"Authority" in Ordnung und Aufruhr
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"Authority" in Ordnung und Aufruhr

Der Autoritätsdiskurs während der Englischen Revolution und des Interregnums

  1. 407 Seiten
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"Authority" in Ordnung und Aufruhr

Der Autoritätsdiskurs während der Englischen Revolution und des Interregnums

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Über dieses Buch

Mit dem Ausbruch der Revolution wurde 1642 in England nicht nur ein Kapitel des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs eingeleitet, sondern auch eine Phase der intensiven Auseinandersetzung um die politische Deutungshoheit und Selbstlegitimierung der konkurrierenden Parteien. "Authority" spielte als Argument in den zeitgenössischen Debatten zwischen Royalisten und den Gegnern einer uneingeschränkten Monarchie eine entscheidende Rolle. Diese ursprünglich der königlichen Herrschaft aneignende Kompetenz wurde durch große Teile des Parlaments nicht nur grundsätzlich in Frage gestellt, sondern zunehmend auch versucht, für die eigene, parlamentarische Legitimation einzuspannen. Die vorliegende Untersuchung widmet sich diesen komplexen und wechselhaften Diskursen um politische "authority", einem Kernbegriff der zeitgenössischen Debatte, dem sich erstaunlicherweise bislang trotz überdurchschnittlichem Interesse der historischen Forschung am Untersuchungszeitraum nicht gewidmet wurde. Dies verwundert um so mehr vor dem Hintergrund der Konstatierung und regen Erforschung der Gruppe der "neo-roman authors" - also der Autoren, die eine Wiederbelebung des römisch-antiken Republikanismus als neues politisches System für das 1649 königslos gewordene Land forderten. Denn auch der Autoritätsbegriff hat antike Wurzeln, die es in der Untersuchung gleichsam gilt, mit der Definition und dem Gebrauch von "authority" im frühneuzeitlichen England zu kontrastieren.
Ausgehend von der Verwendung und Bedeutung des Begriffes in Zeiten einer starken Königsmacht unter den späten Tudors und den Stuarts wird "authority" zunehmend als handlungsleitendes Konzept politischer Herrschaft und Legitimation begriffen, das tief in der Gesellschaft verankert war. Dies erklärt auch die prominente Instrumentalisierung des Terminus durch den Staatsphilosophen Thomas Hobbes, der mit seinem Hauptwerk "Leviathan" vor allem auch eine Theorie der absoluten "authority" liefert. Ausgehend von seiner 1651 veröffentlichten Definition der "authority" wird die deterministische Kraft des Begriffes untersucht und seine Bedeutung in den Debatten der Bürgerkriegszeit ebenso belegt, wie für die Phase des Interregnums. Dabei wird eine Vielzahl unterschiedlicher politischer, gesellschaftlicher und religiöser Akteure und Gruppen beleuchtet, die in ihrer Vielschichtigkeit einen Eindruck der heterogenen, zeitgenössischen Gesellschaft vermitteln. "Authority" ist das sie verbindende Argument – eine Sonde zur Erforschung ihrer gedanklichen Ausrichtung in einer Zeit des politischen Umbruchs, der Konkurrenz unterschiedlicher sozialer Gruppen um Vorherrschaft und Deutungshoheit und der religiösen Zersplitterung.
Die vorliegende Arbeit ist dabei keine rein begriffsgeschichtliche Untersuchung, sondern trägt im Sinne der "Cambridge School of political ideas" der Vernetzung innerhalb der Gesellschaft Rechnung, indem sie einen multiperspektivischen Ansatz verfolgt und die Ergebnisse immer wieder mit politischen sowie gesellschaftlichen Entwicklungen kontextualisiert. Neben bekannten Autoren, wie Thomas Hobbes, James Harrington und John Milton, werden auch unbekanntere Autoren für ein möglichst aussagekräftiges Bild des zeitgenössischen Meinungsspektrums untersucht. Im Sinne von Gadi Algazis und Rolf Reichhardts Kritik an der klassischen Begriffsgeschichte soll damit auch ein Beitrag zur gewinnbringenden Verknüpfung und Modernisierung der Konzepte der Begriffs- und Ideengeschichte mit der "Intellectual History" Quentin Skinners und John Pococks geleistet werden.

