Das Warenhaus
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historischer Roman

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Über dieses Buch

Ein wunderschöner Morgen zu Anfang des Juni blaute über Wien. Auf der Mariahilferstraße herrschte, wie immer, reges Leben und Treiben. Es war noch früh. Auf die achte Stunde erst wies der Zeiger der Uhr, welche sich an der Stirnseite der vielbesuchten Mariahilfer Kirche befindet, die schon vor alter Zeit ihrer ganzen Umgebung den Namen gegeben hat, den der jetzige sechste Bezirk der schönen Kaiserstadt weiterführt. Aus dem Portal der Kirche trat eine junge Dame. Ihre Kleidung war wohl sehr einfach, aber im Schnitt tadellos, und wie sie getragen wurde, bewies deutlich, daß eine Dame der vornehmsten Kreise sie trug. Unter dem dunklen Strohhut schauten ein Paar Augen hervor, die durch ihre Schönheit auffielen, aber auch in diesem Augenblick dadurch, daß sie vom Weinen stark gerötet waren...

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Information

Verlag
idb
Jahr
2017
ISBN
9783962243951

Das Warenhaus

Roman von

A. Groner

idb
ISBN 9783962243951

Erstes Kapitel.

Ein wunderschöner Morgen zu Anfang des Juni blaute über Wien. Auf der Mariahilferstraße herrschte, wie immer, reges Leben und Treiben.
Es war noch früh. Auf die achte Stunde erst wies der Zeiger der Uhr, welche sich an der Stirnseite der vielbesuchten Mariahilfer Kirche befindet, die schon vor alter Zeit ihrer ganzen Umgebung den Namen gegeben hat, den der jetzige sechste Bezirk der schönen Kaiserstadt weiterführt.
Aus dem Portal der Kirche trat eine junge Dame. Ihre Kleidung war wohl sehr einfach, aber im Schnitt tadellos, und wie sie getragen wurde, bewies deutlich, daß eine Dame der vornehmsten Kreise sie trug. Unter dem dunklen Strohhut schauten ein Paar Augen hervor, die durch ihre Schönheit auffielen, aber auch in diesem Augenblick dadurch, daß sie vom Weinen stark gerötet waren. Auch das edelgeschnittene, reizende Gesicht zeigte tiefe Traurigkeit.
Als die Dame, die kaum das zwanzigste Jahr überschritten haben konnte, zu der Statue Haydns hinaufblickte, die mitten auf dem kleinen Kirchenplatze steht, erhellte sich ihr Blick, lächelte unwillkürlich ihr feingeformter Mund. Das schöne Standbild sagte ihr mehr als anderen Leuten. Sie liebte ja die Musik so unendlich, und gerade heute würde sie im Konservatorium eine der schönsten Kompositionen des großen Meisters vorspielen.
Ihre Musikrolle und ihren schwarzen Seidenbeutel fester fassend, eilte sie dann über die Straße und trat in das mächtige Warenhaus, welches die Ecke der Mariahilferstraße und der Kirchengasse einnimmt.
Langsam ging sie an den vielen Tischen vorüber, auf welchen die Verkaufsartikel lockend ausgelegt waren. Hier türmten sich hohe Pyramiden verschiedenen Briefpapieres in den Farben der Frühlingsblüten auf, dort zogen diese selber, täuschend der Natur nachgeahmt, in köstlichen Arrangements die Augen auf sich, und daneben, einer anderen Verkäuferin anvertraut, sah man Hutfedern von allen möglichen Formen und Farben auf bronzenen Haltern. Hier lockten Gürtel aus Seide und Leder, aus Perlen und Metall mit künstlerisch schönen Verschlüssen zum Ankauf, und dort schmiegten sich Handschuhe aller Arten in Stößen oder in eleganten Kartons aneinander. Hier bauschten sich Spitzen und Bänder, und dort konnte man Gewebe vom zarten Maline und weichen Krepp bis zum dichten Automobilschleier sehen.
Schier unabsehbar reihten sich die Verkaufstische aneinander in dem riesigen Saal, dem sich beiderseits andere, ebenso ausgedehnte Verkaufsräume anschlossen und dessen mächtige Pfeiler all die offenen Stockwerke trugen, über die sich eine ungeheure Glaskuppel spannte.
Wiewohl es noch früh am Morgen war, herrschte hier schon überall reges Leben. Kunden kamen und gingen, die Angestellten eilten hin und her, große Warenballen wurden ausgepackt und ihr Inhalt in die Fächer eingeräumt.
