Ein Mann will nach oben
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Ein Mann will nach oben

  1. 668 Seiten
  2. German
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Ein Mann will nach oben

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Für die eBook-Ausgabe völlig neu überarbeitet und in aktualisierter Rechtschreibung || Hans Falladas Saga vom kleinen Mann, der nach oben will, lässt sich in seiner kraftvollen und stilsicheren Art nur mit Döblins Berlin Alexanderplatz vergleichen - und es ist schwer zu sagen, welcher der beiden Romane der beeindruckendere ist. Der 16jährige Waisenjunge Karl Siebrecht trifft im Jahr 1906 unerfahren und naiv in der Hauptstadt ein. Aber er weiß, was er will: "Berlin erobern", - denn unbändiger Ehrgeiz treibt ihn an. Zunächst schlägt er sich mit kleinen Aushilfsarbeiten durch, doch durch gute Ideen, einer Portion Skrupellosigkeit - und nicht zuletzt mit Hilfe von Frauen - nähert er sich seinem Ziel... |Neben Siebrecht ist Berlin über zwei Jahrzehnte hinweg die Hauptfigur des Romans: Die brodelnde Metropole der Zwischenkriegszeit ist durchschüttelt von den Wirbeln der Weltgeschichte: Krieg, Inflation, Massenarbeitslosigkeit, bis hin zu den Vorboten des Faschismus. || © Redaktion eClassica, 2018

