Handbuch der Interpersonellen Neurobiologie
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Handbuch der Interpersonellen Neurobiologie

Ein umfassender Leitfaden zum Verständnis der Funktion von Gehirn und Geist

  1. 523 Seiten
  2. German
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Handbuch der Interpersonellen Neurobiologie

Ein umfassender Leitfaden zum Verständnis der Funktion von Gehirn und Geist

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Über dieses Buch

Was genau ist eigentlich der menschliche Geist? Und was führt zu einem gesunden Geist? Wie entsteht unser Bewusstsein und wodurch wissen wir etwas über das Leben? Und, was vielleicht am wichtigsten ist: Welche Verbindung besteht zwischen dem Geist, dem Gehirn und unseren Beziehungen? Psychologen, Sprachwissenschaftler, Neurowissenschaftler, Philosophen und viele andere haben die Natur des mentalen Lebens erforscht, doch bisher gibt es keinen interdisziplinären Ansatz, um diese Grundfragen wirklich zu beantworten oder gar eine Definition des Geistes zu formulieren.Daniel Siegel verbindet in seinem Buch viele Wissensbereiche, die zeigen, wie der Geist wirkt. Dazu nutzt er ein Format, das die natürliche Form des Lernens im Gehirn widerspiegelt: Sie können dieses Handbuch auf jeder Seite aufschlagen und einen "Eingangspunkt" finden, durch den Sie auf Ihre Weise das Netz des integrierten Wissens erforschen können. Siegel erklärt uns die komplexen Grundlagen der Interpersonellen Neurobiologie und erläutert uns die persönlichen und beruflichen Anwendungen dieses faszinierenden neuen Ansatzes, um einen gesunden Geist, ein integriertes Gehirn und gute Beziehungen zu entwickeln.

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Information

1
Geist
Worum geht es?
Der Begriff „Geist*“ bezieht sich auf unsere innere subjektive Erfahrung* und den Prozess*, durch den wir bewusst oder gewahr* sind. Zudem kann der Geist auch als ein Prozess definiert werden, der den Fluss von Energie und Information* in unserem Körper und in unseren Beziehungen* reguliert. Der Geist ist ein emergenter* und selbstorganisierender* Prozess, der unsere mentalen Aktivitäten* wie Emotion*, Denken und Erinnerung hervorbringt. Grundlegende und wechselseitig abhängige* Facetten des Geistes sind die subjektive Erfahrung, das Gewahrsein* und ein verkörperter* und relationaler* Prozess, der den Fluss von Energie und Information reguliert*.
Unser mentales Leben ist erfüllt von subjektiven Erfahrungen mit Gedanken, Gefühlen, Erinnerungen* und anderen mentalen Aktivitäten, die direkten Einfluss auf unser Verhalten haben – unsere äußerlichen Handlungen in der Welt, einschließlich unserer Interaktionen mit anderen Menschen. Während solche mentalen Prozesse* die Struktur unseres inneren Lebens bilden und unser Gewahrsein ausfüllen, können sie auch als die Art und Weise gesehen werden, wie der Geist den Energie und Informationsfluss* reguliert. Zu diesen mentalen Aktivitäten gehören auch unsere Überzeugungen, Haltungen, Absichten*, Hoffnungen, Träume, Wahrnehmungen, Überlegungen, inneren Bilder und unsere Intuition*. Wir können in uns ein Empfinden unserer selbst erfahren, das sich wie eine Wahrheit anfühlt, wie ein implizites Wissen. Wir können aber auch ein expliziteres Erkennen bestimmter Einzelheiten und Tatsachen unseres Wissens erfahren. Sowohl implizite* als auch explizite mentale Prozesse* beeinflussen unser Denken, unsere Gefühle und unser Verhalten. Zu unser mentaler Erfahrung gehören auch unsere Geisteszustände* und unsere Stimmung*. Jeder dieser mentalen Prozesse hat ein subjektives Muster, die „Qualia“ oder die Essenz seiner persönlich erfahrenen Natur, eine subjektive Qualität, die real ist, aber oft nicht vollständig beschrieben und nur schwer quantifiziert werden kann. Wir können vielleicht nicht genau sagen, was die subjektive Erfahrung „ist“. Aber wir „wissen“, wenn wir etwas sehen, hören oder fühlen, ein Bild vor unserem inneren Auge entsteht, wir uns an ein Ereignis erinnern* oder ein tiefes intuitives Empfinden für etwas haben. Unser mentale Lebens ist nicht quantifizierbar oder direkt beobachtbar. Deshalb ist es schwierig, es auf die numerisch präzise Weise zu messen, wie es in der Wissenschaft oft notwendig ist. Berichte der subjektiven Erfahrung sind nützlich und können in vielerlei Hinsicht quantifiziert werden, aber sie sind nicht das Gleiche wie die Erfahrung selbst. Trotz dieses Merkmals des mentalen Lebens und ungeachtet der Tatsache, dass subjektive Erfahrungen schwer auf eine objektive und quantifizierbare Weise zu messen sind, wissen wir doch, dass sie real sind.