Mit träumerischem Blick ließ die junge Dame ihre Augen über all den Glanz und Reichtum hinwandern, dann trat sie zu einer der Verkäuferinnen mit der Frage nach der Abteilung, in welcher Kleiderstoffe zu haben waren. Man wies sie über den riesigen, glasgedeckten Hof nach der Baumwollenabteilung.
Im Hinterball des Riesenhauses, der wieder auf einen großen Hof hinausging, fand sie, was sie suchte. Ein Verkäufer breitete so viele Stoffe vor ihr aus, daß ihr die Wahl schwer wurde, und sie wehmütig an ihre Börse denken mußte, deren bescheidener Inhalt diese Wahl nur noch schwerer machte. Sie wendete sich daher energisch von den reizenden Batisten ab, deren Erwerbung der sehr gewandte Verkäufer ihr wortreich anriet, und wünschte billigere Stoffe vorgelegt zu bekommen.
In diesem Augenblick sagte jemand neben ihr: »Guten Morgen, Baroneß.«
Sie sah erstaunt auf, dann aber streckte sie dem großen, hageren Mann, der sich artig vor ihr verbeugte, freudig die Hand entgegen und rief angenehm überrascht: »Sieh da, Herr Kern! Also gerade diese Abteilung steht unter Ihrer Obhut? Das ist ein hübscher Zufall, daß wir uns treffen!«
In den Mienen des Herrn drückte sich aufrichtige Teilnahme aus. Er zeigte ihr einen offenen Brief, den er schon vorher in der Hand gehalten, und erklärte: »Gestatten Sie, Baroneß, daß ich Ihnen sage, wie lebhaft ich mit Ihnen fühle. Mein Bruder Karl hat es mir sofort geschrieben.«
Der Verkäufer hatte sich taktvoll zurückgezogen. Die beiden waren allein.
»Ihr Bruder ist auch gleich zu uns gekommen und hat uns seine Teilnahme ausgesprochen,« sagte die Baroneß und setzte dann tief aufseufzend hinzu: »Ach, Herr Kern, seit der Vater tot ist, wird es immer schlimmer. Wie Ernst das überstehen wird, weiß ich wirklich nicht. Ich verstehe zu wenig von Geld und Geschäften und Bodenerträgnissen, um einen klaren Einblick in unsere Verhältnisse zu haben, aber ich fürchte, sie sind sehr übel. Nicht wahr, es ist so? Ihr Bruder hat Ihnen gewiß darüber geschrieben.«
»Baroneß, ich –«
»Sie wollen mir nichts sagen?«
»Wenn es Ihr Herr Bruder nicht tut, dann will er offenbar, daß Sie diesen Dingen ferngehalten werden.«
»Aber Ihrem Bruder sagt er alles!«
»Mein Bruder hat die Ehre, ein Freund des Herrn Barons zu sein. Gegen irgend jemand muß man doch offen sein können. Auch ist Karl keine junge Dame.«
»Wie ich, die noch immer verwöhnt werden soll!«
»Ich finde das sehr natürlich.«
»Ich aber nicht, Herr Kern. So viel verstehe ich schon vom Leben, um zu wissen, daß ich nicht da bin, um ewig andere für mich sorgen zu lassen. Ernst muß unbedingt entlastet werden, deshalb bin ich jetzt riesig fleißig. Wirklich – riesig! In einem Jahre kann ich meine Schlußprüfungen machen. Da ich auch in Sprachen tüchtig bin, werde ich niemand mehr zur Last fallen müssen und dabei doch passenden Umgang haben. Ernst kann ich vielleicht dann sogar noch ein bißchen helfen.« Die junge Dame atmete tief auf.
»Das sind ja wunderschöne Pläne,« sagte Kern wehmütig lächelnd, »aber ich wäre sehr, sehr froh, wenn Sie sie nicht auszuführen brauchten, denn –«
»Denn ich bin nicht stark genug dazu. Das wollten Sie ja wohl sagen, Herr Kern. Aber Sie irren. Da sehen Sie, wie bescheiden ich geworden bin! Solch ein Kleid werde ich tragen. Das Meter zu vierundachtzig Heller. – Bitte, schneiden Sie zehn Meter ab!« rief sie dem wieder näherkommenden Verkäufer zu. – »Also, lieber Herr Kern, Sie kommen doch nächsten Sonntag nach Klosterneuburg? Ihr Bruder und ich singen in der Stiftskirche.«
»Selbstverständlich komme ich,« beeilte sich Kern zu erwidern.
»Schön. – Aber jetzt, bitte, beeilen Sie sich!« rief die Baroneß ein wenig herrisch dem Verkäufer zu, »ich muß gehen.«
»Baroneß gehen ins Konservatorium?« fragte Kern.
»Ja, und dann fahre ich nach Hause. Ich fürchte, Ernst wird unangenehmen Besuch bekommen, da will ich bei ihm sein. – O, wer ist denn diese Person?« erkundigte sie sich, und ihre Miene drückte deutlich das Mißfallen aus, welches das Mädchen ihr einflößte, das soeben mit einem Herrn vorüberging.
