Lachszenen in der Literatur
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Lachszenen in der Literatur

Von Homer bis Houellebecq

  1. 200 Seiten
  2. German
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Lachszenen in der Literatur

Von Homer bis Houellebecq

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Es werden Lachszenen aus rund 100 literarischen Werken, die in den zurĂŒckliegenden zweieinhalb Jahrtausenden erschienen sind, vorgestellt und meist auch kommentiert. Daraus lĂ€sst sich eine vorsichtige Prognose ĂŒber die Zukunft des Lachens in der Literatur ableiten.

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Information

Verlag
tredition
Jahr
2018
ISBN
9783746929873
Thema
Art

1 Theoretisches

1.1 Lachtheorien

Das Lachen wurde auch von Philosophen und Soziologen fast drei Jahrtausende lang beobachtet und kommentiert und hat deshalb einen theoretischen „Unterbau“, der sich hier nicht einmal komprimiert wiedergeben lĂ€sst. Die folgenden kurzen AuszĂŒge können aber einen Eindruck davon vermitteln, mit welchen Fragen sich die Autoren auseinandergesetzt haben und welcher Terminologie sie sich dabei bedienen.
Was nun das LĂ€cherliche betrifft ..., so ist bereits in der „Poetik“ dargelegt worden, wie viele Arten des LĂ€cherlichen es gibt, von denen die eine sich fĂŒr den freien Mann schickt, die andere dagegen nicht. Man mag also so auswĂ€hlen, wie es zu einem jeden passt. Es steht aber die Ironie dem freien Manne eher zu Kopf als die Possenreißerei, denn (dabei) trĂ€gt er das LĂ€cherliche zu seinem eigenen VergnĂŒgen vor, der Possenreißer jedoch tut es zum VergnĂŒgen anderer. (Aristoteles, Rhetorik, 1419b)
Es muss in allem, was ein lebhaftes, erschĂŒtterndes Lachen erregen soll, etwas Widersinniges sein (woran also der Verstand an sich kein Wohlgefallen finden kann). Das Lachen ist ein Affekt aus der plötzlichen Verwandlung einer gespannten Erwartung in nichts. (Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft (1793), § 54, Anmerkung)
Meiner im ersten Bande ausgefĂŒhrten ErklĂ€rung zufolge ist der Ursprung des LĂ€cherlichen allemal die paradoxe und daher unerwartete Subsumtion eines Gegenstandes unter einen ihm ĂŒbrigens heterogenen Begriff, und bezeichnet demgemĂ€ĂŸ das PhĂ€nomen des Lachens allemal die plötzliche Wahrnehmung einer Inkongruenz zwischen einem solchen Begriff und dem durch denselben gedachten realen Gegenstand, also zwischen dem Abstrakten und dem Anschaulichen. (Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung. Zweiter Band, Kapitel 8 – Zur Theorie des LĂ€cherlichen (1892))
Beim Lachen sind also nach unserer Annahme die Bedingungen dafĂŒr gegeben, dass eine bisher zur Besetzung verwendete Summe psychischer Energie der freien Abfuhr unterliege, und da zwar nicht jedes Lachen, aber doch gewiss das Lachen ĂŒber den Witz ein Anzeichen von Lust ist, werden wir geneigt sein, diese Lust auf die Aufhebung der bisherigen Besetzung zu beziehen. (Sigmund Freud, Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten (1905))
Das Lachen ist eine bestimmte soziale Geste, die eine bestimmte Art des Abweichens vom Lauf des Lebens und der Ereignisse sichtbar macht und gleichzeitig verurteilt. (Henri Bergson, Das Lachen. Ein Essay ĂŒber die Bedeutung des Komischen (1914))
Wo der Zyniker melancholisch-verĂ€chtlich lĂ€chelt, von der Höhe der Macht und ihrer Illusionslosigkeit herab, ist es fĂŒr den Kyniker bezeichnend, so laut und ungeniert zu lachen, dass die feinen Leute den Kopf schĂŒtteln. Ihr GelĂ€chter kommt aus den Eingeweiden, es ist animalisch fundiert und gibt sich hemmungslos. (Peter Sloterdijk, Kritik der zynischen Vernunft (1983), Zweiter Band, S. 275 ff.)
Gewiss enthĂ€lt das Lachen in seinem Ursprung die Freude an einer Beute oder Speise, die einem als sicher erscheint. Ein Mensch, der fĂ€llt, erinnert an ein Tier, auf das man aus war und das man selber zu Fall gebracht hat. Jeder Sturz, der Lachen erregt, erinnert an die Hilflosigkeit des GestĂŒrzten; man könnte es, wenn man wollte, als Beute behandeln. Man wĂŒrde nicht lachen, wenn man in der Reihe der geschilderten VorgĂ€nge weitergehen und sich‘s wirklich einverleiben wĂŒrde. Man lacht, anstatt es zu essen. (Elias Canetti, Masse und Macht (1960))
Man sieht: Theorien ĂŒber das Lachen haben eine andere QualitĂ€t als solche in den Naturwissenschaften. Sie lassen sich weder bestĂ€tigen (verifizieren) noch widerlegen (falsifizieren). Sie erfĂŒllen also nicht die Voraussetzungen, die z. B. von Popper fĂŒr Theorien grundsĂ€tzlich aufgestellt werden. Er sieht in der „Falsifizierbarkeit“ das „Kriterium des empirisch – wissenschaftlichen Charakters eines Theoriensystems“. (Vgl. Popper, S. 47 ff. und 211 ff.)

