Achtsamkeit, Meditation & Psychotherapie
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Achtsamkeit, Meditation & Psychotherapie

Einführung in die buddhistische Psychologie

  1. 260 Seiten
  2. German
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Achtsamkeit, Meditation & Psychotherapie

Einführung in die buddhistische Psychologie

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Über dieses Buch

Chögyam Trungpas alles durchdringende Sicht auf das Verhältnis zwischen Buddhismus und westlicher Psychologie ist vor allem für Psychotherapeuten und all jene Menschen erhellend, die in Heilberufen mit dem Geisteszustand ihrer Patienten in Berührung kommen.In der hier erstmals vorgelegten Textsammlung stellt Chögyam Trungpa die buddhistischen Konzepte von Geist, Ego und Intelligenz vor. Vor diesem Hintergrund geht er der Frage nach, wie wir mit uns selbst und anderen arbeiten können, um die uns innewohnende geistige Gesundheit zu stärken: Hierbei bietet er eine Vielzahl von Hilfestellungen für Psychotherapeuten und für Menschen in Heilberufen an."Das bedeutet zunächst einmal, dass wir mit unserer natürlichen Fähigkeit zu menschlicher Wärme arbeiten. Zuerst können wir Wärme gegenüber uns selbst entwickeln und sie sich dann auf andere ausdehnen lassen. Das liefert die Grundlage für die Beziehung zu psychisch Kranken, zu anderen und zu uns selbst, alles im selben Rahmen. Ein Patient sollte spüren, dass Sie selbst Gesundheit ausstrahlen. Therapie muss auf gegenseitiger Wertschätzung beruhen. Man muss seine eigene Ungeduld loslassen und lernen, Menschen zu lieben. Das ist der Weg, grundlegende Gesundheit in anderen zu kultivieren."Chögyam Trungpa

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Information

Verlag
Arbor
Jahr
2018
ISBN
9783867812498
TEIL II
Geist
6
Geist: Das offene Geheimnis
Für den Anhänger des Buddhadharma, der Lehren des Buddhismus, ist es notwendig, großen Nachdruck auf die Praxis der Meditation zu legen. Man muss die zwingende Logik sehen, dass der Geist die Ursache von Verwirrung ist und man durch das Überwinden der Verwirrung den erleuchteten Zustand erreicht. Das kann nur durch die Praxis der Meditation geschehen. Buddha selbst hat das erfahren, indem er mit seinem eigenen Geist arbeitete, und was er lernte, ist an uns weitergegeben worden.
Achtsamkeit ist ein Ansatz, eine Vorgehensweise auf dem spirituellen Weg und allen Schulen des Buddhismus gemeinsam. Bevor wir uns diesen Ansatz aber genauer anschauen, sollten wir eine Vorstellung davon haben, was mit Spiritualität selber gemeint ist. Manche sagen, Spiritualität sei ein Weg, eine höhere Art von Glück zu erlangen, transzendentes Glück. Andere betrachten sie als einen menschenfreundlichen Weg, Macht über andere zu bekommen. Wieder andere sagen, der Sinn der Spiritualität sei, magische Kräfte zu erlangen, damit wir unsere schlechte Welt in eine gute Welt verwandeln oder die Welt durch Wundertaten läutern können. Es sieht so aus, als wären all diese Ansichten für den buddhistischen Ansatz ohne Belang. Gemäß dem Buddhadharma bedeutet Spiritualität, sich mit der Arbeitsgrundlage der eigenen Existenz zu beschäftigen, dem eigenen Geisteszustand.
Wir haben ein grundsätzliches Problem mit unserem Leben, unserem Dasein. Dieses Problem ist, dass wir in einen ständigen Kampf ums Überleben, um die Bewahrung unserer Position verwickelt sind.
Wir versuchen andauernd, uns an ein festes Bild von uns selbst zu klammern. Und dann müssen wir dieses festgelegte Konzept verteidigen. Damit entsteht Krieg, es entsteht Verwirrung, es entstehen Gier und Aggression; es gibt alle möglichen Konflikte. Vom buddhistischen Standpunkt aus entwickelt sich Spiritualität dadurch, dass unsere grundlegende Fixierung durchtrennt wird, dieses Festhalten, diese Hochburg eines mysteriösen Dingsda, das als Ego bekannt ist.
