Jiftach und seine Tochter
eBook - ePub

Jiftach und seine Tochter

Eine biblische Tragödie

  1. 240 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Jiftach und seine Tochter

Eine biblische Tragödie

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Es gibt Geschichten, von denen mancher wünscht, sie stünden besser nicht in der Bibel. Die Erzählung von "Jiftach und seiner Tochter" aus dem Buch der Richter gehört zu ihnen. Kaum ein Prediger, der den Mut hat, sie seiner Gemeinde zuzumuten. Die Urteile, die die Ausleger der zurückliegenden Jahrhunderte über Jiftach fällten, können widersprüchlicher nicht sein. Wer oder was war dieser Richter aus Israel? Glaubensheld oder Kindermörder, Täter oder Opfer, Sieger oder Verlierer? Oder war er vielleicht beides in einer Person? Verdichtet sich in seiner Gestalt und der seiner Tochter die Paradoxie des Glaubens, in dem der Unglaube wohnt, des Glücks, in dem das Unglück rumort, des Sieges, der zur Niederlage wird?Es gibt kaum einen zweiten Text in der Bibel Israels, der sich diesen Fragen in aller Radikalität stellt und seine Leser herausfordert, selbst nach Antworten zu suchen, nach einem Sinn im scheinbar sinnlosen Geschehen. In Jiftach und seiner Tochter begegnet uns das Phänomen des Tragischen, wie es auch Lion Feuchtwanger in seinem letzten Roman von 1957 ("Jefta und seine Tochter") bewegend beschrieben hat, das den Menschen, sei er religiös oder nichtreligiös, nie zur Ruhe kommen lässt.[Jephthah and his Daughter. A Biblical Tragedy]There are stories that many would wish were better not in the Bible. The story of "Jephthah and his daughter" from the Book of Judges is one of them. There is hardly a preacher who has the courage to expose it to his congregation. The judgments that the exegetes of the past centuries made about Jephthah could not be more contradictory. Who or what was this judge from Israel? Hero of faith or child murderer, perpetrator or victim, winner or loser? Or was he perhaps both in one person?There is hardly a second text in the Bible of Israel that confronts these questions in all their radical nature and challenges its readers to search for answers themselves, for a meaning in the seemingly senseless events. In Jephthah and his daughter we encounter the phenomenon of the tragic, as also Lion Feuchtwanger described it movingly in his last novel of 1957 ("Jephthah and his Daughter"), which never allows the reader, religious or non-religious, to come to terms with it.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Jiftach und seine Tochter von Rüdiger Lux im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Theology & Religion & Biblical Studies. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

