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Eine Diskursanalyse aus feministischer und sozial-ökologischer Perspektive

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Eine Diskursanalyse aus feministischer und sozial-ökologischer Perspektive

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Über dieses Buch

Die Energiewende ist ein viel diskutiertes Thema im Bundestag - doch bleibt dabei auch der eigentliche Anspruch eines Transformationsprojekts bestehen? Andrea Amri-Henkel greift diese Frage in ihrer Diskursanalyse der Bundestagsdebatten von 1998 bis 2017 auf. Dazu entwickelt sie ein innovatives Forschungsdesign, das computerbasierte quantitative mit qualitativen Methoden kombiniert und auch für weitere politische Transformationsforschung anwendbar ist. Mit dem Vorsorgenden Wirtschaften erweitert sie ihre Analysen um die politische Ökonomie und verortet sie in der feministischen, sozial-ökologischen Transformationsforschung. Ergebnis: Die Energiewende wurde im Bundestag nach 2011 politisch entleert.

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Information

1Einleitung und Forschungsstand


„Die Energiewende ist ein Transformationsprojekt, das mehr ist als technologische und wirtschaftliche Innovation. Sie bedeutet einen grundlegenden Umbau, nicht nur in der Energieerzeugung, sondern auch in den Städten und im Verkehr, in der Industrie und in den Haushalten.“
www.bmwi.de – Energiepolitik
Die Ansprüche, die mit der „Energiewende1“ in Verbindung gebracht werden, sind hoch – auch von Seiten der Bundesregierung, wie das obige Zitat verdeutlicht. Dabei bleibt aber häufig unklar, was mit „Energiewende“ oder Transformation genau gemeint ist. Transformation ist ein vieldeutiger Begriff mit historisch vielfältiger Verwendung: Er wurde sowohl im Sinne des Übergangs zu einer Vernunft geleiteten Gesellschaftsgestaltung in den Debatten der Französischen Revolution verwendet als auch später zur Bezeichnung der Übergangsperiode zum sowjetischen Sozialismus. Polanyi („The Great Transformation“) verwendete ihn wiederum für den Übergang zur kapitalistischen Marktwirtschaft (Polanyi 1995). Aber auch in Zusammenhang mit Demokratisierungsprozessen autoritärer Regime, bspw. in Südeuropa und Lateinamerika taucht der Begriff auf. Aktuell ersetzt der Begriff der Transformation in den wissenschaftlichen Debatten sowie in der wissenschaftlichen Politikberatung zunehmend das Leitbild nachhaltiger Entwicklung (Brand 2017: 24) oder wird ergänzend zu diesem verwendet, um die Notwendigkeit struktureller Veränderungen hervorzuheben (Brand/Wissen 2017: 28ff.). Nachhaltigkeit wird dabei weiterhin als Ziel von Transformation benannt2 (vgl. z.B. WBGU 2011a; www.umweltbundesamt.de – Transformation; Umweltbundesamt 2018), bleibt aber über einen Verweis auf die Brundtland-Kommission hinaus meist ebenso unbestimmt wie der Transformationsbegriff selbst.3 Insbesondere in Folge des Hauptgutachtens des WBGU von 2011 „Welt im Wandel: Gesellschaftsvertrag für eine große Transformation“ gewann die Debatte um Transformation in Deutschland an Bedeutung (WBGU 2011b).
