Erster Teil
Empathie als Führungsinstrument der Zukunft
Empathie als Basis zwischen zwei Menschen
Gefühle sind Energien, die von Menschen wahrgenommen und eingesetzt werden. Das bezieht sich nicht nur auf die eigenen Gefühle, sondern auch auf die Gefühle anderer Menschen.
Gefühle als Aktiv-Elemente
Für einen Teil der Menschen, insbesondere für Frauen, ist es gelebte Realität, Gefühle bewusst und aktiv einzusetzen. Sie gehen automatisch davon aus, dass es auch bei anderen so ist, und arbeiten damit, um ihre Ziele zu erreichen. Sie verführen Männer, bedrohen sie, bestrafen sie, umschmeicheln sie – alles mit Hilfe der Gefühle. Sie setzen dafür beispielsweise Gefühle wie Begehren, sexuelles Verlangen, Angst und Wut ein. Die Gefühle werden zuerst bei dem Menschen erzeugt, der sie verursacht, und treffen dann – wie eine Welle – den Menschen, an den sie gerichtet sind.
Ausstrahlung von Emotionen
Gefühle als Folgeerscheinung
Männer tun sich manchmal schwer, diese Gefühle als Werkzeuge wahrzunehmen und sie bewusst und aktiv einzusetzen, obwohl sie häufiger in Führungspositionen sitzen als Frauen. Sie probieren aus, lernen Methoden kennen, die für andere bei der Motivation von Mitarbeitern funktioniert haben, und tappen doch ständig im Dunkeln, weil sie die Gefühle nicht direkt wahrnehmen und steuern können.
Die Gefühle bei Mitarbeitern, Gesprächspartnern oder Kunden werden in diesem Fall als Folgeerscheinung von anderen Entscheidungs- und Kommunikationsprozessen betrachtet. Auch das ist richtig. Da die Gefühle jedoch das Handeln von Menschen primär steuern, wird ein Prozess genutzt, der im Vorfeld nicht überblickt wird. Der andere wird mit Entscheidungen konfrontiert, dann abgewartet, was passiert. Wie er sich fühlt, scheint oft sekundär zu sein, gemessen werden nur die Handlungen.
Damit wird das Aktiv-Element, auf das Einfluss genommen werden kann und das die Handlungen des Mitarbeiters steuert, übersehen: die Gefühle.
Gefühle als Wahrnehmungs- und Steuerungsorgan des Betriebsklimas
Gute Manager und Führungskräfte nehmen auf die Gefühle ihrer Mitarbeiter Rücksicht und holen das Beste aus ihnen heraus, indem sie dafür sorgen, dass sie sich wohlfühlen. Das ist nichts Neues. Über Beobachtung und »Feinfühligkeit«, die nicht jedem gegeben sind, erzeugen diese Führungskräfte ein emotional gutes Betriebsklima. Ihre Mitarbeiter lieben sie dafür, und ihre Vorgesetzten oft auch. Sie haben ständig das Ohr am Personal und registrieren selbst kleinste Veränderungen. Die Erfolgsquote ihrer Abteilungen liegt nicht selten über der anderer Abteilungen.
Entkopplung vom Aktiv-Element Gefühl
Folgen der bewussten Empathie-Erweiterung
Mit den Methoden der bewussten Empathie-Erweiterung, die später im Buch vorgestellt werden, kann diese »Feinfühligkeit« und Mitarbeiterorientierung im Einklang mit der Ergebnisorientierung und der Intuition von jedem erlernt werden. Und, was noch wichtiger ist, sie kann nicht nur im Augenblick eingesetzt werden, sondern für die Vorbereitung von Prozessen und Entscheidungen im Unternehmen genutzt werden, also zukunftsorientiert.
Die bewusste Empathie-Erweiterung führt zu Persönlichkeitswachstum. Die Persönlichkeit der betreffenden Person umfasst dann nicht mehr nur das eigene individualisierte Ich-Bewusstsein, sondern wächst in das Du-Bewusstsein des Gegenübers hinein und umfasst es zusätzlich. Dadurch werden Gefühle des Gegenübers als eigene Gefühle wahrgenommen und verarbeitet. Sie sind kein Rätsel mehr, müssen nicht mehr beobachtet, sondern können direkt wahrgenommen werden.
