»Erfolgreich aus dem Nichts«
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»Erfolgreich aus dem Nichts«

Die Gründungsgeschichte der EAF e.V. und der Femtec GmbH

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Die Gründungsgeschichte der EAF e.V. und der Femtec GmbH

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Über dieses Buch

Die Berliner Professorin Barbara Schaeffer-Hegel gründete Anfang der Neunzigerjahre die Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft – die EAF. Die pragmatische Rebellin und Außenseiterin der Frauenbewegung setzte sich mit ihrer Europäischen Akademie das Ziel, jungen Frauen mit Führungspotenzial den Aufstieg im beruflichen Leben zu erleichtern und ihnen dabei zu helfen, eine passende "work/life balance" zwischen Familie und Beruf zu finden. Die EAF richtet sich an die Frauen, die zwischen konservativem Rollendiktat und feministischer Männerfeindlichkeit bisher keinen Ort und keine Zustimmung finden konnten. "Erfolgreich aus dem Nichts" berichtet hautnah und beispielhaft darüber, wie durch die Entschlossenheit Einzelner namhafte Nicht-Regierung-Organisationen (NGOs) ins Leben gerufen und zur Entwicklung einer lebenswerten Gesellschaft beitragen können. Obwohl ein Sachbuch, ist Schaeffer-Hegels Bericht eine spannende Lektüre. Ihre Sprache ist anschaulich, ihre Bilder sind packend, immer wieder werden Spannungsbögen aufgebaut. Die Gründungsgeschichte der EAF und der Femtec, von Barbara Schaeffer Hegel meisterhaft erzählt, ist auch insofern von besonderer Bedeutung, als der Gründerin kein Gründungskapital, kein Gründungsponsor, und keine institutionelle Förderung zur Verfügung standen. "Aus dem Nichts" heraus haben die Autorin und ihr Team zwei Organisationen aufgebaut, die bis heute im beruflichen Bildungsbereich fest etabliert sind.

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Information

Kapitel V. Der Aufbau – Erste Projekte
Zur Professionalisierung der Frauenbewegung
1. Erste Projekte mit öffentlicher und privater Förderung FIP – zur Situation von Frauen in der Politik
Von dem kleinen Trick, mit dem unser erstes Forschungsprojekt Zur Situation von Frauen in der Politik als Aufgabe politischer Bildungsarbeit (1996-1997) die Hürde der Bewilligung genommen hatte, war schon die Rede. Aber unser Klettermännchen-Argument entsprach im übrigen ganz und gar den Erkenntnissen der Zeit und spiegelte ziemlich genau die frauenpolitischen Probleme, die in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre in der Öffentlichkeit diskutiert wurden. In den Mitgliedsländern der EU hatte sich der Anteil von Frauen an den nationalen Parlamenten und Gesetzgebungsorganen seit Beginn der Neunzigerjahre zwar kontinuierlich erhöht und lag im europäischen Durchschnitt bei 19,1%. In der Bundesrepublik Deutschland betrug der Anteil weiblicher Parlamentarierinnen im deutschen Bundestag sogar 26,2%. Doch die Führungspositionen auf Bundesebene wurden nur zu 18% von Frauen besetzt. Von einer tatsächlich gleichberechtigten Mitwirkung von Frauen an den politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen konnte angesichts eines weiblichen Bevölkerungsanteils von über 50% daher noch keinesfalls die Rede sein. Denn trotz Quote waren Frauen in politischen Führungspositionen unterrepräsentiert; der Anteil von Führungsfrauen in den Topetagen der Unternehmen mit über 5000 Beschäftigten lag unter 5%! Die politische Durchsetzungskraft und die „Regierungsfähigkeit“ von Frauen wurden im Zusammenhang mit der rot-grünen Regierungsbildung von 1996 erstmals bundesweit diskutiert. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik meldeten Politikerinnen ihre Ansprüche entschieden und öffentlich an. Und die Frauenministerinnen der Europäischen Union hatten die Bedeutung einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen an politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen für die demokratische und gesellschaftliche Entwicklung der Staaten Europas ausdrücklich hervorgehoben. Bereits die 4. Weltfrauenkonferenz von 1995 hatte in Peking die gesellschaftliche Bedeutung der Förderung von Frauen in Führungspositionen unterstrichen. Die in Peking verabschiedete Aktionsplattform forderte dazu auf, Maßnahmen und Trainingsprogramme zu entwickeln und umzusetzen, die Frauen gezielt zur Ausübung gesellschaftlicher Führungspositionen befähigen sollten.
