Kasus im Korpus
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Kasus im Korpus

Zu Struktur und Geographie oberdeutscher Kasusmorphologie

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Kasus im Korpus

Zu Struktur und Geographie oberdeutscher Kasusmorphologie

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Auf Grundlage dialektaler Daten des Oberdeutschen untersucht diese Arbeit umfassend die bislang nur anhand von Einzelphänomenen erforschte Kategorie Kasus im Deutschen.
Sie stellt Aufbau und Ergebnisse einer frequenzbasierten Korpusanalyse gesprochen-sprachlicher Daten vor, für die sie einen neuen methodischen Ansatz zur Quantifizierung von Kasusmarkierung entwickelt hat, der sowohl auf der modernen morphologischen Theoriebildung als auch auf typologischen Erkenntnissen fußt und die strukturellen Eigenschaften deutscher Kasussysteme berücksichtigt. Auf dieser Grundlage können erstmals quantitativ fundierte Erkenntnisse zur Struktur eines dialektalen Kasussystems, zum Einfluss von Morphosyntax und Semantik sowie zur dialektmorphologischen Raumgliederung basierend auf gesprochener Sprache gewonnen werden.
Die Arbeit bietet einen Einblick in vielfältige Aspekte der Kasusmorphologie – von der Frequenz einzelner Kasus, über die Kontexte von Synkretismus und Distinktion bis hin zur Interaktion einzelner Kasusmarker – und damit zahlreiche inhaltliche und methodische Anknüpfungspunkte sowohl für morphologisch-theoretische und morphosyntaktische Fragestellungen als auch für die quantitative Analyse gesprochensprachlicher Daten.

