Beten bei Nebel
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Beten bei Nebel

Hat der Glaube eine Zukunft?

  1. 80 Seiten
  2. German
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Beten bei Nebel

Hat der Glaube eine Zukunft?

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Zwei der größten Denker ihrer Zeit diskutieren über die entscheidenden Themen in Bezug auf Gott, Gesellschaft und Kirche. Es geht um Fragen nach dem Glaube und Glaubensverlust, nach der Kirche zwischen Anpassung und Beliebigkeit, über das Verhältnis von Norm und Wirklichkeit und das "Phänomen Franziskus".

Häufig gestellte Fragen

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Information

Jahr
2018
ISBN
9783451808944

III. Phänomen Franziskus: Was bewirkt der Papst?

Frage: Papst Franziskus hat immer wieder viele überrascht, bei manchen weckt er große Hoffnungen, andere sind eher skeptisch. Wie beurteilen Sie das Phänomen Franziskus?
Spaemann: Meine Wahrnehmung ist ambivalent. Manchmal bin ich begeistert von dem, was er sagt. Manchmal kann ich nur den Kopf schütteln. Er passt vor allem in keines der Klischees, die man bei uns so bereithält. Seine Frömmigkeit ist sehr traditionell. Er spricht viel von der heiligen Familie, er warnt immer wieder vor dem Teufel – und zwar ganz konkret. Das haben wir lange nicht mehr so gehört. Da sagt er zum Beispiel: »Wenn ihr den Teufel verjagt habt, gebt acht, er kommt wieder und sieht dann zunächst ganz unschuldig aus.« Er redet wie ein ganz in der Volksfrömmigkeit verwurzelter lateinamerikanischer Bischof. Auf der anderen Seite ist, aus meiner Sicht, sein Kult der Spontaneität nicht hilfreich. Im Vatikan seufzen manche schon: Heute hat er schon wieder eine andere Idee als gestern. Das Gefühl des Chaos wird man nicht ganz los.
Frage: Wie sehen Sie die Situation mit dem emeritierten Papst Benedikt XVI.?
Spaemann: Auch hier gibt es einen problematischen Aspekt. Papst Franziskus betont immer wieder seine enge Verbundenheit mit Papst Benedikt. In gewisser Weise besteht diese sicher auch. Aber ich frage mich, warum er so viele Personen aus dem Vatikan wirft, die von Benedikt geholt worden sind. Wobei ich auch nicht in jeder Personalentscheidung von Benedikt immer alle Weisheit entdecken konnte.
Frage: Was sehen sie als besonders problematisch bei Papst Franziskus an?
Spaemann: Nehmen Sie die zurückliegenden Kardinals­ernennungen. Da sind ganz unbekannte Bischöfe, die teilweise nur 15.000 Katholiken in ihrer Diözese haben, zu den höchsten Würden gekommen. Bischöfe von großen Diözesen hingegen wurden übergangen. Obwohl man doch sicher, als man diese zu Erzbischöfen gemacht hat, eine gewisse herausragende Qualität gerade bei ihnen festgestellt haben mag. Warum werden also nun gerade diese nicht in die Spitze geholt? Was am Ende das Resultat sein wird – abgesehen von einer flüchtigen Symbolik –, das frage ich mich.
Frage: Professor Joas, ist die Faszination gegenüber Papst Franziskus trotz aller Kritik Ihrer Meinung nach berechtigt?
Joas: Ich jedenfalls bin durchaus fasziniert und muss Ihnen, Herr Spaemann, da in einigen Punkten widersprechen. Ich habe mich neulich einmal umgekehrt der Fragestellung genähert und gefragt, wie denn die Stellenbeschreibung für den Papst gegenwärtig aussehen müsste. Was würde ich in ein Anforderungsprofil für dieses Amt zurzeit hineinschreiben? Für mich ginge es ganz zentral um die Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Lage des Christentums weltweit. An diesen Kriterien würde ich dann auch Papst Franziskus messen. Erstens geht es um die Globalisierung des Christentums, seine Expansion in der Welt bei