Wem gehört das Sterben?
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Wem gehört das Sterben?

Philosophie / Wissenschaftstheorie

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Wem gehört das Sterben?

Philosophie / Wissenschaftstheorie

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Es gibt Dinge, die sich auch in einer verwissenschaftlichen Welt dem wissenschaftlichen Zugriff entziehen. Dazu gehört auch das Sterben.Der Vortrag geht Fragen der Endlichkeit und unterschiedlichen Gestalten des Lebens, zu denen auch das Alter gehört, nach und befasst sich mit dem, was dem Menschen verfügbar, und dem, was dem Menschen unverfügbar ist.Anschließend wird versucht, die Frage, wem das Sterben gehört, zu beantworten.

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Wem gehört das Sterben?

Es gibt Dinge, die sich auch in einer verwissenschaftlichten Welt dem wissenschaftlichen Zugriff entziehen. Nicht, weil die Wissenschaft noch nicht so weit ist, um mit Einsichten und Resultaten aufzuwarten, sondern weil es sich um Dinge handelt, die existentieller Natur sind, d.h., die den Menschen in allen seinen Wahrnehmungen, Erfahrungen und Selbstverständnissen betreffen, die da sind und da bleiben, ganz gleich, was die Wissenschaft kann und was sie zu erklären vermag, und ganz gleich, wohin uns unser Verstand, auch der alltägliche, führt. Zu diesen Dingen, von denen die Wissenschaft schweigt, sich zumindest von nur beschränkter disziplinärer Erklärungskraft erweist, und bei denen der Verstand, der sich in einer verwissenschaftlichten Welt wiedererkennt, an seine Grenzen stößt, gehören das Leben – in seiner vollen, nicht nur biologischen Bedeutung –, der Tod und das Sterben. Auch wenn wir wissenschaftlich noch so viel über das Leben und das Sterben wissen, bleibt das Leben doch als das gelebte Leben und bleibt das Sterben als das gelebte Sterben, das individuelle, nicht das allgemeine Leben und das individuelle, nicht das allgemeine Sterben. Und auch wenn wir wissenschaftlich noch so viel über den Tod wissen, bleibt er im Leben doch das Unbegreifliche – weil der Tod Widerspruch des Lebens ist und doch zu ihm gehört, und weil auch das Sterben zum Leben gehört und sich in diesem der Widerspruch, um den Preis des Lebens, aufzulösen beginnt.
Das Leben – so könnte man auch sagen – weiß alles und kann alles; es weiß auch um den Tod, aber es vermag ihn – als andauerndes Leben, dem sonst nichts fremd ist – nicht zu begreifen, jedenfalls nicht in einer auch dem Verstand, dem wissenschaftlichen wie dem alltäglichen Verstand, erklärbaren Weise. Der Tod ist eben nicht nur das Ende aller Not, wie ein Sprichwort sagt, sondern auch das Ende allen Glücks; er ist die eigentliche Negation all dessen, was das Leben ausmacht.
Damit sind wir bereits ins Anthropologische geraten, in ein Nachdenken über den Menschen, seine Natur oder sein Wesen, das nicht schon in einer Addition dessen, was wir wissenschaftlich über den Menschen, über Leben und Tod wissen, zur Ruhe kommt. So mag die Wissenschaft die Notwendigkeit des Todes demonstrieren können (alles, was lebt, muß sterben, damit das Leben weitergeht), aber sie bringt ihn uns, d.h. der Selbsterfahrung des Lebens, nicht näher. „Der Tod ist kein Abschnitt des Daseins, sondern bloß ein Zwischenereignis, ein Übergang aus einer Form des endlichen Wesens in die andere“, schreibt Wilhelm von Humboldt 1832 an eine Freundin1, doch in welche? Nur eines ist gewiß: die Antwort des Biologen wird hier anders ausfallen als die des Theologen, und die Antwort des Individuums, die Antwort aus der Perspektive des gelebten Lebens, wird immer noch einmal eine andere, eine individuelle sein.
In diesem Sinne im Folgenden einige anthropologische Erwägungen über das Endliche und das Vollkommene, zugespitzt in der Frage, wem das Sterben gehört, die zugleich aus dem Anthropologischen in recht konkrete ethische und andere Probleme führt. Auch hier aber wird gelten, daß das Allgemeine, das die Wissenschaften – nicht nur Biologie und Medizin, sondern auch die Rechtswissenschaft und die Ethik – zum Gegenstand haben, das Besondere, hier das gelebte Leben und das gelebte Sterben, nicht erreicht, jedenfalls nicht in dem (sonst üblichen) Sinne, daß das Allgemeine das Besondere erklärt und über das Besondere herrscht. Schließlich geht es bei Leben und Tod, Leben und Sterben um Erfahrungen, die im strengen Sinne nicht geteilt werden können, um Einstellungen, die nicht verallgemeinerbar sind, um eine ‘Geschichte’, die stets so einzigartig ist wie das Individuum selbst. Die Stichworte lauten: Endlichkeit und Vollkommenheit, Gestalten des Lebens, das Verfügbare und das Unverfügbare und: wem gehört das Sterben?

