C Schriftliche Arbeiten erstellen
Was Sie in diesem Kapitel lernen können
Die Bachelor- oder Masterarbeit sind die »großen Schwestern« der studienbegleitenden Hausarbeit. Sie stehen im Mittelpunkt dieses Kapitels. Wer mit ihnen zurechtkommt, ist auch für eine typische Hausarbeit gut gerüstet. Einzelne Teilschritte mögen bei einer Hausarbeit zwar entfallen oder weniger aufwändig sein, die grundlegende Vergleichbarkeit des Arbeitsprozesses ist jedoch unverkennbar. Das Kapitel beschreibt Schritt für Schritt, wie Sie von der Findung des Themas bis zur Abgabe Ihres fertigen Produktes vorgehen können.
1 Das Grundprinzip: Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück
Materielle Gegenstände entstehen gewöhnlich in einem linear strukturierten Prozess: auf jeden vollzogenen Schritt folgt nach einer festgelegten Abfolge der nächste Schritt. Ein effektives (zielorientiertes) und effizientes (zeitsparendes) Vorgehen, ohne Irr- und Umwege, lässt sich auf diese Weise am besten gewährleisten. Auch beim wissenschaftlichen Arbeiten sind typische Arbeitsschritte zu gehen, dennoch folgt die Erstellung einer schriftlichen Arbeit keinem strikt linearen Ablaufmodell.
Eine wissenschaftliche Arbeit ist kein Billy-Regal.
Es gibt zwar typische Arbeitsschritte, aber keine mechanisch abzuarbeitende Bauanleitung.
Ihre geistige Kreativität ist gefragt.
Für wissenschaftliches Arbeiten ist neben dem Nacheinander auch ein Gleichzeitig typisch. Neben dem Voranschreiten gibt es auch ein Zurückkehren an einen bereits bearbeiteten Punkt. Teilschritte überlagern sich zeitlich und werden zu verschiedenen Zeitpunkten wiederholt vollzogen: Am Anfang steht das (oft noch diffuse) Thema, es leitet die erste Literaturrecherche an. Der Blick in die Literatur verändert aber zugleich den Blick auf das Thema. Denn je mehr man über eine Sache weiß, umso mehr Optionen für Fragestellungen können entstehen. Die veränderten Fragen verändern ihrerseits die Suche nach Literatur. Literaturstudium und Fragestellungen befinden sich in einem ständigen Wechselspiel; im selben Atemzug verändert sich auch die Gliederung. Und weiter: Dass die Literaturrecherche eigentlich schon abgeschlossen ist, schließt nachträglich entstehenden Recherchebedarf nicht aus. Nicht selten schreibt auch die rechte Hand bereits am Manuskript, während die linke nicht aufhören will, an der Gliederung zu feilen. In letzter Sekunde gerät ein Buchtitel in den Blick, der unbedingt noch berücksichtigt werden soll, obwohl das Manuskript schon nahezu vollendet ist. Kurzum: Wissenschaftliches Arbeiten ist ein lebendiges Geschehen, an dessen Ende zwar ein Ergebnis steht, das aber – von der geistigen Kreativität seines Betreibers und dem Fortgang seiner Erkenntnis gesteuert – nicht auf striktem Geradeauskurs erreicht wird.
Wenn man dies im Auge behält, lässt sich die Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit gleichwohl als ein Prozess beschreiben, der trotz aller Rückbezüge, Schleifen und Parallelabläufe einer nachvollziehbaren Logik folgt. Dieser sozusagen »natürliche Fortgang der Dinge« beginnt bei der Planung des Vorhabens und endet mit der fristgerechten Abgabe der Arbeit. Auch dazwischen herrscht durchaus Ordnung: die Niederschrift der Arbeit wird schließlich nicht vor der Literaturauswertung erfolgen; und eine Literaturauswertung ohne jedes Thema wäre weder möglich noch sinnvoll. Die zeitlichen und sachlichen Verknüpfungen der Elemente werden in die folgende prozessorientierte Darstellung integriert.
2 Planung des Arbeitsprozesses
2.1 Vorteile des geplanten Vorgehens
Wer eine schriftliche Arbeit wie z. B. eine Bachelor- oder Masterarbeit zu erstellen hat, wird am Anfang vor allem eines verspüren: Unbehagen. Denn viele Fragen sind erst einmal offen: Wie geht »man« am besten vor? Womit ist anzufangen? Was wird inhaltlich von mir erwartet? Welche formalen Standards gelten? Wie bekomme ich die zu erledigenden Aufgaben so geordnet, dass am Ende das fertige Produkt fristgerecht auf dem Tisch des Prüfers oder der Prüferin liegt?