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Information

Verlag
EClassica
Jahr
2018
ISBN
9783963611230

Erstes Buch – Der Jüngling

Vorspiel – Die kleine Stadt

1. Staub zu Staub

»Asche zu Asche! Erde zu Erde! Staub zu Staub!« rief der Pastor, und bei jeder Anrufung menschlicher Vergänglichkeit warf er mit einer kleinen Kinderschippe Erde hinab in die Gruft. Unerträglich hart polterten die gefrorenen Brocken auf das Holz des Sarges.
Den jungen Menschen, der hinter dem Geistlichen stand, schüttelten Grauen und Kälte. Er meinte, der Pastor hätte dem Vater die Erde sanfter ins Grab geben können. Doch als er nun selbst die Erde auf den toten Vater hinabwarf, schien sie ihm noch lauter zu poltern. Ein Schluchzen packte ihn. Aber er wollte nicht weinen, er wollte nicht hier weinen vor all diesen Trauergästen, er wollte sich stark zeigen. Fast hilfeflehend richtete er den Blick auf den Grabstein von rötlichem Syenit, der senkrecht zu Häupten des Grabes stand. »Klara Siebrecht, geboren am 16. Oktober 1867, gestorben am 21. Juli 1893« war darauf zu lesen. Von diesem Stein konnte keine Hilfe kommen. Die goldene Schrift war vom Alter schwärzlich angelaufen, das Sterbedatum der Mutter war zugleich sein Geburtstag; er hatte die Mutter nie gekannt. Und nun würde bald auch der Name des Vaters auf diesem Stein zu lesen sein mit dem Todestag: 11. November 1909.
Asche zu Asche! Erde zu Erde! Staub zu Staub! dachte er. Nun bin ich ganz allein auf der Welt, dachte er, und wieder schüttelte ihn ein Schluchzen.
»Gib mir die Schippe, Karl«, flüsterte der Onkel Ernst Studier und nahm sie ihm schon aus der Hand.
Karl Siebrecht trat verwirrt zurück neben Pastor Wedekind. Der gab ihm fest die Hand, sah ihm ernst ins Auge. »Ein schwerer Verlust für dich, Karl«, sagte er. »Du wirst es nicht leicht haben. Aber halte die Ohren steif und vergiss nicht, dass Gott im Himmel keine Waise verlässt!«
Und nun kamen sie alle, der Reihe nach, schüttelten ihm die Hand und sagten ein paar Worte, meist ermahnenden Inhalts, stark zu sein; sie alle, von dem gelblichen Onkel Studier an bis zu dem dicken Hotelier Fritz Adam. Und keiner von ihnen allen sagte auch nur ein nettes Wort über Vater, der ihnen doch immer gefällig und hilfreich gewesen war, viel zu gefällig und viel zu hilfreich, dachte der Sechzehnjährige mit Erbitterung. Aber ich will nicht so gutmütig sein wie Vater, dachte er. Ich werde in meinem Leben stark und hart sein!
Sein Herz wurde gleich wieder weich, als nun nach all den Männern als einzige Frau die alte Minna am Grabe stand, Minna mit ihrem wie aus Holz geschnittenen Gesicht, die schon bei seiner Mutter gedient und ihn großgezogen, die jahraus, jahrein den heranwachsenden Sohn betreut hatte. Ein sanftes Gefühl machte ihn beben, als er sie so starr und tränenlos am Grabe stehen sah. Arme alte Minna, dachte er. Was wird nun aus dir? Sie umfasste seine Hand mit einem Griff. »Mach schnell, dass du nach Hause kommst, Karl –«, flüsterte sie. »Du siehst schon ganz blau aus. Ich setze gleich was Warmes für dich auf!«
Nun gingen alle. Karl Siebrecht sah das Barett des Geistlichen schon nahe der Kirchhofspforte, ihm folgte in kleinem Abstande der Tross der Trauergäste. Alle hatten es eilig, aus dem eisigen Novemberwind zu kommen. »Nun mach schon zu, Karl!« drängte der Onkel Ernst Studier. »Deinem Vater ist auch nicht damit geholfen, dass wir hier stehen und frieren.«
»Recht hast du, Ernst!« stimmte der Hotelier Adam zu und setzte sich auf der anderen Seite Karl Siebrechts in Marsch. »Wir wollen sehen, dass wir rasch ins Warme kommen!«
Aber der Junge achtete gar nicht auf die lieblosen Worte der beiden. Ihm war es, als habe er hinter einem Grabstein etwas huschen sehen, nach dem Grabe des Vaters zu. Wirklich, es war Erika, seine kleine Nachbarin, die vierzehnjährige Tochter des Pastors Wedekind. Sie hatte sich heimlich zum Begräbnis geschlichen, und sie hätte doch in dieser Nachmittagsstunde im Handarbeitsunterricht sein müssen! Gute, kleine Erika – jetzt warf sie Blumen in das Grab …
»Was hast du denn, Karl?« rief der Onkel und hielt den Stolpernden. »Wo hast du denn deine Augen?«
»Süh mal süh«, sagte der Hotelier, und seine Augen waren vor heimlichem Vergnügen ganz klein geworden. »Ist das nicht Wedekinds Erika? Das sollte Pastor Wedekind wissen! Um deinen Vater ist die auch nicht hierhergekommen, Karl!«
»Das finde ich nicht hübsch von dir, Karl!« Onkel Ernst Studier führte den Jungen fast gewaltsam aus der Kirchhofspforte. »Am Begräbnistag deines lieben Vaters solltest du andere Dinge im Kopf haben! Und überhaupt: Du bist erst sechzehn, und sie kann kaum vierzehn sein …!«
»Was ihr auch immer gleich denkt!« rief der Junge zornig. »Wir sind nicht so, wie ihr – denkt!«
»Wir denken schon das Richtige – leider!« antwortete der Onkel streng. »Überhaupt, eine Pastorentochter steht viel zu hoch für dich«, erklärte er. »Du kannst froh sein, wenn dich irgendwer in die Lehre nimmt!«
»Das kannst du!« stimmte Adam zu. »Für einen Lehrling bist du mit deinen Sechzehn zu alt, und für die Schule ist kein Geld da!«
Aber Karl Siebrecht achtete nicht mehr auf ihr Geschwätz, er war nur froh, dass sie nicht mehr von Erika Wedekind sprachen. Mit Abneigung sah er auf die nüchternen Backsteinfassaden der märkischen Kleinstadt, auf die dürftigen Ladenauslagen der kleinen Krämer, wie der Onkel Ernst Studier einer war. Dreimal war er mit dem Vater in Berlin gewesen, immer nur auf ein paar Tage, aber doch hatte ihn die Großstadt bezaubert. Der Vater hätte gar nicht erst zu sagen brauchen: »Mach es nicht wie ich, Karl, setz dich nicht in einem solchen Nest fest. Alles wird klein und eng dort. Hier hat man Platz, hier kann man sich rühren.« Oh, er wollte sich rühren, die sollten ihn nicht halten können!
Vor dem Hotel »Hohenzollern« stand wartend ein ganzer Trupp der Leidtragenden. »Das hab’ ich mir doch gedacht!« rief Fritz Adam. »Ja, kommt nur alle ’rein, meine Alte hat das Grogwasser schon heiß! Das wird uns guttun! – Du darfst auch mitkommen, Karl! Heute darfst du ausnahmsweise ein Glas Grog trinken!«
»Nein, danke!« sagte Karl Siebrecht. »Ich geh schon nach Haus!«
»Wie du willst!« sagte der Hotelier etwas beleidigt. »Viel Grog wird dir in den nächsten Jahren bestimmt nicht angeboten!«
Und der Onkel Studier: »Um fünf sind wir dann alle bei dir und besprechen deine Zukunft. Sage der Minna, sie soll uns einen guten Kaffee kochen.«
Hinter der nächsten Hausecke wartete Karl Siebrecht, bis sie alle in Adams Hotel verschwunden waren. Dann lief er im Trab zum Friedhof zurück. Aber sosehr er sich dort auch umsah, es war alles leer und still. Seine kleine Freundin war schon gegangen. So schlich er leise an das Grab. Es lag, wie er es verlassen, die Totengräber waren noch nicht dagewesen. Er sah hinab auf den Sarg. Über der hinabgeworfenen Erde lagen drei Blumen, die sie gebracht, drei weiße späte Astern. Zwischen Schauder und Verlangen kniete er an des Vaters Grab nieder, beugte sich tief in die Gruft und nahm sich eine Blume vom Sarg.

