Von der Beliebigkeit zum Idealen  -  Die Korintherbriefe
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Von der Beliebigkeit zum Idealen - Die Korintherbriefe

Eine heilsgeschichtliche Auslegung

  1. 412 Seiten
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Von der Beliebigkeit zum Idealen - Die Korintherbriefe

Eine heilsgeschichtliche Auslegung

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Über dieses Buch

Diese Auslegung der Korintherbriefe des Paulus folgt nicht der kirchlichen Tradition, sondern dem biblischen Text und der historischen Wahrscheinlichkeit. Die Korinther Gemeinde stellt unter den ersten christlichen Gemeinden des ersten Jahrhunderts ein Muster dar für alle kommenden Kirchengenerationen. In ihr gab es alles, was es nicht geben durfte, aber auch alles, was eine lebendige Gemeinde auszeichnete. Und so findet man neben tiefstem Heidentum und Unmoral, jüdischer Gesetzlichkeit und griechischem Freigeist, ebenso Christuszentrierung und Heiligungsbestreben. Paulus provozierte die Juden mit Sonderlehren und stieß zugleich den traditionsfreudigen Nichtjuden vor den Kopf.Erst Paulus versteht die ganze Fülle und Bandbreite der Erlösung durch Christus, dem auch ein falscher Eifer für die Torah nicht im Wege stehen darf. Das neue Evangelium von Paulus ließ auch die Nichtjuden verstehen, dass es im Kern für sie darum ging, den alten, sündigen Adam loszulassen mit seinen Gewohnheiten und Lüsten und auch die Selbstgerechtigkeitsbemühungen aufzugeben, die sich sogar hinter besonders frommen Werken und einer formalen Torahgerechtigkeit verbergen können.Das Evangelium ist bei Paulus zwar ein Friedens- und Freiheitsangebot, aber es ist zugleich eine Konfrontation. Im Evangelium wird der sündige Mensch mit der unausweichlichen Wahl konfrontiert, sich von Gott zurechtbringen zu lassen oder es zum eigenen Unheil bleiben zu lassen.

