Got Me? Hardcore-Punk als Lebensentwurf
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Got Me? Hardcore-Punk als Lebensentwurf

Trust-Kolumnen 1986-2007

  1. 307 Seiten
  2. German
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Got Me? Hardcore-Punk als Lebensentwurf

Trust-Kolumnen 1986-2007

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Dolf Hermannstädter setzt sich in ungewöhnlich konsequenter Art und Weise mit dem Hauptproblem der Menschen in unserer Gesellschaft auseinander: Mit der permanenten Verwechslung der Erscheinung (wie eine Sache nach außen erscheint) und dem Wesen (was eine Sache, eine subkulturelle Bewegung, das menschliche Zusammenleben bedeuten soll). Was sich wie ein roter Faden eben auch durch die Punk/HC-Bewegung zieht, ist die von Dolf erkannte Tatsache, dass der Mensch nicht ist, was er sein sollte, und das er sein sollte, was er sein könnte. Das macht diese in klarem und nüchternem Stil gehaltenen Kolumnen zu etwas besonderem. Gerade weil doch jeder, der 1979 die Sex Pistols hörte, schon ein Buch darüber geschrieben hat.Neben der konzentrierten Analyse jeweiliger Szenemoden und dem feinen Gespür für Trends plus einer guten Portion Gesellschaftskritik beharrt Hermannstädter auf der ursprünglichen Forderung von Punk: think for yourself - sich etwas eigendes aufzubauen, ohne dich von den Trends blenden zu lassen.Wie in fast keinem anderen Bereich gehen bei den Begriffen Punk und Hardcore Wesen und Erscheinung so weit und so widersprüchlich auseinander. Einerseits ein dümmlicher, sich selbst abfeiernder Haufen von Kaputt-Chic. Andererseits eine eventuell noch bescheuertere Veranstaltung von tätowierten Testosteron-Gorillas. Doch für ein tieferes Verständnis, um was es Punk und dem jüngeren Hardcore-Punk eigentlich geht, was ihr Wesen ausmacht, wofür und wogegen sie sind, dafür stehen Dolf Hermannstädters Kolumnen, die zwischen 1986 und 2007 im Musik-Fanzine Trust erschienen sind.

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Information

Verlag
Fuego
Jahr
2012
ISBN
9783862870271
Trust #1 – Juli 1986
Think Positive – zwei alte Wörter, die in letzter Zeit auch in unseren Gefilden immer häufiger gehört werden und falsch verstanden bzw. mißbraucht werden, doch dazu später mehr. Zuerst werd ich mal sagen was positives Denken ist bzw. für mich bedeutet. Positives Denken hilft die innere Harmonie und den Optimismus zu stärken, man kommt leichter über seelische und körperliche Störungen hinweg, bekommt eine feste Grundhaltung und ist somit auch besser geistig und physisch belastbar, d.h. man kann mehr machen und mehr Energie aufwenden. Nicht zuletzt hilft das positive Denken auch über Zeiten hinweg wo alles schiefläuft, man wird aus jeder Situation einen positiven Effekt holen können und sei es auch ›nur‹ der, um eine schlechte Erfahrung reicher geworden zu sein. Durch dieses Denken (das meine MY POWER Idee sehr unterstützt – dazu evtl. noch was in Zukunft) kann man auch alles irgendwie einfacher lösen, man ist immer gut gelaunt, versucht zu helfen und was auch wichtig ist: Freundlichkeit und gesprächsbereite Aufgeschlossenheit anderen Menschen gegenüber – man ist eben einfach gut drauf. Und hier kann ich auch schon wieder ansetzen, denn viele denken ja in erster Linie positiv weil es aus den usa kommt und sehen wieder die ganze Geschichte nicht (siehe Straight Edge). Man ist eben den ganzen Tag fröhlich, hat Spaß und denkt eben positiv. Das sich hierbei allerdings eher eine ›I dont Care Einstellung‹ als eine positive Grundhaltung entwickelt entgeht den meisten, da sie so sehr mit dem positiven Gutdraufsein beschäftigt sind, eben ganz nach amerikanischen Vorbild – Think positive keep laughing was geht mich das alles an Hauptsache ich hab Spaß mit meinen (Betonung liegt hier auf den Leuten die man bereits kennt und nicht erst kennenlernen muß) Freunden. Oder