Frauenförderung in der Politik konnte sich also nicht allein auf die Quote verlassen. Quoten- und Gleichstellungspolitik hatten zwar bewirkt, dass die numerische Gleichstellung der Geschlechter in den Institutionen der demokratischen Politik vorangetrieben wurde. Aber eben nur die numerische! Quote und institutionelle „Gleichstellung“ allein waren kaum in der Lage, männliche Machtzentren aufzubrechen, den Einfluss kleiner exquisiter Minderheiten zu schmälern und genügend Frauen in die Positionen zu bringen, in denen gesellschaftlich wirksame Entscheidungen getroffen werden. Sollte das Ziel einer geschlechtergerechten Gesellschaft erreicht werden, musste daher die Durchsetzungsmacht der Frauen und ihre Bereitschaft zur Einflussnahme auf politische Themen gestärkt werden.
Auch die Institutionen der parlamentarischen Demokratie sind im 19. Jahrhundert unter Ausschluss von Frauen entstanden und sorgen, wie die anderen, in dieser Zeit entstandenen Regelungen und Strukturen26, in jeder Generation von neuem dafür, dass sich die Lebensentwürfe von Frauen und Männern erheblich voneinander unterscheiden. Solange sich daher die männlichen Rollenmuster den neuen gesellschaftlichen Herausforderungen noch so wenig angepasst haben, werden es Frauen noch lange weitaus schwerer haben als Männer, ihre familiäre Orientierung mit einer politischen Karriere zu verbinden.
Weitere Probleme müssen fast zwangsläufig dadurch entstehen, dass Frauen Schwierigkeiten haben, sich in ein System einzufädeln, in dem sie sich als Minderheit nur mit erheblichem Durchsetzungsvermögen und mit dem Einsatz überdurchschnittlicher Kompetenz behaupten können.
Die Widerstände gegen eine gleichberechtigte Teilhaben von Frauen an der Politik liegen also sowohl bei institutionellen Regelungen, die dringend einer politischen Revision bedürfen, als auch bei subjektiv verankerten Dispositionen und Vorbehalten von Männern und Frauen, welche durch den Einsatz geeigneter Bildungsmaßnahmen beeinflusst werden können. Politische und bildungspolitische Maßnahmen müssen daher aufeinander abgestimmt sein und gleichzeitig ansetzen: Größere Anstrengungen im Bereich der politischen Bildung und Professionalisierung von Frauen werden bewirken, dass mehr Frauen mit mehr Durchsetzungskraft bessere politische Voraussetzungen für eine geschlechterdemokratische Gesellschaft schaffen.
In Anerkennung dieses Zusammenhanges hat das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie unser Forschungsprojekt Zur Situation und Zukunft von Frauen in der Politik als Aufgabe Politischer Bildungsarbeit gefördert, das unter meiner Leitung 1996 und 1997 an der Technischen Universität durchgeführt wurde. Eine Gesamterhebung bei allen weiblichen Abgeordneten der Bundesrepublik (Länder–, Bundes- und Europaebene und eine gleiche Anzahl von kommunalen Politikerinnen), sowie eine gleichzeitig durchgeführte Intensivbefragung von 30 Spitzenpolitikerinnen und einigen Politikern sollte u.a. klären:
  • Welche Bildungs- und Berufserfahrungen Politikerinnen für die Ausübung ihrer politischen Tätigkeit nutzen konnten
  • welche gezielten Angebote zur Qualifizierung für die Politik sie wahrgenommen haben, und
  • welche diesbezüglichen Angebote sie sich für die Unterstützung der eigenen Karriere gewünscht hätten, bez. welche Angebote sie für die zukünftige Qualifizierung und Professionalisierung von Frauen für die Politik als notwendig und sinnvoll erachten.
