Teil II
Die Dimensionen der Manifestation
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Die Dimension der Außenwelt
Die erste Dimension des Bewusstseins
Die erste Dimension ist die Dimension der äußeren Welt. Diese äußere Welt umfasst mein Haus, mein Zimmer, mein Gespräch mit Ihnen am Telefon. Sie umfasst alle Dinge und Menschen in meinem Leben und auch alle Regeln, die den Umgang mit ihnen und unter ihnen prägen. Wenn ich eine Bank ausraube und gefasst werde, wandere ich vermutlich ins Gefängnis. Auf den ersten Blick scheint diese Dimension leicht zu verstehen. Da ist ein Mensch, ein Auto, eine Bank und so weiter. Doch in Wirklichkeit hindern unsere inneren Dialoge, unsere Trancezustände sowie Falscher Kern und Falsches Selbst, die unsere Wahrnehmung an die Vergangenheit »festnageln«, uns daran, diese Welt wirklich wahrzunehmen. Wir erfahren die gegenwärtige äußere Welt nicht als gegenwärtige äußere Welt. Dabei ist etwas, was für die äußere Welt zutrifft, für eine der anderen Bewusstseinsebenen möglicherweise durchaus nicht richtig.
Der äußere Kontext steuert das Erleben
Dies lässt sich leicht daran erkennen, dass veränderte äußere Umstände auch unterschiedliche innere Reaktionen hervorrufen, die von unseren ungelösten Problemen abhängen. Stellen Sie sich vor, in Ihrem Leben liefe alles bestens. Sie hätten zwar keine Beziehung, aber Ihre Arbeit, Ihre Freunde, Ihr Lebensstil befriedigten Sie zutiefst. Alles wäre optimal und Sie fühlten sich bestens! Doch dann lernten Sie jemanden kennen, es würde eine intime Beziehung daraus und plötzlich wäre alles anders. Ihre psychischen und emotionalen Probleme kämen plötzlich an die Oberfläche. Weshalb? Nun, die Veränderungen in der Außenwelt rufen ungelöste innere Probleme wach.
Übungen für die erste Bewusstseinsdimension
(Die folgenden beiden Übungen entstammen meinem Buch Das Tao der Meditation und können dort genauer nachgelesen werden.)
Die Außenwelt als Außenwelt wahrnehmen
Schritt 1: | Schauen Sie sich langsam im Raum um und betrachten Sie die Menschen und Gegenstände. Achten Sie darauf, welche Erinnerungen, inneren Stimmen und Assoziationen von selbst in Ihnen aufsteigen. |
Schritt 2: | Sehen Sie sich jetzt im Raum um, ohne auf Ihre Gedanken, Erinnerungen, Emotionen, Assoziationen, Wahrnehmungen, Absichten oder Zielvorstellungen zurückzugreifen. |
Schritt 3: | Machen Sie sich bewusst, wie unterschiedlich die Erfahrungen in Schritt 1 und in Schritt 2 waren. |
Das bewusste Wahrnehmen stabilisieren
Inhalt dieser Übung ist es, ein Objekt im Raum zu betrachten und dann Ihre Energie einfach »abzuziehen«. Auf diese Weise löschen Sie mit dem Gedanken an diesen Gegenstand und den Eindruck, den Sie von ihm haben, auch alles Wissen um diesen Gegenstand aus. (Vijnana-Bhairava nach Jaideva Singh)
Schritt 1: | Suchen Sie sich einen Gegenstand im Raum. Ziehen Sie dann Ihre Aufmerksamkeit von diesem Gegenstand wieder ab. Mit anderen Worten: Ihre Aufmerksamkeit geht von Ihnen aus und bewegt sich auf den Gegenstand zu – auf das Sofa zum Beispiel. Statt die Aufmerksamkeit nun weiter »auszuschicken« nehmen Sie sie zurück. Ziehen Sie dann die Aufmerksamkeit zurück, bevor Sie einen Eindruck von diesem Gegenstand haben. |
Schritt 2: | Schließen Sie kurz die Augen. Wenn Sie sie wieder öffnen, suchen Sie den Augenkontakt mit einer Person im Raum. Nehmen Sie dann Ihre Energie in sich zurück, bevor in Ihrem Geist Eindrücke, Gedanken oder Informationen über diese Person entstehen. Ziehen Sie die Aufmerksamkeit einfach immer stärker zurück. |