man mißbraucht den Ausdruck so nach dem Motto: Ich kann ja eh nix machen, wird schon irgendwie alles laufen. Und dann sind wir soweit das man sagen kann, dass diese Kids sich in keiner Weise von irgendwelchen Normalo-Asso-Proll-Typen unterscheiden. Die gehen eben in die Disco oder sonstwohin und haben dort ihren Spaß und sind gut drauf. Aber es fehlt jegliches geistige-politische-revolutionäre Bewusstsein und das ist genauso wichtig. Wörter wie Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit, Vertrauen, Bereitschaft usw. kommen mir in den Sinn. Klar, Spaß haben ist auch sehr wichtig, ob das nun skaten, blödeln, tanzen (wobei einige scheiß Stirnbandträger, Skater, Straight Edger etc. – besonders im Norden – immer noch nicht abgerafft haben, dass es viel besser ist zusammen zu tanzen als gegeneinander, denn für mich machts keinen Unterschied ob ein Tuchträger mir auf den Kopf knallt oder ein Nietenträger mir seine Springer ins Schienbein rammt – beides ist unangenehm, aber hier bin ich schon wieder bei nem ganz anderen Thema, vielleicht das nächste mal ihr Slambrutalos), trinken, spielen oder sonstwas ist. Aber es ist nicht das einzige, weil eben auch andere Sachen gegenwärtig sind, die entweder durch Mitarbeit unterstützt gehören oder aber aufs schärfste bekämpft werden müssen. Ich hoffe irgendjemand hat das alles verstanden so wie ichs meine, wenn nicht lies dirs so oft durch bis dus gerafft hast. Mensch ändere dich. … naja, ich hab was, think positive, drink positive.
Trust #2 – September 1986
Mit kennenlernen gehts los, man sieht sich, hat gemeinsame Erlebnisse, lernt die andere Person genauer kennen und es entwickelt sich etwas, das von loser Freundschaft bis zur innigen Liebe reichen kann. Na, habt Ihr schon erraten wovon ich heute schwafeln will, ja richtig (nicht von Sex, Du Depp), von Beziehungen, und zwar alle, also nicht nur auf die typische Junge-Mädchen bzw. Frau-Frau/Mann-Mann – ja auch, ach Ihr werdet sehen. Wie war das, kennenlernen, besser kennenlernen, gemeinsame Erlebnisse haben, welche, ob gut oder schlecht, einen Einfluß auf die Entwicklung haben. Entwicklung, man entwickelt gemeinsame Interessen, lernt von und miteinander, durchlebt Höhen und Tiefen, erkennt die tollen Seiten, aber auch die Fehler und Schwächen des anderen. Hier kann ich gleich mal ansetzen, wie ist das eigentlich wenn man jemanden kennenlernt und ihn ganz toll, gut drauf findet und es stellt sich mit der Zeit raus, je öfter man mit ihm zusammen ist, dass er eigentlich (ach ja, ich könnte jetzt immer schreiben man/frau, ihm/ihr usw. das ist aber zu stressig – ich meine es immer auf männlich und weiblich bezogen, ok) ein ziemlicher Depp ist, eben garnicht das was man sich erwartet hat. Darf man überhaupt etwas von einer Freunschaft erwarten, oder von einem Freund, oder ist es noch gar kein Freund, oder wie? Und wie siehts aus wenn man den anderen schon so gut kennt, dass man sich irgendwie nicht mehr traut ihm zu sagen was man an ihm schlecht findet? Was ist richtig – was ist falsch? Eben genannter Fall ist ja für mich nicht so schlimm, was mich vielmehr beschäftigt ist, wenn Leute die ich schon lange kenne, sich plötzlich anfangen zu ändern, sich in eine völlig andere Richtung weiterentwickeln, die ich eher als Zurückentwicklung sehe. Was ist denn dann mit all dem erlebten, den Ideen die der andere hatte, wenn sie plötzlich wie weggeblasen erscheinen, mir kommen dann immer Zweifel an der Überzeugtheit der Leute, da ›verschwende‹ ich mein Leben mit Leuten nur um Spaß gehabt zu haben und sonst ist nichts, kein Weiter, sondern ein Auseinander. Oder ist es meine Schuld, weil ich (noch?) nicht bereit bin mich von den Vorstellungen und Idealen, die ich (&Ihr) habe, abzuwenden, nicht bereit bin erwachsen zu werden und an meine Zukunft – in Form von Arbeit, Familie etc. – zu denken? Bin ich etwa konservativ? Ich