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Information

Verlag
tredition
Jahr
2018
ISBN
9783746913773

Der erste Brief an die Korinther

Vorbemerkungen

Aus der Apostelgeschichte des Lukas wissen wir, wie es zu dieser Korinther Gemeinde paulinischer Prägung gekommen ist. Angefangen hat es damit, dass Paulus bei den aus Rom vertriebenen Juden Aquila und Priscilla wohnte. Da er am Sabbat wie üblich in die Synagoge ging, unterhielt er sich dort mit Juden und Griechen *1 und „überzeugte“ sie (Ap 18,4). Aber erst als er „Verstärkung“ durch Silas und Timotheus bekommen hatte, fing er an das Evangelium zu verkünden - ausdrücklich heißt es „den Juden“ - „dass Jesus der Christus sei“ (Ap 18,5). Damit verkündete er zunächst einmal das Gleiche wie die anderen Apostel. Juden mit ihren Lehransichten unter sich.
Die Reaktion des Paulus auf die Verweigerung der Juden lässt darauf schließen, dass es zu einem handfesten Streit gekommen sein muss, denn sonst hätte Paulus nicht gesagt: „Euer Blut komme auf euren Kopf!“ (Ap 18,6). Das ist eine harte Aussage. Wenn Gott Paulus das sagen und stehen lässt, ist das tragisch. *2 Man darf aber dennoch nicht die Verheißungen vergessen, die Paulus anderswo (z.B. in Röm 11,26) gemacht hat. Sie belegen, dass die „Verwünschung“ nichts an der Rettung Israels ändert und demzufolge nur bedeuten kann, dass ein schweres Gericht Israel bevorsteht. Durch Gerichte bewirkt Gott Haltungsänderungen. Heilsgeschichtlich haben Gerichte an einzelnen und an Gemeinschaften vielfache Auswirkungen, oft auf verschiedenen Ebenen und zu verschiedenen Weltzeiten.
Was Paulus anbelangt, trifft er in Bezug auf seine Juden eine folgenschwere Entscheidung: „von jetzt an werde ich zu den Nationen gehen.“ (Ap 18,6) Und das, obwohl viele Juden zum Glauben kamen, aber eben nicht alle! Und auch Nichtjuden kamen zum Glauben an den Messias Israels, denn: „viele Korinther, die hörten, wurden gläubig und ließen sich taufen“. (Ap 18,8) Insgesamt blieb Paulus „ein Jahr und sechs Monate“ in Korinth „und lehrte unter ihnen das Wort Gottes“. Man muss festhalten, das „Gläubigwerden“ beinhaltete zunächst einmal nur das Fürwahrhalten, dass Jesus Christus der Messias Israels und damit auch der kommende König der ganzen Welt und aller Nationen sein würde, und dass Er das für alle Menschen geopferte Lamm Gottes ist, zur Vergebung der Sünden. Die Vergebung der Sünden war das zentrale Thema des Judentums. Der gesamte Gebets-, Tempel- und Opferdienst kreiste um dieses Thema. Wie werde ich meine Sünden los, um vor Gott gerecht dastehen zu können. Für die Juden außerhalb Israels war das, was die Jünger Jesu und Paulus lehrten in der Hinsicht reizvoll, als man sich die Pilgerreise nach Jerusalem, um dort am Tempel zu opfern, sparen konnte, wenn dieses neue Evangelium stimmte. Aber wenn man einem Menschen große Geschenke macht, ist er zuerst einmal misstrauisch. Irgendwo gibt es einen Pferdefuß oder eine Fußangel. Noch bedenklicher ist aber folgendes: Das sich beschenken und begnadigen lassen darf nicht in Konkurrenz stehen mit dem Selbstbehauptungswillen und auch nicht einhergehen mit einer Demut, die in Demut ungeübte Menschen leicht mit Demütigung verwechseln können. Zunächst einmal hörte sich das neue Evangelium gut an, aber dann lernte man, dass es im Kern damit zu tun hatte, den alten Adam loszulassen mit seinen Gewohnheiten und Lüsten, was gerade den Korinthern nicht leicht gefallen sein dürfte, das alte Ich zu verleugnen und das Leben auch da aufzugeben, wo es nicht gleich als sündig zu erkennen war. Wenn man mit Jesus ernst machte, musste alles andere in die zweite Reihe oder sogar ganz verschwinden. Das predigten die Jünger Jesu und Paulus ohne Unterschied. Man musste ihnen nur lange genug zuhören und dann war das zuerst geweckte Interesse und die anfängliche Begeisterung für das neue Evangelium verflogen und die alten Üblichkeiten kamen wieder durch. So muss es bei vielen gewesen sein. Das sind mehr als nur Vermutungen, denn die gleichen Prozesse finden sich heute immer noch bei dem Volk, das mit dem Evangelium konfrontiert wird. Das Evangelium ist zwar ein Angebot, ein Friedens- und Freiheitsangebot, aber es ist zugleich eine Konfrontation. Im Evangelium wird der sündige Mensch mit der unausweichlichen Wahl konfrontiert, sich von Gott zurechtbringen zu lassen oder es bleiben zu lassen.
