Warum lachen die Menschen?
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Warum lachen die Menschen?

Kulturwissenschaft

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Warum lachen die Menschen?

Kulturwissenschaft

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Man kann ohne Grund lachen. Aber niemand lacht gerne unter seinem Niveau. Deshalb ist es gut zu wissen, warum wir lachen oder was an einem Witz das Komische ist.Anhand klassischer Zeugnisse aus Philosophie und Psychologie werden die Theorien über das Lachen als Ausdruckshandlung und Perspektivenwechsel vorgetragen.

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Information

Wenn man einen Vortrag mit einem guten Zitat beginnen kann, fühlt sich der Referent durchaus glücklich. Wenn dieses Zitat dann auch noch von Goethe stammt, ist der Referent noch glücklicher. Grenzenlos glücklich ist er aber erst dann, wenn dieses Zitat auch noch aus dem „Faust“ stammt. In dieser außerordentlichen glücklichen Lage möchte ich mit einem Zitat aus dem „Prolog im Himmel“ beginnen.
Im „Prolog im Himmel“ tritt Mephisto dem Herrn – der Teufel also Gott – gegenüber und lässt sich angesichts der Erzengel und der himmlischen Heerscharen so vernehmen: „Wenn mich auch der ganze Kreis verhöhnt, mein Pathos brächte dich gewiss zum Lachen, hättest du dir nicht das Lachen abgewöhnt“.
Warum hat sich der Herr, der Gott, der christliche Gott wahrscheinlich, das Lachen abgewöhnt? Warum ist dieser Gott kein lachender Gott? Diese Frage lässt sich durch einen Umweg mit Blick auf die antiken Götter der griechischen Mythologie am besten beantworten. Dies ist aber nicht nur ein Thema für die „Gelotologie“, für die Lachforschung, sondern auch für die Kulturwissenschaft, für die Theologie und für anderes.

Die Göttliche Komödie

Dieser Umweg beginnt bei Homer im 21. Gesang der „Ilias“. Dort gibt es das rätselhafte Auflachen des Zeus, in das er ausbricht, als er aus olympischer Höhe den Zank und Kampf der anderen Götter betrachtet. Es heißt da: „Ferne vernahm es Zeus auf Olympus Höhen, wo er saß, und es lachte das Herz ihm wonnevoll, da er schaute die Götter zum Kampf sich begegnen.“
Der Kampf dieser Götter erinnert an den Titanenkampf, der aber durch das Lachen eine ganz neue Bedeutung gewinnt. Die titanische Situation des Kampfes wird durch das Lachen verändert. Die Göttliche Komödie in dieser homerischen Götterszene wandelt es um. Es ist ein Gott Zeus, der über seinesgleichen, über Götter lacht. Es ist also ein selbstbezügliches Lachen, ein absolutes Lachen, denn er ist beides, Subjekt des Lachens und Objekt des Lachens.
In der antiken Gottesvorstellung gab es auch eine besondere, paradoxe Situation. Der antike Gott wird vorgestellt als ein unendliches, unbestimmtes Wesen aber zugleich mit endlichen Eigenschaften. Unendlich und endlich, unbestimmt und bestimmt, das ist ein Paradoxon und letzten Endes erkennt Zeus gerade diese paradoxale Struktur seiner Göttlichkeit, seiner Divinität. Das Paradoxon ist dann die Grundlage aller Komik und er bricht angesichts dessen ins Lachen aus. Denn er sieht ja an seinen Göttern, an seinen Mitgöttern, dass sie unendlich sind, aber einer ist immer begrenzt durch den anderen, also unbegrenzt und begrenzt zu sein.
Es kommt mir darauf an, an diesem Beispiel zu zeigen: Wenn Zeus über sich selbst lacht als selbstbezügliches Lachen, als absolutes Lachen, als Subjekt und Objekt des Lachens, kommen wir auf ein Paradoxon zwischen Endlichem und Unendlichem und dieses Paradoxon löst er im Lachen auf. Das ist eine besondere Situation des Polytheismus. Eine Grenze wird überschritten, der Akt des Überschreitens, ein Transzendieren. Letzten Endes erst im Lachen, im Akt des Lachens, wird der Gott wahrer Gott. Er löst dieses Paradoxon an sich selbst auf. Lachen als Transzendentum gewissermaßen.