Schritt 3: | Schließen Sie wieder die Augen. Wenn Sie sie öffnen, suchen Sie den Augenkontakt mit einem anderen Menschen. Auch hier nehmen Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder zurück, bevor Sie mit dem visuellen Eindruck irgendetwas verbinden können. Suchen Sie den Raum vor den Gedanken, Informationen oder Wahrnehmungen, die Sie von dieser Person haben mögen. |
Schlussbetrachtung
Achten Sie darauf, wie verschieden Ihre Erfahrung von der Außenwelt ist, wenn Sie sie nicht mit Gedanken, Eindrücken etc. belasten. Dies ist die Außenwelt als Außenwelt. Wenn Sie sie erfahren, wie sie ist, dann ist Ihr Geist der Anfängergeist, von dem Suzuki Roshi sprach. Ein Geist, der das Außen einfach sein lässt – ohne Urteile, Bedeutungen oder Einschätzungen, die er ihm zuordnet.
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Die Dimension des Denkens
Die zweite Dimension des Bewusstseins
Auch Denken scheint ein relativ klarer Begriff zu sein; allerdings gehören aus der Sicht der Quantenpsychologie zur Ebene des Denkens nicht nur Gedanken, Glaubenssätze und Wertvorstellungen, sondern auch geistige Bilder, Fantasien, Erinnerungen, Assoziationen und Konzepte. Was in der Dimension des Denkens stimmt, muss für die anderen Dimensionen keineswegs richtig sein.
(Genaueres zu dieser Dimension können Sie nachlesen in meinem Buch Der Weg des Menschen, Band 1.)
Noch einmal: »Ungekochte Saat«
Die Quantenpsychologie lehrt, wie Sie die unbehandelten Samen Ihrer Persönlichkeit in der Pfanne der Achtsamkeit rösten, sodass sie nicht mehr treiben und neue Früchte tragen können.
Allen Samen wohnt das Potenzial inne auszutreiben, sobald die Bedingungen im Kontext (also in der Außendimension) sich entsprechend verändern. Dies gilt auch, wenn man von einer Außendimension in eine andere wechselt.
Die Quantenpsychologie geht dabei folgenden Weg: Sie zeigt Ihnen, wie Sie sich Ihre Grundstruktur aus Falschem Kern und Falschem Selbst bewusst machen und sie dann abbauen können. Obwohl diese Grundstruktur sich hauptsächlich auf der biologischen, emotionalen und gedanklichen Ebene bemerkbar macht, finden ihre Auslöser sich ausschließlich in der Ebene der Außenwelt. Wenn aber ihre unbehandelten Samen nicht mehr sprießen können, wird Ihre Aufmerksamkeit nicht mehr länger von ihnen gefesselt und kann sich wieder auf die wesentlichen Teile der Essenz, des Ich bin, des Nicht-Ich-Ich richten, deren wir uns so gewahr werden.
Der wichtigste unbehandelte Samen unserer Persönlichkeit ist eben die Grundstruktur aus Falschem Kern und Falschem Selbst, denn um sie herum baut sich die gesamte psychische Struktur dessen auf, was Sie als Ihr »Ich« bezeichnen.
Quantenpsychologische Übung
Um ein Gespür dafür zu bekommen, dass Gedanken etwas sind, das kommt und geht, legen oder setzen Sie sich nun bitte bequem hin und schließen Sie sachte die Augen. Jedes Mal, wenn ein Gedanke auftaucht, fragen Sie sich: »Wohin geht dieser Gedanke?«
Wenn Sie Ihren geistigen Aktivitäten nachgehen, erscheinen Ihnen diese anfangs als ein Muster, ein Gewebe aus lauter fließenden Gedanken: ein Gedanke …, noch einer …, wieder einer. Aber je weiter Sie in der Übung fortschreiten, desto klarer treten Ihnen die Zwischenräume vor Augen. Sobald Sie diese bemerken, verharren Sie bitte in dem Raum zwischen den Gedanken.
