Der Blick
Zeitungsleser im Garten
In seinem Rock aus Wolle
geputzt mit Pelzrevers
spaziert der würdevolle
Pantoffelpensionär.
In morgendlicher Frische
griff er zum Zeitungsblatt,
nachdem am Gartentische
er gut gefrühstückt hat
und saugt jetzt so behaglich
am langen Pfeifenrohr,
beim Schreiten sachte wiegt sich
die Bommel überm Ohr.
– Doch wie beim Rebenstrauche
mit Taschentuch verziert
Monsieur im Tabakrauche
stumm sein Journal studiert,
sieht er - nicht ferner lesend -
mit langem Blick dorthin,
wo nahe er anwesend
bemerkt die Nachbarin,
die rückwärts zum Beschauer
mit bloßem braunen Bein
getrennt durch eine Mauer
aus hellem Marmorstein
sich dort mit leichten Schritten
anmutig fortbewegt
und hoch den Korb inmitten
von Lattichstauden trägt.
Der Rock schwingt reichgefaltet,
das Mieder leuchtet blau,
schlank ist und wohlgestaltet
die junge Gärtnersfrau.
Wie sie im kühlen Schatten
wird dicht vom Laub umkränzt,
das Sonnenlicht auf glatten,
erwärmten Steinen glänzt,
und in des Hauses Garten
im herbstlich frischen Grün
die letzten zierlich zarten
Spätsommerröschen blühn.
Bei der Storchenapotheke
Hochgestelzt auf dünnem Bein
blickt im Morgensonnenschein
stolz der Storch im Goldgefieder
auf die Apotheke nieder,
wo auf sonnenwarmen Platten
neben kühlen Mauerschatten,
Wasserkübel in der Hand,
eine Magd mit Schürzenband
schreitet zu dem grün gestrichen,
aber etwas schon verblichen
hölzern breit und rustikal
schön gewölbten Holzportal.
Unter dem geschweiften Dach
schaut ihr stumm der Lehrling nach,
dessen Blicke sie begleiten,
wie sie in dem schwingend weiten
roten Rock vorübergeht.
Doch auch aus der Höhe späht
ein Gesicht, ob eventuell
die verliebte Dienstmamsell
ihm verstohlen und kokett
ihrerseits geboten hätt
Blick und Gruß schon heut am Morgen,
statt die Arbeit zu besorgen?
Unbefangen schnäbeln sich
Taubenfrau und Täuberich –
Frei verströmend süßen Hauch,
blüht die Rose auf dem Strauch,
während früh schon, wenn es tagt,
schaffen muss des Hauses Magd.
Der Husar
Drei weiße Täubchen, die picken
und flattern so zierlich und zahm,
drei Augenpaare, sie blicken
verstohlen und aufmerksam,
denn locker und ungezwungen
ein wenig zur Seite geneigt,
das Wams auf die Schulter geschwungen,
hat da, wo der Felsen aufsteigt,
der junge Husar mit der Feder
sich vorn an die Rampe gestellt,
so kühn und so schlank, dass er jeder
der beiden Mägde gefällt.
Mit Korb und Kanne in Händen
einstweilen sich keine beeilt,
sittsam den Blick abzuwenden –
Indem man noch plaudernd verweilt,
aus einem Fenster dort oben
die kleine scheue Mamsell
hält lauschend den Kopf vorgeschoben,
während plätschernd ein Quell
zum steinern ummauerten Grunde,
wo wirbelnd der Wellenschaum fließt,
aus hölzernem Brunnenmunde
als silberner Strahl sich ergießt.
Der Hagestolz
Auf dem kurvenreichen Pfade
seiner Sonntagspromenade
schreitet übers ...