1. Endlichkeit und Vollkommenheit

Daß der Mensch in seiner biologischen Natur nicht aufgeht, ist eine alte Einsicht. Sie findet sich schon im griechischen Denken und führt hier zu anthropologischen Über legungen, die in der Definition des Menschen als animal rationale, als des mit Vernunft und Verstand begabten Wesens seine knappe, alles weitere der Explikation dieser Bestimmung überlassende Formulierung findet. In der neueren Philosophie sind es vor allem die Konzeptionen der Philosophen Max Scheler2 und Helmuth Plessner3, die die Forschungslage noch immer in einem grundsätzlichen Sinne bestimmen, wobei philosophische Anthropologie nach Scheler nichts anderes als Inbegriff der Philosophie ist – der Philosophie geht es immer um den Menschen, auch jenseits dessen, was die Wissenschaften wissen –, nach Plessner eine ‘integrative’ Disziplin, die im Gegensatz dazu dem Wissen der empirischen Wissenschaften vom Menschen, also etwa der Biologie und der Psychologie, folgt. Gemeinsam ist beiden Konzeptionen der Begriff der Weltoffenheit, der den Aspekt der Offenheit der menschlichen Entwicklung einschließt.
Für Scheler ist der Mensch das „X, das sich in unbegrenztem Maße ‘weltoffen’ verhalten kann“4; für Plessner charakterisiert den Menschen eine ‘exzentrische Positionalität‘5, wobei seine exzentrische, keine feste Mitte besitzende Existenz als Einheit von vermittelter Unmittelbarkeit und natürlicher Künstlichkeit beschrieben wird. Gemeint ist, daß dem Menschen als reflexivem, denkenden Wesen ein unvermitteltes Verhältnis zu sich selbst nicht möglich und ihm insofern auch sein reflexives, ‘künst liches’ Wesen natürlich ist. Dem entspricht unter dem Gesichtspunkt der ‘Offenheit‘ der menschlichen Existenz bei Plessner die Formulierung so genannter anthropologischer Grundgesetze, nämlich eines Gesetzes der ‘natürlichen Künstlichkeit’, eines Gesetzes der ‘vermittelten Unmittelbarkeit’ und eines Gesetzes des ‘utopischen Standorts‘6. Ähnlich lautet die bekannte, von dem Soziologen Arnold Gehlen vertretene These, daß der Mensch seiner Natur nach ein Kulturwesen ist7, wobei seine kulturellen Leistungen als Organersatz – der Mensch definiert als ein Mängelwesen – angesehen werden.8
Es sind der Aspekt der Weltoffenheit und, damit verbunden, der Aspekt der Bedürftigkeit, die hier die anthropologische Grundsituation des Menschen, die conditio humana, die menschliche Befindlichkeit ausmachen. Der Mensch ist, eben weil seine Natur nicht (wie beim Tier) festliegt, ein bedürftiges Wesen, und dieses Wesen findet in den Begriffen der Endlichkeit und der Kontingenz, d.h. in der Erfahrung der eigenen Begrenztheit, zu der wiederum neben der eigenen Sterblichkeit auch die eigene Bedürftigkeit gehört, seine abschließende anthropologische Bestimmung.9 Deshalb war in der Antike auch nicht die Existenzform eines Gottes Wunschbild des Menschen, sondern Achill, der bis zu seinem Tode Junge und aller Kontingenz Gewachsene. Nicht die Endlichkeit und die Kontingenz wurden verneint, sondern die Prozesse der Krankheit und des Verfalls, des Alterns und des Altwerdens. Endlichkeit schloß hier Vollkommenheit ein.
Wo die Griechen über die Endlichkeit des Menschen nachdachten und für ihre Träume Achill erfanden, stehen heute gelegentlich Alpträume. Sie werden vor allem im Umfeld der KI-Forschung, der Forschung über künstliche Intelligenz, geträumt und handeln von der Ablösung der natürlichen durch eine künstliche Intelligenz. Unter Hinweis auf die Fortschritte von Gen- und Informationstechnologie, Robotik und Hirnforschung wird von selbsternannten Propheten die Ablösung des Menschen durch die künstliche Intelligenz von Maschinen geweissagt. Da heißt es dann etwa, daß der Mensch auf dem besten Wege sei, sich selbst gegenüber seinen eigenen Werken überflüssig zu machen, daß selbstreproduktive Maschinen über die erbärmlichen Formen menschlicher Selbstreproduktion und schwächer werdende Regie formen herrschen werden, und daß sich der Mensch am Ende nur dadurch gegenüber den von ihm geschaffenen Robotern wird behaupten können, daß er selbst zum Roboter wird. Hier triumphiert der Sonntag der Phantasie über den Alltag der wissenschaftlichen Arbeit, das Eindimensionale, damit wohl auch Einfältige, über das Differenzierte, science fiction in ihren weniger sympathischen Teilen über anthropologische Einsichten, die sich nicht einfach durch die Beschwörung des Zukünftigen ersetzen lassen.
