2. German
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Wegebilder im Münsterland

Geschichte und Geschichten von Bildstöcken und Wegekreuzen

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Über dieses Buch

Über 500 Jahre war der Bischof von Münster auch der Landesherr im Hochstift Münster. Das Münsterland ist katholisch, das ist nicht zu übersehen. Überall auf dem Land gibt es Bildstöcke, Wege- und Hofkreuze, Kreuzwege und Heiligenstatuen. Zusammen genommen kann man sie Wegebilder nennen. Von den mittelalterlichen Wegebildern sind die meisten im Dreißigjährigen Krieg vernichtet worden. Danach rief der Fürstbischof dazu auf, neue Heiligenbilder und Bildstöcke zu errichten. Die Priester gaben das an die Gläubigen weiter und so wurden zwischen 1700 und 1760 eine Fülle von solchen Bildhauer-Arbeiten auf dem Land aufgestellt. Eine neue Welle von Stiftungen gab es Ende des 19. Jahrhunderts.Seit 1980 haben Heimatvereine und engagierte Einzelpersonen im ganzen Münsterland die Bildstöcke und Wegekreuze ihres Ortes dokumentiert. Joachim Eichler hat diese lokalen Sammlungen durchgesehen und fasst sie zusammen. Er findet viele Gemeinsamkeiten, etwa bei den Gründen, die zur Stiftung eines Bildstocks führten. Dabei wird durchaus in Frage gestellt, dass sich die Stifter nur von purer Frömmigkeit leiten ließen. Der Autor stellt die Bildhauer vor, die die Wegebilder anfertigten und kann auch etwas zum "Preis der Frömmigkeit" sagen: Was mussten die Bauern für ein Hofkreuz, für eine "Station" bezahlen? Einzelne Wegebilder haben recht originelle Hintergründe, auch diese werden vorgestellt. Zahlreiche Fotografien illustrieren den Text.