2. Die Zukunft in der Küche

In der Stube redeten sie immer lauter; sie wurden wohl über seine Zukunft nicht einig. Der Junge starrte aus dem Küchenfenster in die vom Wind durchpfiffene nasse Novembernacht. Hinter seinem Rücken wirtschaftete die alte Minna mit ihren Töpfen am Herde. Jetzt schraubte sie den Docht der Petroleumlampe niedriger, dass die Küche fast im Dämmer lag. Sie sagte: »Es ist bald Abendessenszeit, soll ich dir Stullen machen, Karl?«
»Ich kann nicht essen – wenigstens so lange nicht, bis über meine Zukunft entschieden ist!«
»Da wird nicht viel zu entscheiden sein! Du wirst Verkäufer werden müssen bei deinem Onkel Ernst!«
»Nie, Minna! Das nie! Hast du wirklich gedacht, ich würde bei Onkel Ernst unterkriechen und in seinem Kramladen grüne Seife verkaufen? Nie – nie – nie!«
»Aber was dann, Karl? Du weißt, es ist kein Pfennig da. Wenn alles verkauft ist, reicht es vielleicht gerade für die Schulden. Was willst du denn anfangen?«
»Ich gehe fort, Minna. Minna, verrat mich nicht, ich gehe nach Berlin!«
»Das werden die nie erlauben!«
»Ich gehe, ohne sie zu fragen!«
»Aber was willst du denn in Berlin anfangen? Du hast nichts gelernt, du bist nur ein Schüler gewesen, du bist körperliche Arbeit nicht gewohnt!«
»Ich bin stark, ich bin stärker als alle, Minna. Ich will raus hier aus der Enge! – Ich hasse hier jeden Stein, jedes Haus, jedes Gesicht – nur dein gutes, altes Gesicht nicht, Minna! Ich will fort von dem allen, es hat den Vater kaputtgemacht, ich will nicht, dass es mir ebenso geht!«
»Du weißt nicht, Karl, wie schwer ein Leben ist, in dem man ganz auf sich allein gestellt ist!«
Karl Siebrecht rief mit heller Stimme: »Es soll ja schwer sein, Minna! Ich will gar kein leichtes Leben haben. Ich will viel werden, ich fühle dazu die Kraft in mir!«
Unbeirrt fuhr das alte Mädchen fort: »Und dann das Leben in der großen Stadt! Du, der nie ruhig sitzen kann, der jede freie Stunde draußen war – du willst immer in solchen hohen Steinhäusern hocken, ohne Licht und Sonne – du wirst todunglücklich dabei, Karl!«
»Und wenn ich dort unglücklich werde, Minna, so weiß ich, es hat sich gelohnt. Hier wäre ich auch jeden Tag unglücklich, und wofür, Minna, wofür? Was kann ich denn hier werden –?!«
»Man kann überall etwas Rechtes werden, Karl!«
»Das ist so ein Spruch, wie ihn der Pastor Wedekind sagt. Ich kann mit solchen Sprüchen nichts anfangen. Ich hab’s hier in der Brust, Minna, ich muss fort von hier, wo mich jedes Gesicht, jeder Baum an den Vater erinnert, wo sie alle in meinem Rücken flüstern: Das ist der Junge vom Maurermeister Siebrecht, der Bankrott gemacht hat!«
Sie hatte die Hände auf seine Schulter gelegt, sie sagte: »Also geh, mein Junge, geh! Ich halte dich gewiss nicht, wenn du musst!«
»Ja,...

Inhaltsverzeichnis

  1. Innentitel
  2. Klappentext
  3. Erstes Buch – Der Jüngling
  4. Zweites Buch – Der Mann
  5. Zum Autor
  6. Impressum
  7. Fußnoten