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Was ist eigentlich ein Symbol?
Antwort: Ein Symbol ist ein Zeichen, das mit einer Bedeutung aufgeladen wurde.
Ob bunt bemalt oder grau gezeichnet, ob konkret oder abstrakt: Jedes heute noch so ikonenhafte oder global berühmte Symbol startete einst als ein simples Zeichen. Und das ganz unabhängig davon, ob es sich um Fahnen und Wappen uralter europäischer Adels- und Herrschaftshäuser, um die drei roten Buchstaben »SPD« oder um ein Krokodil auf einem Poloshirt handelt. Warum ist das so? Um zu einem Symbol zu werden, muss ein Zeichen zunächst erfolgreich mit einer kollektiven Energie »aufgeladen« werden. Es muss für viele Menschen mit einer spezifischen inhaltlichen Bedeutung verknüpft sein. Sonst ist es nicht(s), zumindest kein Symbol. Diesen Weg muss jedes Zeichen mit dem Wunsch nach hoher Attraktivität bei klarer sozialer Zuordnung durchlaufen. Denn selbst im digital massiv beschleunigten 21. Jahrhundert kann Symbolkraft glücklicherweise noch nicht »von oben« verordnet und die Faktoren Zeit und Leistung nicht komplett vernachlässigt werden. Massiver Werbe- und Geldeinsatz mag die Bekanntheit eines Zeichens stark unterstützen, aber reine Bekanntheit oder die vom schlechten Marketing gerne als sozialer Zaubertrick propagierte – neudeutsch – »Awareness« (altdeutsch: »Aufmerksamkeit«) hat nichts mit valider Symbolkraft zu tun. Ein Symbol kann nicht »mal eben« künstlich gemacht werden. Dafür benötigt es deutlich mehr an natürlichen Zutaten.
Wer einen Grafikdesigner kontaktiert und ihn bittet, ein neues Logo für ein bestimmtes Vorhaben zu entwerfen, erhält auch bei erfolgter Auftragserledigung am Ende des Prozesses als Endprodukt nur ein grafisches Zeichen oder ein Bild als Datei. Eine Arbeitsgrundlage, mehr nicht. Denn die richtige Arbeit fängt für den Auftraggeber jetzt erst an: Es gilt, dem frisch designten Zeichen nunmehr eine spezifische Bedeutung zu verleihen, d. h., es kontinuierlich mit bestimmten Inhalten anzufüllen. Untrennbar damit verbunden ist das Ziel, dauerhaft ausreichend Anhänger für die Idee oder Leistung hinter dem Zeichen zu finden. Eine Mammutaufgabe in einer Welt, die bereits extrem ausdifferenziert und – abgesehen von isolierten Naturvölkern – mit Symbolen und Symbolik im Alltag reichlich überfrachtet ist. Dennoch ist es für jedes Start-up, jede Existenzgründung, jede seriöse Unternehmung unumgänglich, ein Logo zu »besitzen«, um das Vorhaben in einer Form gestalterisch zu bündeln. Wer Menschen mit (s)einer Idee anziehen, infizieren, sich bei ihnen im Gedächtnis verankern möchte, muss ihnen eine Chance zum Abspeichern der Idee eröffnen: sei es unter einem Zeichen, einem Namen oder zumeist einer Kombination aus beidem. Für ein monetäres Invest(ment) welches zwischen 500 Euro und bis zu 5000 Euro liegt, je nachdem ob ein freundlicher Freelancer oder eine arrogante Agentur beauftragt wurde (Preis nach oben offen), gibt es als Return on Invest(ment) zunächst nicht mehr als ein gefälliges Logo. Allerdings ist unbestritten – dies wird auf den folgenden Seiten noch deutlich –, dass ein gut gewähltes Logo einer Firma oder Institution erheblich helfen kann: auf der Suche nach Kundschaft und somit auf dem steinigen Pfad zu Bedeutung, Ruhm und strahlender Symbolkraft.