Limitation und Transgression

Wir haben hier eine humoristische Theologie der Antike im Gegensatz zu einer Leidenstheologie des Christentums. Es ist bei Homer eine heitere Geschichte um eine komische Grundsituation, eben um das Paradoxon und seine Auflösung im Lachen. Es ist eine Grenzüberschreitung und Grenze und Grenzüberschreitung sind etwas ganz Wichtiges in der Komik. Es ist also ein Verhältnis von Limitation und Transgression. Diese Limitation, diese Fixierung in Grenzen finden wir auch bei Homer anhand der Gestalt des Hephaistos. Er wird durch seine Mitgötter verlacht, ausgelacht, in seiner Gestalt fixiert, in seiner misslichen. Er wird zum Objekt des Lachens. Er ist kein Subjekt. Er wird begrenzt und zugleich auch ausgegrenzt.

Inkongruenz und Kontrast

Man könnte sagen, dass das Lachen eigentlich immer so etwas wie ein Grenzphänomen ist, dass das Lachen mit einer Grenzerfahrung zu tun hat. Das ist das eine und dann gibt es noch zwei andere Modelle, die auch ganz wichtig sind. Sie lassen sich unter den beiden Stichworten subsumieren: Inkongruenztheorie oder Kontrasttheorie. Inkongruenz meint, es ist etwas Inadäquates, es kommt etwas nicht zur Deckung, beispielsweise bei Nestroy Figuren, die Fremdwörter verwenden, aber völlig unangemessen sind. Sie wollen gebildet erscheinen, entlarven sich aber letzten Endes durch den falschen Gebrauch der Fremdwörter als ungebildet. Das ist eine Inkongruenz. Oder Kontrast. Das sieht man am besten daran, wenn Komiker als Paare auftreten. Dick und Doof, also Stan Laurel und Oliver Hardy oder Karl Valentin und Liesl Karlstadt.
Es gibt also vier Konzepte der „vis comica“, einmal das Grenzkonzept – Limitation und Transgression und dann die Formen von Inkongruenz und Kontrasten. Ich würde meinen, dass diese vier Elemente gleichsam die wichtigsten Begrifflichkeiten für Komik, Humor und das Lachen sind. Limitation, Transgression, Inkongruenz und Kontrast.

Pathetische Theologie

Nun aber zurück zu Goethe. Warum muss der christliche Gott nicht lachen? Warum hat er sich das Lachen abgewöhnt? Ganz einfach deshalb, der christliche Gott ist ja schon das Absolute, er muss sich nicht erweitern im Lachen, sondern er muss sich verendlichen. Er muss herabsteigen, „Kenosis“. Er muss leiden, die Kreuzessymbolik also. Es ist eben die pathetische Theologie.
Wir haben es also hier mit zwei verschiedenen Entwürfen, einer humoristischen Theologie der Antike und einer pathetischen Theologie des Christentums zu tun. Natürlich gibt es in dieser pathetischen Theologie auch Freude, auch die Fröhlichkeit, aber es herrscht doch in der Geschichte eher das Lachverbot vor. Etwa Umberto Eco hat das in „Der Name der Rose“ sehr schön dargestellt. Es gibt natürlich auch in dieser Tradition Ausnahmezeiten zur Entlastung bei sonstigem Verbot, etwa Fasching, Karneval usw.
Interessant ist ein kurzer Blick auf das Alte Testament. Dort wird ja Lachen bzw. Lächeln mit Isaak und seinem Namen direkt in Verbindung gesetzt. Dafür gibt es im Hebräischen zwei verschiedene Begriffe, einmal „sa^khag“, das meint das fröhliche, das schallende Lachen und das andere „la^ag“, das spöttische, das an einen Adressaten gerichtete, herabsetzende Lachen. Dieser erste Begriff, eben „sa^khag“, geht unmittelbar auch in seiner Wortbedeutung in den Namen Isaak ein und es gibt ganze Traditionen talmudischer Gelehrsamkeit und Kommentatoren der Rabbiner, die sich mit diesem Namen beschäftigen und wenn man in das erste Buch Mose schaut, in die Genesis, die Geburt Isaaks, das ist ja auch ein kleines Kabinettstückchen an Komik.

