Handbuch Kinder in den ersten drei Jahren
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Handbuch Kinder in den ersten drei Jahren

So gelingt QualitÀt in Krippe, Kita und Tagespflege

  1. 240 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfĂŒgbar
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Handbuch Kinder in den ersten drei Jahren

So gelingt QualitÀt in Krippe, Kita und Tagespflege

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Damit sich Kinder in den ersten Lebensjahren optimal entwickeln, brauchen sie eine hohe BetreuungsqualitĂ€t und vertrauensvolle Beziehungen. PĂ€dagogische FachkrĂ€fte finden in diesem umfangreichen Werk fundierte Informationen und praxisnahe UnterstĂŒtzung. Die Autorinnen fassen das aktuelle pĂ€dagogische und entwicklungspsychologische Fachwissen in diesem Bereich zusammen und benennen notwendige Voraussetzungen, ohne die es keine gute QualitĂ€t in der Betreuung geben kann.

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Information

Jahr
2020
ISBN
9783451820182

1. Die Bedeutung pÀdagogischer QualitÀt in Kinderkrippen und Tagespflege

In diesem Kapitel erfahren Sie
▶ warum pĂ€dagogische QualitĂ€t so wichtig ist
▶ was unter pĂ€dagogischer QualitĂ€t zu verstehen ist
▶ dass sich pĂ€dagogische QualitĂ€t nur vom Kind und seinen BedĂŒrfnissen ableiten lĂ€sst
▶ wie pĂ€dagogische QualitĂ€t in Einrichtungen fĂŒr Kinder unter drei Jahren erfasst werden kann
Seit ĂŒber zwanzig Jahren wird in Deutschland die Frage nach der frĂŒhpĂ€dagogischen QualitĂ€t und dem VerstĂ€ndnis von QualitĂ€tskonzepten in der FrĂŒhpĂ€dagogik kontrovers diskutiert. Ging es dabei zunĂ€chst meist um das BildungsverstĂ€ndnis und um die VorzĂŒge pĂ€dagogischer Konzepte oder Richtungen, steht heute bei der Betreuung von Kindern in den ersten drei Jahren die Sicherung des kindlichen Wohlbefindens und seiner bestmöglichen Entwicklung im Mittelpunkt.
Der massive quantitative Ausbau der Kindertagesbetreuung fĂŒr Kinder in den ersten drei Lebensjahren hat die Frage nach der QualitĂ€t verdrĂ€ngt. Allerdings ist sich die Fachwissenschaft einig, dass gerade bei der Betreuung von Kleinkindern die QualitĂ€t der Betreuung, insbesondere die QualitĂ€t der Interaktionen zwischen den Erwachsenen und den Kindern, darĂŒber entscheidet, ob die außerfamiliĂ€re Betreuung dem Kindeswohl auch langfristig zutrĂ€glich ist oder nicht. Der Erfolg des Ausbauprogramms muss daher zuerst daran gemessen werden, ob und wieweit Krippen und Kindertagespflegestellen als familienergĂ€nzende Orte fĂŒr Kinder „das körperliche, emotionale, soziale und intellektuelle Wohlbefinden und die Entwicklung der Kinder in diesen Bereichen fördern und die Familie in ihrer Betreuungs- und Erziehungsaufgabe unterstĂŒtzen“ (Tietze 1998, S. 20; Deutsche Liga fĂŒr das Kind 2008). Neben verstĂ€rkten ForschungsaktivitĂ€ten, die die aktuelle QualitĂ€t in Angeboten fĂŒr Kinder unter drei Jahren in Deutschland empirisch erfassen, haben sich angesichts des rasanten
Ausbaus in den vergangenen Jahren verschiedene Akteure warnend zu Wort gemeldet.
Die Deutsche Liga fĂŒr das Kind (2008, S. 2) hat mit einem Positionspapier die Notwendigkeit von QualitĂ€tsentwicklung in Kinderkrippen und Kindertagespflege zum Wohl des Kindes verdeutlicht: „Krippen und Kindertagespflegestellen, die anerkannten Mindestanforderungen an QualitĂ€t nicht genĂŒgen, können fĂŒr die dort betreuten Kinder ein erhebliches Entwicklungsrisiko darstellen. Die AnpassungsfĂ€higkeit des Kindes kann ĂŒberfordert, das SicherheitsgefĂŒhl erschĂŒttert und die seelische Gesundheit beeintrĂ€chtigt werden. Risiken ergeben sich insbesondere in den FĂ€llen, in denen eine Einrichtung oder Tagespflegestelle konzeptionell, strukturell oder personell nicht ausreichend fĂŒr die Altersgruppe der unter DreijĂ€hrigen ausgestattet ist. Frei gewordene PlĂ€tze in einer Kindertageseinrichtung ohne Weiteres mit Kindern unter drei Jahren aufzufĂŒllen, ohne ĂŒber die notwendigen Voraussetzungen zu verfĂŒgen, wird den BedĂŒrfnissen der Kinder nicht gerecht und ist insofern fahrlĂ€ssig.“
Auch aus Forschersicht wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in den ersten drei Lebensjahren einer besonderen Sorgfalt und einer stetigen Reflexion der pĂ€dagogischen Praxis und ihrer Rahmen- bzw. Gelingensbedingungen bedarf (Slot 2018; Sulz 2018). Hierbei rĂŒcken nicht nur die Kinderrechte als Legitimationsgrundlage hochwertiger PĂ€dagogik, sondern auch die Ethik pĂ€dagogischer Beziehungen zunehmend in den Blick (vgl. Reckahner: „Reflexionen zur Ethik pĂ€dagogischer Beziehungen“1).

