Das Buch Sacharja
I. Teil: Einleitung
1. Das Buch Sacharja
Das Buch Sacharja, bestehend aus 14 Kapiteln, wird durch das Überschriftensystem in drei Teile gegliedert: Sach 1–8; 9–11; 12–14. Dabei binden die Überschriften des ersten Teils diesen an die vorausgehende Haggai-Schrift zurück und die Überschriften des zweiten und dritten Teils stellen die Verbindung zum Büchlein Maleachi her, das das Zwöfprophetenbuch abschließt.
1.1. Sach 1 – 8
Drei deutlich auf das chronologische System von Hag verweisende Überschriften, die die Sacharja-Prophetie in das zweite bis vierte Regierungsjahr Darius’ I. (522–486) verlegen, gliedern Sach 1–8 in die Abschnitte 1,1–6; 1,7–6,15 und 7,1–8,23. Die Redaktion von Sach 1–8 legt 1,1–7 und 7,1–8,23, die sowohl thematisch als auch stichwortmäßig untereinander verbunden sind, als Rahmen um den Hauptteil des 1. Abschnittes mit den Visionen.
Den Schwerpunkt von Sach 1–8 bildet die ursprünglich aus sieben Visionsberichten bestehende Reihe, denn 3,1–7 im vorliegenden Text, wo es um die Entsühnung und Amtseinsetzung des Hohepriesters Jehoschua geht, dürfte erst später in die Siebenerreihe eingefügt worden sein. Die Visionsreihe wird auch durch den zeitlichen Rahmen zusammengehalten: Sacharja empfängt die erste Vision am Beginn und die letzte am Ende derselben Nacht (24. Tag des 11. Monats im 2. Jahr des Darius = 15. Februar 519). Der Zyklus der sieben Visionsberichte weist eine kunstvoll gestaltete Struktur auf, wobei zu beachten ist, dass die Visionsberichte teilweise durch deutende Worte fortgeschrieben wurden. Es ergibt sich folgende Struktur:
1,7–17: Vision I Reiter und Pferde | Die ganze Erde wird ausgekundschaftet; JHWH entscheidet sich für Israel/Jerusalem | + Heilsworte für Jerusalem (V. 16 f.) |
2,1–4: Vision II Hörner und Schmiede | Die herrschenden Mächte und Völker werden entmachtet | |
2,5–17: Vision III Mann mit Messschnur | Jerusalem wird als offene Stadt aufgebaut und JHWH selber ist ihr Schutz | + Die Verbannten werden aufgefordert zur Rückkehr, die angekündigt wird (V. 10–17) |
3,1–10: Vision IV A Jeschua vor dem himmlischen Gericht | Einsetzung und Reinigung des Hohepriesters Jehoschua | + Heilsworte für Jehoschua (V. 8–10) |
4,1–14: Vision IV B | JHWH als die helle Leuchte und seine »Gesalbten« (König und Priester) | + Heilsworte für Serubbabel (V. 6–10a) |
5,1–4: Vision V Fliegende Schriftrolle | Verbrecher (Diebe und Meineidige) werden bekämpft | |
5,5–11: Vision VI Frau im Efa | Götzendienst und Gottlosigkeit werden beseitigt | |
6,1–15: Vision VII Wagen und Pferde | Sie werden in die ganze Welt gesandt und Gott (»Geist«) greift ein letztlich von JHWH selber bewerkstelligt wird, auch wenn es am Beginn nicht danach aussieht. | + Zeichenhandlung: Die Kompetenz wird zwischen den beiden Gesalbten aufgeteilt |
Die Visionen haben ihr Zentrum in der Vision IV B und sind spiegelbildlich daraufhin geordnet. Damit JHWHs Herrschaft, repräsentiert in den beiden »Gesalbten«, zum vollen Tragen kommt, gilt es die äußeren und inneren Widerstände dagegen zu beseitigen, was letztlich von JHWH selber bewerkstelligt wird, auch wenn es am Beginn nicht danach aussieht.
Die Rahmenteile 1,1–6 und 7,1–8,23 sind Wortverkündigung, die geprägt ist vor allem durch das Stichwort »umkehren (šwb)«, wobei 1,1–7 vor allem die Bewohner von Juda und Jerusalem zur »Umkehr« ermahnt und 7,1–8,23 diese Thematik mit der Fastenfrage und deren Beantwortung aufgreift, dann aber JHWHs »Umkehr« zum Zion und deren Auswirkungen anspricht. Die Datierung der »Umkehrpredigt« in 1,1dürfte vor allem die intensiven Bemühungen Haggais um den Wiederaufbau des Tempels in zeitliche und theologische Beziehung setzen zum Auftreten Sacharjas und seiner Botschaft.