Dieses Unbehagen ist völlig normal. Niemandem wurde schließlich die Fähigkeit, eine größere schriftliche Arbeit nach wissenschaftlichen Kriterien zu erstellen, in die Wiege gelegt. Was gegen anfängliches Unwohlsein und lähmende Orientierungslosigkeit hilft, ist, die Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit als
Projekt zu definieren. Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als die Gesamtaufgabe in Teilaufgaben zu zerlegen, diese nach ihrer sachlogischen Reihenfolge zu ordnen und die Bearbeitung der Teilaufgaben zeitlich zu strukturieren. Dabei ist durchgängig zu berücksichtigen, dass sich die Bearbeitung von Teilaufgaben jederzeit wiederholen kann (z. B. Wiedereinstieg in die Literaturrecherche) und Teilprozesse sich von vorneherein zeitlich überlagern (
Kap. C-1).
Die systematische Planung des Projektes »Erstellung einer schriftlichen Arbeit« bietet viele Vorteile.
Planungsvorteile
• Sie vermeiden Kopflosigkeit, die Ihnen wertvolle Zeit stiehlt.
• Sie behalten bei der Anfertigung Ihrer Arbeit den Überblick über den Stand der Dinge. Das entlastet Sie.
• Sie vermeiden es, am Ende der Bearbeitungszeit unter einen enormen Stress zu geraten, weil noch ein Berg unerledigter Aufgaben vor Ihnen liegt.
• Sie vermeiden, widerwillig ein Billig-Produkt abzuliefern, das nur deshalb in Schieflage geraten ist, weil Ihnen die Zeit davongelaufen ist.
• Sie vermeiden mit der punktgenauen Abgabe Ihres Produktes das zerknirschende Erlebnis, ein wichtiges Ziel im Studium verfehlt zu haben.
• Sie lernen für Ihr zukünftiges Berufsleben, in dem immer wieder Projekte zu planen sind.
2.2 Arbeitsschritte im Überblick
Die Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit ist üblicherweise mit den folgenden Arbeitsschritten verbunden:
• Klärung des Themas (Thema finden, Einlesen, Eingrenzung des Themas und Entwicklung der Fragestellung, Abstimmung mit dem Prüfer)
• Literaturrecherche und -beschaffung
• Literatursichtung und -auswertung
• Gliederung des Themas
• Erstellung des Rohmanuskriptes
• Überarbeitung des Rohmanuskriptes
• Korrekturlesen durch Dritte
• Erstellung/Überarbeitung der Verzeichnisse und Anlagen (Inhalts-, Abkürzungs-, Abbildungs- und Literaturverzeichnis; Erhebungsinstrument u. Ä.; eidesstattliche Versicherung)
• Endkorrektur
• Ausdruck/Indruckgabe/Binden/Abgabe
Besonderheiten ergeben sich bei Arbeiten, die empirisch angelegt sind oder zumindest einen empirischen Teil beinhalten. Hier wir die typische Schrittfolge wie folgt aussehen:
• Klärung des (Forschungs-)Themas (Entwicklung der Fragestellung, Eingrenzung etc.)
• Planung und Vorbereitung der empirischen Erhebung (Untersuchungsdesign, Absprachen etc.)
• Literaturrecherche und -beschaffung
• Literatursichtung und -auswertung
• Gliederung der Arbeit
• Herausarbeitung der Forschungsfragen und der zu prüfenden Hypothesen
• Entwicklung des Forschungsinstruments (z. B. Interviewleitfaden)
• Durchführung der Erhebung
• Datenaufbereitung, -auswertung
• Erstellung des Rohmanuskriptes
• Überarbeitung des Rohmanuskriptes
• Erstellung/Überarbeitung der Verzeichnisse und Anlagen (Inhalts-, Abkürzungs-, Abbildungs- und Literaturverzeichnis; Erhebungsinstrument u. Ä.; eidesstattliche Versicherung)
• Endkorrektur
• Ausdruck/Indruckgabe/Binden/Abgabe
2.3 Startzeitpunkt
Die Abgabe einer schriftlichen Arbeit ist oft mit einer bestimmten Frist verbunden. Diese Frist kann ...