B DARSTELLUNG

I. RICHTER, RETTER, HELDEN

Die Epoche zwischen der sogenannten Landnahme in Kanaan und dem Beginn des Königtums, die die Bibel Israels für die Richter reserviert hat, unterrichtet den Leser über Episoden aus der Frühgeschichte Israels in Kanaan. Die dominierenden sozialen Organisationsformen waren in jener Zeit die auf Verwandtschaftsstrukturen basierenden Sippen, Stämme, Städte und Siedlungsgemeinschaften, die mit- und nebeneinander existierten und interagierten. Einen sichtbaren Ausdruck fanden sie in den natürlichen, mitunter auch nur fiktiven Genealogien. Diese bilden eine »segmentäre Gesellschaft« ab,57 die sich aus unterschiedlichen und im Idealfall gleichberechtigten Segmenten mit je eigenen Herrschaftsstrukturen zusammensetzt. Segmentäre Gesellschaften kennen keine auf Dauer angelegte Zentralgewalt und leben nicht in durch feste Grenzen fixierten Territorien. Mit der Errichtung eines mehrere Stämme, Städte und Territorien übergreifenden Königtums als Zentralgewalt und der Ausbildung von staatlichen Strukturen gehen die Organisationsformen segmentärer Gesellschaften allerdings nicht verloren. Vielmehr weisen sie eine erstaunliche Vitalität und Beharrlichkeit auf und bilden oft noch Jahrhunderte lang ein spannungsreiches Gegenüber zur staatlichen Zentralgewalt. Die daraus entstehenden Konflikte lassen sich in manch einem afrikanischen oder auch vorderorientalischen Land bis in unsere Tage hinein beob achten, in denen Stammesscheichs und Warlords ihre eigenen Herrschaftsansprüche gegenüber den Zentralregierungen geltend machen. Dieses Modell der segmentären Gesellschaft entspricht am ehesten den im Richterbuch dargestellten Verhältnissen in der vorstaatlichen Zeit Israels. Dabei nahmen die Richter Funktionen wahr, die das Leben in und zwischen den jeweiligen Sippen, Siedlungen und Stämmen regelten.
Wenn das Richterbuch den Eindruck erweckt, dass es sich dabei um ein gesamtisraelitisches Amt gehandelt habe, dann kommt darin wohl die Sicht späterer Autoren zum Zuge.58 Sie projizierten das mehr oder weniger einheitliche Agieren des gesamten Volkes Israel in die vorstaatliche Zeit zurück, das sich erst nach und nach und oft genug nur recht unzureichend durch die Einführung des Königtums und die Herausbildung staatlicher Strukturen durchsetzen ließ. Auf diese Weise wurde aus den ganz unterschiedlichen Episoden, Anekdoten und Überlieferungen über die in einzelnen Stämmen und Regionen wirkenden Richtergestalten in der Frühzeit Israels ein strenger linearer und ganz Israel betreffender Geschichtsverlauf geformt. Dabei wurde das in Einzelfällen nicht auszuschließende zeitliche und territoriale Nebeneinander ihres Wirkens in ein Nacheinander umgeformt.
Das bedeutet allerdings nicht, dass es sich bei den Richtern Israels lediglich um erfundene Figuren gehandelt hätte, die ein fiktives Amt wahrnahmen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die ersten Leser der Texte mit dem erzählten Milieu, den sozialen Strukturen, Ämtern und Funktionen noch gut vertraut waren und etwas anzufangen wussten. Schließlich muss denjenigen, denen wir das Buch der Richter verdanken, daran gelegen gewesen sein, dass das von ihnen erzählte Geschehen ihren Lesern auch plausibel erschien. Und dieses Ziel ließ sich nur dadurch erreichen, dass sie auf bekannte Vorstellungen und Personen zurückgreifen konnten, die in den mündlichen Erzähltraditionen des Volkes lebendig waren. Daher bleibt nicht nur die historische Rückfrage danach legitim, wer die jeweiligen Richter Israels eigentlich waren, sondern auch die, was sie gewesen sind, welche Ämter und Funktionen sie in der Frühzeit Israels ausübten.
In der exegetischen Literatur hat sich die Unterscheidung zwischen den sogenannten »Großen« und den »Kleinen Richtern« eingebürgert. Diese hat allerdings weniger etwas mit dem Umfang des von ihnen überlieferten Materials zu tun. Vielmehr ist sie auch sachlich in unterschiedlichen von ihnen wahrgenommenen Funktionen oder Ämtern begründet.
Die sogenannten »Großen Richter« waren vor allem charismatische militärische Führungsgestalten und Retter (hebr. moschia), die ihre jeweiligen Stämme gegen deren Feinde in die Schlacht führten. Ihr Auftreten war nicht von Dauer, sondern begrenzte sich auf lokal und zeitlich begrenzte militärische Aktionen.59 Ihr Heldentum und ihr selbstloser, heroischer Einsatz lebte fort in der Erinnerung der Stämme, für die sie kämpften, sowie des Volkes Israel, das sich nach und nach daraus formierte.
Die »Kleinen Richter« (hebr. schofetim) nahmen dagegen in den Stämmen oder Siedlungsgemeinschaften ein eher auf Dauer angelegtes nichtkönigliches Leitungsamt wahr, das man mit dem eines Stammeshäuptlings oder Scheichs vergleichen könnte. Mitunter gewannen sie auch überregionale Bedeutung als »Schieds- und Friedensrichter« zwischen den Stämmen, bzw. als »Sachwalter einer Funktion zur Regulierung von Streit- und Problemfällen in Friedenszeiten«.60 Die Semantik des hebräischen Verbs schafat, mit dem diese Funktion bezeichnet wurde, ist aber sehr viel breiter und bezeichnet nicht nur die juridische Tätigkeit eines Richters bei der Beilegung von Konflikten, sondern kann auch mit »herrschen/regieren« wiedergegeben werden. Daher ist es durchaus angemessen, von ihnen auch als »Regenten« zu sprechen,61 zumal die altorientalischen Regenten und Könige immer auch eine juridische Funktion wahrgenommen haben.
Jiftach steht allerdings dafür, dass es immer wieder zu Überschneidungen zwischen dem zeitlich und lokal begrenzten militärischen Wirken der »Großen Richter« als Rettern einerseits sowie dem regional und eher auf Dauer angelegten Amt der »Kleinen Richter« als Regenten und Friedensrichtern andererseits kommen konnte.