1.2. Sach 9 – 11
Der Abschnitt ist vom Vorhergehenden deutlich abgegrenzt durch die Überschrift »Ausspruch/Ausbringung des Wortes JHWHs im Land Hadrach« (EÜ trennt »Ausspruch« von »Das Wort des Herrn«) und von Sach 12–14 durch die Überschrift in 12,1 »Ausspruch/Ausbringung des Wortes JHWHs über Israel«. Die Aussage »Denn der HERR hat ein Auge auf die Menschen wie auf alle Stämme Israels« (9,1b) und »… denn jetzt habe ich mit meinen eigenen Augen hingeschaut« (9,8b) stellt eine Beziehung zur Vision IV B (4,10) her – diese aktualisierend. Die eher unsystematische Abfolge bietet mit zum Teil schwer verständlichen Bildern nach einem Unheilswort gegen die Nachbarvölker in 9,1–8, das in der Aufforderung an die Tochter Zion über die Ankunft »ihres Königs« (9,9 f.) gipfelt, in 9,11–17 den Aufruf an die Bedrängten Zions sich dem Schutz JHWHs anzuvertrauen, denn er wird in einem alles entscheidenden Kampf die Feinde besiegen und sein Volk retten. Doch es muss gegen alle Irreführung durch die Führenden in Jerusalem klargestellt sein, dass aller Segen von JHWH kommt (10,1–3a). Darauf folgt in 10,3b–12 die Ankündigung, dass JHWH in einer großartigen Aktion gegen die Großmächte, in die Juda und Efraim eingebunden sind, sein Volk zusammenführen wird. Nach einer Gerichtsansage gegen die Führungselite in Jerusalem (11,1–3) folgen zwei Berichte des Propheten von zwei Zeichenhandlungen als Hirte, wobei die erste 11,4–14* sich vor allem gegen das Volk wendet und die zweite 11,15.16 gegen die Führung in Jerusalem.
Schematisch lässt sich Sach 9–11 wiedergeben:
9,1–8.9 f. | JHWHs Macht gegen die Nachbarn im Norden und Westen gipfelt im neuen Königtum auf dem Zion |
9,11–17 | Weil JHWH in einem entscheidenden Kampf die Feinde besiegt, werden die Bedrängten Zions aufgerufen sich dem Schutz JHWHs anzuvertrauen |
10,1–3a | Gegen alle Irreführung durch die eigene Führung erweist sich JHWH als der einzige Segensspender |
10,3b–12 | Im Verbund mit Juda und Efraim führt JHWH in einer Großaktion gegen die Großmächte sein Volk zusammen |
11,1–3 | Gerichtsansage gegen die Hirten/Führung in Jerusalem |
11,4–14. | 1. Zeichenhandlung des Propheten gegen das Volk (nachträglich erst gegen die führenden Kreise) |
11,15 f. | 2. Zeichenhandlung des Propheten gegen die Führungselite |
11,17 | Weheruf gegen die nichtsnutzige Führerschaft |
1.3. Sach 12 – 14
Der dritte Abschnitt Sach 12–14 öffnet in mehreren Ansätzen den Blick auf die Vollendung des Gottesvolkes, wie sie der Gottesglaube der in diesen Texten sich aussprechenden prophetischen Kreise ahnen und erhoffen lässt. So schildert 12,1–8 den Ansturm der Völkerwelt gegen Jerusalem und dessen endgültige Abwehr. 12,9 – 13,9 behandelt in drei Unterabschnitten (12,9–13,1; 13,2–6; 13,7–9) und unter verschiedenen Aspekten die endgültige Reinigung des Gottesvolkes.
Sach 14,1–5 setzt erneut ein mit der Ankündigung, dass JHWH die Völker gegen Jerusalem versammelt, das dadurch schwer in Mitleidenschaft gezogen wird, dann aber zum endgültigen Schlag gegen sie ausholt. Das Kommen Jahwes zum Kampf gegen die Völker wird die Landschaft Jerusalems und seines Umfeldes völlig verwandeln (14,6–11). Der vernichtende Schlag JHWHs gegen die Völkerwelt wird aber einen Rest übriglassen, der sich JHWH zuwendet (14,12–19) und Jerusalem selber wird als gesamte Stadt »Heiligtumsqualität« erhalten (14,20 f).