Mit dieser Untersuchung wurde erstmals in der Bundesrepublik eine Gesamterhebung bei allen Parlamentarierinnen Deutschlands durchgeführt; erstmalig sollten wichtige Rahmenbedingungen und Zielsetzungen für die professionelle Qualifizierung von Politikerinnen ermittelt werden.
Die Fragebogenerhebung bei den Parlamentarierinnen erzielte eine ausgesprochen befriedigende Rücklaufquote. Alle angefragten Spitzenpolitikerinnen und die wenigen Politiker, die wir zu unserem Thema befragten, stimmten einem Interview zu. Mit der Zuarbeit einer geschulten Statistikerin konnten wir unsere Ergebnisse frühzeitig nach Abschluss der Befragung der interessierten Öffentlichkeit als Buch vorlegen27. Sie wurden unter dem Titel „Die ganze Demokratie. Zur Professionalisierung von Frauen für die Politik“ im Centaurus Verlag, Pfaffenweiler veröffentlicht.
Nicht nur das Forschungsprojekt selbst und die auf ihm basierende Veröffentlichung sorgten dafür, dass die EAF und ihre politischen Zielsetzungen und Projekte öffentliche Aufmerksamkeit erzielten. Am 25. und 26. September 1997 veranstalteten wir im „Deutschen Industrie-und Handelstag“ in Bonn unter dem Titel: Konzepte und Strategien für die politische Bildung und Professionalisierung von Frauen für die Politik die erste internationale Fachkonferenz der EAF. Nicht nur die Ergebnisse unserer Untersuchung sorgten dort für Aufsehen, auch die Anwesenheit und die exzellenten Beiträge prominenter Politikerinnen und anerkannter Wissenschaftlerinnen nationaler und internationaler Herkunft erhöhten unser Ansehen. Die Präsidentin des Deutschen Bundestages, Professor Dr. Rita Süßmuth, hielt den Eröffnungsvortrag und wichtige inhaltliche Anregungen und Praxisbeispiele kamen vor allem von unseren internationalen Gästen.28
Die Presse berichtete ausführlich über unsere Konferenz. Zum Teil unter recht provokanten Überschriften, wie zum Beispiel die ZEIT vom 2.1.1998 „Auf feindlichem Gelände“; die TAZ vom 4./5.10.1997: „Männer das fürchten lehren? Ach was!«; oder „Blickpunkte“ in der Ausgabe Nummer 245: »Frauen und Macht: von kurzen Röcken und langen Blicken«. Aber auch die Frankfurter Rundschau, die Berliner Zeitung, die Deutsche UniversitätsZeitung, TU Intern, die Berliner Morgenpost, die Zitty und sogar die Wolfsburger Nachrichten berichteten über unsere Konferenz und über unsere Forschungsergebnisse. Die EAF war auf dem Wege, in der Bundesrepublik einen guten Namen zu bekommen.
PWL – Preparing Women to Lead
Wir waren stolz auf unser „200.000 DM - Miniprojekt“ und die Resonanz die es auslöste. Wir hatten das richtige Thema im Blick und wir hatten den richtigen Zeitpunkt getroffen. Klagen und Forderungen aus der Opfer-Perspektive reichten nicht aus, um die Gesellschaft in Richtung auf mehr Geschlechtergerechtigkeit zu bewegen. Anstrengungen waren nicht nur am unteren Rand der Gesellschaft, sondern auch in den Führungsetagen dringend vonnöten. Und diese Einsicht begann sich langsam durchzusetzen.
Schon vor unserem Konferenz-Erfolg, noch in den sehr provisorischen Räumen meines TU-Büros in der Franklinstraße hatten wir damit begonnen, die ersten Lehren aus unserer Erhebung bei den Politikerinnen zu ziehen und Projekte, die Abhilfe schaffen könnten, zu konzipieren. Mit den beeindruckenden Vorbildern von Marianne Alexanders Public Leadership Education Network (PLEN) im Kopf, begannen wir im Zuge unserer ja noch immer notwendigen Suche nach einer angemessenen Finanzierung für die EAF unser erstes Mentoring Projekt PWL – Preparing Women to Lead zu entwickeln. Obgleich das Thema im Gespräch war, gab es im deutschen Raum noch kein erprobtes Modell für Mentoring für Frauen. Aber das Vierte Aktionsprogramm der EU zur Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen zeugte von einem zunehmend aufgeschlossenen Klima für das Thema Mentoring. Wir rechneten uns gute Chancen aus, eine Förderung durch Brüssel zu erhalten.