Ein Maschinenbild des Menschen stand, nicht zufällig, schon einmal am Anfang einer (sehr erfolgreichen) Entwicklung, nämlich der neuzeitlichen Medizin. Den bildete der so genannte Cartesische Substanzendualismus, d.h. die von Gesichts punkten einer mechanistischen Physiologie beherrschte Zerlegung des Menschen in eine Gliedermaschine10 und in ein denkendes Wesen. In dieser Zerlegung zerbricht bei Descartes die ursprüngliche, in der griechischen Philosophie von Aristoteles begründete Einheit von Leib und Seele, die auch die mittelalterliche Philosophie- und Medizinentwicklung noch festgehalten hatte. In der neuzeitlichen Medizin führt dies einerseits zur ‘Mechanisierung’ des Menschen, andererseits zu seiner ‘Psychiatrisierung’. Noch in der Beschwörung einer ‘psychosomatischen’ Medizin ist dieses cartesische Erbe erkennbar11; es wird in der High-Tech-Medizin, die ihre wirkliche Leistungsfähigkeit noch lange nicht erreicht haben dürfte, sogar noch verstärkt. Krankheit erscheint wie ein Defekt am ‘biologischen Körper’, der sich mit technischen Mitteln beheben läßt. Bereits 1927 hatte Viktor v. Weizsäcker, weit vor aller High-Tech-Medizin, bemerkt: „Es ist eine erstaunliche, aber nicht zu leugnende Tatsache, daß die gegenwärtige Medizin eine eigene Lehre vom kranken Menschen nicht besitzt. Sie lehrt Erscheinungen des Krankseins, Unterscheidung von Ursachen, Folgen, Heilmitteln der Krankheiten, aber sie lehrt nicht den kranken Menschen.“12 Vielleicht geht es auch gar nicht um eine Lehre vom kranken Menschen, gewiß aber (noch immer) um den Abschied von der Vorstellung vom defekten Menschen.
Eher zu den Alpträumen gehört wohl auch die Vorstellung von einem ewigen Leben, einem Leben ohne Ende, bewirkt durch die Errungenschaften einer künftigen Biologie und Medizin. Hier wäre es nicht die Maschine, der wartungsfreie Roboter, der an die Stelle des (sterblichen) Menschen tritt, sondern ein Leben ohne ‘Lebenszeiten’, gemeint sind die zeitlichen Gestalten der Kindheit, der Jugend, des Erwachsenseins und des Alters, ohne Krankheit und Verluste an ‘Lebenskraft’, ohne, damit verbunden, die Erfahrung der Kontingenz, die immer auch, im Sinne der anthropologischen Konzeption Martin Heideggers ein ‘Vorlaufen’ oder ein ‘Sein zum Tode’, (im übertragenen Sinne) Erfahrung des Todes ist und insofern ohne die Erfahrung der Endlichkeit, die den Grund aller unserer Erfahrungen ausmacht. Ein Leben ohne Tod, ein unsterbliches Wesen wäre, noch einmal, „ein Wesen ohne Lebensphasen, ohne Lebensgeschichte, ohne Identität durch die Differenz des Wandels. Ein unsterblicher Mensch wäre ein Nicht-Mensch. Deswegen wäre es nicht nur unrealistisch, sondern vor allem widermenschlich, wenn die Visionen von einem Leben ohne Krankheiten oder menschenwürdigem hohen Alter sozusagen unmerklich überglitten in die Vision eines endlosen, durch keinerlei Kontingenzerfahrungen angefochtenen Lebens. Ein endloses Leben, so heißt es weiter in einer von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften im Jahre 2004 herausgegebenen Studie „Gesundheit nach Maß?“, wäre ein Leben, in dem alle Erfahrungen immer noch gemacht wer den könnten – also nie gemacht zu werden brauchten –, ein Leben, in dem alle Ent scheidungen immer noch getroffen werden könnten – also nie getroffen werden müßten.“13 Der Mensch wäre weder Maschine noch Gott, und doch hätte er sein Wesen verloren.
Die anthropologischen Einsichten, von denen zuvor die Rede war, betreffen denn auch nicht die Überwindung der menschlichen Endlichkeit, sondern einen vernünftigen Umgang mit dieser, ein gelingendes Leben nicht jenseits aller Endlichkeit, sondern als bejahenden Ausdruck eben dieser Endlichkeit. Zu einem gelingenden Leben aber gehören auch das Sterben und der Tod.