Ein weiterer Aspekt des Geistes, den man auch nur schwer in einer kontrollierbaren oder messbaren Weise untersuchen kann, ist das Bewusstsein*, die Erfahrung, sich einer Sache gewahr zu werden. Wir wissen, wie es ist, wenn wir bewusst sind: Wir haben ein Empfinden für das Wissen und wir wissen etwas über eine bestimmte Sache oder Situation – das „Gewusste“. Ich kann wissen, dass ich mich jetzt daran erinnere, dass ich in einem See geschwommen bin. Diese Erfahrung, mir der Erinnerung bewusst zu sein, hat zwei Facetten: Das Wissen (Ich weiß, dass ich mich an das Schwimmen im See erinnere) und das Gewusste (Gestern war ich im Wasser). Wir können zwar nicht sagen, „was“ genau das Gewahrsein „ist“, aber die Erfahrung des Wissens und des Gewussten ist ein grundlegender Aspekt unseres mentalen Lebens. In vielfältiger Weise kennen wir unsere subjektive Erfahrung durch das Bewusstsein, denn es ist die innere Erfahrung des Wissens und die Beschaffenheit – die Qualia – des Gewussten. Auch das Gewahrsein spielt eine entscheidende Rolle dabei, wie wir den Verlauf unseres Lebens verändern, neue Fertigkeiten erlernen und sogar die Struktur unseres Gehirns* selbst verändern und darüber reflektieren, was für uns Bedeutung* hat. Durch Gewahrsein werden Entscheidungen und Veränderungen möglich.
Aber was heißt es wirklich, gewahr zu sein, zum Beispiel unseres Denkens? Was ist überhaupt Denken? Wir können eine scheinbar einfache Frage stellen: Was ist ein Gedanke? Und jeder, den wir fragen, wird uns wahrscheinlich eine andere Antwort geben. Wir „wissen“ nicht, was ein Gedanke – oder ein Gefühl – eigentlich ist. Im Ernst! Natürlich wissen wir, wenn wir einen Gedanke haben, aber die Definition eines Gedankens zu formulieren, ist eine Herausforderung. Wenn wir die Idee genauer untersuchen, dass der Geist ein Prozess ist, der aus dem Fluss von Energie und Information entsteht – in unserem Körper und in unseren Beziehungen – werden wir klarer erkennen und besser verstehen können, was ein Gedanke oder eine Emotion in Wirklichkeit „ist“. Wir werden erfahren, dass manche Systeme einen emergenten Prozess hervorbringen, der als Selbstorganisation bezeichnet wird und dieses System seinerseits wiederum reguliert. In diesem Fall werden wir die Idee näher untersuchen, nach der das System, über das wir hier sprechen, aus dem Energie- und Informationsfluss in unseren Beziehungen und in unserem Körper entsteht. Und wenn wir dann fragen, was die Verbindung dieser mentalen Prozesse mit dem Gehirn ist, können wir uns in einen weiteren Bereich faszinierender und hitziger Debatten vorwagen. Wie eingangs schon erwähnt, trafen wir uns vor zwei Jahrzehnten in einer Gruppe von vierzig Wissenschaftlern aus einem Dutzend Forschungsdisziplinen, um uns dieser Frage zu widmen: Wie stehen das Gehirn und der Geist miteinander in Beziehung? Und wir kamen dabei zu keiner übereinstimmenden Antwort. Es war „einfach“, das Gehirn zu definieren, doch der Versuch, eine gemeinsame Bedeutung oder auch nur eine gemeinsame Beschreibung dessen zu finden, was der „Geist“ ist, hatte es in sich.
Neben den wichtigen Dimensionen der subjektiven Erfahrung und des Gewahrsein, und unseren mentalen Aktivitäten wie Emotionen, Gedanken und Erinnerungen zeichnet den Geist noch ein anderes entscheidendes Merkmal aus. Es bezieht sich darauf, wie unser mentales Leben unser materielles Leben und unsere Interaktionen mit der Welt reguliert.
