Zeit - Vormoderne & Moderne
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Zeit - Vormoderne & Moderne

Philosophie / Kulturwissenschaften

  1. 12 Seiten
  2. German
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Über dieses Buch

WAS IST ZEIT?Es gibt unterschiedliche Zeitverständnisse. Mit den jeweils herrschenden Zeitvorstellungen wird in der Gesellschaft Ordnung gemacht und auch die Individuen strukturieren mit ihrem Zeitverständnis ihr Leben und dessen Verlauf.In der Vormodernde fand man die Zeit bei Gott, bzw. in den Regeln des kirchlichen Lebens und in der von Gott geschaffenen Natur. Die Zeit hatte immer eine bestimmte Qualität. Sie wurde nicht oder nur sehr selten gemessen.In der Moderne suchten und fanden die Menschen die Zeit bei den Glocken und an der Uhr. Zeit wurde gemessen und organisiert. Die Menschen nahmen die Zeit in die eigene Hand und fingen an, sie zu managen.

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Information

Wer die Zeit verstehen will, muss darauf verzichten, die Zeit verstehen zu wollen.
Nichts anderes hatte Augustinus gemeint, als er auf die Frage, was denn „Zeit“ sei geantwortet hat, er wisse es nur, wenn ihn niemand danach fragt, er wisse es aber nicht, wenn er danach gefragt würde.
Warum aber beschäftigen wir uns eigentlich mit dem Phänomen „Zeit“? Jacob Burchardt hat das Motiv unseres Interesses benannt: „Wir möchten gerne die Welle kennen, auf welcher wir im Ozean treiben, allein wir sind diese Welle selbst.“ Zeit-Erkenntnis ist daher immer auch Selbsterkenntnis, Arbeit an der „Zeit“, ist immer auch Arbeit an sich selbst. Das jedoch macht die Fragen nach der Zeit nicht leichter und die Antworten darauf noch erheblich schwerer.
Sich die Zeit vorstellen, heißt sich das Leben vorstellen. Die „Zeit“ ist daher immerzu ein Abenteuer des Denkens und Handelns. Mehr als vorläufige Mitteilungen werden wir über sie nicht erhalten. Erledigen, abhaken, lässt sich das Thema nicht. Denn die brennende Frage: “Was ist Zeit?“ hat keine Lösung. Daher gibt es auch für alle, die sich und anderen diese Frage stellen, von dieser keine Erlösung.
Norbert Elias, ein Kultursoziologe, der viel über „Zeit und Gesellschaft“ nachgedacht hat, erzählt in einem seiner Bücher die Geschichte einer Gruppe von Personen, die in einem unbekannten, sehr hohen Gebäude immer weiter aufwärts steigen. Die ersten Generationen drangen bis zum fünften Stock vor, die zweiten bis zum siebten, die dritten bis zum zehnten. Im Laufe der Zeit gelangten die Nachkommen bis in das hundertste Stockwerk. Dann brach das Treppenhaus zusammen. Die Menschen richteten sich daher in diesem hundertsten Stockwerk ein. Sie vergaßen im Laufe der Geschichte, dass ihre Ahnen je auf unteren Stockwerken gelebt hatten und wussten nicht mehr, wie sie in das hundertste Stockwerk gelangt waren. Sie sahen die Welt und sich selbst ausschließlich aus der Perspektive dieser Höhe und hielten diesen Blick auf die Welt für den einzig gültigen und einzig möglichen.
So geht’s uns mit dem, was wir „Zeit“ nennen. In den heutigen, sehr modernen Zeiten kann man sich vom Dach eines hundertstöckigen Gebäudes mit dem Hubschrauber abholen lassen und dadurch einen Blick von außen auf den Wolkenkratzer und seine Stockwerke werfen. Das will ich tun.
Wir können bei grober Betrachtung aus dem Fenster des Fluggerätes drei große Bauabschnitte dieses Zeitgebäudes unterscheiden:
Die Vormoderne
Die Moderne
Die Postmoderne
Eben diese Gliederung bietet sich für den Versuch an, die historische Entwicklung unseres individuellen und unseres gesellschaftlichen Verhältnisses zur „Zeit“ systematisch darzustellen.
Will man die Entwicklung dieser drei Zeitverständnisse auf eine Kurzformel bringen, so stellt sie sich folgendermaßen dar:
Zuerst fanden wir die Zeit in der Natur und am gestirnten Himmel über uns, dann in den Uhren und bei den Glocken, und heute entdecken wir sie in Zeitplansystemen, Zeitvorträgen, Zeitsymposien und bei permanentem Zeitmanagement.
Zuerst also zu jener vormodernen Zeit in der „Zeit“ noch kein Thema war.