Um das zu tun, müssen wir herausfinden, was Ego ist. Worum geht es eigentlich bei der ganzen Sache? Wer sind wir? Wir müssen unseren bereits vorhandenen Geisteszustand studieren. Und wir müssen verstehen, welchen praktischen Schritt wir dazu unternehmen können. Es geht hier nicht um eine abstrakte metaphysische Diskussion über den Sinn des Lebens oder die Bedeutung der Spiritualität an und für sich. Wir wollen mit dieser Frage auf eine Arbeitssituation hinaus. Wir müssen irgendetwas Einfaches finden, damit wir in den spirituellen Weg einsteigen können.
Viele Leute tun sich schwer, wenn sie mit einer spirituellen Praxis beginnen wollen, weil sie viel Energie auf die Suche nach dem besten und leichtesten Einstieg verwenden. Vielleicht müssen wir unsere Einstellung ändern und aufhören, nach dem besten und leichtesten Weg zu suchen. Eigentlich gibt es sowieso keine Wahl. Welche Vorgehensweise wir auch wählen, wir werden uns mit dem auseinandersetzen müssen, was wir bereits sind. Wir müssen untersuchen, wer wir sind. Gemäß der buddhistischen Tradition ist die Arbeitsgrundlage für den spirituellen Weg und die Energie, die auf ihm zum Tragen kommt, der Geist – der eigene Geist, der ständig in uns arbeitet.
Spiritualität beruht auf dem Geist. Im Buddhismus ist Geist das, was fühlende Wesen von Steinen oder Bäumen oder Gewässern unterscheidet. Das, was unterscheidende Bewusstheit besitzt, was ein Gefühl für Dualität besitzt – was etwas außerhalb Befindliches an sich zieht oder abwehrt –, das ist Geist. Grundsätzlich betrachtet ist es das, was sich mit einem „Anderen“ zusammentun kann – mit einem beliebigen „Etwas“, das als vom Wahrnehmenden verschieden wahrgenommen wird. Das ist die Definition für den Geist. Die traditionelle tibetische Formulierung für diese Definition bedeutet genau das: „Das, was das Andere denken kann, die Projektion, ist der Geist.“
Mit Geist meinen wir also etwas ganz Bestimmtes. Es ist nichts Schwammiges und Unheimliches in unseren Köpfen oder Herzen, etwas, was einfach so nebenher passiert, so wie der Wind weht und das Gras wächst. Im Gegenteil, es ist etwas sehr Konkretes. Es enthält Wahrnehmung – sehr unkomplizierte, sehr elementare, sehr präzise Wahrnehmung. Der Geist entwickelt seinen speziellen Charakter in dem Moment, wo diese Wahrnehmung bei etwas anderem verweilt als sich selbst. Der Geist macht aus der Tatsache, dass er ein Anderes wahrnimmt, einen Beweis für die eigene Existenz. Das ist der mentale Trick, der den Geist ausmacht. Eigentlich sollte es genau andersherum sein. Da die Wahrnehmung von einem selber ausgeht, sollte die Logik lauten: „Ich existiere, deshalb existiert das Andere.“ Aber irgendwie ist das Doppelspiel des Geistes so weit entwickelt, dass der Geist bei einem Anderen verweilt und das als Weg betrachtet, eine Rückversicherung über die eigene Existenz zu bekommen – ein von Grund auf abwegiger Gedanke. Die Tatsache, dass die Existenz des Selbst fragwürdig ist, ist das Motiv für den Trick der Dualität.
Dieser Geist ist unsere Arbeitsgrundlage für die Meditation und die Entwicklung von Bewusstheit. Aber der Geist ist noch mehr als nur der Prozess, in dem ein Selbst sich durch ein dualistisches Verweilen bei einem Anderen bestätigt. Der Geist beinhaltet auch das, was man Emotionen nennt, die Höhepunkte mentaler Zustände. Ohne Emotionen kann der Geist nicht existieren. Tagträumereien und abschweifende Gedanken genügen nicht. Das allein wäre zu langweilig. Der dualistische Trick würde zu fadenscheinig. Also neigen wir dazu, Wellen der Emotion aufzurühren: Gier, Aggression, Ignoranz, Stolz – alle möglichen Emotionen. Am Anfang erzeugen wir sie ganz bewusst, als ein Spiel, mit dem wir unsere Existenz zu beweisen versuchen. Aber irgendwann wird das Spiel lästig; es ist plötzlich mehr als ein Spiel und zwingt uns, uns mehr anzustrengen, als wir ursprünglich vorhatten. Es ist wie ein Jäger, der das Schießen üben will und beschließt, einem Hirsch nacheinander in jedes Bein zu schießen. Aber der Hirsch rennt sehr schnell, und es sieht so aus, als könnte er ganz entkommen. Dadurch fühlt sich der Jäger aufs Höchste herausgefordert und rennt dem Hirsch hinterher, um ihn jetzt zu töten, ihn ins Herz zu treffen. Der Jäger hat sich also provozieren lassen und fühlt sich mit seinen eigenen Waffen geschlagen.
