Uni-Wissen Grundkurs Sprachwissenschaft
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Uni-Wissen Grundkurs Sprachwissenschaft

Sicher im Studium Germanistik

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Uni-Wissen Grundkurs Sprachwissenschaft

Sicher im Studium Germanistik

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Wie ist das Deutsche entstanden? Wie setzen sich Sprachlaute zu Silben zusammen? Wie werden Wörter zu Sätzen kombiniert? Wie kann man die Bedeutung noch nie gehörter Ausdrücke "errechnen"? - Der vorliegende Band behandelt in 13 Kapiteln zuverlässig und gut verständlich die Bereiche Phonetik, Phonologie, Graphematik, Wortbildung, Syntax, Semantik, Pragmatik und weitere Fragen aus der germanistischen Sprachwissenschaft. Dazu werden formale Grundlagen eingeführt und aktuelle Forschungsthemen ausgewiesen. Mit vielen anschaulichen Beispielen und begleitenden praktischen Übungen!

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Information

1Gegenstand und Fragestellungen

1Ziel und Aufbau dieses Buches

Die Sprachwissenschaft beschäftigt sich auf vielfältige Weise mit der menschlichen oder natürlichen Sprache. Einige Forscherinnen und Forscher untersuchen unabhängig von einer bestimmten Sprache die Sprachfähigkeit von Menschen, den Spracherwerb bei Kindern und Erwachsenen oder die überhaupt möglichen Strukturen in natürlichen Sprachen. Andere interessieren sich für eine bestimmte Sprache oder Sprachfamilie und erforschen die Entwicklung und Strukturen dieser Sprache. Die Untersuchungen zu einzelnen Sprachen sind dann oft wieder eine Voraussetzung für die sprachübergreifenden Themen.
In diesem Buch geht es um die Strukturen des Deutschen. Wir werden an einigen Stellen aber sehen, dass die Erkenntnisse über das Deutsche zu einer allgemeinen Theorie über natürliche Sprache beitragen können. Das erste Kapitel versucht eine erste Annäherung an den Gegenstand der Sprachwissenschaft: Was ist natürliche Sprache? Was ist die deutsche Sprache? Und wie fragt die Sprachwissenschaft nach diesen Gegenständen?
Man kann die Sprache unter sehr vielen verschiedenen Gesichtspunkten und Fragestellungen betrachten. Das führt dazu, dass sich Linguisten und Linguistinnen ständig uneinig sind – wie Sie sehen werden, sogar über grundlegende Begriffe wie ‚Wort’ und ‚Satz’. Das ist an sich nicht schlimm, weil man durch kontroverse Diskussionen Erkenntnisse gewinnen kann. Kontroversen werden in dieser Einführung aber weitgehend außen vor bleiben, weil ich Sie zunächst mit wichtigen Beschreibungsmethoden vertraut machen möchte. Ich werde dabei im Wesentlichen deskriptiv bleiben, da ich es für wichtig halte, dass man sprachliche Phänomene erst genau beschreiben kann, bevor man sie in einem theoretischen Rahmen diskutiert (zum Unterschied zwischen Deskription und theoretischer Modellbildung siehe Kapitel 3). Da dies aber kein ‚Katechismus’ ist, möchte ich Ihnen an einigen wenigen Stellen doch zeigen, wie Wissenschaftler diskutieren. Ich werde auch viele schwierige Daten ignorieren und an einigen Stellen stark vereinfachen.
In eine Einführung gehört eigentlich die Darstellung der Geschichte eines Faches. Da die Geschichte besser zu verstehen ist, wenn bestimmte Hintergründe bekannt sind, habe ich die Kästchen „Hintergrund“ eingefügt. In diesen werden verschiedene Ansätze, wesentliche Fragestellungen und berühmte Vertreter kurz dargestellt. In der kommentierten Literaturliste finden Sie dazu Vorschläge zum Weiterlesen.