Dieser Kernaspekt des Geistes kann als „ein verkörperter und relationaler Prozess“ definiert werden, „der den Fluss von Energie und Information reguliert“. Das ist der selbstorganisierende, emergente Prozess, der unserer Arbeitsdefinition des Geistes zugrunde liegt.
Implikationen: Was bedeutet der Geist für unser Leben?
Nach einer Befragung von über 100.000 Mitarbeitern, die in verschiedenen Bereichen der mentalen Gesundheit* tätig sind, habe ich folgende Ergebnisse zusammengetragen. Auf die Frage, ob sie in ihrer Ausbildung jemals einen Vortrag gehört haben, in dem der Geist definiert wurde, antworteten zwei bis fünf Prozent mit „Ja“. Das bedeutet, dass mehr als 95 Prozent der Psychiater, Psychologen, Sozialarbeiter, des psychiatrischen Krankenpflegepersonal, der ausbildenden Therapeuten, Berufstherapeuten, pädagogischen Therapeuten, Bewegungstherapeuten, Tanztherapeuten, Kunsttherapeuten, Musiktherapeuten und anderen nie einen Vortrag gehört haben, in dem der Geist definiert wurde. Auch ich habe nie einen Vortrag zu diesem Thema gehört. (Ähnlich war das Ergebnis bei der Frage nach der Definition des Begriffes „mentale oder psychische Gesundheit“.) Auch 4.500 Erziehern im Kindergarten und Lehrern, die in verschiedenen Altersstufen unterrichten, wurde diese Frage gestellt – mit den gleichen Ergebnissen.
Verschiedene Bereiche der Wissenschaft und der Philosophie vertreten die Ansicht, dass der Geist etwas Unbekanntes sei und weder definiert werden solle noch könne. Ich weiß, dass sich das vielleicht überraschend anhört, aber nach wiederholten Diskussionen mit verschiedenen Führungspersönlichkeiten in diesen Disziplinen und nach einer Sichtung der wissenschaftlichen Fachliteratur ist unsere momentane Situation die folgende: Uns fehlt eine Definition des Geistes. Im Sinne einer Konsilienz* könnte als Arbeitsdefinition eines Kernaspekts des Geistes ein regulativer Prozess gelten. Das entspricht dem, was viele Wissenschaftler verschiedener Fachgebiete aus ihren Untersuchungen des Geistes schlussfolgern – auch dann, wenn sie keine explizite Definition geben. Aus Sicht der Interpersonellen Neurobiologie* ist dies eine Arbeitsdefinition, ein Ausgangspunkt. In den letzten zwei Jahrzehnten hatte die Benutzung dieses Konzeptes mehrere wichtige Implikationen.
Wenn wir sagen, dass der Geist sowohl verkörpert als auch relational ist, dann bedeutet dies, dass wir, um unseren Geist zu verstehen, auch unseren Körper verstehen müssen. Dazu gehört auch das Nervensystem*, das über den ganzen Körper verteilt ist und mit dem Körper interagiert. Dieses nennen wir verkürzt „das Gehirn“. Wenn man anmerkt, dass der Geist auch ein relationaler Prozess ist, hinterlässt dies bei einigen Menschen den Eindruck, dass sie ihren eigenen Geist nicht „besitzen“. Der Geist wird von unseren sozialen Interaktionen beeinflusst, und auch von Beziehungen mit Entitäten jenseits unseres körperlichen Selbst und von Erfahrungen, die wir in unserer Umgebung erleben. In der Tat wird der Geist in grundlegender Weise durch diese Erfahrungen geschaffen. In diesem Zusammenhang können wir sagen, dass der Geist verkörpert und gleichzeitig in unseren Welten der Beziehungen eingebettet ist.
Die Verwendung des Begriffes „Prozess“ besagt, dass der Geist ein Verb und kein Substantiv ist. In der Wissenschaft bezeichnen wir dies als einen emergenten Prozess, der aus der Interaktion von Elementen des betreffenden Systems* entsteht. In unserem Falle sind das System sowohl der Körper als auch die Welt der Interaktionen, insbesondere die sozialen Signale, die wir mit anderen in unseren interpersonellen Beziehungen austauschen. In diesem Buch werden wir uns vor allem auf diese soziale Bezogenheit des menschlichen Geistes fokussieren, aber auch unsere Beziehung zur Natur und letztendlich mit dem Planeten als Ganzes ist ein entscheidend wichtiges Element in der Formung unseres mentalen – und ökologischen – Lebens.
