Fromm und frei
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Fromm und frei

Geistlich leben

  1. 120 Seiten
  2. German
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Fromm und frei

Geistlich leben

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Christlicher Glaube ist im Kern kein Fürwahrhalten bestimmter Sätze. Er ist eine vom Vertrauen zu Gott geprägte Lebensweise, die sich auch ausdrückt in Liedern und Gebeten, Andacht und Gottesdienst, Bibellesen und Meditation. Wie aber sehen konkrete Glaubensäußerungen aus? Wie gestaltet sich das geistliche Leben in evangelischer Perspektive heute?Ausgehend von gegenwärtigen Glaubensbiographien und der darin zum Ausdruck kommenden Sehnsucht nach Gott bietet ein Überblick zu konfessionellen und außerchristlichen Suchbewegungen Orientierung im weiten Feld gegenwärtiger Spiritualität. Biblische Grundlagen und historische Entwicklungen bilden den Nährboden für konkrete Beispiele heutiger evangelischer Glaubensgestaltung. Gewürdigt werden Anregungen für Andacht, Gebet und Meditation, die sich am Kirchenjahr, an der Tagzeit, an den Sakramenten, an der Musik und an Kommunitäten sowie Einkehrhäusern orientieren.

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Information

Jahr
2015
ISBN
9783374042173

1 Menschen auf der Suche nach Gott

Menschen sind auf der Suche – so lange sie leben. Aber sind sie auch auf der Suche nach Gott? Ist Gott »der uralte Turm«, den Rainer Maria Rilke »jahrtausendelang umkreist«, heute noch ein Thema? (Rainer Maria Rilke, Das Stunden-Buch, Ausgewählte Werke Band 1, Leipzig 1938, S. 9) Nach der Aufspaltung des christlichen Glaubens in einen bunten Strauß verschiedener Konfessionen und Richtungen, nach Hexenverbrennung und Holocaust, nach kommunistischer Diktatur und kapitalistischen Wohlstandsversprechen? Ja, Gott ist nach wie vor ein Thema, wie ein Blick in die Zeitgeschichte und in beispielhaft ausgewählte Biografien zeigt.

