Timotheus und Titus
eBook - ePub

Timotheus und Titus

Unterwegs für Paulus

  1. 239 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Timotheus und Titus

Unterwegs für Paulus

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Paulus gilt als der Heidenmissionar im Urchristentum schlechthin. Aber Paulus war kein Einzelkämpfer. Er hatte eine Vielzahl von Mitarbeitern, von denen die bedeutendsten Timotheus und Titus waren. In diesem Buch wird dargestellt, wie ihre Tätigkeit und Verantwortung aussah: Im Auftrag des Paulus haben sie von Paulus gegründete Gemeinden besucht – haben Briefe überbracht, in Streitigkeiten vermittelt und in Vollmacht des Paulus Weisungen weitergegeben. Drei Briefe aus der Zeit nach Paulus sind diesen beiden Personen gewidmet (zwei Briefe an Timotheus, einer an Titus) und drücken damit die Bedeutung aus, die sie für die weitere Überlieferung der paulinischen Verkündigung gespielt haben. Die Nachwirkung der beiden ist aber noch umfangreicher: ihre Tätigkeit (als Bischöfe in Ephesus und auf Kreta) wird in Legenden dargestellt, sie wirken in literarischen Werken nach, ihre sterblichen Überreste (Reliquien) haben z.T. eine dramatische Geschichte und bis heute Bedeutung (Termoli/Italien und Kreta), als Heiligen und Patronen werden ihnen noch heute Kirchen gewidmet.TIMOTHY AND TITUS: On the Road for PaulToday Paul is seen as the most important missionary in early Christianity. But Paul was not a lone warrior. He was assisted by numerous helpers, most important among them Timothy and Titus. This book gives details of their activities and responsibilities: They were asked by Paul to visit the communities he had founded, to transport letters, settle disputes, and convey his instructions. Three epistles from the time after Paul are dedicated to these two men (two to Timothy and one to Titus), expressing the importance they had for the transmission of Paul's message. Yet their aftereffects are even more comprehensive: Their activities (as bishops of Ephesus and Crete) are narrated in legends; they are the subject of literary works; their mortal remains (relics) were the cause of dramatic events and are significant to this day (Termoli in Italy and Crete); in their function as patron saints they lend their names to churches to this day.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Timotheus und Titus von Hermann von Lips im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Theologie & Religion & Christentum. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2017
ISBN
9783374049691

B. DARSTELLUNG

1. TIMOTHEUS

1.1 Aufträge und Funktionen des Timotheus

Am häufigsten wird von Timotheus gesagt, dass Paulus ihn zur Erledigung eines bestimmten Auftrags in eine der von ihm gegründeten Gemeinden »gesandt« habe (1Kor 4,17; Phil 2,19.23; 1Thess 3,2.5). Er ist also besonders wichtig, ja im Vergleich zu anderen Mitarbeitern wohl der wichtigste für den Kontaktaustausch zwischen Paulus und seinen Gemeinden. Einerseits sind für Paulus seine Briefe das Mittel, mit dem er nach Abreise aus neu gegründeten Gemeinden Kontakt hält, andererseits aktualisiert er solchen Kontakt, indem er seine Mitarbeiter persönlich bei besonderem Anlass zu bestimmten Gemeinden entsendet. Für Timotheus können wir vielfach Angaben in den Paulusbriefen mit der Apostelgeschichte kombinieren. Dabei muss versucht werden, eventuelle Differenzen in den Angaben auszugleichen. Auffällig ist, dass die Apostelgeschichte Timotheus immer zusammen mit Silas (Apg 17,14.15; 18,5) oder anderen Mitarbeitern (19,22 mit Erastus; 20,4 mit mehreren) erwähnt, bei Paulus dagegen Timotheus meist als alleiniger Bote genannt wird. Demnach wird ihm also nur in den Paulusbriefen diese Sonderstellung zuteil, die ihn vor den anderen heraushebt.