glaube nicht, denn ich finde es gut sich weiter zu entwickeln, nur da gibt es Unterschiede. Ich habe ein unbestimmtes Ziel (Leben?) vor Augen, auf dieses Ziel bewege ich mich zu, auf einem Weg, diesen Weg verlasse ich ab und zu um neue Erfahrungen zu machen, um sie entweder mit in meinen Weg einzubauen oder aber sie auszuschließen, dann gibt es noch so einige Wege deren ich noch unschlüssig bin ob ich sie mit einbauen soll oder nicht. Klingt das alles egoistisch oder ichbezogen? Lies weiter! Es gab in den letzten sechs Jahren (die Zeit davor will ich mal beiseite lassen) immer wieder Leute die vorgaben das selbe Ziel zu haben bzw. in die selbe Richtung zu wollen. Dort sind sie auch einige Zeit hin, doch dann plötzlich haben sie die Richtung völlig gewechselt. Nicht das ich jemand vorschreiben will was für ein Ziel man vor Augen haben muß, aber ich komm mir da irgendwie verarscht vor. Wo sind die ehemaligen Gemeinsamkeiten – das, was einen zu Freunden machte, wo sind die alten Ideen, warum mußten mich diese Leute enttäuschen? Weshalb konnten sie nicht von Anfang an das Ziel verfolgen das sie jetzt haben? Oder wechseln bei ihnen die Ziele alle paar Jahre, wissen sie überhaupt was sie wollen? Und was soll ich machen, gleich radikal brechen oder die Freundschaft langsam zerbröseln lasssen und meine Zeit ›verschwenden‹? Naja, das ist mein Problem(?), lassen wirs. Ein verdammt komplexes Thema, über das ich mit Leuten ewig reden kann, wie soll ich das hier in ein paar Sätzen abfassen, egal, es wird noch schlimmer. Nämlich dann, wenn der Partner eines anderen Geschlechts ist und man irgendwann etwas empfindet, was man bei gleichgeschlechtlichen Leuten nicht empfindet (also ich auf jeden Fall nicht, sorry). Das kennt man ja, aber auf was ich in diesem Fall hinauswill, soll/kann/darf (?) man das für mehrere Menschen empfinden und es ihnen dann auch zeigen, in From von Zärtlichkeit und Sex (äh, das Wort ist irgendwie schlecht gewählt)? Klar, werden einige sagen, und es ist auch bestimmmt einfach bei reinen ›Fickbeziehungen‹. Wie aber siehts aus mit dem Partner, versteht er, dass es ›neben ihm‹ auch noch andere gibt, die ebenso viel Zuneigung empfangen. Oder wie verkraftest du es, wenn du erfährst, dass es neben dir noch einen (oder mehrere) gibt, denen dieselben Gefühle entgegengebracht werden wie dir? Da kommt dann nämlich ein sehr unschönes Wort ins Spiel – Eifersucht (totale Scheißerfindung!). Oh Mann, theoretisch sind diese Sachen für mich alle so klar, aber ob ich (& die anderen) sie auch dann ohne weiteres so durchführen können? Einfach ist es nicht, ich glaube da muß noch sehr viel drüber nachgedacht/erfahren/gelernt werden, bevor man das alles so sehen kann wie es wirklich ist. Lassen wir das mal gut sein. Ich fang mal wieder bei den Freundschaften an. Du kennst doch bestimmt viele Leute, einige gut, andere nicht so usw., frag dich doch einfach mal wen von all denen, die du kennst, magst du ›nur‹, weil du sie schon lange kennst und wen würdest du sofort als Depp ansehen, wenn du ihn neu kennenlernen würdest? Fällt dir niemand ein? Gut für dich – ich kenne nämlich einige solcher Leute – traurig aber wahr. Mann, vielleicht schreib ich das hier ja alles umsonst, vielleicht braucht man darüber ja garnicht reden/schreiben, weil es immer ein Thema für die entsprechenden Leute ist? Egal, für mich ist das Thema sehr wichtig und ich bin auch überzeugt davon dass es richtig ist mal darüber zu sprechen, oder traut ihr euch nicht, eure Gefühle zu teilen? Hats eure Erziehung geschafft, ein »das geht nur mich was an« Wesen aus euch zu machen? Würde mich echt freuen, wenn über dieses Thema mal ne rege Diskussion in Form von Schrift und Wort erfolgen würde, wir müssen noch soviel lernen – oder nur ich? Naja, ich hab was, think positive, drink positive – und ändere dich (wie war das vorhin mit Zielen/ändern etc. ...)