Es ergibt sich folgendes Schema:
12,1–8 | Sturm der Völker gegen Jerusalem und deren Besiegung |
12,9–13,9 | Endgültige Reinigung des Gottesvolkes |
12,9–13,1 | •Die Läuterung des Hauses Davids und Jerusalems in der Trauer über den »Durchbohrten« |
13,2–6 | •Das Ende der Götter und falschen Propheten |
13,7–9 | •Läuterung des Restes |
14 14,1–5 14,6–11 14,12–19 14,20 f. | Endzeitlicher Völkersturm gegen Jerusalem und dessen endgültige Rettung •JHWH sammelt die Völker gegen Jerusalem, das eingenommen wird •JHWH erscheint zum Kampf gegen die Völker •Ein Rest bleibt, der sich JHWH anschließt •Jerusalem – das Heiligtum |
2. Sprachliche Formen
2.1. Die Sach 1–8 bestimmende Sprachform ist der »Visionsbericht«. »Die Schilderung von Visionen ist eine besondere Form der prophetischen Verkündigung, die eine spezifische Wirkung auf ihre Adressatinnen und Adressaten hat« (M. Geiger). Nach A. Behrens stellt diese Gattung nicht die Vision selber dar, sondern bietet die von den Autoren bewusst eingesetzten »Erzählungen« von Visionen; diese visualisieren etwas in Bildhaftigkeit, was die alltägliche Welterfahrung übersteigt. Der Vorgang des Erzählens ordnet das Unfassbare zeitlich und räumlich und bringt es an die Hörenden bzw. Lesenden. Gerade aufgrund der Bilder prägt sich diese Form prophetischer Verkündigung den Adressatinnen und Adressaten intensiver ein. Es finden sich im überlieferten Text acht Visionsberichte, unter denen der vierte (3,1–10) sowohl der literarischen Gestaltung als auch dem Inhalt nach sich als spätere Fortschreibung des Zyklus von sieben Visionsschilderungen erweist. Alle Schilderungen der Visionen, die der Prophet in einer Nacht schaut, sind Ich-Bericht. »Dabei gliedert sich der Bericht über das visionäre Geschehen in jeweils drei Segmente: eine Eröffnung mit der Vorstellung des geschauten Bildes, einen Dialogteil mit der Bilddeutung und einer sich daraus ergebenden Botschaft JHWHs« (R. Lux). Freilich ist die Abgrenzung der drei Teile nicht immer eindeutig zu bestimmen.
Der Anfang des Visionsberichtes ist gekennzeichnet durch das Verbum »sehen« (rʾh) mit nachfolgendem »siehe/da« + einem Satzgefüge, das das geschaute Bild schildert. Mit diesen eröffnenden Elementen präsentieren sich auch die Visionserzählungen des Sacharja, wobei die konkrete Gestaltung dieser Elemente etwas variiert. An den »Bildteil« schließt sich »ein Gespräch« »zwischen JHWH als Bildgeber und dem Propheten als Bildempfänger an (vgl. 1 Kön 22,17; Am 7,2.5.8; 8,2; Jes 6,8 u.ö.). In den Nachtgesichten (Sacharjas) vertritt der angelus interpres den Bildgeber JHWH als Gesprächspartner gegenüber dem Propheten« (R. Lux). Die Besprechung des Geschauten, die sich in einem Frage- und Antwortspiel vollzieht, deutet das Geschaute und will gerade durch die gestellten Fragen auch die Lesenden dazu bewegen, sich um die Deutung der Bilder und um deren Bedeutung für sie selber zu bemühen. Die Visionsberichte enden im vorliegenden überlieferten Text mit einem Wort JHWHs oder seines Boten, das unterschiedliche sprachliche Gestalt aufweisen kann.