1.1.1 Die Anfänge

Chronologisch gesehen gibt uns die Apostelgeschichte den ersten Hinweis auf Timotheus (Apg 16,1 3) im Zusammenhang der sog. Zweiten Missionsreise des Paulus. Hier müssen wir zunächst einen Blick auf den Beginn der missionarischen Tätigkeit des Paulus nach seiner Berufung zum Apostel werfen. Während Paulus nur ganz allgemein von einem Aufenthalt bzw. einer Tätigkeit in Syrien und Kilikien spricht (Gal 1,21), stellt Lukas eine (erste) Missionsreise dar, die über Zypern durch das südliche Kleinasien führt (Apg 13 14). Hierbei ist Barnabas sein Begleiter.
Daran schließt sich das Apostelkonzil in Jerusalem an (Apg 15,1 33; Gal 2,1 10), von dem später im Zusammenhang mit Titus noch näher die Rede sein muss. Streitpunkt war, ob auch Heiden, die Christen wurden, sich dem jüdischen Ritus der Beschneidung unterziehen mussten. Das Ergebnis ist der Kompromiss, dass die ehemaligen Juden auch als Christen sich an das Gesetz halten, dies aber für die Heiden keine Vorbedingung darstellte.
Paulus startet nach dieser Klärung der gemeinsamen Basis für die christliche Mission zu einer neuen Reise, diesmal mit Silas als Begleiter (Apg 15,40). Von Barnabas hatte er sich getrennt, vermutlich, weil er mit diesem und Petrus eine grundsätzliche Auseinandersetzung in Antiochien hatte, wobei es um die Einhaltung jüdischer Speisevorschriften durch Judenchristen bei der Mahlgemeinschaft mit Heidenchristen ging (Gal 2,11 ff.). Für Paulus war damit eine Basis für eine gemeinsame Tätigkeit mit Barnabas nicht mehr gegeben. Mit Silas brach er nun zu einer neuen (zweiten) Reise auf (Apg 15,40). Bemerkenswert ist dabei die anfängliche Route: nämlich durch die Gemeinden, die er auf der ersten Reise gegründet hatte. Von Antiochien beginnend, »zog (er) durch Syrien und Kilikien und stärkte die Gemeinden« (15,41). Bemerkenswerterweise finden wir hier die gleiche Gebietsbezeichnung, wie Paulus dies von seiner ersten Missionstätigkeit formulierte (Gal 1,21). Als einzelne Städte folgen dann Derbe, Lystra und Ikonion (Apg 16,1 2) sowie weitere ungenannte Städte (16,4), die den in Apg 13 14 gegründeten Gemeinden entsprechen dürften. Paulus begann also seine auch spätere Praxis, von ihm gegründete Gemeinden wieder zu besuchen, um so seine Verantwortung für diese wahrzunehmen.
Eine der Stationen im südlichen Kleinasien ist die Stadt Lystra, neben Derbe und Ikonion. Paulus kommt »nach Derbe und Lystra« und wird dort auf »einen Jünger mit Namen Timotheus« aufmerksam. »Der hatte einen guten Ruf bei den Brüdern in Lystra und Ikonion« (Apg 16,2). Unklar ist, warum Lukas den Timotheus nicht völlig eindeutig einer der Städte zuordnet. Da aber der Ort Lystra jeweils von zwei Ortsnamen der zur Erwähnung des Timotheus nächststehende ist, wird wohl diese Stadt als der Heimatort des Timotheus zu verstehen sein. So wird es jedenfalls überwiegend seit der Alten Kirche gesehen.
Die drei Städte Ikonion, Lystra und Derbe gehören alle drei zur römischen Provinz Galatia im Süden Kleinasiens, und speziell zur Teilprovinz Lykaonia. Die Stadt Ikonion hat ihren Namen noch in der heutigen türkischen Stadt Konya erhalten, von den beiden anderen Städten gibt es nur noch Reste durch Ausgrabungen. Etwa 50 Jahre vor den Missionsreisen des Paulus hatten sich für diese Städte wesentliche politische Umwälzungen ergeben. Das gilt vor allem für Lystra, das im Jahre 6 v. Chr. von Augustus zur römischen Kolonie gemacht wurde mit der Bezeichnung«Colonia Julia Felix Germina Lystra«. Man geht davon aus, dass dies militärische Gründe hatte – zur