Trust #3 – November 1986
Neulich hab ich mir mal wieder Gedanken über meine/unsere Zukunft gemacht, natürlich bin ich nicht auf DIE Lösung gekommen. Also haltet mir nicht schon wieder vor, ich würde nur Themen anschneiden, ohne sie ausführlich zu behandeln. Die Themen sind einfach zu komplex, als dass man sie in dieser Form erörtern könnte, auch kann ich keine Patentlösung anbieten, ich spreche bewußt nur die Sachen an, den Rest könnt Ihr Euch selbst überlegen – oder wenn ihr wollt auch wieder kritisieren. Aber zurück zu der Zukunft – wie lange wird es das TRUST noch geben, in dieser Regelmäßigkeit und Form? Sagen wir mal ein Jahr. Wenn wir es geschafft haben den Vertrieb bis dahin zu organisieren (ist ja nicht unsere Schuld – siehe sonstwo im Heft) kann bzw. denken wir an eine Auflagensteigerung, warum auch nicht? Das hat aber eigentlich gar nichts mit dem Kernpunkt zu tun, also bin ich mal ganz direkt. Ich mach momentan soviel (??) für die Szene, dass ich nebenbei gar nicht mehr die Zeit habe einen Job zu haben um Kohle zu verdienen. Geld brauch ich aber, und da stellt sich die Frage, soll ich meine Aktivitäten zurückschrauben um auch noch Zeit für nen Job zu haben oder soll ich versuchen irgendwie davon zu leben? Ich würde es vorziehen noch mehr zu machen und davon zu leben, klar, Kommerz hör ich jetzt schon wieder die ersten schreien, aber egal, schreit nur, wir sprechen uns wieder wenn ihr in fünf Jahren immer noch schreit. Ich frage mich nur, ob es überhaupt möglich ist von den Dingen die ich z.Zt. mache, sprich TRUST & Co, zu leben. Bisher ists ein +0 Geschäft bzw. zahl ich noch eher drauf – und zumindest das muß aufhören. Ich finde es gar nicht schlimm wenn jemand von dem, was er macht, lebt, es kommt eben drauf an, wie. Man kann Leute ausbeuten oder aber korrekt sein und solange jemand korrekt ist, gibts nichts dran auszusetzen, oder? Ich hab halt immer noch meine idealistische Einstellung, dass es möglich ist eine gute Szene aufzubauen, ohne Kommerz und Ablinkerei. Aber da scheiterts oft an den Fähigkeiten der Leute. Ein ziemlich leistungfähiger sogenannter Independent-Vertrieb, für mich ist es keiner, ist EFA, ich bin mir sicher, wenn es einer aus der echten Independent-Szene schaffen würde, ähnlich ›gut‹ zu arbeiten, dass dann einige Leute umsteigen würden, aber solange die Szenster keine Alternative zu dem Bestehenden bieten, wird eben immer noch zu den Großen gerannt. Da gibts unzählige Kleinvertriebe die zehn-zwanzig Platten verkaufen und dann Schwierigkeiten haben, nicht dass ich diesen Leuten ausreden will was sie machen, aber einige sollten sich doch mal überlegen ob sies nicht besser machen könnten. Oder, Gigs, da gibts Leute, die haben die Möglichkeit in ihrer Stadt/Umgebung Gigs zu machen, und dann machen sie das mit einem Eifer dass einem schlecht wird. Warum ist es nicht möglich irgendwo anzurufen, Bescheid zu geben welche Band zu welchem Zeitpunkt wo spielen will usw. und derjenige dann zu einem ausgemachten späteren Zeitpunkt wieder zurückruft und sagt was Sache ist – Nein, da muß man dann immer wieder selbst nachfragen ohne irgendwelche konkreten Infos zu erhalten und die Telefonrechnung steigt und steigt, für völlig sinnlose Actions. Es gibt zum Glück in D-land einige Leute die die Sache geblickt haben, aber sicher noch nicht genug. Stop, da fällt mir noch was ein – einige werden bestimmt meinen, warum soll der von der Sache leben und ich nicht? Ganz einfach, es steht jedem frei genau das zu machen, was ›der‹ auch macht, also mach! Hier ist dann wieder