Vorwort
2016 … und wieder Prüfungen; so wie jedes Jahr zweifelte ich an der Sinnhaftigkeit meines beruflichen Daseins!
Teilnehmer bestanden trotz Note “mangelhaft” in den geprüften Bereichen zwar knapp, (aber dennoch) durch die Vornoten, sie werden nächste Woche als Pflegefachkräfte ihren Dienst beginnen können.
Viele von ihnen waren fleißig, engagiert und lediglich prüfungsängstlich, andere aber glänzten durch Abwesenheit, chronischer Unlust, Fachwissen-Defizite bei spontanen Leistungsüberprüfungen und Gefälligkeitsnoten aus der Praxis.
Vielleicht bin ich nächstes Jahr gelassener, vielleicht rege ich das System Ausbildungsverordnung und Prüfungsverordnung zum Nachdenken an (im besten Fall beides!?).
Viele Jahre sind vergangen, viele Dinge habe ich erlebt zum Thema Qualität der Pflege.
Im Zeitalter der Schlagworte:
“Pflegequalität”,“Fachkräftemangel”, “Pflegenotstand”, “Burnout” und Finanzierungskrisen im Gesundheitswesen richten sich meine Argumente mehr und mehr an die Basis. Ich möchte mit der Unterstützung von Kollegen, ausbildenden Einrichtungen und Schülern diesen Bereich evaluieren und mögliche Denkanstöße geben.
Meine persönliche Meinung wird sichtbar in teils heiteren und auch ernsten Episödchen aus einer ereignisreichen beruflichen Vergangenheit.
Dieses Buch soll keinesfalls dazu dienen, die Ausbildung in Theorie und Praxis grundsätzlich an den Pranger zu stellen, ebenso wenig will ich mit endlosen Diskussionen die Kluft zwischen Theorie und Praxis weiter vertiefen, mir geht es um einen Erfahrungsbericht der letzten 18 Jahre und jeder Leser entscheidet selbst, ob er schmunzeln, mit dem Kopf nicken, sich ärgern oder mir widersprechen möchte.
Sollte mir im weiteren Verlauf nicht immer eine wertschätzende Ausdrucksweise gelingen (zu besonderen Personen oder Institutionen) so bitte ich im Vorfeld um Nachsicht!
2017…
und wieder Prüfungen; diesmal hält sich der mein Kampf zwischen Berufsethik und den tatsächlichen Gegebenheiten in Grenzen.
Mein Anspruch an mich selbst; an meine Mitmenschen (TN und Kollegen) sowie einige schwere private Verluste brachten mir von Mitte 2016 bis Mitte 2017 eine „Zwangspause“ ein.
Die Einhaltung neu erlernter Grenzen ist für mich ab sofort existentiell; soweit die Theorie….
Viel Spaß mit diesem Werk
wünscht Ihnen
Christine Schade
2. Die ersten Jahre
Bereits recht früh, während meiner beruflichen Entwicklung, hatte ich den Eindruck, dass mir eine Einrichtung zu “klein” ist, um die Qualität der Pflege als “Virus” in die Köpfe aller Mitarbeiter zu installieren, es herrschte das Bild: “QM: das machen die da oben”, nichts Genaues weiß man nicht, aber ständig gab es neue Anweisungen, Rundschreiben und Standards.
Die Mitarbeiter bekamen oft keine zufriedenstellenden Antworten auf die Frage “warum?”, also war die Einsicht in immer mehr Aufgaben und notwendigen Strukturen sehr gering. (Fallbesprechungen, Dokumentation etc.).
Dennoch gab es “damals” schon gute Führungskräfte, denen man bereitwillig folgte, sie versuchten auch gegen bestehende Hindernisse die Qualität der Pflege auf ein für den Pflegekunden erträgliches Maß zu bringen.
Im Sinne aller Leser würde ich ungern den Begriff Pflegequalität definieren, darüber gibt es genug Literatur und Expertenmeinungen. Mir geht es um das erträgliche Maß eines alten, evtl. kranken Menschen, der menschenwürdig seine letzten Jahre verbringen will (..oder muss!)
Während meiner Ausbildung zur verantwortlichen Pflegefachkraft mussten meine Ausbilder (ein herzliches Dankeschön für Eure Geduld)
viele Ecken und Kanten bei mir abschleifen, da mir häufig die Umsetzung ethischer, fachlicher und qualitativer Grundlagen viel zu lang dauerte, den Grundsatz “step by step und nimm dein Team mit” musste ich lernen. (Danke an meinen Lieblingschef, der alles bezahlt hat)
Dennoch war ich gerne PDL und wenn ich von “meinem” Team berichten soll, müsste ich ein weiteres Buch schreiben (mal sehen!)