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Information

Jahr
2021
ISBN
9783110659641

1 Einleitung

Zu Beginn seines Prozesses vor dem eigens für diesen Zweck neu errichteten High Court of Justice in Westminster Hall stellte Karl I. (1625 – 1649), König von England und in Folge zweier Bürgerkriege des Hochverrats Angeklagter, folgende Frage:
„I would know by what power I am called hither […] I would know by what Authority, I mean, lawful; there are many unlawful Authorities in the World […] therefore let me know by what Authority I am seated here & I shall not be unwilling to answer, in the mean time I shall not betray my Trust. I have a Trust committed to me by God, by old and lawful descent, I will not betray it to answer to a new unlawful Authority, therefore resolve me that, and you shall hear more of me.“1
Karl I. verzichtete während der gesamten Dauer des Prozesses auf eine Stellungnahme zu den gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen, er verteidigte sich nie aktiv gegen die Kläger, sondern stellte beharrlich immer wieder die eine Frage nach der „authority“ des versammelten Gerichts. Die Antwort der Richter, sie seien die Vertreter des Volkes und hätten in dieser Funktion eine ausreichende „authority“, um den König zu richten, tat Karl I. ab. Stattdessen beharrt der Stuart-Monarch auf einen Nachweis dieser angemaßten „authority“ des Gerichts, das seine Kompetenz entweder direkt von Gott, also aus der Bibel, oder aus der Verfassung bzw. den Gesetzen des Reiches ableiten müsse.2 Die strikte Weigerung Karls I., die politischen Realitäten des Jahres 1649 anzuerkennen, kann einerseits als das letzte Mittel eines unter der Anklage des Hochverrats stehenden Monarchen betrachtet werden, seine Würde zu wahren. Welche Möglichkeiten blieben ihm angesichts eines Gerichts, welches allein für den Zweck geschaffen wurde, seinem Todesurteil einen legalen Anstrich zu geben? Andererseits würde eine solche Betrachtung eines sträflich vernachlässigen: die Argumentation mit „authority“ als einem wesentlichen, sinnstiftenden Muster der politischen Debatte im England der 1640er Jahre und darüber hinaus als einem Identifikationsmerkmal der monarchischen Herrschaft schon lange vor dem Ausbruch der Bürgerkriege.
Das Schicksal Karls I. war dessen ungeachtet besiegelt: Er wurde am 30. Januar 1649 vor dem Banqueting House in London hingerichtet – eine Zäsur in der englischen Geschichte und zugleich ein absoluter Präzedenzfall. Nie war ein von Gottes Gnaden gesalbter König von seinem Volk zum Tode verurteilt und öffentlich hingerichtet worden. Die dieser Gewalttat folgenden, strukturellen Umwälzungen der staatlichen Verfasstheit – die formelle Abschaffung der Monarchie und des Oberhauses am 17. März 1649 und die am 19. Mai folgende Gründung des „Commonwealth of England“ durch einen Parlamentsakt – schufen in schneller Folge Tatsachen, deren Grundlagen und Legitimation vakant waren. So beschrieb George Lawson (1598 – 1678) die darauf folgenden, politischen Wirren noch 1657 wie folgt: „And herein few of our ordinary Histories can help us; because they relate onely unto us matter of fact, how sometimes the King, sometimes the Barons, sometimes the Commons were ascendant and predominant, as now they all seem to be descendant.“3