Sicherung gegen Osten sowie gegen Bergstämme im Westen. Mit dieser Maßnahme war auch der Bau einer großen Straßen verbunden, der »Via Sebaste«: von Comama (im Westen) über Antiochien (Pisidien) und Ikonion, von dort nach Lystra (ca. 20 Meilen = 35 km), weiter nach Derbe (ca. 60 Meilen = 100 km) und weiter Richtung Kilikien (Tarsus). Paulus konnte also eine feste Römerstraße nutzen. Man hat von dieser Straße (westlich von Ikonion) bei Ausgrabungen noch acht Meilensteine aus der Zeit des Augustus gefunden! Für Ikonion ergab sich unter Kaiser Claudius noch die Besonderheit, dass dort Veteranen angesiedelt wurden, was ihr zeitweise den Namen »Claudiconium« (= Ikonium des Claudius) einbrachte. Lystra hatte Bedeutung als Handelsstadt für Lykaonien. Religiös spielte die Verehrung von Zeus und dem Götterboten Hermes eine Rolle – dies schildert Lukas, indem Paulus und Barnabas wegen einer Krankenheilung eine Verehrung wie diesen Göttern zuteil wurde, und dem entspricht, dass bei Ausgrabungen Hinweise auf einen Zeustempel und eine Hermesstatue gefunden wurden. Es gab wohl auch Juden dort, aber offensichtlich keine Synagoge.
Die drei Orte waren Missionsorte auf der ersten Missionsreise (Apg 14,1 ff. 8 ff. 20 f.), sodass wir mit der Existenz von Gemeinden dort rechnen können. Das gilt selbst für Lystra, wo Paulus konträre Erfahrungen machte: Zuerst wollten ihn und Barnabas die heidnischen Einwohner wie Götter verehren (14,11 13), dann wurde er auf Veranlassung von Juden gesteinigt (14,19). Da dann immerhin von Jüngern in Lystra gesprochen wird (14,20), dürfte auch Timotheus zu den damals zum christlichen Glauben Bekehrten gehören. Jedenfalls ist er jetzt bereits ein bewährter, in gutem Ruf stehender Christ, und Paulus erwählt ihn sich als Begleiter für seine Reise.
Als Besonderheit zur Person des Timotheus wird erwähnt, dass er eine (inzwischen Christin gewordene) jüdische Mutter, aber einen griechischen Vater hatte. Nun folgt die für uns verwunderliche Mitteilung des Lukas zur Person des Timotheus: »Diesen wollte Paulus mit sich ziehen lassen, und er nahm ihn und beschnitt ihn wegen der Juden, die in jener Gegend waren; denn sie wussten alle, dass sein Vater ein Grieche war« (16,3). Ob Paulus tatsächlich Timotheus mit Rücksicht auf die Juden beschneiden ließ, ist in der Forschung heftig umstritten und wird als besonderes Problem der lukanischen Darstellung später noch zu erörtern sein (siehe unten 3.). Für den Fortgang ist allein wichtig, dass Timotheus ab jetzt fester Begleiter auf dieser Reise des Paulus ist. Dafür sprechen jedenfalls verschiedene Indizien, auch wenn Lukas neben Paulus manchmal nur Silas nennt (16,19. 25. 29; 17,4.10), manchmal auch ausdrücklich Timotheus (17,14.15; 18,5). Aber die lukanische Formulierung, dass er ihn »mit sich ziehen lässt«, meint doch sinnvollerweise eine dauernde Begleitung. Denn es wäre unwahrscheinlich, dass Paulus den Timotheus als Begleiter auswählt, und dieser dann auf der ganzen ersten großen Etappe der Reise fehlt und plötzlich erst von Beröa ab (17,14) Paulus begleitet. Hätte Paulus voraussehen können, zu welchem Zeitpunkt er in einem vielleicht gar nicht eingeplanten Ort ankäme? Wohl kaum. Denn nach Lukas verliefen die Reiserouten teilweise gar nicht nach dem Plan des Paulus: So war es gleich zu Beginn dieser Reise, als die Absicht des Paulus, in der Provinz Asien (mit Ephesus) und dann in Bithynien zu missionieren, durch den Heiligen Geist vereitelt wurde (Apg 16,6 7). Also gehen wir von der durchgehenden Begleitung durch Timotheus aus.