DAS ZEITALTER DER VORMODERNE

Alles zu seiner Zeit: Zeitgeber

„Sie existierte einmal: die uhrzeitlose Zeit, jene Zeit, in der man die Zeit, zumindest aber den Zeitdruck, nicht kannte. Kaum vorstellbar, es gab einmal ein Leben vor dem selbstgemachten Zeitdruck. Dieses Leben hat wenig mit jenen Vorstellungen zu tun, mit denen wir unsere Sehnsüchte nach einem von Hetze und Hast befreiten Alltag so gerne ausstatten. Diese Zeit vor dem Zeitdruck hat einen Namen, sie wird die „Vormoderne“ genannt.
Gekennzeichnet ist diese Vormoderne durch eine enge Verbindung des gesamten Lebens - speziell auch der Arbeit - mit den periodischen Abläufen des Kosmos und der Natur. Das, was wir heute „Zeitbewusstsein“ nennen - den Begriff kannte damals niemand - orientierte sich an den zyklischen Wiederholungen der Natur und dem gestirnten Himmel über ihr. Vor allem galt das für die bäuerliche Arbeit, von der die Mehrheit der Bevölkerung damals lebte. Sie war vom Wechsel der Gestirne, von Regenzeiten und Trockenzeiten, vom Umlauf der Erde um die Sonne und vom Rhythmus des tierischen und pflanzlichen Wachstums geprägt. Man lebte in der Natur und mit der Natur, ging mit den Hühnern schlafen und ließ sich vom frühmorgendlichen Krähen des Hahns dann wieder wecken. Die Welt und die Art und Weise wie man sie anschaute, waren durch die Abhängigkeit von der Natur und deren Abläufe und Bedingungen geprägt, insbesondere durch die Jahreszeiten, durch Regen, Unwetter, Dürre und durch die Beschaffenheit des Bodens. Der Lebensrhythmus des Alltags wurde von diesen wechselnden Bedingungen in heute nicht mehr vorstellbarem Ausmaß beeinflusst und bestimmt. Das Arbeitstempo etwa richtete sich nach den jeweiligen Witterungsbedingungen. Man war - aus heutiger Sicht betrachtet - eins mit der Natur. Den Lebensmitteln, die man benötigte, konnte man vom Kirchturm aus beim Wachsen und Reifen zusehen.
Durch Geburt und Stand war das Leben und dessen Ausgestaltung fest in eine als unveränderlich geltende Sozialstruktur eingebettet. Handwerkern und Bauern galt ein über den Erhalt der Existenz hinausgehendes Erwerbsstreben als unlauter. Die Regeln des Lebens und die des Arbeitens waren weitgehend identisch. Arbeit war Teil eines Alltags, dessen Sinn es war, das Leben ehrbar im Rahmen der natürlichen und der sozialen Bedingungen und Voraussetzungen zu führen.
Die zeitliche Abfolge des handwerklichen und des bäuerlichen Lebensvollzugs war an der dauerhaften Stabilität der natürlichen und der sozialen Existenzgrundlagen orientiert. Man arbeitete um zu leben und zu überleben. Wir nennen eine solche Ökonomie heute „Subsistenzwirtschaft“.
Von Geburt an war man Handwerker oder Bauer, und man blieb es bis zum Tod. Den jeweiligen Beruf hatte man nicht nur, man fühlte sich auch dazu berufen - lebenslang. Wenn sich etwas veränderte, so geschah dies nicht durch die Einzelnen, sondern durch die sie umgebende Welt, in die man sich demütig und beschützt eingebettet sah. So etwa veränderte sich die Arbeitszeit in unseren Breiten mit der Länge des lichten Tages. Das Sonnenzeitmaß bestimmte die Grundgeschwindigkeit der Natur und auch die der Menschen. Im Sommer reduzierten die Bauern die Zeiten ihres Schlafes auf die wenigen Stunden der Dunkelheit, im Winter hingegen waren schließlich so lange Schlafenszeiten üblich, dass man auf die Idee kommen konnte, der Mensch hätte alle Anlagen für einen ausgiebigen Winterschlaf.