Um den Antrag noch rechtzeitig für den laufenden Förderabschnitt des Brüsseler Aktionsprogramms einreichen zu können, arbeiteten wir alle, das gesamte Team, unter Volldampf. An langen Tagen und auch an Wochenenden. Dieser Antrag war mein allererster EU-Antrag und machte auch mir zu schaffen. Die Anforderungen waren hoch; allein schon die Formulare waren Furcht einflößend; und ohne die freundliche Unterstützung einer befreundeten Journalistin, die in Brüssel für die Kommission arbeitete, wären wir sicher noch viel mühsamer vorangekommen. Es galt ja nicht nur unser Konzept überzeugend zu begründen und darzustellen, wir mussten darüber hinaus eine Vielzahl von Letters of Intent beibringen:
  1. von drei nicht-deutschen Organisationen die uns zusicherten, sich als Projektpartner an dem Projekt zu beteiligen
  2. von möglichst vielen osteuropäischen Organisationen, die ihr Interesse an unserem Projekt und ihre Bereitschaft, mit uns in Informations- und Ideenaustausch einzutreten, zusicherten
  3. und schließlich Letters of Intern von Frauenverbänden und Unternehmen, die uns Hilfe bei der Vermittlung von Mentorinnen und Internship-Plätzen versprachen.
Last, but not least mussten wir eine Kofinanzierungs-Zusage vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) beibringen, die dem Antrag beigelegt werden musste.
Auf den Rat des Vertreters des Ministeriums hin verschoben wir die Absendung des Antrags auf den nächsten Förderzeitraum. So reichte ich also zu Beginn des Jahres 1997 über die Technische Universität Berlin einen Antrag auf Mittel aus dem vierten Aktionsprogramm der Gemeinschaft mit allen erforderlichen Dokumenten in Brüssel ein.
Aus Österreich hatten wir als europäische Projektpartnerin die mir seit langem durch frühere Projekte und durch viele Besuche bekannte Politologin Prof. Dr. Eva Kreisky gewonnen, für die die Österreichische Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz den Antrag unterzeichnete; aus Belgien Prof. Dr. Mieke van Haegendoren vom Interface Women‘s Studies der Universität Limburg und aus den Niederlanden Dr. Monique Lejenaar von der Katholieke Universiteit Limburg. Osteuropäische Partnerinnen waren Judit Asbot von der Hungarian Women’s Association und Nijole Stepunkute vom Lithuanian Women’s Consultive Centre. Die Zusammenarbeit mit unseren belgischen und holländischen Partnerinnen klappte wunderbar und wurde für alle drei Durchgänge von Preparing Women to Lead, von 1998 bis ins Jahr 2000 fortgeführt. Und auch mit Eva Kreisky aus Wien, die im Verlaufe des Projektes von Prof. Dr. Sieglinde Rosenberger abgelöst wurde, kamen wir im Wesentlichen gut aus. Unsere ungarischen und litauischen Partnerinnen waren eine erfreuliche Bereicherung und ermöglichten Helga Lukoschat einige interessante Kontakt- und Erkundungsreisen in deren Länder. Die lokalen und regionalen Partner, die uns dabei behilflich sein sollten, für unsere jungen Frauen passende Internships und Mentorinnen zu finden, waren die in Anmerkung 29 genannten Organisationen:29
Nachdem der Antrag abgegeben war, witterten wir im April 1997 erstmals Morgenluft. Unser Projekt war in die engere Wahl gekommen und zusammen mit 90 anderen zitternden Antragstellerinnen wurde ich zu einem Treffen nach Brüssel gebeten, wo ich mein Vorhaben erläutern, das für uns zuständige Brüsseler Personal kennen lernen und einen möglichst guten Eindruck hinterlassen sollte. Eigentlich fühlte ich mich sehr zuversichtlich. Wir hatten ein perfektes Konzept vorgelegt, wir hatten hervorragende nationale und internationale Partnerinnen, unsere Kofinanzierung war gesichert und ich hatte in letzter Minute unserem Antrag ein Gutachten einiger unserer Kuratoriumsmitglieder beigefügt, von gut bekannten Politikerinnen also, welches nicht leicht übergangen werden konnte. Trotzdem zitterten mir die Knie! Die Zukunft der EAF hing in hohem Maße davon ab, dass unser Antrag angenommen wurde!