1.1 PĂ€dagogische QualitĂ€t geht vom Kind und seinen BedĂŒrfnissen aus

Könnte man Kinder in den ersten drei Lebensjahren fragen, welchen Anspruch sie an die QualitĂ€t in Kindertageseinrichtungen haben, wĂŒrden sie antworten: Eine Kita ist dann gut fĂŒr uns, wenn wir uns wohl, wertgeschĂ€tzt, unterstĂŒtzt fĂŒhlen und wenn wir mitbestimmen können. Dies lĂ€sst sich so aus Befragungen von Kindern im Vorschulalter herauslesen (Nentwig-Gesemann, Walther & Thedinga 2017).
Das VerstĂ€ndnis von QualitĂ€t in Kindertageseinrichtungen muss sich vom Kind und seinen entwicklungsspezifischen BedĂŒrfnissen her ableiten (z. B. Bensel & Haug-Schnabel 2008). Damit sind sowohl die physischen GrundbedĂŒrfnisse nach Schutz vor KĂ€lte und Hitze, nach Nahrung, nach Sauberkeit und körperlicher Unversehrtheit als auch die psychischen GrundbedĂŒrfnisse nach Bindung, Kompetenz- und Autonomieerleben gemeint (Becker- Stoll & Wertfein 2013; vgl. Kap. 2). Wenn man diesen Grundsatz ernst nimmt, wird deutlich, dass das VerstĂ€ndnis von frĂŒhpĂ€dagogischer QualitĂ€t nicht von einem spezifischen pĂ€dagogischen Ansatz abhĂ€ngig gemacht werden kann (z. B. ob nach Montessori, Steiner oder eher nach der ReggiopĂ€dagogik gearbeitet wird), sondern sich vielmehr grundsĂ€tzlich darin zeigt, inwiefern die BedĂŒrfnisse der Kinder befriedigt werden und ihre Entwicklung altersangemessen unterstĂŒtzt wird (Becker-Stoll & Wertfein 2013). Diese kindorientierte Sichtweise wird gestĂŒtzt durch den in den internationalen Kinderrechten verankerten Anspruch aller Kinder auf Schutz, Förderung und Beteiligung (vgl. Maywald 2016). Gleichzeitig mĂŒssen die verschiedenen Aspekte der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in der Kindertageseinrichtung sowie ihre Gelingensbedingungen betrachtet werden.
Die bestehenden und genutzten strukturellen Bedingungen stellen den Rahmen dar, in dem die tĂ€glichen interaktiven Prozesse der pĂ€dagogischen FachkrĂ€fte mit den Kindern stattfinden und die eigentliche pĂ€dagogische QualitĂ€t prĂ€gen. In Anlehnung an die Definition von Cryer (1999) ist pĂ€dagogische QualitĂ€t dann gegeben, „wenn die jeweiligen pĂ€dagogischen Orientierungen, Strukturen und Prozesse das körperliche, emotionale, soziale und intellektuelle Wohlbefinden und die Entwicklung und Bildung der Kinder in diesen Bereichen aktuell wie auch auf Zukunft gerichtet fördern“. Dabei kommt es darauf an, „das stellvertretend wahrgenommene Interesse des Kindes an guter Bildung, Betreuung und Erziehung in den Mittelpunkt“ zu stellen und damit die QualitĂ€t grundsĂ€tzlich aus Kindperspektive zu betrachten und zu bewerten (Tietze et al. 2007, S. 6).
Die Arbeit mit der jĂŒngsten Altersgruppe ist sehr herausfordernd und stellt hohe AnsprĂŒche an die Belastbarkeit des Personals. Nicht immer werden die Arbeitsbedingungen als ausreichend und unterstĂŒtzend erlebt. Vor allem eine hohe Fluktuation im Team, knappe Personalressourcen (ohne Personalreserven bei kurzfristigem Personalausfall, z. B. bei Krankheit oder erhöhtem Personalbedarf, etwa wĂ€hrend der Eingewöhnung) und Zeitmangel im Tagesablauf tragen dazu bei, dass FachkrĂ€fte immer wieder an ihre Belastungsgrenzen stoßen. FĂŒr die pĂ€dagogischen Teams bedeutet eine gute QualitĂ€t in Kindertageseinrichtungen die GewĂ€hrleistung von Arbeitsbedingungen, unter denen sich Anforderungen und Ressourcen die Waage halten.
Fragt man die FachkrĂ€fte nach ihrer subjektiven EinschĂ€tzung, wird schnell deutlich, dass – neben den strukturellen Rahmenbedingungen – ein gutes Team die wichtigste Ressource fĂŒr die pĂ€dagogische Arbeit und die BewĂ€ltigung des Kita-Alltags darstellt (Wertfein & Spies-Kofler 2008; Wertfein, MĂŒller & Kofler 2012). DarĂŒber hinaus konnte gezeigt werden, dass die TeamqualitĂ€t einen entscheidenden Einfluss auf die InteraktionsqualitĂ€t hat: Je besser und unterstĂŒtzender die Kooperation im Team ist, desto positiver und entspannter sind die Interaktionen zwischen FachkrĂ€ften und Kindern im Kita-Alltag (Wertfein, MĂŒller & Danay 2013). Dies zeigt, dass die SelbstfĂŒrsorge der FachkrĂ€fte und die gegenseitige UnterstĂŒtzung im pĂ€dagogischen Team wichtige Ressourcen und gute Voraussetzungen fĂŒr die emotionale VerfĂŒgbarkeit und angemessene FĂŒrsorglichkeit der FachkrĂ€fte fĂŒr die Kinder sind.