In Deutschland stellt die „Energiewende“ laut Müller (2012: 30f.) einen „wichtigen Kristallisationspunkt gesellschaftlicher Kämpfe“ dar, da sie historisch im Kontext sozialer Bewegungen wie einer starken Anti-Atomkraft- und Umweltbewegung seit den 70er Jahren entstand. Mit Veröffentlichung der vom Umweltbundesamt UBA finanzierten und vom Öko-Institut veröffentlichten Studie „Energie-Wende: Wachstum und Wohlstand ohne Erdöl und Uran“ (Krause u.a. 1980) fand der Begriff „Energiewende4“ in den 1980er Jahren Eingang in die gesellschaftlichen Debatten.5 Die „Energiewende“ gilt dabei als „Prüf- und Testfeld“ für oder gegen gesellschaftlichen Wandel, beziehungsweise Transformation (Reißig 2012: 20f.). Auch im WBGU Gutachten wird Energie als einem von drei zentralen Transformationsfeldern, „an denen die Politik zur Transformation ansetzen sollte“ ein herausragender Stellenwert beigemessen (WBGU 2011: 3). In Deutschland beträgt der Anteil der energiebedingten Treibhausgasemissionen an den Gesamtemissionen ca. 85% (Letzte Aktualisierung des UBA aus 2019 mit Daten aus 2017; www.umweltbundesamt.de – Treib-hausgasemissionen). Um das 2-Grad-Ziel noch zu erreichen, sei laut WBGU eine globale „Energiewende“ sowie eine Abkehr vom auf „fossilen Energieträgern basierenden Wirtschaftswachstum“ im Rahmen einer großen Transformation dringend erforderlich (WBGU 2011: 3). Der WBGU verdeutlicht an dieser Stelle den Zusammenhang zwischen dem industriellen Wirtschaftssystem und seinen ökologischen Auswirkungen und verweist auf die Tragweite des notwendigen Transformationsprozesses (Biesecker u.a. 2015: 5).
„Indem der Beirat diesen Zusammenhang herstellt, geht er über die bisherige Debatte zur Energiewende hinaus: Wird hier [gemeint ist in der bisherigen Debatte] die Umstellung der Energie- bzw. Stromversorgung noch auf technisch ökonomische Aspekte verkürzt diskutiert, so wird im Hauptgutachten [WBGU 2011b] mit Verweis auf die drei zentralen Transformationsfelder schon deutlich, dass eine Wende hin zur Nutzung ‚neuer Energien‘ in ‚alten (gesellschaftlichen) Verhältnissen‘ nicht gelingen wird […]“ (Amri-Henkel u.a. 2017: 13).
Doch finden solche Verständnisse von „Energiewende“ und Transformation auch Eingang in die Bundespolitik? Oder: Was genau ist politisch gemeint, wenn von „Energiewende“ als einem Transformationsprojekt die Rede ist? Welche politischen Ziele werden im Zusammenhang mit „Energiewende“ adressiert? Dies sind grundlegende Fragen der vorliegenden Arbeit.
Im Zentrum der politischen Problematisierung von „Energiewende“ scheinen zwei Anliegen zu stehen: Den Energieverbrauch zu senken und den Anteil erneuerbarer Energien zu erhöhen. Laut Umweltbundesamt ist der Endenergieverbrauch in Deutschland seit 1990 aufgrund von „Wirtschaftswachstum und Konsumsteigerungen“ allerdings trotz Effizienzsteigerungen kaum gesunken (www.umweltbundesamt.de – Energieverbrauch). Darüber hinaus ist die Debatte um die „Energiewende“ in Deutschland auf den Strombereich fixiert, obwohl de facto die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien in anderen Energiebereichen deutlich niedriger