gleichzeitiger Schrumpfung in Europa. Es geht also um eine Gewichtsverlagerung. Zweitens die Optionalisierung des Christentums, wie ich es nenne. Es gibt keine Stabilität in Milieus oder über Generationen hinweg mehr. Die Weitergabe der christlichen Botschaft kann sich nicht mehr auf Automatismen verlassen, wie das in geschlosseneren Gesellschaften einmal war. Drittens, das betrifft allerdings verschiedene Länder sehr unterschiedlich, die religiöse Pluralisierung, die zum Beispiel in Deutschland auch die ökumenische Zusammenarbeit immer wichtiger macht.
Frage: Wie ist Ihre Beurteilung von Franziskus, wenn Sie nun diese Kriterien anlegen?
Joas: Wenn Sie nur diese drei Kriterien nehmen, dann zeigt sich, wie wichtig die lateinamerikanische Herkunft von Franziskus und seine Ausstrahlung sind. Das habe ich als Defizit von Papst Benedikt XVI. wahrgenommen, auch wenn andere das bestreiten. Benedikt hat stark in den Begriffen europäischer Geschichte, europäischer Kultur, europäischer Theologie gedacht. Natürlich ist dieser Horizont für das Christentum auch zentral, aber er hatte eben bei Benedikt etwas zunehmend Irreales angenommen – angesichts der Globalisierung des Christentums.
Frage: Inwieweit wird Franziskus dem Wunsch nach Offenheit gegenüber religiöser Pluralität gerecht?
Joas: Schon in seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires ist er aufgefallen mit seiner konstruktiven Haltung gegenüber dem Vormarsch des Protestantismus in Lateinamerika. Er hat Evangelikalen aufgetragen, für ihn zu beten. Was die Optionalisierung angeht, würde er das zwar nie so ausdrücken. Aber es steckt in seinem Aufruf drin, dass die Kirche wieder hauptsächlich missionarisch Kirche sein muss. Sie muss Menschen finden und für die Botschaft begeistern – und zwar da, wo diese sind. Die Kirche darf ihr Augenmerk nicht auf die Sorge richten, dass etwas angegriffen wird, der Glaubensschatz der Kirche bedroht sein könnte, sondern sie muss sich dem aussetzen, was die Menschen bewegt, diese wirklich ernst nehmen. Insofern erfüllt die Stellenbesetzung schon ziemlich gut meine Kriterien …
Frage: Franziskus steht wegen einiger spontaner Äußerungen in der Kritik, auch steht die Frage im Raum, wie er konkret führt und Dinge umsetzt. Wie bewerten Sie denn konkret das Wirken von Papst Franziskus?
Joas: Ich habe beispielsweise die Schrift »Evangelii Gaudium« als in vielerlei Hinsicht grandios empfunden. Da fallen manche anderen Äußerungen nicht so ins Gewicht. Ich habe – wohl im Gegensatz zu Ihnen, Herr Spaemann, – das Gefühl, dass er oft auch sehr geschickt vorgeht. Die große Gefahr ist allerdings – da sind wir uns einig –, dass durch die Dynamik, die er entfacht, massive Konflikte losbrechen und ungute Fliehkräfte die Kirche als Ganzes in Gefahr bringen könnten. Die Analogie zu Michail Gorbatschow drängt sich für mich doch auf – bei aller Verschiedenheit. Da kommt ein Reformer von oben und die Veränderungen lassen das ganze Gebäude wanken. Das muss unbedingt verhindert werden.
Spaemann: Papst Benedikt hat mir das immer in Bezug auf die Wiederzulassung der alten Liturgie gesagt. Eine Liturgiereform darf nicht, wie die unter Paul VI., von oben kommen, sondern muss von unten wachsen. Nur so können Verwerfungen, wie sie mit den Piusbrüdern nach dem 2. Vatikanischen Konzil geschehen sind, verhindert werden.