Will man diese Zeit charakterisieren, kann man von einer „organischen Zeit“ sprechen. Die Zeit war fast ausschließlich aufgabenbezogen strukturiert. Die Arbeit wurde, wie der gesamte Lebenslauf, von dem, was zu tun war, also von den zu erfüllenden Aufgaben, geprägt. Diese Einheit von Arbeit und Leben kannte und brauchte keine abstrakten Maße. Noch bis ins 17. Jahrhundert, dies läßt sich aus Chroniken, speziell aus Geburtsregistern, ersehen, konnten die wenigsten Menschen jenes Jahr beziffern, in dem sie geboren worden waren.
Von Michael Pacher, dem wir die herrliche gotische Hochaltäre zu verdanken haben, weiß man weder das Geburtsjahr noch den Geburtsort: „Zwischen 1428 und 1435 im Pustertal“ lauten die offiziellen Daten.
Will man die Qualität des zeitlichen Umgangs in der Vormoderne charakterisieren, so ist bei der Verwendung des Begriffes „Zeit“ Vorsicht geboten. In der Art und Weise, wie wir heute „Zeit“ wahrnehmen, war dies in der Vormoderne niemandem möglich. Unsere aktuelle Zeitwahrnehmung unterscheidet sich ganz wesentlich von jener der Menschen im Mittelalter. Grund dafür war die uns heute weitgehend fremde Vorstellung, mit der die Bauern und die Handwerker damals die Welt erfasst haben, sowie das Bild, das sie sich von ihr machten. Zwei Instanzen waren es, die dieses Weltbild prägten und die die Zeitwahrnehmung beeinflussten. Dies waren die Natur und Gott, beziehungsweise dessen irdische Repräsentanten der Kirche. Sie fungierten als Zeitgeber der Vormoderne. Menschen, die die Natur nicht, wie wir heute, als „Umwelt“ begreifen, die sich vielmehr als Teil der Natur verstehen, lassen sich ihre Zeit von den Jahreszeiten, dem Stand der Sonne und dem der Sterne, von der Niederschlagsmenge und dem rhythmischen Wachsen und Vergehen der Pflanzen, der Tiere und des eigenen Körpers vorgeben. In Küstenregionen kamen noch zusätzlich Ebbe und Flut hinzu, die die Zeit all jener Menschen bestimmten, die vom Fischfang lebten.
Drei regelmäßig wiederkehrende Veränderungen fungierten als Zeitgeber:
– Die Rotation der Erde bestimmte den grundlegenden Rhythmus von Tag und Nacht.
– Die Rotation des Mondes um die Erde, sowie die Rotation des Mondes und der Erde um ihren je eigenen Schwerpunkt, bestimmten die Zeiten der Monate, der Wochentage und die der Gezeiten.
– Die Rotation der Erde um die Sonne war die Bedingung für die Jahreszeiten, für die unterschiedlichen Längen von Tag und Nacht und für Regen- und Trockenzeiten.
Aussaat, Ernte, Jagd und Fischfang, aber auch beispielsweise der Hausbau und die vielen sozialen Ereignisse, Feiern und Feste, wurden von diesen natürlichen Zyklen zeitlich bestimmt. Sie galten als nicht veränderbar und nicht hintergehbar. Deshalb redete man damals auch nicht über Ze...

Inhaltsverzeichnis

  1. DAS ZEITALTER DER VORMODERNE