Kultiviert kritisieren
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Kultiviert kritisieren

Die Kunst zu kritisieren, ohne zu verletzen und zu zerstören

  1. 92 Seiten
  2. German
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Kultiviert kritisieren

Die Kunst zu kritisieren, ohne zu verletzen und zu zerstören

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Kritik zu geben ist eine delikate Angelegenheit - sie anzunehmen auch. Vielleicht brauchen wir ja ein neues Kritikverständnis für uns selbst und für unsere Gesellschaft. Dieser Ratgeber möchte einen Beitrag dazu leisten, dass Kritik nicht als Feind sondern als Freund angenommen wird.

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1. Kritik – was ist das und wofür brauchen wir sie?

Der Begriff „Kritik“

Um den Begriff Kritik zu untersuchen, ist es sinnvoll, ein Lexikon zu bemühen. In der freien Enzyklopädie Wikipedia1 wird er wie folgt erläutert:

Kritik (französisch: critique; ursprünglich griechisch: κριτική [τέχνη], kritikē [téchnē], abgeleitet von κρίνεινkrínein, „[unter-]scheiden, trennen“) bezeichnet „die Kunst der Beurteilung, des Auseinanderhaltens von Fakten, der Infragestellung“ in Bezug auf eine Person oder einen Sachverhalt.
Umgangssprachlich beinhaltet der Begriff zumeist das Aufzeigen eines Fehlers oder Missstandes, verbunden mit der impliziten Aufforderung, diesen abzustellen. Im philosophischen Sprachgebrauch bedeutet Kritik die Beantwortung der Frage nach den Bedingungen von etwas. In diesem Sinne meinte Immanuel Kant mit seiner Kritik der reinen Vernunft (1781) nicht eine Beanstandung reiner Vernunfterkenntnis, sondern er suchte nach den „Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis“ aus reiner Vernunft. Ebenso will die geschichtswissenschaftlicheQuellenkritik“ nicht ihre Quellen herabwürdigen, sondern fragt nach den Bedingungen, unter denen Quellen einen Wert für die historische Erkenntnisgewinnung haben.

Warum müssen wir trennen können?

Wozu ist es überhaupt notwendig, dass wir in der Lage sind, Dinge zu beurteilen, also trennen und auseinanderhalten zu können? Könnten wir nicht auch genauso gut ohne diese Fähigkeit existieren? Wäre es möglich, das Leben auch ohne diese Fähigkeit zu bewältigen? Wir alle müssen oft hundertmal am Tag Sachen und Personen physisch oder geistig beurteilen (auseinanderhalten/trennen können). So ist es gut, wenn wir in der Lage sind, zu beurteilen, ob die Milch noch gut oder bereits schlecht ist. Bin ich in der Lage, das zu beurteilen, kann ich mein (Gesundheits-/Krankheits-) Schicksal wirkungsvoll beeinflussen. Beim Abschluss eines Geschäfts benötige ich dieselbe Gabe der Beurteilung. Habe ich ein gesundes Beurteilungsvermögen hinsichtlich Personen, werde ich vielleicht nicht so schnell einem Betrüger aufsitzen. Täglich begegnen wir etlichen Situationen, in denen wir trennen und auseinanderhalten, also kritisieren können müssen.

Was müssen wir trennen können?

Was ist der Gegenstand der Trennung und des Auseinanderhaltens? Was müssen wir trennen können? Wie im vorherigen Abschnitt deutlich wird, geht es beim Kritisieren um das Trennen der Sache oder der Person in die sie ausmachenden Bestandteile, die einerseits gut und andererseits schlecht für mich sind. Ich trenne in das, was mir oder dem Ziel, das ich erreichen möchte, nützlich oder schädlich ist. Aschenputtel gibt hierfür ein gutes Beispiel. Sie trennt die unterschiedlichen Körner. Wer hätte gedacht, dass das arme Bauernmädchen sich bei dieser Erzählung im Kritisieren übt? Warum tut sie es? Ihr Anliegen ist, zu verhindern, dass sich verschiedene Sorten vermischen, die nicht zusammengehören und die getrennt voneinander mehr Sinn ergeben als vermischt. Wir müssen also Sachen trennen können in Bezug auf ihren Wert für uns selbst, unsere Aufgabe (Berufung/Unternehmensziele/Mission) und für andere, unser Umfeld. Ebenso ist es mit Personen. Auch hier müssen wir immer wieder in der Lage zu sein, die Bestandteile einer Person auseinanderzuhalten und zu betrachten, um sie beurteilen zu können.
In jedem Personalauswahlprozess versucht man, den Bewerber auseinanderzuhalten in soziale, fachliche und charakterliche Fähigkeiten, um Sicherheit zu gewinnen, damit die Beurteilung möglichst qualitativ hochwertig ausfallen kann. Als Eltern wollen wir eine Schule beurteilen können, um eine „richtige“ Entscheidung für unser Kind zu treffen. Ein Arzt möchte eine Krankheitsursache trefflich ermitteln, um die richtige Therapie verordnen zu können. Kritisieren ist also trennen, um zu beurteilen. Sachen oder Personen trennen (also kritisieren) zu können, bedeutet also, in der Lage zu sein, sie in ihre Bestandteile zerlegen zu können und diese Bestandteile dann in Bezug zur Wirkung auf uns selbst, unsere Berufung und unser Umfeld, für das wir Verantwortung empfinden, setzen zu können. Aus diesem Vorgang entsteht ein Schluss, der eine Beurteilung (nicht Verurteilung) nach sich ziehen kann und häufig nach sich zieht.
Der Mensch ist also in der Lage, zu kritisieren. Wenn er es nicht könnte, könnte er nichts beurteilen und wäre unselbstständig seiner Umwelt ausgesetzt.