2Natürliche Sprache

Was ist natürliche Sprache? Kann man sie von Kommunikationsformen zwischen Tieren und anderen Zeichensystemen unterscheiden? Zunächst bildet die natürliche Sprache ein Zeichensystem, mit dem Menschen sich verständigen. Es gibt viele solcher Zeichensysteme: Verkehrszeichen, Gesten, Noten in Partituren etc. Die Wissenschaft, die sich mit Zeichen und Zeichensystemen beschäftigt, heißt Semiotik. Für eine kurze Einführung siehe das Kapitel ‚Semiotik’ in LINKE/NUSSBAUMER/PORTMANN (2004). Ein Zeichensystem besteht aus Zeichen, in denen eine Form mit einer Bedeutung oder Funktion verknüpft ist. ‚Form’ muss man ganz abstrakt verstehen – eine Form kann graphisch oder lautlich sein. Oft ist die Bedeutung eines Zeichens abhängig von seiner Stellung in einem Kontext, wobei der Kontext innerhalb des Zeichensystems gegeben sein kann oder außerhalb.
Betrachten Sie die folgenden Verkehrszeichen: Das Zeichen „Ende sämtlicher Streckenverbote“ bezieht sich auf den Zeichenkontext – es hebt genau die Verbote auf, die vorher durch andere Verkehrszeichen gegeben waren. Man kann es nur verstehen, wenn man die vorherigen Zeichen kennt. Das Zeichen „Gefahrenstelle“ hingegen deutet auf einen Kontext außerhalb des Zeichensystems hin – irgendeine externe Gefährdung muss beachtet werden.
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Auch Tiere nutzen Zeichensysteme, um sich zu verständigen. Man denke etwa an den Schwänzeltanz der Bienen, bei dem eine Biene durch bestimmte Bewegungen den anderen Bienen im Stock mitteilt, in welcher Richtung und Entfernung eine Nahrungsquelle liegt. Auch hier besitzen bestimmte Zeichen, zum Beispiel bestimmte Drehungen, eine Bedeutung, die von innerem und äußerem Kontext abhängt. Die menschliche Sprache unterscheidet sich von diesen Zeichensystemen und auch von vielen anderen Zeichensystemen nicht kategorial: Auch sie verwendet Zeichen, wobei Zeichen hier zum Beispiel Wörter oder Sätze sein können. Diese Zeichen sind mit bestimmten Bedeutungen verknüpft und oft vom Kontext abhängig. Man kann die menschliche Sprache nicht durch ein einziges Merkmal von allen anderen Zeichensystemen unterscheiden, sondern nur durch ein Bündel von Merkmalen, die alle zusammen vorhanden sein müssen. Dies wurde von verschiedenen Autoren formuliert, ein einflussreicher Aufsatz dazu stammt von HOCKETT (1960). Die Merkmale sind:
Bidirektionalität: Menschen können sowohl Sender als auch Empfänger eines beliebigen Sprachsignals sein. In der Kommunikation vieler Singvögel ist das anders: Während die Männchen singen, um ihr Revier zu markieren oder ein Weibchen anzulocken, können die Weibchen oft nicht oder nur wenig singen. Sie verstehen den Gesang der Männchen, können ihn aber selbst nicht produzieren.
Situationelle Ungebundenheit: Menschen können über Dinge kommunizieren, die nicht hier und jetzt stattfinden. So können wir zum Beispiel über die Menüfolge von gestern Abend im 2-Sterne-Restaurant berichten oder die Menüfolge für kommenden Samstag in unserer Wohnung planen. Dies unterscheidet menschliche Kommunikation von vielen Kommunikationsformen bei Tieren.
Rückkopplung: Ein Mensch kann sein eigenes Sprachsignal hören und darauf reagieren, indem er sich zum Beispiel korrigiert.
Diskretheit: Die Zeichen natürlicher Sprache können in kleine, diskrete, also voneinander unterscheidbare, Einheiten zerlegt werden. So kann man zwischen den Wörtern Tisch und Fisch unterscheiden und genau sagen, dass der Unterschied zwischen dem Laut [t] und dem Laut [f] liegt. [t] und [f] sind also diskrete Einheiten. Diese Einheiten bedeuten selber nichts, unterscheiden aber die Bedeutung der Wörter Tisch und Fisch.
Produktivität: Die natürliche Sprache erlaubt es, aus einer begrenzten Menge der diskreten Einheiten wie Lauten und Wörtern neue, komplexe Zeichenketten zu produzieren, zu verstehen (siehe Kapitel 3) und über immer wieder neue Themen zu kommunizieren. Der Schwänzeltanz der Bienen kann dagegen nur eine einzige Funktion erfüllen.
Arbitrarität: Das Aussehen eines Zeichens, zum Beispiel eines Wortes, ist nicht durch das Bezeichnete bestimmt. So können verschiedene Sprachen den gleichen Gegenstand völlig unterschiedlich benennen – ein Gegenstand, der auf Deutsch Tisch heißt, heißt auf Englisch table, auf Polnisch stół, auf Finnisch pöytä etc. Nichts an dem Gegenstand TISCH verlangt die Benennung Tisch. Die Benennung ist nur konventionell, d.h. durch die Sprachgemeinschaft, festgelegt. Beim Schwänzeltanz der Bienen ist das anders: Die Richtung des Tanzes symbolisiert die Richtung der Futterquelle, die Anzahl der Drehungen symbolisiert die Entfernung. Der Tanz ist nicht arbiträr, sondern motiviert.
Insgesamt bildet die natürliche Sprache also ein produktives, bidirektionales, arbiträres und diskretes Symbolsystem. In diesem Buch werden wir uns vor allem zwei dieser Eigenschaften näher anschauen, die Diskretheit und die Produktivität.