2. JIFTACH IM DEUTERONOMISTISCHEN GESCHICHTSWERK

Die Erzählungen über den Richter Jiftach stehen in einem großen Erzählzusammenhang, einem Geschichtsdrama, das von der Schöpfung in 1Mose 1 bis zum Ende des Königtums und dem endgültigen Verlust des Landes sowie der Eigenstaatlichkeit des Volkes Israel in 2Kön 25 reicht. Dieser große Erzählbogen enthält im ersten Hauptteil die Tora (1Mose – 5Mose) und im zweiten Hauptteil das sogenannte Deuteronomistische Geschichtswerk (5Mose – 2Könige). Dabei handelt es sich um eine Geschichtskonstruktion, an der viele Hände und Jahrhunderte mitgeschrieben haben.62 Sie basiert auf dem Geist und der Theologie des Deuteronomiums (= 5Mose), das wie ein Scharnier die Tora mit der folgenden Geschichtserzählung in Josua bis 2Könige verbindet. Die Absicht dieser Konstruktion ist es, die wechselvolle und konfliktreiche Geschichte des Volkes Israel als einen Weg zur Darstellung zu bringen, der sich nicht allein aus sich selber, sondern nur aus dem Miteinander und auch Gegeneinander des Volkes mit seinem Gott JHWH heraus verstehen lässt. Er, JHWH, war es, der das Volk in der Väterzeit werden und wachsen ließ, der es unter der Leitung seines treuen Knechtes Mose aus der ägyptischen Knechtschaft zum Horeb/Sinai führte, sich als Eigentumsvolk erwählte, mit ihm einen Bund schloss und ihm die beiden Tafeln der Tora mit den Zehn Geboten übergab. Er führte und erhielt es in der Zeit einer vierzigjährigen Wüstenwanderung und brachte es schließlich unter der Leitung Josuas in das verheißene Land Kanaan. Israel war am Ziel! Alles, was ein Volk zum Leben braucht, hatte es gefunden, seinen Gott, seine Freiheit und sein Land. Nur eine Frage war nach dem Tod Josuas (Jos 24,29–31) offen geblieben. Wer sollte künftig die Stämme Israels in den unausbleiblichen Konflikten mit den im Lande verbliebenen Kanaanäern und ihren Nachbarn führen? Es stand also die Frage nach der Herrschaft und mit ihr die Frage nach einer wie auch immer gearteten politischen Struktur und Organisation der Stämme bzw. Stammesverbände in Kanaan zur Debatte. Genau an diesem Punkt setzt das Richterbuch ein:
»Nach dem Tod Josuas befragten die Kinder Israels JHWH: Wer soll für uns zuerst zu den Kanaanäern hinaufziehen, um gegen sie zu kämpfen?« (Ri 1,1)
Und es endet mit einer mehrfach wiederholten Feststellung:
»In jenen Tagen gab es noch keinen König in Israel. Jeder tat, was richtig war in seinen Augen.« (Ri 17,6; 18,1; 19,1; 21,25)
Daraus wird deutlich, dass das Buch in der biblischen Darstellung der Geschichte Israels die Lücke zwischen der Landnahme unter Josua und den Anfängen des Königtums zu füllen versucht.63 Und konsequenterweise salbt dann auch Samuel, der letzte Richter Israels (1Sam 7,15–17), Saul zum ersten König des Volkes (1Sam 9–10). Die Frage nach einer angemessenen Herrschaft für die Stämme Israels findet demnach erst außerhalb des Richterbuches mit der Errichtung des Königtums eine hinreichende Antwort. Dazwischen habe eine turbulente, häufig anarchische Epoche der Richter mit einem ständigen Auf und Ab der Geschicke des Volkes gelegen.

3. JIFTACHS ORT IM RICHTERBUCH

Das Richterbuch setzt mit einem Rückblick auf die sogenannte Landnahme durch die Stämme Israels ein. Dabei kommen sowohl die Erfolge (Ri 1,2–26) als auch die Niederlagen und Defizite zur Sprache. In knappen Auszügen werden die Berichte über die Einnahme des Landes aus dem Josuabuch noch einmal rekapituliert. In einem »negativen Besitzverzeichnis« (Ri 1,27–36) erfährt der Leser dann, welche Gebiete und Städte vor allem in den Ebenen die Stämme nicht einzunehmen vermochten. Und in Ri 2,1–5 erhält man eine Erklärung für diese unvollendete Landnahme. Ein namenloser Bote JHWHs wirft den Israeliten vor, dass sie bereits in dieser frühen Phase ihrer Geschichte den Bund mit JHWH gebrochen und sich mit den kanaanäischen Einwohnern des Landes und ihren Göttern eingelassen hätten. Desw...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Über den Autor
  4. Impressum
  5. Inhalt
  6. Vorwort
  7. A EINFÜHRUNG
  8. B DARSTELLUNG
  9. C WIRKUNG
  10. D VERZEICHNISSE