Mit der Übernahme der Herrschaft durch das gesäuberte Unterhaus, das sogenannte Rumpfparlament (Rump), wurden verschiedene Gelehrte offiziell mit der Verteidigung und Legitimierung des neuen Regimes beauftragt, unter ihnen bekannte Autoren wie John Milton (1608 – 1674) und Marchamont Nedham (1620 – 1678), die beide an zentralen Stellen ebenfalls mit „authority“ argumentierten. Während ersterer vor allem mit dem, in dem kurz nach der Hinrichtung Karls I. veröffentlichten Werk „Eikon Basilike“ begründeten Mythos des königlichen Märtyrers aufräumen sollte4, fungierte das von Nedham herausgegebene Nachrichtenblatt „Mercurius Politicus“ als eine Art Erziehungsschrift für eine breitere Leserschaft. Die realpolitischen Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit wurden beschrieben und erklärt, was den Bürgern nicht nur zu einem besseren Verständnis des Geschehenen verhelfen sollte, sondern dem Rump maßgeblich Legitimität stiften sollte. Auch andere Autoren publizierten für diesen Zweck, unter anderem John Hall (1627 – 1656), der verstärkt auf presbyterianische Schriften antwortete und auch gegen die Leveller argumentierte, John Cane (1608 – 1672), Anthony Ascham (um 1614 – 1650), Thomas May (1595 – 1650), Andrew Marvell (1621 – 1678), Henry Marten (1602 – 1680) und George Wither (1588 – 1667).5 Zwar gab es in der Zeit nach der Hinrichtung des Königs auch kritische Stimmen, etwa die der eingeschworenen Royalisten, die den usurpatorischen Charakter des neuen Regimes betonten und zu einer Rückkehr zur alten Ordnung aufriefen, unter ihnen z. B. Richard Hollingworth (1607 – 1656). Die Kritik am Rump wurde jedoch durch eine verschärfte Zensur und durch Kontrollen unterdrückt, die vom „Licensing Act“ vom September 1649 autorisiert waren.6 Auffällig ist, dass viele der genannten Autoren ihre politischen Anschauungen eng mit dem Konzept der „authority“ verbanden bzw. sich zu diesem äußerten.
Kann dies mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten politischen Gruppierung erklärt werden? Eine der bedeutendsten Gruppen dieser Zeit waren die Republikaner, der neben Thomas Chaloner (1595 – 1661), Henry Neville (1620 – 1694) und Algernon Sidney (1623 – 1683) besonders John Milton als klassischer Vertreter zugerechnet wird.7 Die Definition davon, was zu dieser Zeit ein Republikaner ist, gestaltet sich jedoch keineswegs unproblematisch. Denn das Phänomen des englischen Republikanismus der Mitte des 17. Jahrhunderts ist von der Forschung ganz unterschiedlich bewertet worden. Während ältere Forschungsmeinungen die Konjunktur von republikanischen Themen in der zeitgenössischen Diskussion erst nach dem offensichtlichen Scheitern der Monarchie als Regierungsform, im Grunde also als Reflex auf das politische Zeitgeschehen von 1649, verorten8, zeichnete sich mit dem sogenannten republikanischen Revisionismus unter der Führung J.G.A. Pococks ein grundlegender Wandel ab. Ein bürgerlicher Republikanismus existierte ihm zufolge bereits vor dem Ausbruch der Bürgerkriege in England. Abgeleitet von den klassischen Autoren der Antike und der italienischen Renaissance, allen voran Niccolò Machiavelli, verbreiteten sich, so Pocock, Ideen über die bürgerliche Tugend, die sich durch aktives, politisches Handeln des Bürgers und seiner damit gesicherten Partizipation am Gemeinwesen manifestierte. Diese „Atlantic republican tradition“ konnte ihre volle Wirkung dann durch die Veränderung des politischen Klimas in der Mitte des 17. Jahrhunderts entfalten.9 Im Anschluss daran existiert seit den 1950-er Jahren eine intensiv geführte Forschungsdebatte zu den Themen Bürgerhumanismus und Republikanismus, zu deren bekanntesten Teilnehmern u. a. Quentin Skinner, Conrad Russell und Kevin Sharpe zählen.10 Besonders die Bedeutung der Verfassungstheorie, deren Vertreter zunehmend eine Verfassungsreform hin zu einer limitierten bzw. gemischten Form der Monarchie forderten, sind für das Verständnis des englischen Republikanimus grundlegend. Auch der Humanismus des ausgehenden 14. und besonders während seiner englischen Blütezeit zu Beginn des 16. Jahrhunderts ist als Vorläufer des Republikanismus zu erwähnen, denn hier entlehnte man nicht nur zentrale Ideen, sondern auch das Vokabular – Mitte des 17. Jahrhunderts konnte man somit auf einen Fundus an bekannten Schlagwörtern zurückgreifen, die in der öffentlichen Debatte verstanden wurden und, so z. B. Markku Peltonen, wesentlich dazu beitrugen, ein bürgerliches Bewusstsein zu entwickeln.11 Dass auch „authority“ ein Teil dieses Vokabulars sein könnte, wurde von der Forschung zwar bereits angenommen, eine systematische Untersuchung fehlte bislang jedoch.12