So sind Emotionen. Sie sind zum Überleben nicht nötig; sie sind ein Spiel, das wir erfunden haben und das irgendwann schiefgegangen ist – es ist schal geworden. Angesichts dieser misslichen Lage fühlen wir uns schrecklich frustriert und vollkommen hilflos. Solche Frustration veranlasst manche Menschen, ihre Beziehung zum Anderen abzusichern, indem sie einen Gott oder andere Projektionen erschaffen, beispielsweise Erlöser, Gurus oder Mahatmas. Wir erschaffen alle möglichen Projektionen, die uns als Handlanger, als Bodyguards helfen sollen, unser Territorium zurückzuerobern. Stillschweigend nehmen wir an, dass solche großartigen Wesen als unsere Helfer fungieren werden, als Schutzherren für unseren Grund und Boden, wenn wir ihnen Tribut zollen.
Damit haben wir eine bittersüße Welt geschaffen. Die Dinge sind amüsant und dann doch wieder nicht so amüsant. Manchmal wirken die Dinge ungeheuer lustig und auf der anderen Seite wieder ungeheuer traurig. Das Leben hat etwas von einem Spiel, dem wir in die Falle gegangen sind. Die Struktur des Geistes hat die ganze Sache erzeugt. Wir können über die Regierung schimpfen oder die Wirtschaft des Landes oder die Zinssätze, aber das sind sekundäre Faktoren. Der Grundprozess an der Wurzel der Probleme ist dieses Konkurrenzdenken, dass man sich nur als Spiegelbild des Anderen sieht. Das schlägt sich automatisch in problematischen Situationen nieder. Sie sind hausgemacht, unsere eigene saubere Arbeit. Und das ist also der Geist.
Der buddhistischen Tradition zufolge gibt es acht Arten des Bewusstseins und zweiundfünfzig Typen von Vorstellungen und alle möglichen anderen Aspekte des Geistes, über die wir uns jetzt nicht näher auslassen müssen. Alle diese Aspekte beruhen weitestgehend auf dem ursprünglichen dualistischen Vorgang. Es gibt die spirituellen Aspekte und die psychologischen Aspekte und alle möglichen anderen Aspekte. Sie stehen alle im Dienste der Dualität, und das ist Ego.
Was die Meditationspraxis anbelangt, so arbeiten wir in der Meditation mit diesem Ding hier, statt das Problem von außerhalb entwirren zu wollen. Wir arbeiten am Projektor statt an der Projektion. Wir wenden uns nach innen, statt die äußerlichen Probleme A, B oder C entwirren zu wollen. Wir arbeiten am Schöpfer der Dualität statt an seiner Schöpfung. Damit fangen wir wirklich ganz am Anfang an.
Der buddhistischen Tradition zufolge hat der Geist drei Haupt-Aspekte, die auf Tibetisch sem, rikpa und yi heißen. Die Grundstruktur, die simple Fähigkeit zur Dualität, die wir soeben beschrieben haben, ist Sem. Rikpa bedeutet wörtlich „Intelligenz“ oder „Scharfsinn“. Wenn man in der tibetischen Umgangssprache sagt, jemand habe Rikpa, dann meint man, dass er ein gescheiter, aufgeweckter Bursche ist. Dieser Scharfsinn von Rikpa ist eine Art Nebenfunktion, die sich aus der geistigen Grundstruktur entwickelt; es ist eine Art Juristen-Mentalität, die jeder hat. Rikpa betrachtet ein Problem aus verschiedenen Blickwinkeln und analysiert die Möglichkeiten, es auf verschiedene Weise anzugehen. Es untersucht ein Problem auf jede denkbare Art – von außen nach innen und von innen nach außen.
Der dritte Aspekt, Yi, wird traditionell als sechste Sinneswahrnehmung klassifiziert. Die ersten fünf Sinneswahrnehmungen sind Sehen, Riechen, Schmecken, Hören und Fühlen, und die sechste ist Yi. Yi ist mentale Sensibilität. Es hängt mit dem Herzen zusammen und ist eine Art ausgleichender Faktor, der in Bezug auf die anderen fünf Sinneswahrnehmungen als Schaltstelle dient. Wenn Sie etwas sehen und gleichzeitig etwas hören, dann werden das Gesehene und das Gehörte vom sechsten Sinn synchronisiert, damit sie Aspekte eines einzigen Ereignisses bilden. Yi leistet eine Art automatische Synchronisation oder Datenverarbeitung für den gesamten Prozess der Sinneswahrnehmung. Sie können gleichzeitig sehen, riechen, hören, schmecken und fühlen, und die Daten all dieser Kanäle ergeben einen brauchbaren Zusammenhang. Durch Yi ergeben sie einen Sinn.