Die Apostelgeschichte zeigt, dass Paulus bei den Juden nur zum geringen Teil auf Gegenliebe für seine Botschaft stieß. Es kam zu starken Anfeindungen mit den Juden. Die meisten Juden lehnten die Lehren von Paulus ab. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Paulus ist vielleicht sogar der meist gehasste Jude für die Juden. Diese Anfeindungen können darauf zurückzuführen sein, dass Paulus Jesus Christus als Messias verkündete. Aber in Jerusalem haben die Jünger viele Jahre genau diese Botschaft vom Gottessohn und Messias Israels Jesus Christus verkündet und sie blieben dabei weitgehend unbehelligt. In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Gemeinde in Jerusalem jahrzehntelang hielt und in der Apostelgeschichte, ebenso wie in den außerbiblischen Überlieferungen nicht von mehr Verfolgungen berichtet worden ist, als die bekannten, nimmt sich das Ausmaß der Verfolgung vergleichsweise minimal aus. Letzten Endes reduzierte sich für viele Juden, das Interesse an einer Reaktion auf das Evangelium der Jünger Jesu auf die Frage: Was gehen uns die peinlichen Vorkommnisse um einen gekreuzigten Wanderprediger in Jerusalem an? Herzlich wenig! Das galt erst recht für die hellenischen Juden! Für sie waren die Apostel nur Wanderprediger, die behaupteten, dass der Messias endlich gekommen war.
Doch Paulus begnügte sich nicht mit der Wiederholung dieser Behauptung. Daher muss man annehmen, dass der größere Streitpunkt für die Juden die Lehre war, dass die Torah nicht mehr oberstes Ziel der religiösen Praktik für einen Juden war und das Missverständnis, dass Paulus lehrte, die Beschneidung sei kein Zeichen für das Volk, das Gott auserwählte. Jesus war für die meisten ein galiläischer Rabbi, dessen Jünger ihn zum Messias erklärt hatten. Jesus war tot. Aber Paulus war lebendig und verkündete im Bereich des hellenischen Judentums etwas, was man als traditionell unjüdisch oder sogar, wenn man Paulus fehlinterpretierte, als anti-jüdisch bezeichnen muss. Das war nicht akzeptabel. Und auch das ist heute noch so. Wenn Lukas davon schreibt, dass die „Juden einmütig gegen Paulus aufstanden“, muss es sich um die Mehrheit der Juden gehandelt haben, die ihn vor den Prokonsul von Achaea schleppten und ihn verklagten: „Dieser überredet die Menschen, entgegen dem Gesetz Gott anzubeten.“ (Ap 18,13) Entgegen dem Gesetz! Also entgegen der Torah, so wie die Juden die Torah verstanden: Das heilige Gesetz Gottes für die Juden. Auch die Juden waren ungeduldig genug, um das, was sie sprachlich als „Olam“, verdunkelte, langwährende Zeitdauer, verstanden hatten, in eine Gültigkeit, die immer währt, damit man eine verlässliche, stabile Ordnung hatte, zu verwandeln. Es ist interessanterweise nicht nur der menschliche Wunsch, einen festen Grund zu haben, auf den man bauen kann, sondern auch die menschliche Ungeduld, die ihn dazu bringt, etwas, was zeitlich begrenzt ist, zu verewigen. Schon ein kleiner Schnupfen offenbart die Ungeduld des Menschen. Er protestiert gegen dieses Ungemach, indem er sagt: ich habe diese „laufende“ Nase schon ewig, nur weil sich nach drei Tagen noch keine Besserung gezeigt hat. Die Torah ist kein Schnupfen, aber sie hat ähnlich wie die Sekretabsonderung des menschlichen Körpers bei Fremdkörperbefall die heilsame Funktion, den Menschen auf den Weg der Besserung zu bringen, ohne selber die Besserung zu sein, freilich auch, ohne selber das Übel zu sein, auch wenn es als solches wahrgenommen wird. Auch die Torah ist ein Mittel zur Besserung, ohne die Besserung und ohne von Übel zu sein. Wenn der Körper heil ist, braucht er keine Mobilisierung der Abwehrstoffe und Sekretabsonderung. Sie währt nicht für immer. Wenn der Mensch in Christus heil geworden ist, braucht er die Torah auch nicht mehr, denn sie ist nur für die, die gegen sie und gegen den Willen Gottes verstoßen (Röm 3,19). Und so hat die menschliche Ungeduld etwas für ewig erklärt, solange die Heilung noch in weiter Ferne scheint. Mit dem Begriff „Olam“ ging es den Juden und Christen ganz ähnlich. Da die Torah für „olam“ gegeben ist, gilt sie für immer, erklärt man, wohl wissend, dass der Begriff „olam“ das nicht, alles andere ausschließend, hergibt, sonst wäre Jonah für immer im Bauch des Fisches gewesen (Jon 2,7) *3 Die Torah wird also, ob bewusst oder nicht, in einen göttlichen Stand versetzt. Folgerichtig wird dieser Götzendienst fortgesetzt, indem manche das „für immer“ nach vorne verlängern. Die Torah existiere wie Gott schon immer, wie einige Juden allen Ernstes glauben. Auf eine Absurdität folgt die nächste. *4 Wohlgemerkt wird Paulus nicht angeklagt, Jesus zum Messias gemacht zu haben, sondern die Menschen zu überreden „entgegen dem Gesetz“ Gott zu verehren, also gegen die Torah anzugehen. Leider verrät Lukas nicht, ob die Menschen, die Paulus angeblich Irrlehren beibrachte, nur Juden oder auch Nichtjuden waren. Aber auch hier gilt, die hellenistischen Juden sorgten sich nicht sonderlich um das Seelenheil der Nichtjuden. Hätte das ausgerechnet in Korinth anders sein sollen als anderswo? Korinth war für damalige Verhältnisse eine Großstadt, eine der größten im Römischen Reich. Was den moralischen Standard anbelangte, hätte ein frommer Jude sie eher mit Sodom und Gomorrha verglichen. Den Juden hätte es gleichgültig sein können, wenn Paulus Nichtjuden so lehrte wie sie es ganz gewiss gegenüber Juden beanstandet hätten. Aber die Situation war so, dass in die Synagogen auch Nichtjuden kamen. Was immer Paulus den Nichtjuden predigte, hörten auch die Juden, und was er den Juden zu sagen hatte, bekamen auch die Nichtjuden mit, sofern sie mit den Juden verkehrten und in deren Synagogen Besucher waren.