Diese nicht mehr junge Person war ebenso auffallend gekleidet und frisiert, als sie auffallend mit ihrem Begleiter kokettierte. Sie hatte den verwunderten Blick der jungen Dame bemerkt und erwiderte ihn mit einem unverschämten.
Die Baronesse hob den Kopf sehr hoch und wandte ihr langsam den Rücken zu.
»Es ist die Vorstandsdame unserer Konfektionsabteilung,« sagte Kern, der sichtlich von dieser Persönlichkeit auch nicht eben entzückt war.
Die Baronesse aber ging nicht weiter auf diese Bemerkung ein. »Sie bleiben dann Abends natürlich mit Ihrem Bruder zu Tisch bei uns. Nicht?« sagte sie lebhaft.
»Sehr gern, Baroneß!« versicherte Kern aufrichtig, während sie dem Verkäufer zur Kasse nachgingen.
»Sie müssen natürlich fürliebnehmen,« sagte die junge Dame schmerzlich lächelnd. »Aber trotzdem ich Gästen nur wenig bieten kann, lade ich unsere alten Freunde gern ein zu kommen, denn Ernst braucht liebe Menschen um sich, Menschen, vor denen er nicht Komödie zu spielen braucht. Auch Sie, Herr Kern, sind ein solcher. Darum bitte ich, kommen Sie!«
»Schon um alter Zeiten willen komme ich ja so gern nach Wellhof,« entgegnete er bewegt. »Ihre teuren Eltern sind uns edle Wohltäter gewesen, und Ihr Bruder und Sie – o Baroneß, ich bin glücklich, weil ich kommen darf.«
Er drückte ihr abschiednehmend respektvoll die Hand, und ein paar Minuten später verließ Baronesse Klementine v. Teck das Warenhaus Groß & Komp.
Am Ausgang begegnete ihr ein hübscher, etwa fünfzehnjähriger Junge in der schmucken Hausuniform der Firma, der eben einen Stoß Pakete zu dem vor dem Portal stehenden Automobil trug. Er hatte sich augenscheinlich zu viel aufgeladen, denn eines der Pakete fiel ihm vom Arm und er konnte sich nicht bücken, um es wieder aufzuheben.
Da bückte sich die Baronesse Klementine v. Teck und übergab es ihm mit einem liebenswürdigen Lächeln.
Der Junge schaute sprachlos der Davonschreitenden nach. Auf seinem Gesicht aber stand geschrieben, daß er der vornehmen jungen Dame diesen Liebesdienst nicht vergessen würde.
*
Baron Ernst v. Teck verbrachte diesen Vormittag in noch viel trüberer Stimmung als seine Schwester. Jedenfalls hatte er nicht so wie sie zeitweilig eine Ablenkung von seinen traurigen Gedanken gefunden.
Er ging schon eine gute Weile in seinem Arbeitszimmer auf und nieder und war augenscheinlich sehr unruhig.
Er war dies schon lang. Schon seit Monaten fragte er sich, was wohl aus seiner Schwester und ihm werden solle, wenn das Unglück ihn noch länger so verfolgte, wie es ihn, seit er das väterliche Gut bewirtschaftete, verfolgt hatte. Grau und düster lag die Zukunft vor ihm.
Seufzend blieb er am Fenster stehen. Sein hübsches, sympathisches Gesicht drückte tiefe Entmutigung aus. Und er war doch noch so jung – neunundzwanzig Jahre, also gerade in dem Alter der größten physischen Kraft. Aber die letzten vier Jahre hatte er einen aussichtslosen Kampf gekämpft, einen Kampf, in dem er unterliegen mußte, einen Kampf, für den er nach keiner Richtung hin gerüstet gewesen war. Er, die feinsinnige Künstlernatur, er, der nie dafür erzogen worden war, Landwirt zu sein, fand sich plötzlich auf einen Posten gestellt, der ihm gänzlich fern lag. Von der Kunstakademie weg mußte er ohne jeden Übergang die Verwaltung des Gutes übernehmen, der sein schwer erkrankter Vater nicht mehr vorstehen konnte. Willig hatte er sich der Aufgabe unterzogen, aber neben ihm stand nicht nur das Bewußtsein seiner unzulänglichen Kraft, sondern auch der Mangel an den erforderlichen Mitteln. Sein Vater hätte das schon stark belastete Gut vielleicht halten können, da seine Gläubiger ihm vertrauten, dem jungen Künstler dagegen wurden von allen Seiten Schwierigkeiten gemacht. Dennoch führte er den aussichtslosen Kampf weiter, denn der kranke, nun...

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