Humor und Komik

Wir haben jetzt sehr viel von Lachen gesprochen, von Komik und Humor. Was ist eigentlich Lachen? Lachen ist zunächst einmal so etwas wie eine anthropologische Konstante wie Weinen oder auch wie Altern als physiologischer Prozess. Lachen ist eine physiologische Ausdruckshandlung als anthropologische Konstante. Also eine Ausdruckshandlung physiologischer Art, das ist ein wichtiger Begriff. Innerhalb dieser Ausdruckshandlung gibt es verschiedene Muster, soziale und kulturelle Varianten und Variablen. Das sind die verschiedenen Ausdrucksmuster.
Es gibt also auf der einen Seite die Ausdruckshandlung und auf der anderen Seite die variablen Ausdrucks-muster. Deshalb gibt es auch eine „Geographie des Witzes“, weil die Ausdrucksmuster wechseln. Der Witz über Ostfriesen ist anders als der Witz über die Berner in der Schweiz oder die Burgenländer in Österreich.
Dann muss man als unterschiedliche Ausdrucksweisen das Lachen vom Lächeln unterscheiden. Das Lächeln kann ein Lächeln des Buddha sein, als Zeichen der Weisheit. Es kann ein Lächeln der Heiterkeit sein, nämlich zu wissen, dass wir angesichts der Fragilität des Lebens durchaus eine „symmetrische“ Lebensform annehmen könnten, als eine gewissen Überlegenheit. Es kann aber auch das Ironische Lächeln als Form der Selbstdistanz sein.
Wenn wir versuchen, nur so etwas zu unterscheiden wie Humor und Komik, dann möchte ich den Vorschlag machen, dass wir Komik vor allem als eine intellektuelle Leistung verstehen, als eine Inszenierung des Verstandes, als eine rationale Konstruktion. Komik macht man im Gegensatz zum Humor, der sehr viel mit Gefühl, mit Gemüt zu tun hat, mit der Disposition der Gestimmtheit. Man könnte sagen: Komik macht man, humorvoll ist man. Ich verstehe die Komik immer als das „Gelächter der Vernunft“ angesichts der Verkehrtheiten der Welt, die auch durch den Clown mit seinem lachenden und seinem weinenden Auge verkörpert werden. Der Clown, der uns einlädt zum Lachen, so wie der Zauberer uns einlädt zum Staunen. Auf der anderen Seite ist der Humor mehr eine Einstellungssache durch Disposition usw.
Daneben müsste man heutzutage, weil es in den Medien Gang und Gäbe ist, auch die Comedy unterscheiden. Man hat sie einmal – so glaube ich – folgendermassen sehr gut definiert: „Comedy ist eine Komödie, die nichts vom Tragischen weiß“.
Wenn man dann weiter geht und versucht, auch noch die Ironie zu unterscheiden, die sokratische Ironie als die Form der „gelehrten Unwissenheit“ oder bei Voltaire Ironie als „Ausdruck von Toleranz“, dann ist Ironie immer eine Form der Selbstdistanzierung zur eigenen Position. Bei Heinrich Heine und bei Thoma Mann wäre das noch einmal anders. Oder der Witz als die Form, bei der verschiedenes Disjunktives in eine Pointe zusammengeschlossen wird. Oder schließlich die Heiterkeit schon in der Antike von Demokrit bis Seneca in der Stoa, die Anerkennung der Fragilität unseres Daseins und als Ausdruck einer ausgeglichenen symmetrischen Lebenseinstellung zwischen den Extremen. Heiterkeit, etwas anders als positives Denken, kennt auch die Enttäuschung, kann mit ihr leben. Das positive Denken kaum. Man sieht also eine Fülle von Unterscheidungsmöglichkeiten, ob Komik, Humor, Lachen, Lächeln, Ironie, Witz und Heiterkeit usw.