die neue Frage, stell dir vor jeder in der Szene würde Gigs, Zine, Touren, Band, Vertrieb machen, dann ist irgendwann mal zuviel da, ich glaub aber dieses Problem wird eh nicht auftreten. Trotzdem wäre es zu überlegen mal was Neues zu starten, eben nicht den üblichen Vertrieb, Tape-Sampler, etc., lasst euch doch mal was einfallen. Ach ja, wenn ihr meint dass ihr jetzt schon durch den Kauf des Heftes meinen Lebensunterhalt zahlt liegt ihr falsch – ich hab die Sache nur mal angesprochen, davon, dass ich/wir es jetzt so machen war kein Wort, mal sehen wie es weitergeht. Jetzt noch was, ich werde sehr wahrscheinlich ab ca. Mitte November für vorerst zwei Monate nach Kalifornien gehen, sollte es nicht klappen erübrigt sich das hier. Wenn ich weg bin kann ich logischerweise keine Post usw. machen, also, ich bin praktisch für ne kleine Zeit außer Betrieb (wenns ganz dringend ist bin ich über die MRR- Adresse zu erreichen). Aber ich komme wieder zurück und dann gehts volle Kanne weiter! Jetzt möchte ich zum Abschluß zwei berühmte Männer zitieren, das eine ist von Mykel Board: »It is just that the consumers pay in money, the producers in time and effort. Thats the deal.« Das andere ist von Goethe: »Andere verschlafen ihren Rausch, meiner steht auf dem Papier.« Wir sehen uns – MACHT WEITER!!
Trust #4 – Januar 1987
Ich glaube an Kapitalismus – hat mir neulich jemand gesagt, allerdings mit dem Anhang – wenn niemand damit ausgebeutet wird. Nun, außer einer langen Unterhaltung hab ich da noch … Kapitalismus in der Form wie er jetzt besteht, ist schlecht, da gibts keine Zweifel. Die einen, die etwas fixer sind, haben alles und die anderen haben nichts und werden von den Kapitalisten ausgebeutet. Das nix gut. Nehmen wir also mal an, Kapitalismus ohne Ausbeutung, d.h. für mich, dass jeder versucht möglichst viel Geld zu verdienen und darauf achtet, dass er niemanden ausbeutet. Klingt nicht schlecht, jeder hat Geld und kann es auch ausgeben, z.B. fürs Kino, für Essen, wenn es langweilig ist einkaufen gehen, STOP, aus Langweile einkaufen?? Ja, die Amis machen das, und mein Freund meinte dazu – ist doch ok, du gibst dein Geld für Gigs aus, die eben für shopping. Ja es stimmt schon, beides wird zur Unterhaltung gemacht, aber aus Langeweile einkaufen?? Versteh ich das als Europäer nicht oder ists nicht richtig? Es ist nicht richtig, für mich auf jeden Fall nicht, denn das ist unnötiges Konsumieren, wenn man nichts braucht und einfach aus Entertainment irgendwas kauft, ist das so als ob man auf nen Gig geht und überhaupt kein Interesse an den Bands und Leuten hat, reines konsumieren eben (Jetzt würde mein Freund wieder sagen, was ist denn schlecht an Konsum … aber lassen wir das, würde wohl doch zu weit führen). Nun bin ich zwar etwas vom Thema weg, aber ich kann ja hier wieder weiter machen. Die Frage ist ja, braucht der Mensch überhaupt soviel Geld und wenn ja, wieviel denn mindestens oder höchstens. Da ja jeder verschiedene Ansprüche stellt dürfte die Frage nicht so einfach zu beantworten sein, vielleicht so, dass es jedem gut geht? Aber dem einen gehts halt erst gut wenn er ein paar Mille verdient … & diese Anhäufung von Kapital wird dann praktisch immer auf Kosten anderer gemacht. Was mich wieder zu dem Schluss kommen lässt, nicht der Kapitalismus ist das Übel, sondern der Mensch, der gierig und machtgeil ist. Wäre er das nicht, würde alles viel einfacher sein, aber … Zu dem Schluss, dass der Mensch die Wurzel allen Übels ist, komm ich zwar meistens, aber was solls, ist nun mal die Wahrheit.