Aber auch diese Prüfung ging vorüber. Etwa einen Monat später teilte uns die für Forschungsangelegenheiten zuständige Abteilungsleiterin der Technischen Universität mit, dass das von mir beantragte Projekt bewilligt sei und sie das Geld, sobald es einträfe – was voraussichtlich einige Monate dauern werde –, auf das vertraglich vereinbarte Unterkonto der EAF weiter leiten werde. Dennoch, versicherte sie uns, könnten wir unverzüglich mit der Arbeit beginnen, die Technische Universität würde mir Vorschuss gewähren und die unmittelbar anfallenden Kosten – vor allem Personalkosten – im festen Vertrauen darauf, dass Brüssel später zahlen würde, vorstrecken. Jetzt endlich konnte ich Helga Lukoschat eine feste Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin anbieten. Da sie mit mir zusammen und mit Marion Esch, die einen Werkvertrag für Preparing Women to Lead erhielt, und mit meiner Universitätsassistentin Ulla Weber, welche für die Evaluation verantwortlich war, die Hauptlast der Arbeit und der Verantwortung für das Gelingen unseres Projektes trug, war es eine große Erleichterung, dass sie endlich eine ihrem inhaltlichen Beitrag angemessene Position und Bezahlung erhielt.
Preparing Women to Lead (PWL) das Mutterprojekt und Vorbild für alle anderen Mentoring Programme der EAF sollte
  • zur persönlichen Standortbestimmung und zur Karriereplanung junger Frauen beitragen;
  • ihr professionelles Kommunikations- und Führungsverhalten trainieren;
  • ihnen Kenntnisse über die Situation von Frauen in Führungspositionen, über Organisationsentwicklung und Managementanforderungen vermitteln;
  • ihre Kenntnisse über politische und wirtschaftliche Strukturen und über deren Auswirkungen auf das Geschlechterverhältnis verbessern; und
  • ihnen einen länderübergreifenden Erfahrungsaustausch ermöglichen, sowie die Netzwerkbildung der Teilnehmerinnen untereinander befördern.
Die Wissensvermittlung und das Persönlichkeitstraining der Teilnehmerinnen erfolgten in allererster Linie in dem 14-tägigen Vorbereitungsseminar, welches alle Mentées, auch die aus Belgien, den Niederlanden und Österreich, gemeinsam in Berlin absolvierten. Der curriculare Aufbau des Einführungsseminars folgte in allen drei Durchgängen einem bestimmten Muster.
In Block I, Einführung, der Eröffnung und Vorstellung, folgte nach einem einführenden Vortrag, den ich als Projektleiterin über die Zielsetzung und den Aufbau des Programms hielt, und nach Helga Lukoschats Erläuterung des Seminar-Programms Françoise Bernard mit ihrem gruppenbildenden Selbstfindungsseminar Projets de Vie. Françoise Bernard, dieser fantasievollen Psychoanalytikerin und Pädagogin gelang es in zweieinhalb Tagen, unsere jungen Frauen zu einer solidarisch zusammenhaltenden Gruppe zu verbinden30. Mit feinsinnig aufeinander abgestimmten Übungen vermittelte sie unseren Teilnehmerinnen wichtige Einsichten über ihre eigene Stellung im Leben und über ihre Zukunftsvisionen.