Dies ist unser Vorschlag für eine Arbeitsdefinition: Der Geist ist ein emergenter, sich selbstorganisierender Prozess, durch den geformt wird, wie Energie und Information sich im Laufe der Zeit bewegen. Dieser Aspekt des Geistes ist ein natürlicher, emergenter, sich selbstorganisierender dynamischer Prozess, der als eine grundlegende Eigenschaft des Systems des Energie- und Informationsflusses geschaffen wird – sowohl im Körper als auch in den Interaktionen mit anderen und der Umwelt. Der emergente Prozess entsteht aus dem Energie- und Informationsfluss und formt dann selbst den Energie- und Informationsfluss im Verlauf der Zeit. Dies ist die rekursive* Eigenschaft des Geistes, die für komplexe Systeme* typisch ist. Ein komplexes System ist ein Cluster interaktiver Entitäten, das für Einflüsse von außen offen ist und in der Lage ist, sich in chaotische Zustände zu begeben.
Stimmt dies mit Ihrer eigenen Erfahrung des mentalen Lebens überein? In der Denkweise, die wir hier vorstellen, ist das komplexe System, das wir beschreiben, nicht nur unser Gehirn als Organ des Körpers. Vielmehr ist dieses System des Energie- und Informationsflusses im ganzen Körper verteilt und umfasst den Austausch in unseren Beziehungen. Das mentale Leben ist ein emergenter, sich selbstorganisierender Prozess dieses verkörperten und relationalen Energie- und Informationsflusses. Der Geist ist nicht getrennt von unserem Körper oder von unseren Beziehungen – er entsteht aus diesen Aspekten und reguliert sie gleichzeitig.
„Regulieren“ ist ein wichtiger Aspekt von dieser Arbeitsdefinition eines Kernmerkmals des Geistes. Regulierung umfasst zwei Teile: Monitoring (Beobachtung) und Modulierung. Wir sehen, wie sich etwas bewegt (Monitoring), und dann formen wir es (Modulierung). Dieses „Etwas“ regulieren wir, indem wir „dem Material“, das sich bewegt, folgen, und es dann umwandeln. Wenn Sie beispielsweise Autofahren, dann müssen Sie Ihre Augen offenhalten, um zu sehen, wohin Sie fahren. Ihre Hände und Füße bedienen derweil das Lenkrad, das Gaspedal und die Bremse, um die Bewegung des Autos zu bestimmen. In dieser Definition wird also der regulierende Aspekt des Geistes hervorgehoben. Dadurch können sich Lehrer, Eltern oder klinisch Tätige darauf fokussieren, wie sie das Monitoring und die Modulierung stärken. Wir sind in der Lage, uns selbst und anderen zu vermitteln, wie wir unsere Erfahrung mit größerer Stabilität beobachten, so dass wir mit zunehmender Tiefe, Klarheit und Detailliertheit sehen können. Sobald wir diese Sichtweise des Energie- und Informationsflusses im Körper und in den Beziehungen klarer erkennen, wird es möglich, den Energiefluss in bestimmter Weise zu modifizieren. So können wir die Systeme – Körper und Beziehungen – in Richtung Wohlbefinden verändern. Wir werden diesen Prozess noch genauer untersuchen: Wenn wir den Energie- und Informationsfluss zu etwas hinbewegen, was Integration* genannt wird, dann nähern wir uns auch der Gesundheit* an. Durch diese Form der Entwicklung der Fertigkeiten des Monitorings und der Modulierung entsteht ein stärkerer, gesünderer, flexiblerer und resilienter Geist.
Aber was genau wird dabei reguliert? Und wo ereignet sich diese Regulierung eigentlich? Wir sind der Ansicht, dass der Geist sowohl in unserem Körper als auch in unseren Beziehungen entsteht. Auf den ersten Blick ist das für viele Menschen kaum akzeptabel, aber lassen Sie es mich erklären: Mentale Prozesse* befinden sich nicht nur in unserem Körper – sie sind auch in unseren persönlichen Beziehungen wirksam und in unserer Kultur eingebettet. Diese Verständnisweise des Geistes umfasst die wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Gehirn und die wissenschaftliche Erforschung von Familien, Gruppen, Gemeinschaften, Kulturen* und Gesellschaften. Wir sind der Ansicht, dass der Geist nicht nur „die Aktivität des Gehirns“ ist, sondern stattdessen als emergenter, selbstorganisierender Prozess gesehen werden kann, der aus körperlichen Prozessen und aus unseren Beziehungen entsteht. Der Geist ist also ein Prozess, der sowohl aus dem Körper als auch aus unseren Beziehungen entsteht: Der Geist ist verkörpert und relational. Nun gut, lassen wir diese Vorstellung hier erst einmal so stehen. Doch was ist dann das „Ding“, das tatsächlich reguliert wird, das „Etwas“, das in unserem Körper und in der Kommunikation mit anderen geteilt wird? Die Antwort lautet: Energie.