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Information

01 EINLEITUNG
Wenn man das Münsterland definiert, dann kommen schnell die Begriffe Kernmünsterland, Westmünsterland und Ostmünsterland zum Tragen – Begriffe, deren Definition heute häufig schon nicht mehr bekannt sind. So wird häufig angenommen, das Westmünsterland beginne direkt am westlichen Stadtrand von Münster. Aber die Baumberge-Region bis nach Coesfeld ist noch Kernmünsterland! Die Unterschiede zwischen den drei münsterländischen Regionen haben mit dem Boden zu tun: Das Kernmünsterland ist durch lehmigen Boden geprägt, während das West- und das Ostmünsterland einen sandigen Boden aufweist. Auch gibt es Unterschiede in der Sprache. In Gescher wurde (und wird) schon ein anderes Platt gesprochen als in Coesfeld.
Bildstock bei St. Georgen in Kärnten (Foto © Peter Binter, Wikimedia)
Ein gemeinsames Kennzeichen der Region ist die sichtbare Frömmigkeit. Den Einheimischen fällt dies gar nicht als besonders auf, aber wer aus einem anderen, womöglich protestantischen Landstrich kommt, der staunt. Überall auf dem Land gibt es religiöse Symbole: Hof- und Wegekreuze, Heiligenstatuen, Reliefs mit biblischen Motiven, die in Kapellen oder in Bildstöcken unterschiedlicher Ausformung untergebracht sind. Das Münsterland hat hier kein Alleinstellungsmerkmal. In Österreich gibt es so viele Wegebilder in unterschiedlichen Formen, dass die Denkmalpflege eine Systematik erarbeitete, in der Tabernakelsäule und -pfeiler, Nischen- und Reliefblockpfeiler, Laubenpfeiler, Blocksäule und -pfeiler, Relieftafelsäule, Kastensäule, Nischenblocksäule, Bildsäule etc. unterschieden werden. In der Schweiz gibt es die „Helgenstöckli“, ähnliche Kleindenkmäler wie in Österreich findet man in Südböhmen und Südmähren – die gemeinsame Geschichte des Habsburger Reiches macht sich bemerkbar. Eine Vielzahl von steinernen Bildstöcken weist auch Mainfranken auf. In Nordrhein-Westfalen sind die charakteristischen „Schöpflöffel“ der Eifelregion zu nennen. Auch im Paderborner Land, im Sauerland und in Ostwestfalen finden sich natürlich Kapellen, aber auch Kreuzwege und Bildstöcke. Einzelstücke gibt es auch im Oldenburger Land und am Niederrhein. In allen diesen katholischen Regionen in NRW kann aber nicht davon die Rede sein, dass die Wegebilder landschaftsprägend sind. Das gilt aber für das Münsterland.
Ein Schöpflöffel am Südrand der Eifel bei Burg Eltz
Bildstöcke, Heiligenbilder, Wegekreuze sind unzweifelhaft religiöse Symbole, die im Münsterland Zeichen allgemeiner Frömmigkeit waren und sind. Dennoch führt es in die Irre, wenn das Thema entsprechend eingleisig betrachtet und mit religiösem Pathos angestrichen wird. „Wegemale können bis in die Gegenwart Orte religiösen Lebens sein: Sie geben Anlass zu privatem und gemeinschaftlichem Gebet und sind Segensstationen von Prozessionen. Dem nicht religiös empfindenden Menschen bleibt der spirituelle Gehalt von Wegemalen eventuell verschlossen. Anbetung Gottes und Ehrung heiliger Menschen, Lob, Bitte und Dank sind die Motive zur Errichtung von Wegemalen, zu ihrer Pflege und zum Gebet.“1 So schrieb die Geographin Lioba Beyer erst vor wenigen Jahren und trifft damit den allgemeinen Tenor, in den auch das wunderbare, 2010 erschienene Büchlein „Mein Denkmal und ich“2 einstimmt. Es ist immer die Rede von der allgemeinen „Volksfrömmigkeit“ der Münsterländer in der Vergangenheit. Ich nenne das eine unzulässige Verkürzung von Menschlichkeit. Auch die münsterländer Katholiken waren nur Menschen und als solche nicht nur eingleisig „fromm“. Der 1974 verstorbene Wegebild-Forscher Georg Jakob Meyer nannte das in seinem posthum erschienenen Werk ein „verharmlosende<s> Schema“.3 Wie wohl jeder Priester in den Dörfern wusste, gab es auch Liebe, Hass, Furcht, Begierde, Stolz und Geltungsbedürfnis. Und so soll es nicht verschwiegen werden, wenn für die Stiftung manchen Wegebildes handfeste menschliche Gründe verantwortlich gemacht werden können. Solche Details sind wichtig, damit die zumeist steinernen Denkmäler von der Vergangenheit berichten können. Auch Meyer schrieb schon: „Zwar mag es der Grundgedanke gewesen sein, Gott zur Ehre ein Werk zu weihen, aber daneben fungierte die andere Idee, den Namen des Votanten <des Stifters, J.E.> im Bewusstsein der Mitbürger und Nachkommen herauszustellen und lebendig zu erhalten. Dieses Ziel konnte man um so eher erreichen, je stattlicher das Kreuz und vor allem der Bildstock gearbeitet war.“4 Man repräsentierte eben noch nicht durch Autos und ein prachtvoller Bildstock konnte das zeitgenössische Gegenstück zum heutigen E-Klasse-Mercedes sein. Vereinzelt ist auch überliefert, dass nicht etwa ein spontaner Anfall von Frömmigkeit zur Stiftung eines Bildstocks führte, sondern der Druck des Pfarrers – und sei der Grund nur, dass der Priester mehr „Stationen“ für die große Prozession brauchte.
Einer von zwei Bildstöcken am Hof Richter bei Havixbeck
Wegebilder wurden in der Vergangenheit von der Wissenschaft gar nicht als Kunst angesehen. „Volkskunst“ war der herablassende Terminus für die Heiligendarstellungen in der münsterländischen Landschaft, weil die inhaltliche Aussage wichtiger war als die künstlerische Form. Mir ist diese herablassende Betrachtungsweise fremd, wenn ich auch die künstlerischen Unterschiede nicht abstreitet, die zwischen einem Bildstock vom Hofbildhauer des Fürstbischofs und einem solchen von Hand eines „Dorfbildhauers“ existieren. Und manche Ausdrücke tiefer Religiosität werden kritisch betrachtet werden, „geschmackssicher“ sind sie nicht alle. Damit wird aber der Inhalt der Darstellung nicht beleidigt, um dies vorher klarzustellen.