1.2 PÀdagogische QualitÀt wirkt sich auf Kinder aus

Mittlerweile gibt es eine wachsende Anzahl von Studien, die ZusammenhĂ€nge zwischen der QualitĂ€t außerfamiliĂ€rer Betreuung und dem Entwicklungsstand von Kindern in Sprache, Kognition und sozial-emotionalen Kompetenzen bestĂ€tigen (z. B. Burchinal et al. 2008; Mashburn et al. 2008; vgl. Überblick in Wertfein & Mayer 2018). Insbesondere die Daten der NICHD-Studie belegen empirisch sowohl den Einfluss von Familienfaktoren als auch den der außerfamiliĂ€ren Betreuung auf die kindliche Entwicklung (NICHD 1998, 1999, 2000, 2002, 2003, 2006). So fanden sich beispielsweise lĂ€ngsschnittliche ZusammenhĂ€nge zwischen einer niedrigen QualitĂ€t der außerfamiliĂ€ren Betreuung und spĂ€terem externalisierendem Problemverhalten der Kinder: Negative Effekte des Besuchs einer Kindertageseinrichtung mit niedriger QualitĂ€t zeigten sich vor allem dann, wenn die Kinder sehr viel Zeit in der Einrichtung verbrachten und die Gruppen sehr groß waren (Belsky 2009; McCartney et al. 2010). Zwar fielen die EffektstĂ€rken der EinrichtungsqualitĂ€t insbesondere im Vergleich zum Einfluss der Familie eher gering aus, dennoch dĂŒrfen diese EinflĂŒsse in ihrer Bedeutung nicht unterschĂ€tzt werden. Bei Kindern, die in ihren Familien keine ideale Betreuung erfahren, kann eine außerfamiliĂ€re Betreuung mit ausgezeichneter QualitĂ€t kompensatorisch wirken und Defiziten in der sozialen Entwicklung sowie Problemverhalten vorbeugen. Erfahren diese Kinder dagegen auch in der außerfamiliĂ€ren Betreuung eine niedrige QualitĂ€t, so wirkt sich dies zusĂ€tzlich negativ auf ihre Entwicklung aus (Watamura et al. 2011).
Internationale Studien zur pĂ€dagogischen QualitĂ€t in Tageseinrichtungen und im Schulunterricht belegen auch fĂŒr Ă€ltere Kinder, dass die konkreten Interaktionen zwischen PĂ€dagogen und Kindern, das heißt die ProzessqualitĂ€t im engeren Sinne (vgl. Kap. 1.3), entscheidend fĂŒr das Gelingen von Bildungsprozessen sind (Pianta & Hamre 2009). Eine höhere QualitĂ€t der Fachkraft- Kind-Interaktion konnte mit besseren Lern- und Entwicklungsfortschritten in sowohl akademischen Kompetenzbereichen, wie zum Beispiel der Sprachentwicklung, als auch der sozio-emotionalen Entwicklung in Verbindung gebracht werden (Anders et al. 2012; Mashburn et al. 2008; Siraj-Blatchford et al. 2002; Beckh et al. 2013).
Grundlegend wichtig fĂŒr das Gelingen von ProzessqualitĂ€t scheint also die Kompetenz der Fachkraft zu sein, Interaktionen individuell abgestimmt auf das einzelne Kind zu gestalten, ohne dabei das Gruppengeschehen aus dem Auge zu verlieren (Ahnert 2006, 2007; Ahnert et al. 2006; vgl. auch Kap. 3). Somit sind folgende Faktoren Voraussetzungen fĂŒr gelingende Bildungsprozesse: eine hohe individuelle BeziehungsqualitĂ€t (Birch & Ladd 1998; Howes 2000) und professionelle ResponsivitĂ€t (u. a. Rubenstein & Howes 1983; Whitebook et al. 1990; Gutknecht 2012) sowie eine gute Organisation der Lernsituation (Hamre & Pianta 2007; Siraj-Blatchford et al. 2002). Schließlich zeigt die Forschung zum sozial-emotionalen Lernen, dass die sozialen und emotionalen Kompetenzen maßgebliche Weichen fĂŒr einen erfolgreichen Bildungs- und Lebensverlauf stellen (Durlak et al. 2015; vgl. Becker-Stoll 2019).