1Diskretheit und Produktivität

Dieses Buch blendet viele Aspekte der Sprache zunächst einmal aus und begreift Sprache als ein System, in dem auf unterschiedlichen Ebenen kleine Einheiten zu größeren zusammengefasst werden. Hier einige Beispiele:
Wir können Sprachlaute zu Silben und Wörtern zusammensetzen. Die Fragen dabei sind: Welche Sprachlaute gibt es in allen natürlichen Sprachen oder in einer bestimmten Sprache? Wie können diese zu Silben zusammengesetzt werden? Gibt es hier interessante Unterschiede zwischen den Sprachen? Im Deutschen zum Beispiel kann eine Silbe nicht mit [mn] anfangen, im Polnischen hingegen schon: mnie ‚mir, mich‘. Auf mögliche Sprachlaute gehen wir in Kapitel 4 ‚Phonetik‘ ein, die Kombinationsmöglichkeiten und Beschränkungen im Deutschen werden in Kapitel 5 ‚Phonologie‘ besprochen.
Wir können aus Wörtern und anderen Einheiten komplexe Wörter zusammensetzen: rot und Wein verbinden sich zu Rotwein oder weinrot, Milch und -ig verbinden sich zu milchig, aber nicht zu *igmilch. (Der Stern vor einem Ausdruck zeigt an, dass ein Wort oder ein Satz nicht grammatisch ist, siehe Kapitel 3.) Welche Möglichkeiten und welche Beschränkungen der Kombination existieren? Das Gebiet, das sich mit der Bildung von komplexen Wörtern beschäftigt, heißt Wortbildung und wird in Kapitel 7 behandelt. Ein Wort kann in verschiedenen Kontexten unterschiedliche Formen annehmen, wie in ich lache, du lachst, er lacht. Auch hier werden Einheiten, hier lach, regelmäßig mit anderen Einheiten, hier -e, -st, -t, verbunden. Der Bereich, der sich damit beschäftigt, heißt Flexion und ist Gegenstand von Kapitel 8.
Wörter können zu Sätzen kombiniert werden. Das Nomen Milch, das Verb schmecken, das Adjektiv frisch und das Adverb immer können zum Beispiel zu dem Satz frische Milch schmeckt immer zusammengesetzt werden, aber nicht zu *frische immer Milch schmeckt. Ganz analog kann man mit anderen Wörtern Sätze bilden, wenn die Wortarten gleich bleiben, wie bei unzufriedene Lokomotivführer streiken oft. Die kleinsten Bausteine von Sätzen sind deshalb nicht Wörter, sondern Wortartklassen wie Adjektiv, Verb, Nomen etc. Einige Einheiten in obigem Satz gehören enger zusammen als andere. frische Milch zum Beispiel lässt sich nur als Ganzes verschieben, wie bei der Umstellung zur Frage sichtbar wird: schmeckt frische Milch immer? *frische schmeckt Milch immer? Im Deutschen steht in einer solchen Adjektiv-Nomen-Verbindung das Adjektiv fast immer vor dem Nomen. In anderen Sprachen ist das anders: Im Italienischen und anderen romanischen Sprachen steht das Adjektiv oft nach dem Nomen, auf das es sich bezieht: frische Milch ist also latte fresco. Das Gebiet, das die Kombination von Wörtern zu größeren Einheiten wie Sätzen beschreibt, heißt Syntax und wird in den Kapiteln 9, 10 und 11 behandelt.
Woher weiß man, was ein neues komplexes Wort oder ein bisher noch nie gehörter Satz bedeuten? Genauso, wie es Regeln zur Kombination von Lauten zu Silben oder von Wörtern zu Sätzen gibt, kann die Bedeutung komplexer Ausdrücke aus der Bedeutung einfacher Ausdrücke ‚errechnet’ werden, wenn man die Art der Zusammensetzung kennt. Dies nennt man Kompositionalität. Das Gebiet, das sich mit der Bedeutung von sprachlichen Ausdrücken beschäftigt, heißt Semantik (siehe Kapitel 12). In Kapitel 13 beschäftigen wir uns schließlich mit der Verwendung von Sprache.
Diese Sichtweise auf Sprache, das Isolieren der kleinsten Einheiten und die Beschreibung der Kombinationsmöglichkeiten, nennt man strukturalistisch.

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. 1 Gegenstand und Fragestellungen
  7. 2 Geschichte und Variation
  8. 3 Formale Grundlagen
  9. 4 Phonetik
  10. 5 Phonologie
  11. 6 Graphematik
  12. 7 Wortbildung
  13. 8 Flexion
  14. 9 Syntax I
  15. 10 Syntax II
  16. 11 Syntax III
  17. 12 Semantik
  18. 13 Pragmatik
  19. Literaturverzeichnis