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Information

Jahr
2020
ISBN
9783110681826
Auflage
1

1Einleitung

1.1Zielsetzung der Arbeit

Die Kasusmorphologie stellt bislang ein recht kleines Forschungsfeld innerhalb der Dialektologie dar, das noch zahlreiche Desiderate offene Fragen bereithält. Zwar gibt es bereits Arbeiten, die sich mit einzelnen und Phänomenen und Ausschnitten dialektaler Kasussysteme beschäftigen, die z. B. Kasusmarkierung an einzelnen Wortarten oder in bestimmten Konstruktionen untersucht haben. Über die Struktur dieser Kasusdiasysteme, d. h. über die Interaktion kasusmarkierender Wortarten sowie übergreifende Eigenschaften und Tendenzen und damit über den Ausdruck der Kategorie Kasus selbst ist jedoch relativ wenig bekannt. Auch zur in der deutschen Dialektologie ansonsten so gut erforschten geographischen Gliederung gibt es im Forschungsfeld der Kasusmorphologie nur wenige Erkenntnisse. Untersuchungen zur kasusmorphologischen Raumbildung bleiben bislang relativ vage. Wie beispielsweise Übergangsstrukturen zwischen unterschiedlichen Kasussystemen im Raum aussehen, ist nahezu unerforscht. Neben diesen inhaltlichen gilt es hier auch noch zahlreiche methodische Fragen zu klären. Insbesondere in der Dialektmorphologie hat sich noch keine fundierte Methodendiskussion entwickelt, an der sich empirische Analysen orientieren können. Die Kategorie Kasus ist jedoch vor einigen Jahren in den Blick der modernen morphologischen Theoriebildung und der Sprachtypologie gerückt (vgl. für eine Übersicht beispielsweise Malʹčukov/Spencer 2009a). Dort wurden bereits verschiedene Modelle und auch erste methodische Ansätze entwickelt, die zur Analyse der Kategorie Kasus auch in der Dialektologie gewinnbringend eingesetzt werden können.
In dieser Arbeit greife ich nun einige der noch offenen Fragen und Desiderate der dialektalen Kasusmorphologie auf und gehe ihnen unter Berücksichtigung dieser typologischen und theoretischen Ansätze nach. Im Fokus steht dabei nicht nur eine bestimmte Konstruktion oder die Flexion einer einzelnen Wortart, sondern vielmehr allgemeine Mechanismen und übergreifende Strukturen des Kasussystems. Kasusmarkierung wird dazu an dem breiten Spektrum der verschiedenen kasustragenden Wortarten des Deutschen – Definit- und Indefinitartikel, Adjektive, Personal-, Demonstrativ, Possessiv- und Indefinitpronomen – untersucht. Dabei konzentriere ich mich primär auf paradigmatische, Markierung, d. h. auf Synkretismen und Distinktionen im Kasusparadigma und gebe ausgehend davon abschließend einen kurzen Einblick in syntagmatische Strukturen.
Die Arbeit hat grundlegend zwei Ziele: Sie liefert erstens Ergebnisse zur strukturellen und geographischen Gliederung des untersuchten Diasystems, aus denen sich Erkenntnisse zu allgemeinen Charakteristika dialektaler Kasusdiasysteme ableiten lassen: Die Entwicklung des deutschen Flexionssystems ist durch Synkretismustendenzen geprägt, die in den Dialekten noch stärker gewirkt haben als im standardsprachlichen System. Die Arbeit geht der Frage nach, inwiefern diese Tendenzen zu einer eingeschränkten Funktionsfähigkeit der Kategorie Kasus geführt haben. Um diese Funktionsfähigkeit zu quantifizieren, wird eine Distinktionsquote eingeführt, die den Anteil der distinkten Formen relativ zur Gesamtbelegmenge wiedergibt und so eine Berechnung von Kasussynkretismus ermöglicht. Die Arbeit geht zudem der Frage nach der geographischen Ausprägung dieser Synkretismustendenzen im untersuchten Gebiet nach. Größere kasusmorphologische Areale und charakteristische Raumstrukturen werden hier ausgehend von idiolektalen Systemen einzelner SprecherInnen definiert.
Zweitens verfolgt die Arbeit ein methodisches Ziel. Die Analyse baut auf quantitativen gesprochensprachlichen Korpusdaten aus dem Oberdeutschen auf und ermöglicht so erstmals eine Quantifizierung von Kasus und Kasusdistinktion in gesprochener Sprache sowie die Analyse dialektmorphologischer Raumgliederung auf Grundlage äußerst natürlicher Sprachdaten. Letzteres wird in einem methodischen Vergleich Erkenntnissen aus der Analyse von Ortsgrammatiken gegenübergestellt.
Die Arbeit stellt dazu eine neue Methode der frequenzbasierten Korpusanalyse zur Untersuchung des beispielhaft gewählten Kasussystems vor. Sie stellt damit auch einen Beitrag zur Methodendiskussion in der Dialektmorphologie dar und zeigt, wie traditionelle dialektologische Daten genutzt und aufbereitet werden können, um morphologische Fragestellungen angelehnt an die moderne morphologische Theoriebildung und unter Berücksichtigung typologischer Arbeitsweisen zu beantworten. Die Grundlage bildet dabei bereits vorhandenes und öffentlich zugängliches Datenmaterial:
Ausgangspunkt ist ein Korpus aus Transkripten gesprochener Sprache (Ruoff 1984), dessen spezielle Transkriptionskonvention sich insbesondere für morphosyntaktische Analysen anbietet. Die Erhebungsorte der Tonaufnahmen, die den einzelnen Transkripten zugrundeliegen, befinden sich im zentralen, nördlichen und westlichen Baden-Württemberg und in Bayerisch-Schwaben (vgl. Abb. 1). Die Arbeit nimmt damit auf einen eher nördlichen Teil des Oberdeutschen Bezug.
Abb. 1: Untersuchungsgebiet der Korpusanalyse.1