ausfällt. Der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch beträgt 2018 16,6%, am Stromverbrauch 37,8% (www.umweltbundesamt.de – erneuerbare Energien). Zum einen scheint sich das vielfach mit „Energiewende“ verbundene Versprechen der Möglichkeit einer Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch (vgl. z.B. Krause u.a. 1980: 23) also nicht einzulösen. Zum anderen bleibt in Anbetracht der Zahlen selbst die bloße technische Umstellung des Energiebereichs auf erneuerbare Energien offensichtlich weiterhin eine anspruchsvolle Herausforderung.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob und inwiefern sozial-ökologische Zusammenhänge von den politischen Akteur*innen adressiert werden. Im WBGU-Gutachten steht nach einer Analyse von Biesecker u.a. (2015) nicht das ‚sozial-ökologische Ganze‘ im Fokus. Vielmehr wird der „gesellschaftliche Umgang mit Energie“ hauptsächlich in Bezug auf „nachhaltigere[…] Konsumstrukturen, effizientere[…] Produktionsstrukturen und erneuerbare[…] Energieträger aufgegriffen“ (Biesecker u.a. 2015: 16), ohne eine sozial-ökologische und soziokulturelle Einbettung vorzunehmen. Biesecker u.a. (2015) kritisieren, dass dem Kapitalismus inhärente, sozial-ökologische Externalisierungsprozesse nicht identifiziert werden – dass Macht- und Herrschaftskritik ausbleiben. Dem folgend sind auch die darin präsentierten Lösungsansätze letztlich in weiten Teilen als eher technikorientiert zu bewerten (Biesecker u.a. 2015: 16f.). Trotz des politischen Beschlusses zur „Energiewende“ sind die Herausforderungen zur Umstellung der fossilen auf eine erneuerbare Energieversorgung nach wie vor also enorm – während sich gleichzeitig die Frage aufdrängt, ob eine mangelnde Thematisierung des sozial-ökologischen Zusammenhangs der „Energiewende“ der Bewältigung dieser Herausforderungen im Wege steht.
Zweifellos birgt eine „Energiewende“ transformative Potenziale, schon allein aufgrund ihrer historischen Initiierung als Bottom-up Prozess. Mautz (2017) arbeitet heraus, dass eine expandierende soziotechnische Nische nicht nur Kräfteverschiebungen im Energiesektor bewirken konnte, sondern, dass gleichzeitig ein gesellschaftlicher Umbruch stattfand, in dem die für die „Energiewende“ maßgeblichen Akteur*innen unter einer breiten bürgerschaftlichen Beteiligung zu einer neuartigen Basis des Energiesektors wurden (Mautz 2017: 196f.). Ein Ziel war für viele Akteur*innen dabei auch die Demokratisierung der Energieversorgung sowie eine sozial gerechtere Energieproduktion. Dies sollte u.a. durch Energie in Bürger*innenhand erreicht werden (Radtke 2018: 284). Thomas (2012) zeigt auf, wie die „Energiewende“ kommunalpolitische Handlungsspielräume (wieder) erweitern und dadurch zu einer Demokratisierung auf kommunaler Ebene beitragen kann. Die Beteiligung an der Energieproduktion und -versorgung als öffentlichem Gut oder damit zusammenhängende Rekommunalisierungen können „Aushandlungsmöglichkeiten über öffentliche Güter wieder in die Hände der Bürger legen“ und Beteiligung auf lokaler Ebene als wesentlichen „Ansatzpunkt für Lernprozesse“ ermöglichen (Thomas 2012: 5f).