1.3 Aspekte der pÀdagogischen QualitÀt

PĂ€dagogische QualitĂ€t ist ein komplexes GefĂŒge unterschiedlicher Aspekte und EinflĂŒsse. GrundsĂ€tzlich kann unterschieden werden in die Bereiche OrientierungsqualitĂ€t, StrukturqualitĂ€t und ProzessqualitĂ€t, die in Wechselwirkung miteinander stehen und kaum unabhĂ€ngig voneinander betrachtet werden können (vgl. Abb. 1): Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern werden dabei als interaktive Prozesse betrachtet. Diese Dynamik des pĂ€dagogischen Alltags mit dem pĂ€dagogischen Handeln der Erzieherinnen und den Erfahrungen, die Kinder machen können, kann insgesamt und im Hinblick auf die unterschiedlichen Aspekte pĂ€dagogischer QualitĂ€t jeweils sehr unterschiedlich ausfallen.
Die OrientierungsqualitĂ€t spiegelt das Bild vom Kind, das die pĂ€dagogische Fachkraft vertritt und das in ihrer Auffassung ĂŒber Bildung und Entwicklung sowie in konkreten Bildungs- und Erziehungszielen sowie Erziehungsmaßnahmen zum Ausdruck kommt (Tietze & Viernickel 2007).
Unter StrukturqualitĂ€t werden all jene Faktoren subsumiert, die als gegeben betrachtet werden mĂŒssen und sich mehrheitlich nur auf politischer Ebene verĂ€ndern lassen. Hierzu zĂ€hlen die GruppengrĂ¶ĂŸe, der Erzieher-Kind-SchlĂŒssel, die rĂ€umlichen Bedingungen (qm pro Kind), die Qualifikation der pĂ€dagogischen FachkrĂ€fte durch Aus- und Weiterbildung, die Vorbereitungszeit, die KontinuitĂ€t der pĂ€dagogischen FachkrĂ€fte sowie das Einkommen des Personals (Viernickel & Schwarz 2009; Tietze & Viernickel 2007).
ProzessqualitĂ€t im weiteren Sinne erfasst die gesamte Art und Weise, wie pĂ€dagogische FachkrĂ€fte den Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag umsetzen. ProzessqualitĂ€t im engeren Sinne legt den Fokus auf die Interaktionen zwischen FachkrĂ€ften und Kindern. „In den Interaktionsprozessen zeigt sich sowohl die Dynamik des pĂ€dagogischen Geschehens als auch der Umgang mit dem Kind“ (MĂŒller 2011, S. 65).
Die Management- und OrganisationsqualitĂ€t, und hierbei besonders die TeamqualitĂ€t, stehen zwischen dem Input (Struktur- und OrientierungsqualitĂ€t) und dem Output (ProzessqualitĂ€t im engeren Sinne). Untersuchungen zeigen, dass „die QualitĂ€t des Managements und der Organisation einer Kindertageseinrichtung einen eigenstĂ€ndigen Einfluss auf das Prozessgeschehen hat und zusĂ€tzlich die Wirkung der strukturellen Bedingungen moderiert“ (Viernickel 2008, S. 47). Nicht nur aus Sicht der FachkrĂ€fte selbst erweisen sich eine gute Zusammenarbeit im Team, klare Teamabsprachen und ein gutes Teamklima als wichtige Ressourcen und Gelingensbedingungen fĂŒr gute pĂ€dagogische Praxis (Wertfein, Spies-Kofler & Becker-Stoll 2009; MĂŒller 2011; Wertfein, MĂŒller & Danay 2013).