Trust #5 – März 1987
Neulich ist mir mal wieder was durch den Kopf geschossen, wie immer eine sehr komplexe Idee, mal sehen was draus wird. Das ganze dreht sich um das Wörtchen TOLERANZ bzw. INTOLERANZ. Wo ist da die Frage nach was wohl richtiger ist, werden sich wahrscheinlich einige Fragen, ist ja klar, Toleranz ist das was wir brauchen. Intolerant sind nur die Spießer und ähnliches Gesocks. Wollen doch mal sehen was das Wörterbuch zu dem Wort sagt, shit, ich hab ja gar kein Wörterbuch – also werde ich es mal aus meiner Erinnerung versuchen. Toleranz bedeutet, dass man andere Ideen/Lebewesen/Lebensformen, eben alles, was von der eigenen Einstellung abweicht, duldet (so seh ich es wenigstens). Dulden heißt aber noch lange nicht, dass man das Anderssein auch für gut befindet, man duldet es eben nur. Auch wenn man machmal lieber etwas dagegen machen oder sagen würde; da man ja aber nicht intolerant sein will, hält man eben den Mund und ist tolerant. Also ist es ja gar nicht tolerant, wenn sich innerlich alles dagegen strebt und man nur äußerlich tolerant ist, oder? Nun, man ist eben zur Außenwelt tolerant, hat eben doch noch seine kleine Intoleranz in sich. Sicherlich gibts auch die Toleranz, die nicht nur äußerlich, sondern innerlich ist. Das heißt also, man ist völlig tolerant und schert sich einen Dreck drum ob jemand seine Pomm Fritz mit der Gabel oder mit den Fingern ist. Das also erstmal zur Toleranz, jetzt weiter zur Intoleranz. Intolerant bedeutet, dass man andere Ideen/Lebewesen/Lebensformen, eben Dinge, die von der eigenen Einstellung abweichen, nicht duldet. Nicht dulden heißt in dem Fall also, es wird etwas dagegen unternommen, verbal oder sonstwie. Das heißt also, diese Leute sind zu ihrer Außenwelt intolerant und sind auch innerlich intolerant (natürlich gibts auch einige Fälle wo es vorkommt, dass man gewisse Dinge innerlich toleriert und sich der Umwelt gegenüber intolerant äußert, da eine Furcht besteht seine wahre Toleranz zu zeigen, das soll aber diesmal nicht mein Thema sein), weil sie sich eben um verschiedene Dinge kümmern. Nun sind wir an dem wichtigen Punkt angelangt. Wenn intolerante Leute sagen, was ihnen nicht passt oder sich drum kümmern, etwas zu ändern, während die toleranten alles dulden, weil es ihnen gleichgültig ist – dann stellt sich doch wohl die Frage, was besser ist. Ich weiß, so pauschal kann man das nicht sagen, da es ja ein großer Unterschied ist ob jemand duldet, wie eine andere Person isst, oder ob geduldet wird, wenn jemand unterdrückt wird. Ebenso besteht wohl zweifelsohne ein gewaltiger Unterschied, ob jemand gegen eine andere Person etwas unternimmt, weil ihm dessen Haarfarbe nicht passt oder weil er Frauen vergewaltigt. Für mich besteht da auf jedenfall einer. Was will ich jetzt mit diesen Überlegungen sagen, nicht das Toleranz in Zukunft automatisch mit Gleichgültigkeit gleichzusetzen ist (obwohl es irgendwo doch richtig ist) oder Intoleranz automatisch bedeutet, dass man sich um Dinge kümmert. Für mich haben nach all diesen Überlegungen die beiden Wörter Toleranz und Intoleranz einen ganz anderen Wert und ich werde in Zukunft sorgsamer damit umgehen. In diesem Fall bin ich nämlich intolerant und es ist mir nicht gleichgültig wie ich diese Wörter verwende, ich bin also intolerant, toleriere aber, wenn du dir keine Gedanken über das Geschriebene hier machst, das zeigt nämlich nur wie tolerant du bist, soll ich jetzt etwa sagen: Sei intolerant???