Was Paulus zu sagen hatte, war eine Botschaft, die so noch nie gehört worden war, denn bisher musste sich ein Nichtjude, wenn er den Gott Abrahams wie ein Jude anbeten wollte und mit den Juden in den Genuss der Verheißungen kommen wollte, sich beschneiden lassen und dann natürlich die ganze Torah halten. Oder zumindest sich zur Torah bekennen, denn tatsächlich gab es keinen einzigen Juden, außer Jesus, der die ganze Torah halten konnte. Der alte Adam ist torah-inkompatibel. Der alte Adam ist ein durch die Torah Getöteter. Er bleibt so lange tot, wie er in Jesus Christus nicht aufersteht.
Es war für einen Juden nicht einzusehen, warum sich an dem Verhältnis Gottes zum Menschen und insbesondere zum Juden etwas ändern sollte, selbst wenn der Messias gekommen sein sollte. Ganz im Gegenteil, der Messias, das wusste man, würde die ganze Torah halten. Also würden auch seine Getreuen die Torah halten und nichts anderes lehren. Nach jüdischer Tradition herrschte der Glaube vor, dass der Messias die Torah vorbildlich einhalten würde. Und das tat Er ja tatsächlich, als Er dann kam. Aber wenn man schon die Torah nicht richtig in Bezug auf ihre Stellung, ihre Bedeutung und ihren Imperativ nicht richtig erkannt hat, dann kann man auch den, der die Torah nicht nur richtig verstanden hat, sondern auch tadellos umgesetzt hat, erst Recht nicht verstehen. Alles was Paulus dagegen zu sagen hatte, konnte nur falsch sein.
Die Juden haben Jesus Christus nicht angenommen, weil sie die Torah nicht richtig verstanden haben.
Damit soll gesagt sein, dass die Missverständnisse über die Torah ausreichen können, dieses Resultat zu erzielen. Selbstverständlich kann es viele weitere Gründe geben, Jesus Christus nicht anzunehmen. Aber wenn man sich einen Götzen schafft, ist es schon wegen dieses Götzen schwer, sich zu Gott zu bekehren. Die Geschichte Israels im Alten Testament illustriert das aufs Deutlichste. Aber, was die Juden nicht anerkennen ist, dass der Götzendienst auch die letzten zweitausend Jahre fortgesetzt wurde. Die Götzen sind nicht Gottwesen des alten Babyloniens, sondern Götzen, die raffiniert getarnt sind. Die Juden haben sie selber getarnt. Einer davon ist die Torah, ursprünglich eine Gabe Gottes, die in der Hand und in der Stirn der Juden, aber auch des Kirchenchristentums zu einem künstlichen und missverständlichen Wesen hochstilisiert wurde, welchem manche frommen Juden gestatten ihr Leben zu beherrschen. Für die überwiegende Zahl der religiösen Juden ist die Torah aber in der Hauptsache eine Orientierung zu Gott hin. Das ist auch eine Funktion, die die Torah haben soll.
Für die Judenfunktionäre und Haushälter des Judentums war ein Zuwachs der Gemeinde durch Proselyten durchaus erstrebenswert, weil das mit mehr Einfluss, mit mehr Macht und mehr Geldzuwachs verbunden war. Jesus kannte das und kommentierte die Folgen kritisch: „Denn ihr durchzieht das Meer und das trockene Land, um einen Proselyten zu machen; und wenn er es geworden ist, so macht ihr ihn zu einem Sohn der Hölle, doppelt so schlimm wie ihr.“ (Mt 23,15)
Es ist nicht anzunehmen, dass Paulus den Juden verkündet hat, dass sie nicht mehr die Torah zu halten hätten, sonst wäre genau das der Vorwurf gewesen. Aber Paulus lehrte ja die „Menschen“, heißt es ausdrücklich in Ap 18,13, also diejenigen, die sich Gott gegenüber am Tag des Gerichts verantworten mussten. Dass es Juden gab, die Paulus zu Unrecht auch noch verklagten, dass er den Juden die Torah abspenstig machen wollte, war unvermeidlich. Aber diese Anklage war nicht tragfähig.
Die Juden verstanden bei allem Eifer für die Torah die heilsgeschichtlich umfassende Verkündigung von Paulus nicht. Ihr Fokus war auf Israel und das kommende Gottesreich gerichtet. Wenn Paulus etwas verkündete, was darüber hinausging, oder was davon abzuweichen schien, musste es aus Sicht des streng über die Einhaltung der religiösen Sitten und Gebräuche wachenden Judentums, zu verurteilen sein. Mit der gleichen Logik, wurden auch im Kirchenzeitalter Lehren, die über das Anerkannte hinausgingen, abgelehnt. Die Gemeinde in Korinth hat Paulus sehr lange bei sich gehabt und den ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Der erste Brief an die Korinther
  6. Der zweite Korintherbrief
  7. Anmerkungen
  8. Literaturverzeichnis