Joas: Franziskus hat, glaube ich, erkannt, dass er zwar Reformen von oben machen könnte, diese aber eine große Gefahr in sich bergen. Die ureigenste Aufgabe des Papstes ist die Sicherung der Einheit der Kirche, deswegen sucht er nach Vorgehensweisen, die eine Veränderung in Kontinuität und im Zusammenhalten der Kirche gewährleisten. Zum Beispiel sind diese breit angelegten Befragungen der Gläubigen vor den Synoden eine hilfreiche Konfrontation der Kirche mit der Wirklichkeit des gelebten Christentums. An deren Ergebnissen kommt doch keiner vorbei. Niemand sagt, dass die Normen auf das Niveau der gelebten Praxis reduziert werden müssten. Aber ich glaube schon, dass es in einer normativen Diskussion auch wichtig ist, zu wissen, wie in Wirklichkeit gelebt wird. Daraus muss man dann Schlüsse ziehen.
Frage: Was sagen Sie zum besonderen Stil von Franziskus?
Joas: Historisch gesehen ist der Pomp der katholischen Kirche und besonders des Papsttums auf den Unabhängigkeitsanspruch der Kirche gegenüber der weltlichen Macht zurückzuführen. Die Außendarstellung soll zeigen: Wir sind mindestens so prächtig, so reich und beeindruckend wie irgendeine weltliche Macht, wir stehen, was die Machtsymbolik angeht, den Herrschern dieser Welt in nichts nach. Das hatte vom Mittelalter bis zum Absolutismus seinen guten Sinn. Aber unter demokratischen Bedingungen wird der päpstliche Pomp zum Fremdkörper. Deswegen muss nun die Unabhängigkeit auf andere Weise institutionell symbolisiert werden als mit einer quasi absolutistischen Attitüde. Deswegen atmeten so viele Leute auf, als der Papst auf der Benediktionsloggia schlicht sagte: »Buona sera«.
Frage: Professor Spaemann, wie haben Sie auf diesen ersten Auftritt von Papst Franziskus damals reagiert?
Spaemann: O Gott, muss das sein, habe ich gedacht.
Frage: Leidet das Papstamt Ihrer Meinung nach unter dem sogenannten Bergoglio-Style oder erweitert er dessen Aktionsmöglichkeiten?
Spaemann: Das lässt sich noch nicht sagen. Vielleicht erlebe ich die Auswirkungen auch selbst nicht mehr. Das wird sich auf die Dauer zeigen. Es kann so sein, dass Franziskus’ Art als ein Aufbruch wahrgenommen wird – oder als ein Ausrutscher. Ich versuche immer durch die Lektüre des Evangeliums und der Apostelbriefe einen Maßstab zu finden, an dem ich das messen kann. Beim Apostel Paulus heiß es, es werden Lehrer kommen, die Dinge sagen, die für die Ohren schön klingen und die Menschen werden diesen Lehrern folgen. Du aber, so sagt Paulus zu Timotheus, lass dich nicht beirren. Gib den Schatz, den du bekommen hast, unverfälscht und unverkürzt weiter. (vgl. 2 Tim 4,3ff.) Das habe nicht ich mir ausgedacht, das schreibt der Apostel. Wenn ich aber manche Theologen frage: Worauf bezieht sich das eigentlich heute?, dann versuchen sie auszuweichen. Sie suggerieren, es beziehe sich eigentlich auf niemanden.
Frage: Aber legen Sie damit etwa den Umkehrschluss nahe, dass ich, wenn ich viele Anhänger finde, schon auf dem Holzweg sein muss?
Spaemann: Nein, natürlich nicht, es widerlegt es aber auch nicht.
Joas: Ich glaube, man sollte bei Papst Franziskus mit Max Weber’schen Begriffen das Amtscharisma und das persönliche Charisma unterscheiden. Jeder Papst hat ein Amtscharisma. Alle Päpste haben zudem ganz unterschiedliche persönliche Charismen. Franziskus hat offensichtlich ein ganz besonders ausgeprägtes persönliches Charisma. Auch Johannes Paul II. hatte meines Erachtens beides. Er hatte ein starkes persönliches Charisma und auch das volle Gewicht des Amtscharismas. Es gab aber immer auch Päpste mit weniger persö...

Inhaltsverzeichnis

  1. [Cover]
  2. [Titel]
  3. [Impressum]
  4. [Inhalt]
  5. Einführung
  6. I. Glaube und Glaubensverlust
  7. II. Die Kirche zwischen Anpassung und Beliebigkeit
  8. III. Phänomen Franziskus: Was bewirkt der Papst?
  9. IV. Über das Verhältnis von Norm und Wirklichkeit
  10. Anmerkung zur Buchausgabe von Robert Spaemann
  11. Über die Autoren