Das Symbol und die Leistung dahinter müssen eine Symbiose bilden
Auch das schönste und schillerndste Symbol ersetzt niemals eine überzeugende Leistung, die unter dem Zeichen und Namen erbracht wird. Im Gegenteil: Das Symbol und die Unternehmung dahinter stehen immer in einer untrennbaren Wechselbeziehung zueinander: Erfolgreich geht es nur miteinander, als inhaltliche Einheit. Auch die Faszination eines angebissenen Apfels auf einem Handy oder Laptop ist Resultat besonderer technischer und ästhetischer Leistungen des verantwortlichen US-amerikanischen Apfel-Konzerns. Es handelt sich um ein recht simples Ursache-Wirkungs-Prinzip, eine Logik, die leider im unternehmerischen Alltag, aber vor allem in strategischen Diskussionen gerne einmal vergessen wird: Die Bedeutung jedes Symbols, seine positive externe Wirkung hat ihre Ursache ausschließlich in der Leistung, die in direkter Verbindung mit ihm steht. Ein Symbol ist daher niemals beliebig, denn es steht stellvertretend für zumeist eine (1!) Sache. Man kann es daher nicht nach Lust, Laune und Geschäftsverlauf für alles (be)nutzen, weil es allein von seiner Glaubwürdigkeit und klaren Verankerung lebt. Zu oft müssen unschuldige Symbole für kurzfristigen strategischen Größenwahn innerhalb »ihrer« Organisation langfristig büßen … und / oder für übergroße Egos ihrer Besitzer, die sich mit ihrer Hilfe verewigen wollen. In jedem Falle sind es stets Versäumnisse, mit denen die Symbole selbst rein gar nichts zu tun haben. Denn egal ob Partei, Unternehmen oder sonstige Institution: In der Regel hat in solchen Fällen die Führungsebene die dem Symbol hinterlegten, über die Unternehmensgeschichte klar definierten Inhalte nicht verstanden – oder wollte sie nicht verstehen. So werden Symbole ihres eigenen Anspruchs und ihres Sinns beraubt, so wird Symbolkraft aka Bedeutung gezielt abgebaut und langfristig zersetzt.
Das Symbol und seine Leistung / Bedeutung stehen in direkter Wechselwirkung und bilden eine untrennbare Einheit. Diese Einheit muss immer gewahrt bleiben.
Symbole und ihre Bedeutungen konstituieren Märkte
An der Stelle könnte als Einwand formuliert werden: Großes Pech, ärgerlich – aber warum sich darüber aufregen, wenn irgendwo irgendwelche Verantwortlichen unverantwortlich mit »ihren« Symbolen umgehen? Weil die Folgen im Falle eines nachlässigen Umgangs mit Symbolen oft verheerend sind. Mithilfe von Symbolen konstituieren sich Gruppen, dies liegt in ihrer Natur. Im Falle internationaler Wirtschaftsunternehmen können Tausende und sogar Millionen von Menschen von den Folgen persönlich und massiv betroffen sein. Meist geht der Verlust von Symbolkraft einher mit der Zerstörung von mühsam aufgebauter Wirtschaftskraft und Zersetzung sozialer Anhängerschaft bzw. Kundschaft. Es entsteht ein immenser Schaden, der in Geld nur begrenzt zu beziffern ist, weil deutlich mehr als finanzielles Kapital »verbrannt« wird: Soziales Kapital verbrennt – und diesen Verlust kann keine Versicherung ersetzen und keine Bank ausgleichen. Der Dieselgate-Skandal von Volkswagen erschüttert das weltweite Vertrauen nicht nur in den Wolfsburger Weltkonzern, sondern in ganz Deutschland als vertrauenswürdiger Industriestandort und seriöse Exportnation. Die Langzeitfolgen für das mühsam seit Beginn der Industrialisierung aufgebaute positive Vorurteil über technische Höchstleistungen aus Deutschland sind heute noch unabsehbar. Neben dem VW-Signet wird das ebenso weltberühmte Wortsymbol »Made in Germany« mit in den Abgrund gezogen – leider nicht nur symbolisch: Traditionelle Markierungen verlieren auf solche Weise ihre Leuchtturmfunktion und damit ihren gesamtwirtschaftlichen Wert und Nutzen.
Maßgebliche Aufgabe und ursächlicher Existenzgrund von Symbolen ist es, über eine eindeutige Kennung möglichst starke Signalwirkung sicherzustellen: die optische Wiedererkennung einer Bedeutung, eines spezifischen Inhalts via Symbol. Dies funktioniert allerdings nur, solange die jeweilige Bedeutung nicht beliebig, sondern...