In Bezug auf transformative Prozesse im Rahmen der „Energiewende“ sind darüber hinaus veränderte räumliche Strukturen zu nennen, u.a. durch eine mit der „Energiewende“ zusammenhängende Hybridisierung von Stadt und Land.6 Diese kann mit der Veränderung gesellschaftlicher Naturverhältnisse einhergehen, wie Hofmeister/Scurrell (2016) und Kanning u.a. (2016) herausarbeiten. Die zentralen Raumbeziehungen der fossilen Energiewirtschaft werden demnach vermehrt durch dezentrale, in der Fläche ausgedehnte und sichtbare Produktionsstrukturen ersetzt – neue „Energielandschaften“ entstehen. Zudem bestimmen im Zuge des Ausbaus erneuerbarer Energien zunehmend die Produktionszeiten natürlicher Systeme die Energieversorgung (bspw. über die Verfügbarkeit von Wind und Sonne) – gesellschaftliche Naturverhältnisse verändern sich hier also auch in zeitlicher Dimension. Dadurch ist eine postfossile Gesellschaft verstärkt gezwungen „sich der raum- und zeitlichen Kontextgebundenheit ihres Energiesystems […] – und mithin auch der bislang im Ökonomischen abgespaltenen Dimension der Naturproduktivität“ (Amri-Henkel u.a. 2017: 17) bewusst zu werden. Auch aus Geschlechterperspektive sind die mit der „Energiewende“ einhergehenden strukturellen Veränderungen interessant: So wird die geschlechtshierarchische Trennung zwischen öffentlich und privat zumindest irritiert, indem aus Konsument*innen Produzent*innen werden, wie der Begriff der Prosument*innen verdeutlicht.7
„Indem also andere materiell-physische Prozesse und neue technische Systeme auf gesellschaftliche Prozesse einwirken („Doing Nature“), verändern sich gesellschaftliche Natur- und Geschlechterverhältnisse („Doing Gender“)“ (Kanning u.a. 2016: 223).8
Die Transformation des Energiesystems birgt also zumindest das Potenzial, dass hierarchische Trennungsstrukturen an Bedeutung verlieren, dass das vormals Abgespaltene sichtbar wird. Doch wird die bundespolitische Gesetzgebung diesen Potenzialen gerecht oder steht sie ihnen eher entgegen?
Vor dem Hintergrund des sich hier abzeichnenden Problemfeldes führe ich im vorliegenden Kapitel in den Gegenstand meiner Arbeit sowie in die der Arbeit zugrunde liegenden Forschungsfragen (1.1) ein, nehme eine theoretische Verortung meiner Arbeit sowie damit zusammenhängend eine Positionierung vor (1.2) und präsentiere die Struktur der Arbeit (1.3). Der zugrunde liegende aktuelle Forschungsstand fließt dabei in alle Unterkapitel mit ein.

1.1GEGENSTAND UND FORSCHUNGSFRAGEN

In einer Befragung von 54 Expert*innen aus dem Bereich der Energiepolitik kommen Joas u.a. (2014, 2016) zu dem Schluss, dass die politischen Ziele der „Energiewende“ sowie ihre Rangordnung unklar seien. Während die Befragten überwiegend Klimaschutz priorisierten, werde in den politischen Debatten des Bundestags vor allem „das energiepolitische Zieldreieck aus Wirtschaftlichkeit [bzw. Bezahlbarkeit], Versorgungsicherheit und Umweltverträglichkeit“ hervorgehoben (Joas u.a. 2014: 7). Im Rahmen des Projektes „TraVo: Vorsorgendes Wirtschaften. Transformationen in Ökonomie und Politik“ wurde anhand von 7 Leitfaden gestützten Interviews9 mit Expert*innen, die Zugang zu parlamentarischen Entscheidungsprozessen haben, eine Sondierungsstudie durchgeführt (vgl. Amri-Henkel u.a. 2017). Diese kam zu dem Schluss, dass die interviewten Politikexpert*innen zwar alle von der Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Transformation10 im Zusammenhang mit einer „Energiewende“ ausgingen, dies aber in den parlamentarischen politischen Entscheidungsprozessen nicht repräsentiert sahen. So seien sozial-ökologische Themenbereiche in den politischen Entscheidungsprozessen wenig präsent, während ein starker Fokus auf dem Strombereich sowie auf den Kosten erneuerbarer Energien liege – ein Fokus, der soziale Gerechtigkeit mitunter konterkariere. In aktuelleren politischen Entwicklungen, wie den Novellierungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes EEG 2014 und 2016/1711, mit denen das sogenannte Ausschreibungsdesign12 eingeführt wurde, sahen die Interviewten eine Gefahr für die Errungenschaften der „Energiewende“, unter denen vor allem Bürger*innenbeteiligung und Dezentralisierung als maßgeblich benannt wurden. Während die Politik in der Wahrnehmung der Befragten in den ersten Jahren der „Energiewende“, die sie bundespolitisch im Zeitraum der rot-grünen Bundesregierung verorteten, eine gestaltendere Rolle eingenommen habe, „werden politische Entscheidungen nun zunehmend auf den Markt verlagert“ (Amri-Henkel u.a. 2017: 14). Das politische Engagement der Befragten, d.h. ihre Einflussnahme auf parlamentarische Entscheidungsprozesse, konzentrierte sich in der Folge auf eine verfahrenspolitische13 Ebene, auf der versucht wurde, aktuelle parlamentarische Entscheidungsprozesse, bspw. im Kontext des EEG, zu modifizieren. Trotz ihrer Überzeugung von der Notwendigkeit einer grundsätzlicheren Transformation sahen sie demnach anscheinend keine Möglichkeit, entsprechende Wertvorstellungen einzubringen (ebenda).