Jetzt noch was anderes, wie die meisten von euch ja mitbekommen haben war ich für zweieinhalb Monate in den USA. Ich wollt eigentlich wieder ein TRIPZINE machen, was mir allerding etwas schwerfallen dürfte, da ich fast die ganze Zeit in San Francisco war, also nicht besonders viel rumgetrippt bin. Das heißt also, das ganze dürfte mehr so tagebuchmässig ausfallen. Da ich ja niemanden langweilen will, frag ich also jetzt einfach ob Leute da sind, die über meinen Aufenthalt dort drüben (bzw. hier) lesen wollen was ich gemacht und erlebt hab, was für Leute und Konzerte ich gesehen hab usw. Ich kann für nichts garantieren, weiß aber, dass bei Interesse das ganze Ding von der Aufmachung her so ausfallen wird, wie das letzte Tripzine, wird allerding so ca. zwanzig A4-Seiten haben. Also bei Interesse bitte eine kurze Postkarte schreiben, wenn genügend Leute Bock drauf haben werd ich das Ding fertigstellen und drucken und dann zu einem billigen Preis unter die Leute bringen. Ich würds ganz gern machen.
Trust #6 – Mai 1987
Anfang des Jahres war ich mir schon ziemlich sicher, dass dieses Jahr ›Wechsel‹ bringen wird. Ich mein jetzt nicht große Veränderungen im Sinne von Revolution oder so, sondern einfach irgendwelche Veränderungen in der Szene (die gabs früher und wird es auch weiterhin geben – logo – aber trotzdem). In den letzten drei, vier Monaten ist mir bei Gesprächen aufgefallen, dass sich viele Leute Gedanken über dieselben Themen machen und sich mit denselben Problemen beschäftigen, die auch mir so im Kopf rumschwirren … Es ist zwar schon irgendwie gut, wenn man seit Jahren aktiv ist (Band, Zine, Gigs, Vertrieb, Touren, usw.), aber auf der anderen Seite, was hat sich denn schon groß geändert? Nicht sehr viel, und deshalb denken viele Leute darüber nach, ohne auf eine vernünftige Lösung oder den Grund für dieses Ausbleiben zu kommen. Der Grund, warum ich hier von »Wechseljahr« spreche ist, dass eben einige Leute erkannt haben, dass es auf die Dauer nicht befriedigt, ›nur‹ in einer Band zu spielen oder ›nur‹ Gigs zu veranstalten und dadurch alles gut wird, sondern die Leute anfangen zu denken und gut draufkommen. Ich bin schon überzeugt, dass es sich jetzt zeigen wird, ob – vor allem ›alte‹ Leute – frustriert und desillusioniert von der Szene abspringen, oder ob alle auch in Zukunft genügend Energie haben alles durchzuziehen, um die Sache aufrechterhaltend voranzubringen. Oft ist dies aber garnicht so einfach, denn dadurch, dass sich die Leute untereinander schon ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Über dieses Buch
  2. Vorwort von Jan Röhlk
  3. Vorwort von Ian MacKaye
  4. Ian interviewt Dolf
  5. Trust #1 – Juli 1986
  6. Trust #2 – September 1986
  7. Trust #3 – November 1986
  8. Trust #4 – Januar 1987
  9. Trust #5 – März 1987
  10. Trust #6 – Mai 1987
  11. Trust #7 – Juni 1987
  12. Trust #8 – September 1987
  13. Trust #9 – November 1987
  14. Trust #10 – Januar 1988
  15. Trust #11 – März 1988
  16. Trust #12 – Mai 1988
  17. Trust #13 – Juli 1988
  18. Trust #14 – September 1988
  19. Trust #15 – November 1988
  20. Trust #16 – Januar 1989
  21. Trust #17 – März 1989
  22. Trust #18 – Mai 1989
  23. Trust #19 – September 1989
  24. Trust #20 – November 1989
  25. Trust #21 – Januar 1990