Eingeleitet wird Sach 1–8 mit einer prophetischen Mahnrede (1,1–6), die ihrerseits nach R. Lux unterschiedliche Redeformen, wie einen Geschichtsrückblick (V. 2.4), eine bedingte Heilsankündigung (V. 3) und ein Disputationswort (V. 5a–6b) enthält. Ferner finden sich »Heilsworte für das Volk« in 1,14–17; 2,8–9 oder die »Aufforderung zur Flucht« an die Gola in 2,10–13, woran sich eine »Aufforderung zur Freude« an Zion anschließt mit der Verheißung, dass JHWH in seiner Mitte wohnen wird, was die Zuwendung vieler Völker zu JHWH zur Folge haben wird (2,14–17). In einer »bedingten Heilszusage an einen Einzelnen« wird dem Hohepriester Jehoschua die Teilnahme an der himmlischen Thronratsversammlung zugesagt (2,7) oder in 3,8; 6,12 das Kommen des Sprosses aus dem Haus Davids angekündigt, der den Tempel erbaut. Ebenso finden sich »Worte der Ermutigung« an Serubbabel (4,6–10), die sich mit Problemen beim Wiederaufbau des Tempels auseinandersetzen. Diese die Visionsberichte beschließenden Worte haben gemeinsam, dass sie wohl durchgehend der Redaktionsgeschichte der Visionsberichte zuzuordnen sind.
2.2. Die sogenannte »Fastenrede« (7,1–8,23) stellt eine Komposition aus unterschiedlichen Redeformen dar; so liegt in 7,1–6 ein Kultbescheid vor, 7,7–14 ist als Mahnrede gestaltet und 8,1–8 ist eine Sammlung von prophetischen Heilsankündigungen. In 8,11–23 wechseln dann Mahnworte und Heilszusagen ab.
2.3. Die unter der Überschrift in 9,1 zusammengefassten Worte sind gattungsmäßig sehr schwierig zu bestimmen, da verschiedenste Redeformen in Anlehnung an vor allem prophetische Traditionen verbunden werden. So kombiniert 9,1–8.9 f. eine Gerichtsankündigung gegen Fremdvölker (V. 3–7), eine Heilsankündigung für Zion (V. 8) und einen an die Tochter Zion gerichteten Aufruf zum Jubel über den neuen König (V. 9) begründet mit einer Heilsankündigung (V. 10). 9,11–17 begründet einen Mahnruf, sich JHWHs Schutz anzuvertrauen, mit der Heilsankündigung vom erfolgreichen Kampf Judas und Efraims gegen Jawan. Sach 10 prägt eine ausführliche Heilsankündigungs-Rede für Juda und Efraim (V. 3b–12). Die Komposition der sogenannten Hirtenrede in Sach 11 eine prophetische Unheilsankündigung gegen die führenden Kreise Jerusalems (V. 1–3), eine prophetische Erzählung von einem fiktiven, an den Propheten ergangenen Auftrag, dessen Ausführung von zeichenhaften Handlungen, die Gericht gegen Volk und Führung in Jerusalem ankündigen (V. 4–16), begleitet war, und einen prophetischen Weheruf (V. 17) gegen die nichtsnutzige Führung Jerusalems.
2.4. Die Überschrift von 12,1 umgreift einen Komplex von Prophetenworten, der deutlich in zwei größere Abschnitte zerfällt, 12,1–13,9 und 14,1–21. 12,1–8 ist eine Sammlung von Heilsworten zu Gunsten von Jerusalem und Juda. 12,9–13,9 kündigt in Form von prophetischen Gerichtsankündigungen, die jeweils durch die Formel »an jenem Tag« miteinander verknüpft sind, einen großen Läuterungsprozess des Hauses David und Jerusalems an, der das Ende der Götter und der falschen Propheten herbeiführt und einen geläuterten Rest im Land übrig lässt.
Der zweite Abschnitt (14,1–21) resümiert in einem großen »apokalyptisch eingefärbten ›Wort-Gemälde‹« (A. Deissler), was prophetischer Gottesglaube, die Vorstellungen »Tag JHWHs, »Völkersturm« und »Völkerwallfahrt« aufgreifend, zum endgültigen Geschick der JHWH-Gemeinschaft in Jerusalem bekennt. Dabei werden die prophetischen Redeformen prophetische Unheilsankündigung gegen Jerusalem und gegen die Völker und prophetische Heilszusage für Jerusalem und die Völkerwelt ständig miteinander verwoben.