Nach einem solchen Prozess der Bewusstseinserweiterung werden Entscheidungen automatisch so getroffen, dass das Gegenüber als Bestandteil des Selbst betrachtet und auf diese Weise zufriedengestellt wird. Das passiert sowohl zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern als auch zwischen Verhandlungspartnern, wenn einer von beiden in der Lage ist, sich »empathisch auszudehnen«.
Praxisbeispiel
Vor einiger Zeit stand ich vor der Aufgabe, einem Unternehmer ein Angebot für eine längerfristige Coaching-Begleitung zu machen. Ich kannte den Unternehmer seit vielen Jahren. Es war abzusehen, dass er mich beauftragen würde.
Ich unterbreitete ihm ein Angebot, das aus der emotionalen Sicht eines größeren Standpunktes heraus geschaffen war und zusätzlich zwei »kleinere Standpunkte« beinhaltete: einerseits eine lukrative erfolgsorientierte Vergütung für die Coaching-Leistung, andererseits ein Angebot, das dem Unternehmer etwas nützte, also ergebnisorientiert war und die Verantwortung bei ihm beließ. Gleichzeitig vereinbarten wir die Möglichkeit einer sofortigen Beendigung des Vertrages. Wir waren also beide gefordert, in jedem Augenblick das Beste aus der Zusammenarbeit zu machen, und wünschten doch eine längerfristige Zusammenarbeit. Er nahm das Angebot gerne an.
Nach einiger Zeit befand ich mich selbst mit einem bedeutenden Teil meines Geschäftes in einer Phase der Neuorientierung. Es war Zeit, neue Wege zu beschreiten. Ich hatte genug Potenzial, war aber unsortiert und hatte keinen klaren Fokus. Kurz: Ich brauchte selbst einen Coach.
Ich fuhr zu meinem alten Freund und Lehrer Dr. Dieter Schischke. Er hatte mich schon früher erfolgreich gecoacht. Er ist kompetent, wenn es um Konzerne und die Wirtschaft geht, um Unternehmensaufbau und Unternehmerentwicklung. Der ideale Partner also.
Innerhalb von drei Tagen intensiver Arbeit sah ich klar. Ich wollte Dieter in dem Prozess, der mir bevorstand, gern als Coach, Begleiter und Mentor. Ich bat ihn, mich zu denselben Konditionen zu begleiten, zu denen ich das Coaching meines Klienten übernommen hatte – und er stimmte freudig zu.
Auf diese Weise konnte ich innerhalb weniger Wochen ein und dieselbe Vereinbarung emotional von zwei Seiten erleben. Ich fühlte mich auf beiden Seiten außerordentlich komfortabel.
Warum? Die erste Vereinbarung wurde bereits aus einem emotional erweiterten empathischen Bewusstseinszustand getroffen. Es wurde eine Vereinbarung, die zu aller Vorteil war und die alle Beteiligten motivierte.
Das Körperbewusstsein – die Schaltzentrale der Gefühle
Wir wollen an dieser Stelle noch etwas tiefer eintauchen, um von Grund auf zu verstehen, warum der Mensch emotional auf eine bestimmte Art und Weise und nicht anders handelt.
Der menschliche Körper besitzt ein eigenes Bewusstsein. Dieses Körperbewusstsein, im Folgenden auch Körperintelligenz genannt, befindet sich auf gleicher evolutionärer (oder devolutionärer1) Stufe wie unser geistiges Bewusstsein, hat allerdings andere Aufgaben.
Das Körperbewusstsein soll für unser Wohlbefinden sorgen, uns vor Gefahren schützen, uns ernähren, wärmen und kleiden, es sorgt dafür, dass wir uns vermehren. Das sind die Hauptfunktionen des körperlichen Bewusstseins, die sicherstellen, dass der Körper überlebt.
Sind diese Grundbedürfnisse erfüllt, ist der Körper in der Regel ein treuer Diener des Geistes und braucht nur noch beauftragt zu werden, um auszuführen.
Der Körper spricht in der Sprache von Gefühlen und inneren Bildern mit uns. Er erkennt die Vergangenheit, weil er die Fähigkeit besitzt, diese Bilder und Emotionen von einmal Erlebtem in seinen Körperstrukturen zu speichern. Der ganze Körper ist sein eigenes Gedächtnis. Freudvolle Ereignisse werden gespeichert und wir versuchen, sie wieder zu erleben. Schmerzvolle Ereignisse werden gespeichert und wir versuchen, sie zu vermeiden.