Zu Beginn meiner Tätigkeit als Lehrkraft im Gesundheitswesen war alles sehr aufregend, 20-30 Augenpaare warteten gespannt auf meinen Unterricht. Die Zugangsvoraussetzungen waren 3jährig: Fachoberschulreife, Vorpraktikum in der Pflege und die Finanzierung über Bildungsgutschein, Landesförderung und Selbstzahler.
Ich habe Teilnehmer kennengelernt, die erst ihren Hauptschulabschluss nachholten, dann die Altenpflegehilfe mit Erfolg (in dem Fall besser als 2,4)
und anschließend verkürzt in die letzten 2Jahre der Ausbildung einstiegen und denen ich (mindestens genauso stolz) das Abschlussexamen aushändigen durfte, (chapeau)
Ich erinnere mich an alle “Blockende-Partys”, “Projekt-Partys”; “Abschluss-Partys”, des Weiteren war ich mit vielen Kursen auf Exkurs, zum Beispiel Altenpflegemesse Hannover, DASA Dortmund, Pflegekongresse Bochum und Münster;
Als erste freiberufliche Dozentin in diesem Bildungsinstitut in NRW gelang es mir sogar, mit einem Kurs für vier Tage nach Amsterdam zu fahren, finanziert über Trödelmärkte und Zuschuss des Bildungsträgers. Besuche in
Altenpflegeeinrichtungen, Hospiz und Finanzierung des Gesundheitssystems in den Niederlanden rundeten die Reise ab. (Leider vergaß gerade dieser Kurs ein halbes
Jahr später meinen 50.sten Geburtstag).
Ich war mit Leib und Seele dabei und musste mir so manchen kollegialen Hinweis zum Thema “Nähe und Distanz” gefallen lassen.
Trotz aller schönen Erinnerungen begann dort schon der ein oder andere Zweifel an den ethischen Grundlagen einiger Personen zum Thema Altenpflegeausbildung.
2/1 Unterrichtsvermittlung
Zwischen der Vorstellung, wie Unterricht Spaß machen kann und der Vorbereitung desselben, ausgerichtet auf die Zeitvorgaben (4UE oder 8UE) und den vorgegebenen Inhalten It. Curiculum lagen lange Trainingszeiten.
Am Anfang beinhaltete mein Manual alle Möglichkeiten zwischen Begrüßung und Schlusswort, schnell entdeckte ich: je “cooler” der Einstieg, desto aufmerksamer die Gruppe. So wurde meine “Witzemappe” zur Eröffnung eines jeden Unterrichtes legendär, genauso legendär war mein “trinkfertiger” Kaffee auf dem Lehrerpult, frei nach dem Motto, wenn es mir hier vorne gutgeht, geht es Ihnen auch gut! (selbstverständlich beinhaltete das die regelmäßige Kaffeespende an die jeweiligen Kurse). Kurios war, dass ich eigentlich Teetrinker bin!!
Meine Stimme war trainiert auf Modulation und Lautstärke, so dass ich bis in die letzten Ecken eines Klassenraumes gehört wurde. Von Beginn an ließ ich keinen Zweifel daran, daß alles, was ich sage von elementarer Wichtigkeit war, besonders auf Hinblick der nahen (!!) Prüfungen, das von vielen Kollegen bemängelte Desinteresse der Schüler (Handys, Zeitungen, stricken) entzog sich vorläufig meiner Erfahrung.
(Ausnahme bildete ein Berufsfindungsseminar unterschiedlicher Kulturen und Sprachen, unterschiedlich waren auch die Auffassungen von Start und Ende einer Unterrichtseinheit, sowie die Handhabung verschiedener Arbeitsaufträge und die Höflichkeit untereinander. Ich gab auf, als eine der Teilnehmerinnen bei einer Klausur ihren Spickzettel verschluckte und lachend den Klassenraum verließ).
Dennoch habe ich später als „alter Hase“ erneut Profiler Kurse gehabt und manch’ schöne Überraschung erlebt.
2/2 Lernfeldorientierung
Das Curiculum’der Altenpflege hat vier große Lernfelder mit vielen Unterpunkten, es gab einige Projekte und jede Menge praktische Übungen.
LF 1. Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege
LF 2. Unterstützung alter Menschen bei der Lebensgestaltung
LF 3. Rechtliche und institutioneile Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit
LF 4. Altenpflege als Beruf
Im Rahmen der Lernfeldvermittlung belegte ich einige Themen und fand die freie Zeiteinteilung innerhalb des Themas sehr hilfreich für einen teilnehmerorientierten Unterricht. Um bestimmte Inhalte zu vertiefen, konnten die Lehrkräfte noch Stunden zusätzlich bekommen, die Unterrichtsplanung war zwar schwierig (ähnlich der Dienstplanung in der Pflege), aber relativ flexibel. Wichtig waren die richtige Gewichtung und die Einhaltung der Ausbildungs...