  26. Trust #22 – März 1990
  27. Trust #23 – Mai 1990
  28. Trust #24 – September 1990
  29. Trust #25 – November 1990
  30. Trust #26 – Februar 1991
  31. Trust #27 – April 1991
  32. Trust #28 – Juni 1991
  33. Trust #29 – August 1991
  34. Trust #30 – Oktober 1991
  35. Trust #31 – Dezember 1991
  36. Trust #32 – Februar 1992
  37. Trust #33 – April 1992
  38. Trust #34 – Juni 1992
  39. Trust #35 – August 1992
  40. Trust #36 – Oktober 1992
  41. Trust #37 – Dezember 1992
  42. Trust #38 – Februar 1993
  43. Trust #39 – April 1993
  44. Trust #40 – Juni 1993
  45. Trust #41 – August 1993
  46. Trust #42 – Oktober 1993
  47. Trust #43 – Dezember 1993
  48. Trust #44 – Februar 1994
  49. Trust #45 – April 1994
  50. Trust #46 – Juni 1994
  51. Trust #47 – August 1994
  52. Trust #48 – Oktober 1994
  53. Trust #49 – Dezember 1994
  54. Trust #50 – Februar 1995
  55. Trust#51 – April 1995
  56. Trust #52 – Juni 1995
  57. Trust #53 – August 1995
  58. Trust #54 – Oktober 1995
  59. Trust #55 – Dezember 1995
  60. Trust #56 – Februar 1996
  61. Trust #57 – April 1996
  62. Trust #58 – Juni 1996
  63. Trust #59 – August 1996
  64. Trust #60 – Oktober 1996
  65. Trust #61 – Dezember 1996
  66. Trust #62 – Februar 1997
  67. Trust #63 – April 1997
  68. Trust #64 – Juni 1997
  69. Trust #65 – August 1997
  70. Trust #66 – Oktober 1997
  71. Trust #67 – Dezember 1997
  72. Trust #68 – Februar 1998
  73. Trust #69 – April 1998
  74. Trust #70 – Juni 1998
  75. Trust #71 – August 1998
  76. Trust #72 – Oktober 1998
  77. Trust #73 – Dezember 1998
  78. Trust #74 – Februar 1999
  79. Trust #75 – April 1999
  80. Trust #76 – Juni 1999
  81. Trust #77 – August 1999
  82. Trust #78 – Oktober 1999
  83. Trust #79 – Dezember 1999
  84. Trust #80 – Februar 2000
  85. Trust #81 – April 2000
  86. Trust #82 – Juni 2000
  87. Trust #83 – August 2000
  88. Trust #84 – Oktober 2000
  89. Trust #85 – Dezember 2000
  90. Trust #86 – Februar 2001
  91. Trust #87 – April 2001
  92. Trust #88 – Juni 2001
  93. Trust #89 – August 2001
  94. Trust #90 – Oktober 2001
  95. Trust #91 – Dezember 2001
  96. Trust #92 – Februar 2002
  97. Trust #93 – April 2002
  98. Trust #94 – Juni 2002
  99. Trust #95 – August 2002
  100. Trust #96 – Oktober 2002
  101. Trust #97 – Dezember 2002
  102. Trust #98 – Februar 2003
  103. Trust #99 – April 2003
  104. Trust #100 – Juni 2003
  105. Trust #101 – August 2003
  106. Trust #102 – Oktober 2003
  107. Trust #103 – Dezember 2003
  108. Trust #104 – Februar 2004
  109. Trust #105 – April 2004
  110. Trust #106 – Juni 2004
  111. Trust #107 – August 2004
  112. Trust #108 – Oktober 2004
  113. Trust #109 – Dezember 2004
  114. Trust #110 – Februar 2005
  115. Trust #111 – April 2005
  116. Trust #112 – Juni 2005
  117. Trust #113 – August 2005
  118. Trust #114 – Oktober 2005
  119. Trust #115 – Dezember 2005
  120. Trust #116 – Februar 2006
  121. Trust #117 – April 2006
  122. Trust #118 – Juni 2006
  123. Trust #119 – August 2006
  124. Trust #120 – Oktober 2006
  125. Trust #121 – Dezember 2006
  126. Trust #122 – Februar 2007
  127. Trust #123 – April 2007
  128. Trust #124 – Juni 2007
  129. Trust #125 – August/September 2007
  130. Über den Autor
  131. Über Fuego
  132. Impressum