1.2 Zwischen Freiheit und Orientierungslosigkeit

Menschen sind auf der Suche nach Gott. Dieser bemerkenswerte Satz trifft zu – trotz aller Hochschätzung der Vernunft und des Fortschritts vor allem im 19. und 20. Jahrhundert. Und trotz aller damit einhergehenden Verachtung der Religion. Es ist noch nicht so lange her, da schien der Glaube an Gott nicht nur im kommunistischen Osten nahezu erledigt zu sein. Der Optimismus der Vernunft brachte ungeahnte Erkenntnisse und Errungenschaften in Wissenschaft und Technik hervor. Die grandiose Idee vom Menschen als Subjekt seiner Selbst ließ ihn in die Freiheit ausziehen – heraus aus aller selbstverschuldeten Unmündigkeit, heraus aus den Fesseln, die ihm traditionelle Moralvorstellungen auferlegten, heraus aus der Bevormundung von Staat und Kirche. Der Fortschrittsglaube setzte und setzt darauf, dass die Welt erkennbar und veränderbar ist und sich die großen Menschheitsprobleme vernünftig lösen lassen. Eine große Hoffnung im politischen Bereich stellten im Osten die revolutionären Veränderungen der Jahre 1989 und 1990 dar. Es ging um nichts Geringeres als um die Freiheit.
Viele Hoffnungen haben sich erfüllt. Freilich bei Weitem nicht alle. Trotz großer Erwartungen konnten in den letzten 25 Jahren nach dem Ende der real-sozialistischen Regime etliche Kriege, Gewaltausbrüche und Terroranschläge nicht verhindert werden. Aber auch im privaten Bereich sehnen sich Menschen nach Sicherheiten, und die Umsätze der Versicherungen steigen. Die Sorge um den Arbeitsplatz, Angst vor Krankheiten und existenziellen Krisen nehmen bei Befragungen vorderste Plätze ein.
Ernüchterung hat sich ausgebreitet. Trotz bürgerlicher Freiheiten und weiterem Fortschritt in Wissenschaft und Technik bleibt das Leben mit erheblichen Risiken behaftet. Ja, nicht wenige haben den Eindruck, dass die gefühlte Gefahr größer wird.
Vielleicht waren Menschen in unseren Breiten nie zuvor so frei wie heute. Aber mit der Freiheit wächst die Unübersichtlichkeit der verschiedensten Lebensentwürfe. Toleranz ist ein Markenzeichen unserer Gesellschaft. Nahezu alles hat nebeneinander seinen Platz – christliche Gospelchöre neben afrikanischen Geisterbeschwörungen, ökologisch Engagierte neben buddhistischen Meditationszirkeln. Und der Einzelne muss sich seinen Weg durch diesen Dschungel bahnen.
Menschen sind auf der Suche nach Orientierung. Die Unübersichtlichkeit des Lebens nährt die Sehnsucht nach Klarheit und Eindeutigkeit. Die von vielen gegenwärtig erlebte Beliebigkeit behindert ebenso die Identitätsbildung wie überwundene Normenzwänge früherer Zeiten.
Auf diesem Hintergrund gedeiht neu die Frage nach Gott. Diese neue Offenheit für das Nicht-Rationale und Übernatürliche, die Suche nach Sinnstiftung, Vergewisserung und Rückbindung wird gern mit dem Begriff »Wiederkehr der Religion« beschrieben. Positiv verbindet sich damit die Überwindung der generellen Diesseitsorientierung der Moderne mit ihrer Verliebtheit in die unbegrenzte Gestaltungskraft der Vernunft. Insofern verändert  die gegenwärtige Situation die Skepsis gegen alles Unerklärliche und Bestaunenswerte. Der Himmel öffnet sich wieder – im Bilde gesprochen – und gibt den Blick frei auf die Wirklichkeit Gottes. Die neue Religiosität ist freilich einerseits stark erfahrungsbezogen und sieht die verfassten Kirchen mit ihren definierten Glaubensinhalten (Dogmen) weitgehend kritisch. Andererseits präsentiert sich die neue Religiosität so bunt und vielgestaltig, dass sich die Kirchen gleichsam wie auf einem riesigen Markt der Welterklärer und Sinndeuter vorfinden. Ähnlich dem Apostel Paulus in Athen (Apg 17) kann man heute umhergehen zwischen den verschiedenen Tempeln und Altären, um Anknüpfungspunkte für das Evangelium von Jesus Christus zu suchen. Das ist in der Tat die neue Chance unserer spirituell aufgeschlossenen gesellschaftlichen Gegenwart. Aber das ist nur die eine Seite. Die so genannte Wiederkehr der Religion zeigt ein zweites Gesicht: das der Beliebigkeit. Sie führt zu einer Verweltlichung, Banalisierung und Kommerzialisierung der religiösen Inhalte. Alles lässt sich finden auf dem Markt. Die Inhalte scheinen austauschbar zu sein. Jeder kann sich »seinen Glauben« aus den verschiedenen Angeboten wie in einem Warenkorb zusammensuchen. Ob sich auf diesem Weg freilich Halt und Trost im Leben und im Sterben findet, muss bezweifelt werden.
Menschen suchen nach Gott – in der Tat wieder stärker als in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Aber sie geraten dabei in das Spannungsfeld von Freiheit und Orientierungslosigkeit. Diese Situation bietet den Kirchen auch Chancen. Menschen sind auf ihrer Suche nach Halt und Orientierung im Leben auf das Evangelium von Jesus Christus ansprechbar. Dabei wird es darauf ankommen, ihrer Suche nach konkreten Erfahrungen der Nähe Gottes Raum zu geben. Wie das konkret aussehen kann, sollen die folgenden drei Beispiele ansatzweise zeigen.