1.2 Zur Interpretation des Lachens

Oft stellt sich im realen Leben die Frage, wie ein Lachen zu verstehen ist. Das ist beim Lachen in der Literatur nicht anders. (Beispiele siehe unten 2.5.3.) Lachen, real und in der Literatur, ist der Interpretation grundsĂ€tzlich zugĂ€nglich, oft auch bedĂŒrftig. Manchmal gibt es separate Veröffentlichungen, die eine Deutung anbieten.
Stephanie Stadelbacher schreibt: „Lachen kann nicht immer so einfach gedeutet und bewertet werden wie es scheint, schließlich ist Lachen plural, vielfĂ€ltig, mehrdeutig, zweischneidig, zwiespĂ€ltig. Damit bleibt das ‚Lachen an sich‘ in gewisser Weise rĂ€tselhaft und kann immer nur im konkreten soziokulturellen sowie situativen Kontext verstanden werden.“ (Stadelbacher, S. 114)

1.2.1 Nutzen von Interpretationen in der Literatur

Welchen Nutzen haben Interpretationen fĂŒr den Leser? Der Zugang zur Literatur gestaltet sich je nach den konkreten Interessen des Lesers sehr unterschiedlich: Das Interesse am literarischen Werk kann – unabhĂ€ngig vom Niveau desselben – entweder oberflĂ€chlich sein oder tiefer gehen. Der nur oberflĂ€chlich (am „Plot“) Interessierte kauft ein Buch und liest es. Es gefĂ€llt ihm oder es gefĂ€llt ihm nicht. Er lobt das Buch und den Autor im Bekanntenkreis, kauft von demselben Autor erneut eines oder er unterlĂ€sst beides.
Bei tiefer gehendem Interesse befasst sich der Leser beispielsweise auch mit dem Klappentext und liest gegebenenfalls eine Rezension des Buches in seiner Tageszeitung. Dadurch bekommt die LektĂŒre fĂŒr ihn ein wenig „Hintergrund“. Der Profi liest natĂŒrlich noch grĂŒndlicher. Der Schwerpunkt liegt fĂŒr ihn in der „SekundĂ€rliteratur“, also bei Texten ĂŒber den Text. Das ist fĂŒr das VerstĂ€ndnis nicht immer zwingend erforderlich, aber (vor allem bei „hermetischen“ Texten) doch eine Hilfe. Hier denkt man beispielsweise an die unten besprochenen Werke von Hesse, Kafka, Broch und Ransmayr.
Welchen Nutzen haben Interpretationen fĂŒr den Leser, vor allem, wenn Deutungen desselben Werks inhaltlich differieren? Beispiele fĂŒr Diskrepanzen der Interpretationen sind:
‱ 2.2.1 (6) James KrĂŒss – Timm Thaler
‱ 2.5.1 (4) Georg BĂŒchner – Lenz
‱ 2.8 (3) Heinrich Heine – Ein Weib