„Wie kaum ein anderes Politikfeld war die deutsche Energiepolitik auch durch – teilweise sehr heftige – Konflikte geprägt“ (Reusswig u.a. 2017: 1) heißt es im Abschlussbericht des Projektes „Energiekonflikte“, eines von 33 Projekten im Rahmen des FONA-Forschungsprogramms „umwelt- und gesellschaftsverträgliche Transformation des Energiesystems“ (s.u.). Dies zeige sich u.a. in den wechselnden „Beschlusslagen zum sog. Atomausstieg auf Bundesebene seit 1998“, die eine Nachwirkung der vorausgegangenen gesellschaftlichen Konflikte um die Kernenergie seien (Reusswig u.a. 2017: 1). Ohlhorst u.a. (2014) kommen in einer Analyse der Governance-Strukur der „Energiewende“ im Mehrebenensystem zu dem Schluss, dass es „an einer eindeutigen Führungs- bzw. Koordinationsleistung des Bundes hinsichtlich der anvisierten Richtung der Systemtransformation“ fehle (ebenda: 96). „Im Wesentlichen sollen marktwirtschaftliche Instrumente die Systemintegration der Erneuerbaren vorantreiben“, während eine strategische Planung bspw. bezüglich einer Dezentralisierung nicht erkennbar sei (ebenda). Zahlreiche weitere Kritikpunkte an der politischen Umsetzung der „Energiewende“ lassen sich aus aktuellen Forschungsarbeiten ableiten: In einem 2014 zur Zukunft der deutschen „Energiewende“ veröffentlichten Artikel kritisiert ein Zusammenschluss von Forscher*innen der Helmholtz-Gemeinschaft eine reduktionistische Betrachtung der „Energiewende“ in der öffentlichen und politischen Debatte. So fokussiere diese auf den Strombereich, dabei insbesondere auf das EEG und die damit zusammenhängenden Kosten, obwohl eine langfristige systemische Perspektive politisch notwendig sei (Gawel u.a. 2014: 1): „This reductionism blocks our view both for the socioeconomic connections and for the real challenges to energy policy“ (ebenda: 2). Auch Biesecker/von Winterfeld (2016: 35) kritisieren, „dass die Energiewende meist in technologis...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Abkürzungsverzeichnis
  6. Danksagung
  7. 1 Einleitung und Forschungsstand
  8. 2 Diskurstheorie
  9. 3 Vorsorgendes Wirtschaften als kritisch emanzipatorische Perspektive im Kontext von Transformation
  10. 4 Methodik: Diskursanalyse und Vorsorgendes Wirtschaften als Forschungsprogramm
  11. 5 Dekonstruktion Teil I: Diskursanalyse der Bundestagsdebatten zur „Energiewende“ nach Laclau/Mouffe
  12. 6 Dekonstruktion Teil II: Der „Energiewende“-Diskurs im Bundestag aus Perspektive Vorsorgenden Wirtschaftens
  13. 7 Fazit: Die bundespolitische „Energiewende“ im Kontext marktwirtschaftlicher Beharrung
  14. Literatur
  15. Anhang