Speicher »Körperintelligenz«
Alles, was im Außen passiert, wird mit diesen körpereigenen Erinnerungen blitzschnell abgeglichen, die dem Wachbewusstsein des Menschen nicht zugänglich sind, dann trifft der Körper automatisch Entscheidungen. Diese Entscheidungen sind nicht mit dem Geist abgeglichen und werden nicht vom Geist beeinflusst. Der Körper trifft sie eigenmächtig und setzt sie um. In diesen Belangen hat der Körper die Priorität, denn es geht ums Überleben. Das ist evolutionär so eingerichtet, deshalb hat die Menschheit viele Jahrtausende überlebt.
Der Körper trifft also eigenständig immer wieder dieselben Entscheidungen, die er als Programme in der körpereigenen Intelligenz gespeichert hat, und diese Entscheidungen schaffen unsere Reaktionen in der Realität. Die Entscheidungen, die hier immer wieder neu unsere Realität mitbestimmen, stammen jedoch aus alten Zeiten, aus der Kindheit oder sogar aus den von unseren Eltern und Großeltern erlernten, übernommenen und beeinflussten Strukturen.
Praxisbeispiel
Ein Unternehmer, den ich betreute, wurde Familienvater. Er war lange ohne Partnerin gewesen, wenn auch beruflich erfolgreich. Nachdem er viele Hemmungen überwunden hatte, traf er die richtige Frau. Sein Leben schien sich glücklich zu gestalten, noch dazu, wo sich nun Nachwuchs einstellte.
Doch er wurde krank. Eine alte schwere Krankheit, die längst überwunden schien, kehrte zurück. Nach einiger Zeit konnte er nicht mehr arbeiten, obwohl er es versuchte. Je mehr er gegen die Krankheit kämpfte, desto schlimmer wurde sie. Er musste schließlich zu Hause bleiben und sein Geschäft aufgeben. Zwischenzeitlich war er im Spital mit lebensbedrohlichen Zuständen.
Alle Geschäftspartner hatten Verständnis, dass er Verpflichtungen nicht einhielt – er war ja krank. Die ganze Familie hatte Verständnis, dass er zu Hause blieb und erst einmal wieder gesund wurde. Natürlich. Es war das einzig Richtige, was er tun konnte.
Irgendwann erzählte mir der Unternehmer, was er als Kind erlebt hatte:
Sein Vater hatte seine Mutter immer wieder mit anderen Frauen betrogen. Nach außen hin schien die Familie perfekt zu sein, der Vater war auch Unternehmer, und man hatte genug Geld. Aber der Vater war emotional nicht bedingungslos für die Familie da. Sein Sohn spürte das, und es tat ihm weh, denn er liebte seinen Vater und seine Mutter. Also beschloss er, es selbst später anders zu machen. Sein Körperbewusstsein entschied: »Ein Vater soll für die Familie und sein Kind da sein, insbesondere in den ersten beiden Jahren.«
Jetzt, wo der Sohn erwachsen und selbst Vater wurde und eine Familie gründete, erschien es seinem Verstand natürlich nicht besonders klug zu sein, sein Unternehmen aufzugeben und seine Geschäftspartner zu vernachlässigen, kein Geld zu verdienen und sich den gewohnten Lebensstandard nicht mehr leisten zu können. Aber all das bedeutete wenig im Vergleich zu der damals im Körperbewusstsein getroffenen Entscheidung des kleinen Buben. Die Entscheidung der Körperintelligenz zugunsten der Familie lebte fort und setzte sich in einem scheinbar destruktiven Verhalten des Körpers und einer schweren Krankheit um, die aber die Familie emotional eng zusammenschweißte.
Letztendlich war der Unternehmer fast zwei Jahre zu Hause bei seiner Familie, ehe er wieder anfing zu arbeiten und ein neues Unternehmen aufzubauen.
Wenn der Geist – der mit unserer Seele verbundene Spirit – versucht, Entscheidungen des Körperbewusstseins zu beeinflussen, muss er zu verstehen versuchen, warum der Körper so und nicht anders handelt. Die Schwierigkeit für den Geist liegt darin, dass jeder Mensch andere Erfahrungen hat und deshalb jeweils anders reagiert. Jeder Mensch ist absolut individuell. Wenn ich also versuche, das Handeln meiner Mitarbeiter i...