1.1.2 Timotheus in Thessalonich

Die erste große Auftragsreise führt Timotheus nach Thessalonich. Zuvor sind aber die Stationen zu nennen, die vor diesem Auftrag liegen. Die Route des Paulus führt von Kleinasien kommend – aus dem Hochland von Galatien über Troas – nach Nordgriechenland, das die Provinz Makedonien umfasst. Die erste Gemeindegründung in Europa ist Philippi. Zu dieser Gemeinde bleibt Paulus in besonders enger Verbindung. Die zweite Gemeindegründung erfolgt in Thessalonich, der Hauptstadt der Provinz. Die Apostelgeschichte beschreibt markante Szenen aus den beiden Gemeinden im Zusammenhang der Mission des Paulus. Für Thessalonich bedeutet dies, dass Paulus infolge von aggressivem Vorgehen seitens der Juden gegen seine missionarische Aktivität die Stadt fluchtartig verlassen muss (17,5 10). Wir können der Darstellung des Lukas aber nicht entnehmen, wie lange sich Paulus in der Stadt aufhalten konnte. Mindestens drei Wochen müssen es gewesen sein, da Paulus an drei Sabbaten in der Synagoge predigte (Apg 17,2).
Die nächste Station ist Beröa, (süd)westlich von Thessalonich gelegen, von dort aus geht es dann weiter südlich nach Athen und nach Korinth. War beim paulinischen Wirken in Philippi und Thessalonich nur Silas als Begleiter erwähnt worden, so begegnet uns jetzt auf den drei Stationen Beröa, Athen und Korinth ausdrücklich Timotheus. Hier haben wir den seltenen Glücksfall, dass die Zeugnisse des Paulus (1. Thessalonicherbrief) und der Apostelgeschichte (17,10 15; 18,1 5) sich ergänzen, auch wenn nicht volle Übereinstimmung besteht. Als entscheidendem Zeugen ist dann sicher Paulus der Vorzug zu geben.
Das grundlegende Zeugnis stellt für uns der 1. Thessalonicherbrief dar. Nach Erkenntnis der exegetischen Forschung ist der 1Thess der älteste uns erhalten gebliebene Paulusbrief. Den Ort der Abfassung gibt Paulus nicht an. In der Regel wird Korinth als Abfassungsort angenommen. Das Argument dafür lautet: Der Brief blickt auf die Gründung der Gemeinde zurück und setzt mindestens den Aufenthalt des Paulus in Athen voraus (1Thess 3,1). Nach Apg 17,10 waren Silas und Timotheus zunächst in Beröa zurückgeblieben, während Paulus über Athen nach Korinth zog (17,15; 18,1). In Korinth trafen – so Lukas – dann Silas und Timotheus, aus Makedonien (= Beröa?) zurückkehrend, wieder auf Paulus. Da der 1Thess im Präskript die Anwesenheit von Silas und Timotheus als Mitabsender voraussetzt, entspricht also der Aufenthalt der drei Personen in Korinth dieser Situation.
Bleibt zu fragen nach der Zeit der Abfassung des 1Thess und damit nach dem Aufenthalt in Korinth. Wie bereits erwähnt, besitzen wir mit der Gallio-Inschrift ein außerbiblisches Dokument zur Bestimmung der Zeit des paulinischen Aufenthalts in Korinth. Entsprechend der Amtszeit des Gallio im Jahr 51/52 fällt der nach der Apostelgeschichte über 18 Monate gehende Aufenthalt in Korinth wohl in die Zeit von Herbst 49 bis Frühjahr 51. Konkret ist mit dem Aufbruch des Paulus von Antiochien aus zu seiner zweiten Missionsreise nach dem Apostelkonzil im Jahre 48 zu rechnen. Auf dem Weg über Kleinasien, dann Nordgriechenland (Philippi-Thessalonich-Beröa) ist er dann wohl im Jahre 49 nach Korinth gekommen. Noch in diesem Jahr, aber vielleicht auch erst im Jahre 50 – je nach Zeit der Rückkehr des Timotheus – könnte er dann den 1. Thessalonicherbrief geschrieben haben.