1.2.2 Vergleich: Interpretation auf dem Gebiet des Rechts

Ein Vergleich mit den Gegebenheiten der Interpretation in anderen Textwissenschaften bietet sich an, z. B. – der beruflichen Heimat des Autors entsprechend – in der Rechtswissenschaft. Hier ist die Situation ist eine ganz andere als bei der Literaturinterpretation:
In der Rechtswissenschaft und in der tĂ€glichen praktischen Rechtsanwendung entstehen auf zwei Ebenen Interpretationsnotwendigkeiten, nĂ€mlich einmal bei der Auslegung von WillenserklĂ€rungen, zum andern bei jener von Gesetzestexten. Bei einer „WillenserklĂ€rung“ (Vertragsangebot, KĂŒndigung) muss von dem ErklĂ€renden natĂŒrlich nicht die juristische Fachsprache benutzt werden. Deshalb wird es oft nicht sofort deutlich, was der ErklĂ€rende zum Ausdruck bringen wollte. FĂŒr diesen Fall hĂ€lt das Gesetz Auslegungsregeln bereit:
‱ § 133 BĂŒrgerliches Gesetzbuch (BGB): „Bei der Auslegung einer WillenserklĂ€rung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstĂ€blichen Sinne des Ausdrucks zu haften.“
‱ § 157 BGB: „VertrĂ€ge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit RĂŒcksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.“
Auf einer anderen Ebene muss der Richter, der in einem Rechtsstreit zu einem Urteil kommen muss, wissen, wie eine bestimmte Formulierung des Gesetzes zu verstehen ist.
Hier ist die Situation fĂŒr den Richter gĂŒnstiger als bei der Literaturinterpretation: FĂŒr die Auslegung eines Gesetzestextes stehen die sogenannten Materialien zur VerfĂŒgung, das sind die das Gesetz vorbereitenden Drucksachen der gesetzgebenden Körperschaften (z. B. Bundestagsdrucksachen) einschließlich der Protokolle der Sitzungen der AusschĂŒsse und des Plenums. Außerdem gibt es „Kommentare“ aus der Feder von Rechtswissenschaftlern oder, im Fall der „Referentenkommentare“, der Mitarbeiter der fĂŒr das Gesetz federfĂŒhrenden Ministerien. Das RĂ€tsel, wie eine Gesetzesstelle zu verstehen ist, lĂ€sst sich also – entgegen einer weit verbreiteten Meinung – recht gut lösen. (Vgl. Larenz, Kapitel 4, Die Auslegung der Gesetze, S. 133 ff.)
Im realen Leben haben wir fĂŒr die Deutung des Lachens eines Menschen, den wir lange und gut kennen, eine ungleich bessere Grundlage als bei einer Romanperson: Wir kennen seine Mimik und seine Körpersprache, der Anlass des Lachens kann zudem noch hinterfragt werden; es kann auch u.U. – von ihm selbst oder Beteiligten – im Nachhinein noch erlĂ€utert werden, wie ein bestimmtes Lachen verstanden werden kann.
Das alles fehlt im Romantext fast ganz. Grundlage der Interpretation können nur die verhĂ€ltnismĂ€ĂŸig wenigen SĂ€tze sein, die der Autor ĂŒber diese Person niedergeschrieben hat. Es sind ĂŒber die Bedeutung eines Lachens also nur Mutmaßungen möglich, die mehr oder weniger plausibel, aber auch willkĂŒrlich und beliebig sein können.
In der Literatur gibt es den Text, sonst zunĂ€chst nichts. Ihn gehen wir an, vergleichend mit der sehr individuellen „Lacherfahrung“, sowohl der eigenen als auch der bei anderen beobachteten. Die Handelnden sind Kunstfiguren, sie leben nur in den sie betreffenden Passagen des Werks. Wir kennen von ihnen nur die wenigen (kĂŒnstlichen) Situationen, die uns der Autor schildert. Was aus ihnen nicht erschlossen werden kann, ist reine Spekulation. Spekulationen aber, die sich nicht auf den Text grĂŒnden, sind fehl am Platze. Lachen lĂ€sst sich aus „fiction“ heraus nicht so interpretieren wie es das persönliche Umfeld, der Psychologe, Psychiater, Psychotherapeut mit dem real lebenden Menschen tun kann.
Es ist Ă€hnlich wie beim „offenen Ende“ im Film: Es ist mĂŒĂŸig darĂŒber nachzudenken, wie die Handlung wohl „zu Ende gegangen“ ist. Der Autor hat die Schilderung der „fiction“ an einer bestimmten Stelle abgebrochen. Es gibt kein „Ende“, das uns der Autor lediglich verschwiegen hĂ€tte. (Christen, S. 14)
In AusnahmefĂ€llen hat der Autor selbst das Werk schriftlich oder mĂŒndlich interpretiert, z. B. im Rahmen eines Briefwechsels (Beispiel: Marcel Proust, Briefe zum Werk) oder in einem Interview.
Es kann auch außerhalb des Werkes Fakten geben, deren Kenntnis fĂŒr das VerstĂ€ndnis des Werkes hilfreich ist. Das gilt fĂŒr historische Gegebenheiten oder auch den „Zeitgeist“ der betreffenden Ära, in der das Werk entstanden ist. Es steht also nicht nichts zur VerfĂŒgung, aber doch weniger als im wirklichen Leben. Vgl. zur Problematik der Literaturinterpretation: Vogt, S. 45 ff.