2. Gestalten des Lebens

Vom Sterben und vom Tod sprechen, heißt auch, vom Alter, vom Alterungsprozeß, der zum Tode führt, sprechen. Schon diese Ausdrucksweise aber ist verfänglich. Sie läßt das Alter als eine Schwundstufe des Lebens erscheinen, charakterisiert im wesentlichen durch Verlust und Verfall. Wer so denkt bzw. spricht, vermag zwar auf unbestreitbare (biologische) Einschränkungen zu verweisen, übersieht aber, daß das Alter, auch das hohe Alter, in Wahrheit eine eigene Lebensform darstellt, die sich von den anderen Formen des Lebens – Kindheit, Jugend, Erwachsensein – nicht, jedenfalls nicht in erster Linie, als Menschsein im defizienten Modus unterscheidet, sondern als eine andere Form des Menschseins.14 Jugend, Alter, aber auch Abschied und Glück, sind nicht Eigenschaften des (individuellen) Lebens, sondern Formen, Gestalten, Zeiten, unter die ein Leben tritt. Aus der ‘Natur’ des Lebens bestimmt sich seine Zeit; das Leben ist nicht einfach ein zeitlicher Prozeß. Oder anders formuliert: Die Zeit des Lebens sind seine Zeiten. Das Leben schafft sich unter schiedliche Gestalten; das Alter ist eine dieser Gestalten.15
Tatsächlich sind wir weit davon entfernt, das Alter in diesem Lichte zu sehen. Auch stehen sich in der Alternsforschung noch immer im wesentlichen naturwissenschaftliche und geistes- bzw. sozialwissenschaftliche Perspektiven unverbunden gegen über. Die Unterscheidung selbst liegt nahe, da am Altern nicht nur unsere biologische Natur, sondern auch unsere psychische oder kulturelle Natur teilhat. Eine naturwissenschaftliche, im engeren Sinne biologische Forschungsperspektive bezieht sich dabei üblicherweise auf Abbauprozesse, d.h. auf Gesichtspunkte schwächer werdender biologischer Kapazitäten und Funktionsfähigkeiten, eine geistes- bzw. sozialwissenschaftliche Forschungsperspektive auf solche Aspekte des Alterns und des Alters, die Ausdruck ganz anderer Prozesse sind, bezogen auf die Welt des Geistes, der Gefühle, aber auch auf eine Handlungswelt, deren physische Grenzen wohl enger, deren kulturelle Grenzen aber durchaus weiter werden können. Hier werden Besonderheiten ins Auge gefaßt, die deutlich machen, daß Entwicklung kein exklusives Moment der Jugend ist. Kulturanthropologisch stellen Entwicklung und Mängel eben keine sich ausschließenden Gegensätze dar, im Gegenteil, es ist, wenn man Gehlen folgt16, gerade die Wahrnehmung des Mangels, der Einschrän kung, die Entwicklung und Fortschritt vorantreibt. ‘Biologisches Mängelwesen’ ist der Mensch eben nicht nur im Alter, auch wenn diese Seite unseres Wesens im Alter ihre definitive Bestimmtheit gewinnt.
Im übrigen gehen – und damit wären wir wieder bei der Frage nach der conditio humana, aber auch ein wenig in der Nähe unserer Alpträume – optimistische Annahmen davon aus, daß sich Krankheiten in Zukunft derarti...

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