Schritt 1: | Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf einen Gedanken, den Sie gerade denken, oder ein Gefühl, das Sie eben empfinden. |
Schritt 2: | Ziehen Sie dann Ihre Aufmerksamkeit von dem Gedanken bzw. Gefühl ab, bevor irgendeine Information dazu in Ihrem Kopf auftaucht. |
Schritt 3: | Betrachten Sie den Gedanken oder das Gefühl nun von diesem Raum aus. |
Schritt 4: | Achten Sie darauf, was geschieht. |
Wie man das Bewusstsein der zweiten Dimension entwickelt
Aspekte des Bewusstseins
(Diesen Prozess habe ich zuerst in meinem Buch Die alltägliche Trance beschrieben.)
Das differenzierende (geteilte) Bewusstsein weiß zu unterscheiden. Es ist ein subtiles Etwas, das Unterscheidungen kennzeichnet. Diese Ausprägung des Bewusstseins lässt uns den Unterschied zwischen Tisch und Stuhl oder zwischen Ihrem Arm und meinem Kopf erkennen. (Das differenzierende Bewusstsein verfügt über ein separates »Ich«, in dessen Psychologie unsere Neigung zum Vergleichen, Liebermögen etc. verankert ist. Das ungeteilte Bewusstsein hingegen kennt keine Vorlieben oder Vergleiche. Es ist leerer als die Leerheit selbst und weist keinerlei Ich-Vorstellung mehr auf. Aus diesem Grund meinte ein großer Zen-Meister auch, dass der große Weg leicht zu gehen sei – für diejenigen, welche ihre Zu- und Abneigungen aufgegeben haben.)
Auf einem subtileren Niveau ermöglicht es uns zwischen einem Gedanken und einem Gefühl, einem Laut und einer visuellen Wahrnehmung, einer Erinnerung und einem gegenwärtigen Erlebnis zu unterscheiden. Doch leider bringt das Bewusstsein diese subtileren Ebenen häufig durcheinander, was eine Menge Chaos verursacht, weil wir dann nicht mehr genau wissen, was jetzt geschieht bzw. was bereits geschehen und nur in unserer Erinnerung präsent ist.
Bevor wir uns der Leerheit des ungeteilten Bewusstseins zuwenden können, sollten wir uns die unterschiedlichen subtilen Aspekte des Bewusstseins klar machen. Ich habe diesen Aspekt bereits im Hinblick auf die Trancen der Persönlichkeit behandelt. Näheres dazu finden Sie in meinen Büchern Die alltägliche Trance und Die dunkle Seite des inneren Kindes. Wie ich bereits erwähnt habe, sagte mein Lehrer Nisargadatta Maharaj häufig: »Bevor du etwas aufgeben kannst, muss du zuerst wissen, worum es sich handelt.«
Zu Beginn dieses Prozesses müssen wir uns also den einzelnen Aspekten unseres Bewusstseins zuwenden und diese studieren. Diese Aspekte fungieren oft als Trance. Wir werden uns in der Folge die Bedeutung dieser Trancen erarbeiten und erkennen, wie sie uns an der Wahrnehmung der gegenwärtigen Realität hindern.
Definitionen
Die folgenden Definitionen habe ich dem American College Dictionary von 1963 entnommen, welches den durchschnittlichen Sprachgebrauch aller Amerikaner erfasst und wiedergibt.
Gedanke: Meint den einzelnen Denkvorgang; eine Idee oder Vorstellung.
Innerer Dialog: In meinem Buch Die alltägliche Trance wird dieser Bewusstseinsvorgang auch als »posthypnotische Suggestion« bezeichnet. Es handelt sich hier um innere Stimmen, die bestimmte Resultate suggerieren. So sagt zum Beispiel eine innere Stimme: »Das wird nie klappen.« Oder: »Ich weiß, dass du dich von mir trennen wirst, also ziehe ich mich lieber gleich zurück und lasse mich nicht w...