1.2 Beispiele gegenwärtiger Glaubensbiografien

Eine Akademikerin, Mitte vierzig, suchte einen Seelsorger auf. Es ging ihr um geistliche Begleitung in einem längeren Prozess. Sie hielt Ausschau nach einer persönlichen Gestaltung, nach einem eigenen Ausdruck für ihren Glauben und staunte selbst über ihr Ansinnen. Sie wuchs auf wie Tausende in Ostdeutschland. Ihr Weg begann in einem Elternhaus, das keinerlei religiöse Bezüge kannte. Der Mann an ihrer Seite nahm sie mit in Kirchen. Sie gingen zu Konzerten, Lesungen und gelegentlich auch zu Gottesdiensten. Als er sich für seine Ehe eine kirchliche Trauung wünschte, willigte sie ein und ließ sich taufen. Sie war der evangelischen Kirche nahegekommen, ohne davon sonderlich berührt worden zu sein. Jahrzehnte später engagierte sie sich in einem anspruchsvollen Kirchenchor. Das Singen bereitete ihr Freude. Mit den Jahren entdeckte sie, dass die Melodien und Texte in ihr klangen, in ihr leben und innere Regungen auslösen. Überrascht stellte sie fest, dass sich in ihrem Herzen so etwas wie ein persönlich gefärbter Glaube herausgebildet hat. Fast kam es ihr so vor, als schaute sie sich dabei zu. Und sie stellte sich und in der seelsorgerlichen Begleitung die Frage: Welcher Ausdruck, welche Art Glaubensvollzug entspricht dem, was ich gerade erlebe? Dieses Erwachen zu einem persönlichen Gottesverhältnis möchte sie ab jetzt gestalten und in ein konkretes geistliches Leben einfließen lassen. Dazu sucht sie sich die Unterstützung einer geistlichen Begleitung.
Ein Ehepaar, vor Jahren wegen innerer Entfernung zum Glauben aus der Kirche ausgetreten, verliert den Sohn auf tragische Weise. In ihrem Schmerz findet es nach Monaten den Weg zu einer psychotherapeutischen Begleitung. Bedrängende Fragen bekommen Raum: Wo war Gott? Wieso hat er das zugelassen?
Beide sind künstlerisch engagiert und gewohnt, Erfahrungen und Empfindungen ins Bild zu setzen. Die dunklen Farben überwiegen, aber rüblickend stellen sie fest, dass sich die Farbgebung mit der Zeit verändert hat. Seelsorgerliche Gespräche helfen dabei, Gedanken und Gefühle zu ordnen. Sie helfen, sich dem Unfassbaren zu stellen. Nur zögerlich suchen sie zunächst Gottesdienste in ihrer Gemeinde auf. Speziell die kleine Kirche in der Nähe der letzten Ruhestätte ihres Sohnes bietet ihnen Zuflucht und Halt.
Eines ihrer Bilder trägt den Titel »Hoffnung«.
Ein Mann Ende fünfzig nimmt regelmäßige Gespräche zur geistlichen Begleitung in Anspruch. Er kommt aus einem frommen Haus, hat viele Jahre in kirchlichen Einrichtungen gearbeitet und gehörte zeitweise einer evangelischen Bruderschaft an. Gebet und Meditation sind ihm vertraut. Regelmäßig fährt er zu Exerzitien, zu geistlichen Übungszeiten im Schweigen. Sein Problem ist die Frage: Habe ich in meinem bisherigen Leben genug für Gott getan? Habe ich das aus mir gemacht, was Gott in mich hineingelegt hat? Werde ich seinen Erwartungen gerecht? Er buchstabiert auf seinem geistlichen Weg die reformatorische Erkenntnis: Gottes Liebe muss man sich nicht erarbeiten und seine Gnade kann man sich nicht verdienen. Im Kopf ist ihm das klar. Die Rechtfertigungsbotschaft gehört zu seiner lutherischen Gesinnung. Aber wie findet sie den Weg vom Kopf ins Herz? Und wie grenzt man die fromme Pflicht gegen Laxheit ab, der er um keinen Preis verfallen will?
Die drei groben Skizzen zeigen: Menschen fragen auf ganz unterschiedliche Weise nach Gott. Sie fragen jeweils auf dem Hintergrund der eigenen Lebensgeschichte und des eigenen Gottesbildes. Einer hinterfragt den Gott der treuen Pflichterfüllung, der scheinbar immer mehr will. Andere leiden an einem schweren Verlust und erfahren mitten im Schmerz und zunächst völlig unerwartet Trost und Halt. Und eine wird aufmerksam auf Melodien und Texte, die sie eigentlich anderen vorsingt und die sich schließlich an sie selbst wenden.
Häufig beschreiben Menschen den umgekehrten Weg. Jemand wächst in einem christlichen Elternhaus auf und wird in kirchlichen Bezügen sozialisiert. Später entfernt er sich vom Glauben der Kindheit und verliert schrittweise die Verbindung zu Gott oder zur Kirche. So etwa erzählt es der in Leipzig lebende Schriftsteller Clemens Meyer in einem Rundfunkinterview. Auf die Frage »Woran glauben Sie?« schildert er die wenigen Prozent Gottesglauben, die ihm aus früherer Zeit geblieben sind. Und schließt mit dem Satz: »Den Rest Glauben kriegt man sicher nie ganz weg.« (in »Figaros Fragen« auf MDR Figaro, http://www.mdr.de/​mdr-figaro/​podcast/​fragen/​audiogalerie190-podcast.xml abgerufen am 30. 08. 13) Das klingt so, als würde er das versuchen und doch nicht restlos schaffen – den Glauben ganz wegkriegen. Vielleicht zeigt diese Äußerung auch eine Ahnung davon an, dass der Glaube an Gott nie allein eine Entscheidung des eigenen Willens ist.
Die Höhen und Tiefen biografischer Erfahrungen spiegeln sich im Verhältnis zu Gott und letztlich auch in der Zugehörigkeit zur Kirche. Viele Menschen mögen kirchliche Angebote als wenig kompatibel zu ihrem Lebensgefühl empfinden. Dennoch meldet sich die Frage nach Gott bisweilen unvermittelt und kann in konkreten Lebenssituationen unüberhörbar werden.