Yi ist also eine Art Nachrichtenzentrale im Hauptquartier, in der die Erfahrung zu einem kohärenten Ganzen koordiniert wird. In gewisser Hinsicht ist es der wichtigste aller drei Aspekte des Geistes. Es ist nicht so intelligent im manipulativen Sinne wie Sem. Sem hat eine Art politische Einstellung gegenüber unserem Verhältnis zu der Welt; es denkt ein Stück weit strategisch. Der sechste Sinn hat eher eine häusliche Funktion. Es versucht einfach die Koordination der Erfahrung aufrechtzuerhalten, damit alle Informationen reibungslos durchgestellt werden und nicht das Problem entsteht, dass der Kontakt zu der aktuellen Situation abbricht. Rikpa andererseits, die Intelligenz – sozusagen der Forschungsbeauftragte – in der Hauptverwaltung des Geistes sieht die gesamte Situation im Überblick. Es überwacht das Verhältnis zwischen Geist und sechstem Sinn und versucht alle Möglichkeiten ausfindig zu machen, wo etwas schiefläuft, wo etwas schieflaufen könnte, wo etwas schiefgelaufen ist, wie man es wieder in Ordnung bringen könnte. Dieser Forschungsbeauftragte hat aber keine Machtbefugnis, auf der Ebene der Außenpolitik tatsächlich etwas zu unternehmen. Er ist eher so etwas wie ein außenpolitischer Berater.
Diese drei Prinzipien – Sem, Rikpa und Yi – sind die wichtigsten, die wir im Moment im Auge behalten sollten. In der traditionellen Literatur werden noch viele andere Aspekte des Geistes beschrieben, aber diese drei reichen für unser momentanes Verständnis aus.
Wir sollten dieses Verständnis nicht als etwas betrachten, was man uns erzählt hat und was wir deshalb glauben sollten. Die hier beschriebene Erfahrung ist tatsächlich persönlich erlebbar. Man kann damit arbeiten, sich damit auseinandersetzen. Ein gewisser Teil unserer Erfahrung wird von der geistigen Grundstruktur organisiert, ein anderer vom sechsten Sinn und ein dritter von der Intelligenz. Um die grundlegenden Funktionen der Achtsamkeits-Bewusstheits-Praxis zu verstehen, ist es, meine ich, sehr wichtig für uns, diese Komplexitäten des Geistes zu verstehen und zu begreifen.
Es existiert eine gigantische Welt des Geistes, die wir fast gar nicht wahrnehmen. Diese ganze Welt – dieses Zelt und dieses Mikrofon, dieses Licht, dieses Gras, bis hin zu der Brille direkt auf unserer Nase – ist vom Geist geschaffen. Verschiedene Köpfe haben das hier erfunden, diese Sachen zusammengebaut. Irgendeiner hat mit seinem Denken jede Schraube und jede Mutter beigesteuert. Diese ganze Welt ist eine Welt des Geistes, das Produkt des Geistes. Es ist überflüssig, das zu erwähnen; sicher weiß das jeder. Aber wir könnten uns daran erinnern, damit wir begreifen, dass Meditation kein elitäres Tun ist, das darin besteht, dass man diese Welt hier vergisst und sich auf etwas anderes einlässt. Indem wir meditieren, befassen wir uns mit genau dem Geist, der unsere Brille entworfen und die Gläser in das Gestell eingesetzt hat, und mit genau dem Geist, der dieses Zelt hier aufgestellt hat. Dass wir hierher gekommen sind, ist das Produkt unseres Geistes. Jeder von uns hat unterschiedliche mentale Ausdrucksformen, was es anderen erlaubt, uns wiederzuerkennen und zu sagen: „Dieser Bursche heißt so und so, dieses Mädchen heißt so und so.“ Man kann uns individuell auseinanderhalten, weil wir verschiedene mentale Stile haben, die wiederum unser körperliches Aussehen prägen. Unsere körperlichen Merkmale sind auch Teil unserer mentalen Aktivität. Wir haben also eine lebendige Welt, eine Welt des Geistes. Wenn wir das erkennen, ist die Arbeit mit dem Geist keine mysteriöse oder abgehobene Sache mehr. Es geht nicht mehr um irgendetwas, das verborgen wäre oder irgendwo anders. Geist ist genau hier. Geist ist überall zu greifen. Er ist ein offenes Geheimnis.