Was kann dieses Buch leisten? Für die meisten Kommunen im Münsterland wurde in den letzten 30 Jahren ein Büchlein oder ein stattliches Werk über die Wegebilder auf dem Gemeindegebiet herausgegeben und hundertfach ist Johann Bernhard von Galen, Bischof zu Münster, zitiert worden. Da „häretische Soldaten (…) in frevelhaftem Uebermuth sämmtliche Kruzifix-Bilder im Münsterland umgeworfen und zertrümmert, welche die Frömmigkeit der Vorfahren nach uralter Sitte an den Wegen und Aeckern und auf Haideflächen errichtet hatten“5, ließ er einen allgemeinen Befehl ergehen, dass diese wieder errichtet werden sollten.
Die fünfte Telgter Wallfahrtsstation
Und in seinem Auftrag ließ Johann Blankenfort, der Rektor des Jesuiten-Kollegs Münster, die fünf Stationen auf dem Wallfahrtsweg von Münster zum Telgter Gnadenbild errichten.6 Dies war das Vorbild für viele weitere Bildstöcke. Das ist alles gut bekannt.
Aber ein Überblick über die Geschichte der Wegebilder im Münsterland fehlt noch. Die erwähnte lokale Literatur war mal mehr, mal weniger hilfreich, denn die Qualität der Publikationen variiert erheblich. Einige der jüngeren Veröffentlichungen zeigen eine bedauernswerte Oberflächlichkeit und bleiben in der Beschreibung hängen. Die Hintergründe bleiben unklar. Nun ist dies natürlich auch ein Problem der Zeit: Die alte Generation auf den Bauernhöfen, die von den Vorfahren noch etwas zum Ursprung des Hof-Bildstocks oder des Hofkreuzes erfahren hatte, ist zumeist schon verstorben. Und die jüngere Generation hat sich für diese Geschichte oftmals in bedauernswerter Weise nicht genügend interessiert. Eher amüsant finde ich diese Erklärung: „So kann in vielen Fällen vermutet werden, dass die Ahnen bewusst den Anlass der Aufstellung ihres Hofkreuzes oder Bildstocks auch gegenüber ihren Kindern verschwiegen haben, was durchaus mit Wesen und Natur des Westfalen und insbesondere des Münsterländers zu erklären ist.“7 Ist der Münsterländer so? Ich habe ihn anders kennen gelernt.
Bildstock bei Telgte
Tatsächlich sind die meisten Veröffentlichungen der 1980er Jahre detail- und kenntnisreicher, was die Hintergründe der Stiftungen von Wegebildern angeht. Die m. E. beste Veröffentlichung zur Geschichte der Wegebilder ist eine Einleitung zu einer Publikation über die Wegebilder und Kapellen der Barockzeit im Kreis Steinfurt.8 Geht es um die Wegebilder der Barockzeit, so verweise ich gern auf diesen ausgezeichneten Text, den ich natürlich auch mit eingearbeitet habe, dessen Ausführlichkeit hier aber nicht entsprochen wird.
Die Vielzahl der heimatgeschichtlichen Publikationen versuche ich auszuwerten, um gemeinsame Fragen zu beantworten. Warum wurden die Kreuze, Bildstöcke und Heiligenhäuschen gestiftet? Wie konnten manche dieser Objekte durch die ganz eigene Geschichte der Stifterfamilie ihren Zweck verändern? Was haben die Stiftungen gekostet? Wer hat die Objekte angefertigt? Welche Materialien wurden verwendet? Gab es innerhalb des Münsterlandes regionale Besonderheiten?
02 DER UNTERGANG DER MITTELALTERLICHEN WEGEBILDER
Es scheint, als hätten die meisten Autoren zum Thema Wegebilder und Kreuze mit dem vorchristlichen Aberglauben nicht gern zu tun, und so wird in der vorliegenden Literatur nur sehr gelegentlich darauf hingewiesen, dass das Aufstellen von Kreuzen an Wegegabelungen die Ursache in der vorchristlichen Vorstellung hat, dass an diesen „Wegscheiden“ böse Geister wohnten.9 Tatsächlich wird aus ganz Deutschland berichtet, dass noch im 20. Jahrhundert mit manchen Kreuzen uralt erscheinende Opferbräuche verbunden waren10 und Wilhelm Brockpähler wusste 1963 auch noch von einem westfälischen Beispiel zu berichten: Im Kopf des Steinkreuzes von Minden-Dankersen findet sich eine „Opferschale“, eine runde, näpfchenartige Vertiefung von 4 Zentimeter Durchmesser und 2 Zentimeter Tiefe. Noch im 20. Jahrhundert kam es vor, dass bei dem Kreuz sauer gewordene Milch niedergestellt wurde. Wenn die Milch öfter sauer wurde, hatten Hexen die Kühe verhext. Das Kreuz sollte die Hexen vertreiben.11 Auch Inschriftensteine, mit denen um Schutz gebeten wurde, pflegten schon die vorchristlichen Sachsen aufzustellen. Wie so manche Bräuche wurde auch dieser aufgenommen und kurzerhand „christianisiert“.12 Im Mittelalter erinnerte man sich noch an den „heidnischen“ Ursprung, war sich aber sicher, gerade im Zeichen des Kreuzes diesen völlig verwandelt zu haben.
Noch um 1500 bestand die Möglichkeit, „so wie in altgermanischer Zeit“ schrieb Wilhelm Brockpähler dazu13, einen Totschlag durch einen Vertrag zwischen den beteiligten Familien zu sühnen. Die Aufstellung eines „Sühnekreuzes“ gehörte dazu. Aus di...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelblatt
  3. Urheberrechte
  4. Inhalt
  5. 1. Einleitung
  6. 2. Der Untergang der mittelalterlichen Wegebilder
  7. 3. Neuanfang um 1700
  8. 4. Wegebilder im Wandel der Zeit
  9. 5. Die Stifter und ihre Gründe
  10. 6. Werkstätten der Barockzeit
  11. 7. Wegebilder im Kulturkampf
  12. 8. Werkstätten im 19. und 20. Jahrhundert
  13. 9. Zweitverwendete Kunst
  14. 10. Der Preis der Frömmigkeit
  15. 11. Material der Wegebilder
  16. 12. Ausblick