2 Evangelischer Glaube – Fromm und frei

Fromm und frei – ein Begriffspaar, das treffend die Grundmelodie evangelischen Christseins beschreibt. Der Begriff »fromm« wird später noch eigens zu betrachten sein, meint aber zunächst einfach die Orientierung an Gottes Wort. Der Begriff »frei« bezieht sich auf einen wesentlichen Aspekt protestantischen Selbstverständnisses, nämlich die Freiheit eines Christenmenschen: ein Christ, der seinen Glauben und sein Leben unmittelbar und ohne menschliche Vermittlung vor Gott verantwortet.

2.1 Orientierung an der Heiligen Schrift

Die Begriffe »fromm und frei« beschreiben treffend, was den Reformatoren so wichtig geworden ist und was seither evangelischen Glauben prägt: die Orientierung allein an der Heiligen Schrift. Alles andere, was kirchliche und theologische Traditionen an klugen Gedanken hervorgebracht haben, muss sich vor dem Schriftwort verantworten.

2.1.1 Glauben als Geschenk empfangen

Eine Grundüberzeugung reformatorischer Theologie lautet: Glauben kann man nicht machen, er ist ein Geschenk. Die Initiative geht von Gott aus. Schon die Berufung des Mose in Ex 3 (2 Mose 3) zeigt Gottes vorausgehendes Handeln. Gott spricht Mose aus dem brennenden Dornbusch an und knüpft den Kontakt durch seine Selbstvorstellung. Dann folgt der Auftrag. Mose soll zum Pharao gehen und die Israeliten aus Ägypten führen. Er ist keineswegs begeistert über diese Erwählung und versucht den Auftrag abzuwehren. Dennoch entwickelt sich aus dieser Urszene vom Anfang der Bibel eine lebenslange Verbindung. Mose glaubt dem Wort des Herrn und lässt sich auf Gottes Führung ein. Die Initiative liegt ganz und gar bei Gott.
Die Mose-Geschichte zeigt den Glauben an Gott wie ein Widerfahrnis. Freilich, Mose willigt ein. Er wird nicht überwältigt oder gezwungen. Nach dem anfänglichen Erschrecken (wer bin ich?) traut Mose der Zusage Gottes und vertraut sich seiner Führung an.
Ganz anders, aber in der Konsequenz auf gleicher Linie, schreibt Paulus in 1 Kor 12,3: »Niemand kann Jesus den Herrn nennen außer durch den Heiligen Geist.« Hier geht es nicht um eine Berufung, sondern um Streit. Paulus versucht den Korinthern Richtlinien in die Hand zu geben, wie sie mit unterschiedlichen Ansätzen und Auffassungen in der Gemeinde umgehen können. Und in diesem Zusammenhang teilt er seine Überzeugung mit, dass sich niemand aus eigenem Antrieb zum Glauben an Jesus Christus aufschwingen kann. Die Initiative liegt beim dreieinigen Gott. Es ist das Werk des Heiligen Geistes, wenn ein Mensch zum Glauben an Jesus Christus findet und ihn seinen Herrn nennt.
Martin Luther verdichtet diese Auffassung im Kleinen Katechismus. Im zweiten Hauptstück erklärt er das Apostolische Glaubensbekenntnis und schreibt zum dritten Artikel:
»Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt und bei Jesus Christus erhält im rechten, einigen Glauben; …« (Evangelisches Gesangbuch. Ausgabe für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens, Nr. 806.2).
Glaube ist zuallererst Gottes Gabe und kein Werk des Menschen. Gott schenkt uns den Glauben durch den Heiligen Geist. Wir sind Empfangende. Freilich kann man ein Geschenk annehmen oder ablehnen. Insofern sind wir beteiligt, wenn es darum geht, das Geschenk des Glaubens aus Gottes Hand im Heiligen Geist zu empfangen. Und was ist, wenn Menschen das Gefühl haben, nicht glauben zu können? Manchmal äußern sie in persönlichen Gesprächen eine Sehnsucht nach Gott und finden doch (noch) nicht zum Glauben. Wenn d...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Inhalt
  6. 1 Menschen auf der Suche nach Gott
  7. 2 Evangelischer Glaube – Fromm und Frei
  8. 3 Evangelische Frömmigkeit im weiten Horizont spiritueller Suchbewegungen
  9. 4 Christliche Spiritualität in der Geschichte
  10. 5 Geistlich leben – Elemente gegenwärtiger evangelischer Spiritualität
  11. Editorial zur Reihe
  12. Weitere Bücher