1.2.3 Skepsis gegenĂŒber dem Interpretieren

Gerade Schriftsteller stehen dem Interpretationswesen sehr skeptisch gegenĂŒber:
Theodor W. Adorno: „Jeder Satz spricht: deute mich, und keiner will es dulden.“ (Adorno (b), S. 255 f.)
Samuel Beckett: „No symbols where none intended“. Die (schlechte) deutsche Übersetzung lautet: „Weh dem, der Symbole sieht.“ Besser wĂ€re vielleicht: „Es muss nicht mit allem etwas gemeint sein“. (Beckett, S. 271, Addenda, letzter Satz)
Luis Bunuel schreibt in seinen Erinnerungen Mein letzter Seufzer ĂŒber seinen Film „El Angel Exterminador“ („Der WĂŒrgeengel“): „Die Hausherrin hat auch noch einen anderen Gag mit einem BĂ€ren und zwei Schafen vorbereitet, ĂŒber den man aber nichts NĂ€heres erfĂ€hrt – was einige Kritiker, die ĂŒberall Symbole entdecken wollten, nicht davon abgehalten hat, in dem BĂ€ren den Bolschewismus zu sehen, der der von ihren WidersprĂŒchen gelĂ€hmten kapitalistischen Gesellschaft auflauert.“ (Bunuel, S. 230)
„Ich verstehe nicht, warum manche Leute sich darauf versteifen, Bildern, die ich willkĂŒrlich erfunden habe, eine rationale ErklĂ€rung geben zu wollen. In El Angel Exterminador opfert Nobile das letzte Schaf; vorher nimmt er den Verband von seiner Stirn und umwickelt damit die Augen des Tieres. Darin liegt keinerlei Symbolik, selbst wenn viele in dieser Szene die ’Darbringung des SĂŒhneopfers’ sehen wollen.“ (Bunuel, zitiert nach Kreimeier aaO)
Hans Magnus Enzensberger: „ ... die ’idĂ©e fixe von de...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. Hinweise
  7. 1 Theoretisches
  8. 2 Lacharten
  9. 3 Einzelthemen
  10. 4 Lachen in Gemeinschaft und alleine
  11. 5 Entwicklungen, Ergebnisse
  12. Literaturverzeichnis
  13. Liste der Autoren – alphabetisch