Block II, Kommunikationstraining, wurde in allen drei Durchgängen von Klaudia Kollmann übernommen, unserer genialen Organisationsberaterin aus Freiburg, die durch ihren überaus souveränen, abwechslungsreichen und anspruchsvollen Vortrag, sowie durch Einzel- und Gruppentrainings unseren jungen Frauen die wichtigsten Themen des modernen Managements nahe brachte.
Am Ende des Einsatzes von Frau Kollmann kam es im Februar 1998 zu einem dramatischen Zwischenfall, der uns vom EAF Team das Zittern lehrte! Und Klaudia Kollmann lieferte uns ein bemerkenswertes Beispiel für ihre Menschenkenntnis und psychologische Weitsicht. Es ging darum, ein Festkomitee zu bestimmen, welches den Abschlussabend am Ende der zwei Kurswochen organisieren sollte. Geplant war, dieses Komitee in der letzten Stunde von Frau Kollmanns Seminar zusammenzustellen. Aber die Kurs-Teilnehmerinnen konnten sich auf kein Verfahren zur Bestimmung der fünf Mitglieder des Komitees einigen. Sollte einfach gewählt werden? Aber dann hätten die Belgier, die Holländer und die Österreicher keine Chance, da die Deutschen deutlich in der Mehrzahl waren. Oder sollte aus jedem Land eine Frau bestimmt werden? Dagegen sprach, dass dann die deutschen Teilnehmerinnen in eine nicht gerechtfertigte Minderheitenposition gedrängt würden. Oder sollte die Seminarleitung bestimmen? Nein! Das ginge schon gleich gar nicht! Es ging ja um ihr Fest, das eigene Fest der jungen Frauen. Über eine Stunde lang hatte man aufs heftigste diskutiert, immer neue Vorschläge erörtert und erwogen, um sie dann doch alle zu verwerfen. Und Klaudia Kollmann musste zum Zug. Es blieben noch zehn Minuten, bis das Taxi sie abholen würde! Die Zeit lief ab und eine Lösung war nicht in Sicht. Helga Lukoschat und ich saßen als stumme Zeuginnen in der hintersten Stuhlreihe des Seminarraums und zitterten. Wenn Klaudia Kollmann abreiste, ohne dass eine Lösung gefunden wurde, konnte dies das ganze Programm sprengen. Und da erklärte Klaudia Kollmann auch noch, dass sie jetzt den Raum verlassen würde. Die jungen Frauen wären ganz sicher in der Lage, alleine eine Lösung zu finden. Frau Kollmann forderte uns auf, ihr zu folgen. Kaum vorstellbar, wie Helga Lukoschat und mir zu Mute war! Dies war unser erstes Projekt. Wenn es schon im ersten Durchlauf scheiterte! Nicht absehbar waren die Folgen. Klaudia Kollmann rauchte vor der Tür des Seminarraums in aller Ruhe eine Zigarette während ich und Helga Lukoschat bangend auf das lauschten, was drinnen im Raum vor sich ging. In wenigen Minuten würde unsere Trainerin die Akademie verlassen. Ihr Koffer war gepackt, das Taxi stand inzwischen vor dem Haus. Da hörten wir Lachen durch die Türe und atmeten auf...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Booktitle
  3. Title
  4. Copyright
  5. Inhalt
  6. Widmung und Vorwort
  7. Kapitel I. Vorgeschichte und Vision Paradigmenwechsel
  8. Kapitel II. Die Gründungspartnerinnen Frauenpolitischer Gleichklang
  9. Kapitel III. Die Gründungspaten Alte und neue Weggefährten
  10. Kapitel IV. Die Gründung Brüche mit feministischen Denktraditionen
  11. Kapitel V. Der Aufbau – Erste Projekte Zur Professionalisierung der Frauenbewegung
  12. Kapitel VI. Die Femtec. Hochschulkarrierezentrum für Frauen in Technik und Naturwissenschaften Berlin, GmbH Aus Gegnern werden Partner
  13. Kapitel VII. Die Konferenzen Für eine gleichstellungspolitische Bildungskultur
  14. Kapitel VIII . Die Organisation Bestenförderung und Networking
  15. Epilog
  16. Literaturverzeichnis
  17. Namensregister
  18. Notes
  19. Backcover