Personen, Sachen und Geister unterscheiden

Neben dem Unterscheiden von Personen und Sachen gibt es eine weitere Kompetenz, die wir benötigen: die Kompetenz, Geister (lat. Spiritus = Hauch/Atem) unterscheiden zu können. Hierbei geht es darum, die Qualität eines Hauches/eines Atems trennen zu können. Ein Atem kann von guter und von schlechter Qualität sein. Ein Bild als Beispiel: Je nachdem ob der (Wind-)Hauch verbraucht ist (Stickstoff/Gase) oder frisch ist (Sauerstoff) beeinflusst er bei Aufnahme das Leben des Menschen. Daher gibt es biotische Atem (= z. B. lebensspendender Sauerstoff) und antibiotische Atem (= z. B. lebensvernichtende giftige und gefährliche Gase).
So existiert beispielsweise in jeder Firma ein für Mitarbeiter und auch für Betriebsfremde wahrnehmbarer Hauch/Atem in Form des Betriebsklimas, der Führungskultur und des Umgangs mit Menschen und Materialien. Ein lebensspendender Atem in einem Unternehmen ist beispielsweise eine wertschätzende Führungskultur oder auch ein wertschätzender Umgang mit Kunden und Lieferanten. Ein solcher Hauch (Geist) im Unternehmen wirkt sich auf alle im System vorhandenen Menschen aus, oft sogar infolgedessen auch auf den Umgang mit Sachen (Arbeitsmittel, Fahrzeug, Betriebs- und Geschäftsausstattungen). Auch das Gegenteil ist oft deutlich zu spüren: Herrscht ein antibiotischer Luftzug in der Atmosphäre (Hauch/Atem = Geist) so wird die Destruktivität im Umgang mit Menschen und Sachen immer auch sichtbar. Niemand möchte auf Dauer Angestellter einer Firma sein, in der ein lebens- und menschenfeindliches (Führungs-)Klima herrscht, dem Wertschätzung, Respekt und Achtung voreinander fehlen. Auf Dauer – so wage ich die Prognose – sind solche Unternehmen nicht lebensfähig, da sie an ihrem eigenen schlechten Atem, den sie produzieren und selbst inhalieren, zugrunde gehen werden.
Wir Menschen haben in diesem Sinne in unterschiedlicher Ausprägung auch die Fähigkeit, den Geist (Atem/Hauch) erkennen und trennen zu können. Manch einer hat dafür eine besondere Nase. Er (oder sie) hat dann eine besondere Gabe, Geister (Winde/Hauche) in Gruppen/Unternehmen trennen und erkennen und schließlich unterscheiden zu können. Die Gabe, wehende Gase/Winde unterscheiden zu können, ist also die Gabe, einen guten Riecher beim Trennen der Luft in biotische und antibiotische Gase zu haben. Diese gute Nase ist notwendig, um erkennen zu können, wann „Fenster geöffnet“ werden müssen, wann und wo der Zeitpunkt dafür da ist, lebensbejahende Hauche einzulassen und lebensvernichtende Hauche damit ausfliegen zu lassen. Fehlt diese Nase, diese Kritikkompetenz, so ist es denkbar, dass sich Winde/Gase im Raum halten, die von allen Anwesenden, ohne es zu merken, inhaliert werden, die sich gesundheitsschädlich oder sogar tödlich auswirken. Im christlichen Kontext wird die Gabe der Geistesunterscheidung als die Fähigkeit beschrieben, „… zu erkennen, ob ein bestimmtes Verhalten göttlichen, menschlichen oder satanischen Ursprungs ist“2. Es geht als um die Trennung, das Auseinanderhalten des geistigen Ursprungs eines Verhaltens. In christlichen Gemeinschaften und Gemeinden ist mit dem Kritisieren also immer das Trennen der Ursprungsgeister gemeint. Kein geringerer als Goethe hat sich in seinem Werk „Faust“ mit den Schwierigkeiten und Folgen der Auseinanderhaltung und Trennung der Geister sehr intensiv beschäftigt und dabei manches Phänomen trefflich beschrieben.
Als Organisationsentwickler versuche ich seit vielen Jahren, eine gute Nase zu haben, um, unseren Kunden dienend, den Spirit der Organisation auch wirklich trefflich „riechen“ und beurteilen (also kritisieren/trennen/auseinanderhalten) zu können. Nur wenn das gelingt, ist es möglich, die richtigen Schalthebel für nachhaltig wirksame Veränderungen auch tatsächlich zu finden. Die Trennung, das Auseinanderhalten des...

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. 1. Kritik – was ist das und wofür brauchen wir sie?
  3. 2. Konstruktiv kritisieren – (wie) geht das?
  4. 3. Kritik annehmen – Kritikfähigkeit – (wie) geht das?
  5. 4. Kritik- und Feedbacksysteme in Organisationen etablieren
  6. Fußnoten