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Das spirituelle Schlachtfeld
Wenn wir über das Wort „Geist“ sprechen, dann sprechen wir über die verschiedenen Ebenen oder Zustände des Bewusstseins. Das hat nichts mit irgendwelchen höheren Bewusstseinszuständen zu tun, was immer die sein mögen. Wir sprechen über den Geist und seine verschiedenen Funktionen – den konkreten Geist oder die simplen Gedankenprozesse, die in unserem Alltag stattfinden: Bevor Sie losfahren, schauen Sie nach, ob Sie den Autoschlüssel in der Tasche haben; bevor Sie eine Zigarette rauchen, schauen Sie, ob Sie Feuer dabeihaben; bevor Sie essen, schauen Sie, ob das Essen auch fertig ist, und all diese kleinen Dinge. Dieser überlegende Geist ist sehr intelligent, und er arbeitet ständig.
Natürlich entwickelt sich diese Logik von der Kindheit über das Jugendalter bis zum Erwachsenen weiter und wird dabei immer differenzierter. Während Sie erwachsen werden und auch später, wenn Sie alt werden, entwickeln sich Ihre Fähigkeiten, mit den Dingen zurechtzukommen, so dass Sie nicht plötzlich vor dem Chaos stehen. Unsere Eltern haben uns das beigebracht, Lehrer und Respektspersonen haben uns kritisiert, so dass wir jetzt allmählich unser Ding sozusagen auf der Reihe haben. Wenn Sie jemanden besuchen wollen, dann rufen Sie zuerst an und vergewissern sich, dass Sie auch gelegen kommen. In simplen kleinen Situationen wie dieser zeigt sich die grundlegende Intelligenz.
Im Geschäftsleben, im häuslichen Leben und im normalen Alltag gibt es bei allem, was man tut, ein Gefühl für Prioritäten. Man weiß, was man tun will, und plant alles durch. Die Leute haben ihr Notizbuch dabei und schreiben sich darin alles auf. Man hat seinen Stil, wie man sichergeht, dass alles okay und in Ordnung ist, damit man nicht plötzlich vor dem Chaos und vor unerwarteten Problemen steht. Wichtig ist dabei, dass die Dinge nicht plötzlich auf einen einstürzen, dass man nicht die Kontrolle über sie verliert. Also sorgen Sie dafür, dass alles unter Kontrolle ist, dass Sie über alles die Kontrolle haben.
Wir machen alles ganz penibel, ganz eigenwillig, ganz sorgfältig. Wir möchten, so gut es nur geht, für uns sorgen. Eltern oder sonstige Autoritäten schimpfen vielleicht mit uns und machen uns Vorwürfe: „Du sorgst nicht richtig für dich! Du solltest dich am Riemen reißen!“ Aber wir denken trotzdem, dass wir unsere Sache ganz gut machen, so wie wir uns um unser Essen, um Wohnung und Kleidung kümmern. Wenn man sich der Welt auf eine gewisse Weise präsentieren will, kauft man sich angemessene Kleidung, schneidet sich die Haare, spricht auf eine gewisse Weise. All das ist eine Funktion dessen, was sich Geist nennt. Das tibetische Wort für diesen Aspekt des Geistes ist sem, was bedeutet: „Das, was mit der Welt der Gegenstände kommunizieren kann.“
Lodrö
Dann haben wir einen weiteren Typ des Geistes, der in eine völlig andere Richtung zu gehen scheint – vielleicht nicht völlig anders, aber doch ziemlich –, der darin besteht, dass uns in allen möglichen Bereichen alle möglichen Perspektiven offenstehen. Wir haben Erinnerungen an die Vergangenheit, wir haben Erwartungen bezüglich der Zukunft, wir sind manchmal vielleicht ein bisschen stolz auf uns selbst. Wir suchen nach weiterführen...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelblatt
  3. Urheberrecht
  4. Inhalt
  5. Vorwort von Daniel Goleman
  6. Vorwort von Kidder Smith
  7. Einleitung der Herausgeberin
  8. Prolog: Die Begegnung von buddhistischer und westlicher Psychologie
  9. Teil I: Meditation
  10. Teil II: Geist
  11. Teil III: Psychologie
  12. Glossar
  13. Dank
  14. Eine kurze Biographie von Chögyam Trungpa
  15. Anmerkungen
  16. Ausgewählte Schriften von Chögyam Trungpa
  17. Weitere Informationen