3. Die Sacharja-Schrift im Zwölfprophetenbuch
3.1. Es ist mit großer Sicherheit anzunehmen, dass die prophetische Botschaft des Sacharja, der der Überlieferung nach (Neh 12,4.16) dem aus der babylonischen Diaspora heimgekehrten Priestergeschlecht des Iddo entstammte, und vielleicht – wie R. Lux es nicht ausschließen möchte – bereits in Babylon »als Prophet auftrat und dort angesichts der blutigen Unruhen zu Beginn der Regierungszeit Dareios’ I. seine Landsleute aufrief, aus Babel zu fliehen und sich in Zion in Sicherheit zu bringen (2,10–13)«, eine durchaus eigenständige Entwicklung nahm. R. Lux rechnet mit einem ziemlich umfangreichen auf Sacharja zurückgehenden Überlieferungsgut: 1,8–17; 2,1–4.5–9.[10–16*].17; 4,1–6,b.[6c–10c].10d–14; 5,1–4.5–11; 6,1–8; 7,2–6; [8,1–8].18–18b. Die Texte in eckiger Klammer sind nach R. Lux Sacharja nicht abzusprechen, haben aber ihren Platz in den Visionsberichten bzw. in der Fastenrede erst im Zuge der ersten Fortschreibung erhalten. Hingegen scheint M. Hallaschka nur 1,8. 9a.10.11b; 2,5–6 als unmittelbar auf Sacharja zurückgehende Überlieferung anzusehen, die etwas später (um 500) selbständig mit 1,9b.14; 2,7a8; 4,1–6.10–14*; 5,1.3; 6,1–8* fortgeschrieben wurde. Die Beurteilung des Umfangs der auf den Propheten Sacharja zurückgehenden Überlieferung und damit auch ihres zunächst eigenständigen literarischen Weges wird wohl eine Ermessensfrage der Exegetinnen und Exegeten bleiben.
3.2. Die Datierung in 1,7, die sich eng an das Datierungssystem in Haggai anschließt, verknüpft die Visionsberichte Sacharjas mit Haggai und macht daraus ein »Zweiprophetenbuch«. Da die Visionserzählungen nur indirekt mit dem zentralen Anliegen Haggais zu tun haben, wurden im Zuge dieser Verbindung vor allem die den Tempelbau unmittelbar betreffenden Worte eingefügt: 1,16 f.; 2,10a. 11.14; 4,6–10. Der Verknüpfung der beiden Prophetenbotschaften dient ebenso die Einführung des Visionsberichtes von der Reinigung des Hohepriesters Jehoschua (3,1–10) und vor allem auch das Datum Sach 1,1, mit dem die Wirksamkeit Sacharjas mit der Haggais direkt verzahnt wird. Da Sach 1,1 die Umkehrpredigt 1,2–6 eröffnet, wird damit Sacharja in Verbund mit Haggai zum großen prophetischen Impuls für den Wiederaufbau des Tempels, von dem aus durch JHWHs Wirken die Erneuerung Zions und der JHWH-Gemeinschaft erfolgen kann.
3.3. Doch nicht nur mit der Haggai-Schrift ist das Buch Sacharja eng verbunden, sondern immer deutlicher werden in der Forschung die themabezogenen Verbindungen der einzelnen Schriften des Zwölfprophetenbuches herausgestellt. So erkennt J. Wöhrle zwei Bearbeitungen zum Thema Fremdvölker, die sich durch das Zwölfprophetenbuch ziehen. In diesem Zusammenhang ist wohl zu beachten, was J. Gärtner anmahnt, dass z. B. das Völkerthema, wie es Kapitel 14 bearbeitet, sowohl als Fortschreibung dieser Thematik im Sacharjabuch selber als auch als redaktionelle Bündelung der Völkerthematik im entstehenden bzw. vor der Vollendung stehenden Zwölfprophetenbuch beachtet werden muss.
4. Die Entstehungsgeschichte des Buches Sacharja
Die Forschung ist sich weitgehend einig, dass Sach 1–8. 9–11. 12–14 unterschiedlichen Epochen der nachexilischen Geschichte Israels entstammen.
4.1. Sach 1–8
Mit R. Lux kann man für Sach 1–8 mit einer Verschriftungsphase, zwei Fortschreibungsphasen und Nachträgen rechnen. Über den Beginn und das Ende des Wirkens von Sacharja erhalten wir in den Aufzeichnungen seiner Botschaft keine Auskunft. Als erstes wurden seine Visionen verschriftet, ob sofort in einem Zyklus von sieben (3,1–10 ist einer späteren Bearbeitungsphase zuzurechnen) oder sukzessive in Zyklen mit wachsendem Umfang mag hier offenbleiben. Dieser Prozess dürfte in die letzten zwei J...