Bevor wir auf die Reise des Timotheus nach Thessalonich eingehen, ist der Weg des Paulus und seiner Begleiter ab Beröa zu rekonstruieren. Ein Aufenthalt in Beröa wird bei Paulus zwar nicht erwähnt, ist aber glaubwürdig durch die Apostelgeschichte bezeugt, da diese Stadt auf dem Weg von Thessalonich nach Athen liegt.
Kurz einige Bemerkungen zu Beröa und Athen.
Beröa liegt nach Luftlinie gemessen 65 km südwestlich von Thessalonich und 311 km nordwestlich von Athen entfernt und gehört wie Thessalonich zur römischen Provinz Makedonien. Das Gebiet um Beröa ist ältestes Siedlungsgebiet in Griechenland (ab 7. Jahrtausend v. Chr.), die Stadt selbst wird erstmals 432 v. Chr. erwähnt. In der Zeit nach Alexander d. Gr. (Diadochen, dann seit 168 v. Chr. römisch) erlebt Beröa einen großen Aufschwung und ist in römischer Zeit Sitz des makedonischen Bundes. Dass durch die Mission des Paulus im Jahr 49/50 eine christliche Gemeinde entsteht, ist der Apostelgeschichte (17,11 12) zu entnehmen und findet seine Fortsetzung darin, dass die Stadt Sitz eines Bischofs wird. Heute erinnert in der Nähe des Stadtzentrums ein großes Mosaik als Gedenkstätte an den Aufenthalt des Paulus!
Abb. 3: Predigt des Paulus in Beröa, modernes Mosaik.
Athen ist uns bekannt als die Wiege der Demokratie und als Ausgangspunkt der wichtigen griechischen philosophischen Schulen und war so der geistige Mittelpunkt der westlichen Welt. Zur Zeit des Paulus liegt aber die Blütezeit Athens längst zurück. Mit der Eroberung durch Sulla im Jahre 86 v. Chr. begann für Athen die römische Zeit, zuerst beeinträchtigt durch den römischen Bürgerkrieg. Augustus bringt für Athen wieder eine Phase der Ruhe. Insgesamt aber lebt Athen mehr von seiner ruhmreichen Vergangenheit, als dass es gegenwärtige Bedeutung hatte. Lukas kennzeichnet als Hintergrund für das Auftreten des Paulus in Athen die dort herrschende religiöse Atmosphäre und das Auftreten von Philosophen (Apg 17,16 34). Der Erfolg des Paulus war offensichtlich gering, aber es darf nach den gegebenen Anhaltspunkten doch mit der Entstehung einer, wenn auch kleinen, christlichen Gemeinde gerechnet werden (Apg 17,34).
Über die Mission in Beröa berichtet Lukas, dass Paulus freundlichere Aufnahme bei den Juden fand als in Thessalonich, und dass auch vornehme griechische Frauen und Männer den christlichen Glauben annahmen. Doch hätten aus Thessalonich kommende Juden für Unruhe gesorgt und Paulus wiederum zu einem fluchtartigen Aufbruch veranlasst. Für uns ist dabei wichtig, dass einerseits Paulus nach Athen geleitet wurde, andererseits aber Silas und Timotheus in Beröa zurückblieben. Wir werden annehmen können, dass dies mit der Absicht geschah, der neu entstandenen Gemeinde noch wichtige Anleitungen zu geben, ohne dass Paulus wiederum in Gefahr geriete. Die Begleiter des Paulus kommen aus Athen zurück mit dem Auftrag, Silas und Timotheus sollten baldmöglichst wieder zu Paulus kommen. Nach Apg 18,5 wird dann von der Rückkehr der beiden zu Paulus erst berichtet, als dieser sich schon in Korinth aufhält.
Hier ergibt sich nun eine Differenz zwischen Paulus und der Apostelgeschichte. Nach 1Thess 3,1 f. hat Paulus de...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. A. Einführung
  7. B. Darstellung
  8. C. Wirkungsgeschichte
  9. D. Verzeichnisse
  10. Fußnoten