1.2Aufbau der Arbeit

Die Arbeit wird durch einen Überblick über Erkenntnisse der bisherigen Forschungsliteratur zum (ober)deutschen Kasusdiasystem eingeleitet und konzentriert sich zunächst auf die Aspekte der strukturellen Gliederung (2.2). Der Definition der Kategorie Kasus und ihrer unterschiedlichen Ebenen und einer terminologischen Übersicht folgt eine kurze Skizze der diachronen Entwicklung von Kasusmarkierung im deutschen System. Auf dieser Grundlage wird eine erste typologische Klassifikation des (ober)deutschen Kasusdiasystems vorgenommen. Es folgt ein Einblick in die bisherige Forschung zu Aspekten der geographischen Gliederung des oberdeutschen Kasusdiasystems (2.3). Dazu werden theoretische Fundierung, Methodik und Datenbasis bisheriger Arbeiten dargestellt, wobei sowohl das Vorgehen als auch die daraus resultierenden Ergebnisse abgebildet werden. Auf diese Weise entsteht eine umfassende Darstellung des Forschungsfelds der kasusmorphologischen Dialektgeographie, in dem abschließend auch die vorliegende Arbeit verortet ist.
Kapitel 3 stellt die methodische Konzeption der Arbeit vor und geht sowohl auf die Datengrundlage als auch auf die Analyse ein. Das Kapitel widmet sich dabei zunächst der Analyse von Ortgrammatiken (3.2). Die Eigenschaften der zugrundeliegenden Grammatiken werden kurz vorgestellt, wobei die Beschreibungen aus der Forschungsliteratur um eigene Erkenntnisse bei der Untersuchung dieser Datenquelle ergänzt werden. Im Anschluss wird die Konzeption der Korpusanalyse dokumentiert, die den empirischen Kern dieser Arbeit bildet. Dieser Teil des Kapitels wird durch einen Einblick in die Operationalisierung der grundlegenden Kategorien eingeleitet, die auf eine synchrone, frequenzbasierte Analyse gesprochener Sprache und die speziellen Eigenschaften des ober(deutschen) Kasusdiasystems zugeschnitten ist (3.3). Im Anschluss wird das genutzte Korpus vorgestellt (3.4) und schließlich das methodische Vorgehen detailgenau skizziert (3.5).
Kapitel 4 präsentiert die Ergebnisse der strukturellen und dialektgeographischen Analyse. Das Kapitel konzentriert sich zunächst auf die Ergebnisse zur strukturellen Gliederung, also den übergreifenden Charakteristika des untersuchten Kasusdiasystems (4.1). Es werden die Kasus definiert, die auf Grundlage der Korpusdaten im Paradigma angesetzt werden können, und Form und Muster ihres formalen Ausdrucks beschrieben. Diese Charakteristika werden auf Grundlage sprachtypologischer Kriterien bewertet und die typologische Einordnung des Kasusdiasystems, die zu Beginn zunächst auf Grundlage der Forschungsliteratur erfolgt ist, basierend auf empirischen Daten natürlicher, gesprochener Sprache ergänzt.
Die folgende Darstellung der geographischen Gliederung des Untersuchungsraums bezieht sowohl die Ergebnisse der Auswertung von Ortgrammatiken als auch die Erkenntnisse der Korpusanalyse ein (4.3). Zunächst werden die raumgliedernden Faktoren im Diasystem herausgearbeitet. Diese werden für die unterschiedlichen Teilsysteme abgebildet und die Strukturen der Raumgliederung, die sich aus dieser Abbildung ergeben, mit dialektgeographischen Erkenntnissen aus angrenzenden Forschungsfeldern – namentlich dem der Dialektsyntax – in Bezug gesetzt.
Das Kapitel schließt mit einem Ausblick auf die Kasusmarkierung im Syntagma ab (4.4). Dieser greift die Frage nach der Funktionsfähigkeit der Kategorie Kasus im untersuchten Diasystem auf und skizziert eine vertiefende Analyse, in der die einzelnen, teilweise stark zu Synkretismus neigenden Kasusmarker nicht isoliert im Paradigma, sondern in ihrer Interaktion im Syntagma untersucht werden.