Abbildung 1 veranschaulicht das Zusammenwirken der verschiedenen Aspekte von QualitĂ€t im Setting der Kindertagesbetreuung. OrientierungsqualitĂ€t und StrukturqualitĂ€t beeinflussen sich gegenseitig. Je nachdem, welche Vorstellung in einer Kindertageseinrichtung darĂŒber herrscht, wie zum Beispiel Bildungsprozesse der Kinder begleitet werden sollen, werden die zur VerfĂŒgung stehenden Ressourcen eingesetzt und genutzt oder nicht. Die Abstimmung und Organisation im Team moderieren den Einfluss von OrientierungsqualitĂ€t und StrukturqualitĂ€t auf die eigentliche ProzessqualitĂ€t, also die konkrete pĂ€dagogische Interaktion mit den Kindern. So kann zum Beispiel die beste pĂ€dagogische Konzeption auch bei ausreichenden Ressourcen in der Kindertageseinrichtung nicht in pĂ€dagogisches Handeln umgesetzt werden, wenn es starke Konflikte im Team gibt. Umgekehrt kann auch bei weniger guter Ausstattung durch liebevolle und engagierte Interaktion mit den Kindern sowie gute Abstimmung im Team ein lernfreudiges und entspanntes Klima entstehen.
Abbildung 1: Bereiche und ZusammenhĂ€nge zwischen pĂ€dagogischen QualitĂ€tsmerkmalen in Kinderkrippen (in Anlehnung an Bundesministerium fĂŒr Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2005, S. 649)
Empirische Untersuchungen zeigen, dass sich die unterschiedlichen Aspekte der pÀdagogischen QualitÀt zwar wechselseitig beeinflussen, aber nicht vollstÀndig gegenseitig bestimmen (Tietze 1998, 2008; Slot 2018). Dies hÀngt zum einen damit zusammen, dass je nach Studie und Erhebungsinstrumentarium unterschiedliche Perspektiven (z. B. Eltern, FachkrÀfte) auf die pÀdagogische QualitÀt abgebildet werden. Zum anderen kann die ProzessqualitÀt in zwei Gruppen einer Kindertageseinrichtung sehr unterschiedlich ausfallen, auch wenn dasselbe pÀdagogische Konzept (OrientierungsqualitÀt) oder der gleiche Erzieher-Kin...

Inhaltsverzeichnis

  1. Table of Contents
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. 1. Die Bedeutung pÀdagogischer QualitÀt in Kinderkrippen und Tagespflege
  7. 2. Theoretische Grundlagen zu Entwicklung und Bindung
  8. 3. Beziehungs- und InteraktionsqualitÀt in Kinderkrippe und Tagespflege
  9. 4. Miteinander spielen, streiten, Freundschaft schließen: Peerinteraktionen der ersten Lebensjahre
  10. 5. Bildung: Recht jeden Kindes von Geburt an
  11. 6. Von der Beobachtung zur Entwicklungsbegleitung
  12. 7. Ein- und ZweijÀhrige in Gruppen mit erweiterter Altersmischung
  13. 8. PĂ€dagogische QualitĂ€t prĂŒfen, sichern und weiterentwickeln
  14. Literatur
  15. Anmerkungen