Aufgrund der engen inhaltlichen Anbindung vieler englischer Autoren der Mitte des 17. Jahrhunderts an Quellen vor allem der römischen Antike wurden sie von der Forschung als klassische Republikaner bzw. „Neo-Romans“ bezeichnet. Aber auch diese Definition ist umstritten, denn im Gegensatz zu Pocock, der die Kontinuität des klassischen Republikanismus proklamiert, weisen Historiker wie Quentin Skinner, Blair Wordon und Paul Rahe gerade auf den Bruch hin, der durch Machiavellis Perspektivenwechsel betreffend der moralischen Werte (insbesondere des Tugendbegriffes) ausgelöst wurde.13 Auch Markku Peltonen, David Norbrook und Blair Wordon attestieren der klassischen, römischen Republik zwar einen Einfluss auf das englische Denken, betonen aber zugleich dessen Grenzen: Insbesondere vor dem Bürgerkrieg habe es in England keine genuin republikanische Bewegung gegeben, auch wenn es freilich viele Zeichen für einen Anstieg der Beschäftigung der Zeitgenossen mit republikanischen Themen gab.14 Einen anderen Schwerpunkt legt Smith, der bereits vor 1649 eine republikanische Tradition nachweisen will.15 Auch in dieser Hinsicht kann die Beschäftigung mit dem Begriff der „authority“ in den politischen Traktaten der Zeit einen Beitrag leisten. Vergegenwärtigt man sich den besonderen Stellenwert der auctoritas als eines der zentralen Versatzstücke der Verfassung der Römischen Republik, gepaart mit der Antikenrezeption, die den englischen Autoren der Bürgerkriegszeit bzw. des Interregnums attestiert wurde, so kann die Untersuchung des zeitgenössischen „authority“-Konzeptes einen Beitrag zur Bewertung der Autoren als „Neo-Romans“ leisten.
Denn neben den Fragen nach dem Beginn der republikanischen Bewegung und ihren Wurzeln steht auch ganz allgemein ihr Inhalt zur Disposition: Was ist Republikanismus Mitte des 17. Jahrhunderts in England und wer ist zu dieser Zeit ein Republikaner? Während Pocock unter Republikanismus das Handeln politisch engagierter, tugendhafter Bürger versteht, assoziiert Skinner damit ganz allgemein die Verbundenheit mit der Idee einer königslosen Herrschaft.16 Andere Historiker setzten andere Schwerpunkte für die Definition des zeitgenössischen Republikanismus, so sind für Peltonen neben der Überzeugung, eine Republik setze am besten die Meritokratie um, die Verehrung für die gemischte Regierungsform und besonders die Bevorzugung der Wahl des Herrschers vor dem traditionellen Erbrecht der Monarchie die zentralen Gedanken des Republikanismus.17 Anhand dieser wenigen Beispiele wird deutlich, dass es zwischen den Autoren des englischen Interregnums bedeutende Unterschiede gegeben haben muss, um eine derart unterschiedliche Gewichtung verschiedener Argumente in der Forschung hervorzurufen. In diesem Sinn verwundert es kaum, dass Historiker für diese Zeit nicht von einem geschlossenen politischen Lager oder einem festen Programm ausgehen, sondern den englischen Republikanismus des 17. Jahrhunderts häufig eher als eine gemeinsame Sprache verstehen.18