2 Areal und Struktur: Grundlagen und Forschungsüberblick

2.1 Zielsetzung des Kapitels

Das folgende Kapitel fasst die bisherigen Erkenntnisse der Forschungsliteratur aus Dialektologie und Variationslinguistik zur strukturellen und geographischen Gliederung der deutschen dialektalen Kasussysteme zusammen. Der Schwerpunkt der Beschreibung liegt dabei – soweit möglich – auf dem Gebiet des Oberdeutschen in Baden-Württemberg und Bayerisch-Schwaben, das für die Korpusanalyse relevant ist.
Insbesondere im Hinblick auf mögliche morphosyntaktische Einflüsse auf das Kasusdiasystem bietet die dialektologische Forschung bislang noch relativ wenige Einblicke. Zwar gibt es einige Arbeiten, die sich bereits mit diesen Einflüssen auseinandergesetzt haben und durchaus relevante Einblicke gewähren. Diese betrachten jedoch jeweils nur einen Ausschnitt des Kasusdiasystems, beispielsweise eine bestimmte Wortart oder spezielle Kategorien und Kontexte.2 An dieser Stelle werde ich daher auch Erkenntnisse aus der Sprachtypologie und der Forschung zur deutschen Standardsprache einbeziehen, die den hier bisher recht knappen Forschungsstand der Dialektologie gewinnbringend erweitern können.
Im Teilkapitel zur strukturellen Gliederung des Kasusdiasystems wird zunächst die in der Arbeit genutzte Terminologie eingeführt. Basierend auf einem kurzen Überblick über seine diachrone Entwicklung wird das (ober)deutsche Kasusdiasystem dann auf Grundlage kasustypologischer Kriterien klassifiziert. Neben der inhaltlichen Beschreibung der bisherigen Erkenntnisse zu Struktur und Geographie der oberdeutschen Kasussysteme hat dieses Kapitel auch die Funktion – vorbereitend auf die folgende empirische Untersuchung –, Theorie und Methodik des Forschungsfelds der dialektologischen bzw. dialektgeographischen Kasusmorphologie zu skizzieren.

2.2 Struktur des Kasusdiasystems

2.2.1 Zur Multidimensionalität des Kasusbegriffs: Terminologische Grundlagen

As in all areas of grammar, the terminology surrounding case phenomena is often not straightforward: Linguists with different backgrounds use the same terms for somewhat or radically different concepts, or they use different terms for very similar or identical concepts.
(Haspelmath 2009: 505)
Die Kategorie Kasus befindet sich an der Schnittstelle verschiedener linguistischer Ebenen – allen voran der Morphologie, aber auch der Syntax, der Semantik und der Morphologie. Diese Schnittstellenposition spiegelt sich auch in einer Multidimensionalität des Kasusbegriffs wider, was mitunter zu terminologischer Uneinheitlichkeit in der vorhandenen Forschungsliteratur führt. Diese Uneinheitlichkeit wird zudem durch die verschiedenen Forschungstraditionen verstärkt, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven und auf Grundlage verschiedener Sprachsysteme mit Kasus beschäftigen (vgl. dazu auch die terminologische Übersicht in Haspelmath 2009). Im Folgenden werden daher zunächst die kasusspezifische Terminologie, die in dieser Arbeit genutzt wird, und die theoretischen Ausgangspunkte der Untersuchung definiert. Eine zusammenfassende Illustration dieser Definition findet sich dann in Abb. 2.
Der Begriff Kasus bezeichnet zunächst eine abstrakte Eigenschaft von Nominalphrasen. Diese lässt sich im Grunde nur über ihre Funktion, ihre Form oder über eine Kombination aus diesen funktionalen und formalen Aspekten definieren. Die funktionale Definition erfolgt dabei auf syntaktischer und semantischer und die formale Definition auf morphophonologischer Ebene. Die Kasusmorphologie selbst, die die formale und funktionale Definition kombiniert, lässt sich dabei auf einer Ebene dazwi...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. 1 Einleitung
  5. 2 Areal und Struktur: Grundlagen und Forschungsüberblick
  6. 3 Empirische Untersuchung: Methodik
  7. 4 Empirische Untersuchung: Ergebnisse
  8. 5 Zusammenfassung und Fazit
  9. Register