Der Südwesten
Der Südwesten
19.Sirmione: „Oh mein Sirmione …“
20.Lugana: am Anfang war die Schlacht
21.Desenzano: in der Zaubernacht
22.Lonato: schon Napoleon war beeindruckt
23.Brescia: Bummel durch die Jahrhunderte
24.Lago d‘Iseo: groß, größer – Monte Isola
25.Franciacorta : Italiens Champagne
26.Cremona : Stadt voller Geigen
27.Padenghe: grüner wird’s nicht
28.Moniga: Tomaten im Castello
29.Manerba: im Namen der Göttin
30.San Felice del Benaco : tausend Tonnen Oliven
31.Isola del Garda: bei der Contessa mit Tattoo
32.Valtènesi: in zartes Rosa getaucht
33.Salò: Hauptstadt für zwei Jahre
34.Gardone Riviera: Dichter. Visionär. Faschist?
19 Sirmione
„OH MEIN SIRMIONE …“
„… mit welcher Freude und welchem Wohlbehagen erblicke ich dich wieder“, schwärmte der römische Dichter Catull um 50 v. Chr. Und tatsächlich: Sirmione hat auf der vier Kilometer in den See reichenden Landzunge eine wunderschöne Lage. Nur ein Tor führt ins Gewirr der Altstadtgassen. Blickfang ist die Wasserburg, eine der besterhaltenen und größten Scaliger-Anlagen.
Sie ist von Wassergräben umgeben, hat mehrere Zugbrücken, einen Burgfried und die typischen zinnengekrönten Mauern: die Wasserburg von Sirmione, die sich wie ein Riegel vor die Altstadt schiebt. Zu Recht zählt il Castello Scaligero zu den schönsten und besterhaltenen Wasserburgen Europas. Und zu Recht bezeichnet man die Lage gerne als traumhaft. Streng genommen liegt die Burg auf der sechsten Insel im Gardasee, denn sie ist nur durch eine Fußgängerbrücke mit der schmalen Landzunge verbunden, die knapp vier Kilometer in den See hineinragt. „Die Perle unter den Inseln und Halbinseln“, lobte Catull, dem sie in Sirmione mit einer Büste gedenken.
1250 wurde il Castello erbaut: Die Mauern bestehen aus Ziegelsteinen und Naturstein vom nahen Hügel Cortine, scheinbar geformt für die Ewigkeit. Die Ecktürme sind durch Wehrgänge verbunden und vom 47 Meter hohen Hauptturm, dem Mastio, genießt man eine herrliche Aussicht über den unteren See. Der ummauerte und mit Zinnen versehene Burghafen ist einzigartig im europäischen Festungsbau. Einst diente er der Versorgung und Verteidigung, heute wachsen dort Seerosen. Nur innen ist die Burg mit all ihren Treppen, Türmen, Höfen und Wehrgängen überraschend düster.
Hinter der Burg öffnet sich ein mittelalterliches Gassengewirr mit kleinen Plätzen, die von Palazzi und blumenüberwucherten Rustici gesäumt sind. Man trifft auf Läden, Bars, Cafés, Trattorie, aber auch auf die Pfarrkirche Santa Maria Maggiore mit filigranem Marmoraltar. Einer der schönsten Palazzi liegt versteckt hinter Olivenbäumen, Zypressen und Pinien auf dem Cortine-Hügel in der Mitte der Altstadtinsel: Die klassizistische „Villa Cortine“ ist heute ein Luxushotel. Gegenüber steht die Villa, die einst Maria Callas gehörte.
Hat man die Altstadt hinter sich gelassen, erreicht man linker Hand die Thermalanlage: Ihre heilende Wirkung hat Sirmione zu einem der wichtigsten Kurorte Norditaliens gemacht – und das schon seit Ende des 19. Jahrhunderts. Mit 70 Grad kommt die heiße Boiola-Quelle aus der Erde. Seit 1889 bis heute wird sie in den Terme di Sirmione gegen Probleme mit der Haut, den Atemwegen und Ohrengängen sowie Lungen-, Rheuma- und Kreislaufbeschwerden als Therapiemittel eingesetzt. Die schwefel-, brom- und jodhaltige Quelle entspringt vor dem Ostufer in 19 Metern Tiefe und wurde schon von den Römern genutzt, die das Wasser durch Bleirohre in ihre Thermen leiteten. Ob sie auch Catull genutzt hat, weiß keiner.
Über den Mavino-Hügel gelangt man, an der kleinen romanischen Kirche San Pietro aus dem Jahr 765 vorbei, schließlich durch Olivenbaumhaine zur Nordspitze der Halbinsel mit den Grotten des Catull, den berühmten Ruinen einer großen, mehr als 2000 Jahre alten römischen Villa. Weder handelt es sich um Grotten noch um ein Haus, in dem der römische Dichter Catull wohnte. Die Ruinen der Grotten des Catull sind vielmehr die Reste eines repräsentativen römischen Gästehauses oder einer großen Villa eines wohlhabenden Privatmannes. Die Bezeichnung Grotte benutzte ein Chronist in der Renaissance für den eingestürzten, überwucherten Komplex. Auch die fälschliche Annahme, es könnte sich dabei um den Wohnsitz Catulls handeln, kam damals auf. Einmalig ist die herrliche Lage auf den weißen Klippen oberhalb des Gardasees.
Erbaut wurde die Villa um 150, eingestürzt ist sie wohl im 4. Jahrhundert. Die gewaltigen Ausmaße von mehr als 20.000 Quadratmetern machen die Anlage zur größten ihrer Art in Italien. Der 159 Meter lange Kryptosäulengang lässt die ehemalige Pracht erahnen. Das gilt auch für das Antiquarium, in dem sich ein kleines Museum mit Fundstücken befindet. Zwischen den Ruinen wachsen Olivenbäume, Rosmarin, Thymian, Minze und Oregano, die einen intensiven Geruch verströmen.
Sirmione – zwei Drittel des Orts gehören nur vier Familien! – zählt zu den beliebtesten Reisezielen am Lago, besonders von Tagesgästen, und wird von seinen Besuchern manchmal fast erdrückt: Das gilt besonders für Ostern und die Hochsommerwochenenden. Wer also dem Overtourism eine lange Nase ziehen möchte, der besucht das Städtchen am besten in der Nebensaison. Autos gibt es keine in der Città vecchia.
Einkaufen: Wer nicht nach Venedig kommt, findet im „Donum“ Originalobjekte aus Murano-Glas; Via Casello 4
Strände:
- Lido delle Bionde und Strände bei den Kalkplatten am Kap, die zum Teil unter der Wasseroberfläche liegen und das Seewasser mit der Sonneneinstrahlung türkis färben.
- Thermalbad:
termedisirmione.com
Info
Lage: Sirmione, Region Lombardia – 7600 Einwohner
Auskunft: Viale Marconi 2,
Tel. +39 030 916114, sirmionebs.it
Aktivitäten: Golfplatz: zehn Kilometer südlich;
chervogolfsanvigilio.it
Museum: grottedicatullo.beniculturali.it
Restaurants:
- L'Osteria del Vecchio Fossato: schönes Rustico mit Innenhof in der Altstadt. Pasta mit Schwertfisch, Rinderfi...