Der Einfluss der klassischen Republikaner war während der Regierungszeit des Rump zwischen 1649 und 1653 am größten. Mit der Übernahme der Herrschaft durch Oliver Cromwell (1599 – 1658) änderte sich jedoch die politische Konstellation. Die Pressekontrollen verschärften sich aufgrund des Spionagegesetzes nochmals, auch in Folge von royalistischen Aufständen und Verschwörungen. Der vormals republikanische Autor Marchamont Nedham, der auch während des Protektorats der Herausgeber eines der beiden einzig verbliebenen Nachrichtenblätter war, fand sich auch mit dieser neuen Situation gut zurecht.
Einer der einflussreichsten neorömischen Autoren des Interregnums war James Harrington (1611 – 1677), der mit der Gesellschaftsutopie „The Commonwealth of Oceana“ sein republikanisches Hauptwerk 1656 während der Blütezeit des Protektorats veröffentlichte. Harrington war ein vehementer Verfechter der gemischten Verfassung und lieferte mit der „Oceana“, in der er sich grundlegend mit konstitutionellen Strukturen beschäftigte, das theoretische Fundament für eine funktionierende, republikanische Regierung.19 Wenngleich die „Oceana“ eine idealisierte Gesellschaftutopie darstellt20, sind die dem politischen System und der generellen Auffassung über die Gesellschaft zugrundeliegenden Konzepte einzigartig in ihrer Vorreiterrolle bei der Umdeutung der bis dahin geäußerten, republikanischen Grundsätze und ihrer Anpassung an die jüngsten, politischen Entwicklungen – die Übernahme der Herrschaft durch den Lord Protektor Oliver Cromwell 1653.21 Harrington favorisierte eine in zwei Kammern geteilte Legislative, die Beratung und Entscheidung strikt voneinander trennt. Zudem soll es einen ausführenden Magistrat geben – eine Struktur, die deutlich an das Vorbild der antiken Römischen Republik angelehnt ist. Wenn man bei den zuvor genannten Autoren von einer häufigen Nutzung von „authority“ an wichtigen Stellen ihrer Argumentation reden kann, so greift eine solche Feststellung für Harrington zu kurz. Denn er bediente sich in einzigartiger Weise des antiken Konzepts der auctoritas und gab dem gesamten „authority“-Diskurs damit eine völlig neue Wendung.
Platz für einen Militärdiktator gab es in seinem Verfassungsentwurf allerdings nicht, weswegen Harrington Cromwell indirekt dazu aufforderte, seinen Posten freiwillig zu räumen. In der politischen Realität wurde dieser Appell Harringtons nicht umgesetzt; Oliver Cromwell blieb bis zu seinem Tod 1658 Lord Protektor. Ihm folgte sein weniger befähigter Sohn Richard Cromwell (1626 – 1712) nach, unter dem das Protektorat schnell instabil wurde und schließlich zugunsten einer Restauration der Monarchie aufgelöst wurde. Der Zeitraum zwischen dem Tod Oliver Cromwells und der Restauration bot für die Verfechter einer parlamentarischen Regierung und die Kritiker am Protektorat eine letzte Möglichkeit, die politischen Verhältnisse in ihrem Sinn zu gestalten. Für einen kurzen Zeitraum ist eine Aufbruchstimmung in den Schriften der Republikaner spürbar, so z. B. in James Harringtons „The art of law-giving“ von 165922 oder John Miltons „The readie & easie way“ von 1660.23 Schnell wurde jedoch klar, dass die Bestrebungen zur Errichtung einer neuen Republik nicht von Erfolg gekrönt sein würden. Im Falle einer Restauration der Monarchie, die 1659 immer wahrscheinlicher wurde, befürchteten viele Republikaner einen Rachefeldzug der Stuarts und tauchten unter oder zogen sich zumindest von der öffentlichen, politischen Bühne zurück.
Ein Autor, der, obwohl er häufig a...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Liste der Abkürzungen
  5. 1 Einleitung
  6. 2 Methode
  7. 3 Thomas Hobbes
  8. 4 Zur Verwendung von Autorität vor Hobbes
  9. 5 Zur Intention des „Leviathan“ und Hobbes’ Stellungnahme zu zeitgenössischen politischen Debatten
  10. 6 Ausblick – „authority“ im Sprachgebrauch nach 1651
  11. 7 Fazit
  12. Index