Energie* wird von Physikern als die Fähigkeit beschrieben, „etwas zu tun“. Manchmal kann Energie einen dazu befähigen, eine „Arbeit“ zu verrichten, aber zu anderen Zeiten ist es einfach die „Fähigkeit, Dinge zu tun“: ein Potential schaffen, eine Bewegung, Veränderung oder Handlung auslösen. Aus dieser Perspektive kann Information* als ein Wirbel von Energie betrachtet werden, ein Energiemuster, das etwas anderes als sich selbst symbolisiert. Das Wort „Eiffelturm“ ist ein Energiemuster, das symbolisch für den Turm steht, aber es ist nicht der Turm selbst. Die Energie des Turmes kann als Klangwellen mittels kinetischer Energie (wenn wir die Worte hören) oder als Lichtwellen mittels der Energie der Photonen (wenn wir das geschriebene Wort sehen) weitergetragen werden. So kommunizieren wir in Beziehungen – durch den Austausch von Energie- und Informationsflüssen. Im Gehirn wird zwischen den Neuronen* elektrochemische Energie ausgetauscht. Jede dieser Energieformen kann ein Muster mit Bedeutung annehmen, einen Energiefluss, der für etwas anderes steht, als den Energiewirbel selbst. Das meinem wir mit Informationen, die von Energie getragen werden. Allerdings tragen nicht alle Energ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Widmung
  4. Impressum
  5. Inhalt
  6. Reflexionen und Danksagungen
  7. Einleitung
  8. 1. Geist
  9. 2. Beziehungen
  10. 3. Gehirn und Körper
  11. 4. Das Dreieck des Wohlbefindens
  12. 5. Gewahrsein
  13. 6. Achtsames Gewahrsein
  14. 7. Aufmerksamkeit
  15. 8. Neuroplastizität
  16. 9. SNAG: „Neuronen, die zusammen aktiviert sind, vernetzen sich“
  17. 10. Das Gehirn in der Handfläche
  18. 11. Rückenmark und Lamina I
  19. 12. Hirnstamm
  20. 13. Der limbische Bereich
  21. 14. Cortex
  22. 15. Das Gehirn als System
  23. 16. Integration
  24. 17. Kreativität, Gesundheit und der Fluss der Integration
  25. 18. Beziehungen und integrative Kommunikation
  26. 19. Die Neurobiologie des Wir
  27. 20. Bindung
  28. 21. Die Bindungskategorien
  29. 22. Mindsight
  30. 23. Einstimmung
  31. 24. Wiederverbindung nach einem Bruch
  32. 25. Einkehrzeit und Übungen des achtsamen Gewahrseins
  33. 26. Das Bewusstseinsrad
  34. 27. Die mittleren präfrontalen Funktionen
  35. 28. Energie- und Informationsfluss
  36. 29. Die Möglichkeitsebene
  37. 30. Erinnerung
  38. 31. Narrative
  39. 32. Emotion
  40. 33. Toleranzfenster und Reaktionsflexibilität
  41. 34. Interpersonelle Einstimmung formt die Selbstregulation
  42. 35. Geisteszustände
  43. 36. Mentale Prozesse: Modi und Stimmungen, Aktivitäten und Repräsentationen
  44. 37. Mentales Wohlbefinden und das Menü des gesunden Geistes
  45. 38. Ungesund-Sein und Krankheit
  46. 39. Trauma und Heilung verstehen
  47. 40. Die Bedeutung des Wohlbefindens
  48. 41. Integrationsbereiche
  49. 42. Vom Ich zum Wir: Synapse, Gesellschaft und erweitertes Selbst
  50. 43. Innere Bildung
  51. Abbildungen
  52. Kommentierter Index
  53. Knotenpunkt-Netzwerk
  54. Zum Autor