Historische Semantik des Humors

Um hier jetzt etwas Ordnung in die Vielfalt zu bringen, möchte ich eine kleine historische Semantik versuchen, ein Versuch, darzustellen, wie verschiedene Philosophen zu diesen Themen Stellung bezogen haben bzw. welche Definitionen und Konzepte hier vorgelegt worden sind.

Die „Asymmetrie“ des Thomas Hobbes

Für die historische Semantik ist sicher ein Philosoph ganz wichtig, nämlich Thomas Hobbes, der Philosoph des Absolutismus, Autor des Leviathan, einer der durchaus etwas von Macht verstand. In seiner Schrift „Vom Menschen“ (De homine, 1658) definiert er in Paragraph 12 Humor und Komik als einen Akt der „Selbst-Affirmation“. In einem solchen komischen Verhältnis setzt man sich herauf, um den anderen herabzusetzen. Es wird also eine „Asymmetrie“ hergesellt. Es ist ein Affekt der Selbstbestätigung.
Auf dieses Heraufsetzen und Herabsetzen kommt es eigentlich an und man sieht schon in dieser Asymmetrie, dass es immer ein „oben“ und ein „unten“ gibt. Letzten Endes ist es bei ihm eine Form der Selbstbestätigung. Er benützt die Formulierung „Inferiorisierung“ und „Superiorisierung“. Daran erkennt man, dass es immer um diese Asymmetrie geht. Man kann sich das sehr einfach vorstellen: Jemand verspottet einen anderen, setzt ihn herab aufgrund eines Defektes, aber weil er selbst diesen Defekt nicht hat, setzt er sich herauf. So funktionieren häufig auch die Witze über soziale Randgruppen.
Dies hat natürlich auch seine Auswirkungen gehabt, etwa auf die Portraitmalerei im Absolutismus: kein Herrscher wird lachend dargestellt. Würde er lachend dargestellt, wäre er nicht absolut, denn er würde sich ja heraufsetzen auf Kosten der anderen. Er würde sich abhängig machen. Das „Keep Smiling“ der heutigen Politiker ist gewissermaßen eine demokratische Variante zu diesem Thema.
Eine Frage in diesem Zusammenhang wäre natürlich: Muss man sich herabsetzen lassen? Schützt einen eigentlich die Menschenwürde nicht vor solchen humoristischen, komischen Verfahren der Herabsetzung? Man könnte sagen, ja doch, es gibt einen naturrechtlichen Schutz, einen Schutz der Menschenwürde. Gewissermaßen die Geburt des Naturrechts oder der Menschenwürde aus dem Geist der Komik, aus diesem Verbot, herabgesetzt zu werden.

Witz als Form des Widerstandes

Mit diesen Formen der Herabsetzung und Selbstherabsetzung arbeitet sehr stark der jüdische Witz. Im jüdischen Witz geht es ja darum, dass der Jude sich selbst herabsetzt, so dass ihn der Antisemit, wenn er ihn in einem Witz angreifen möchte, gar nicht treffen kann. Er hat sich so herabgesetzt, dass dieser Witz über ihn an ihm vorbeigeht. Das ist eine Form von kultureller Überlegenheit. Der Witz ist hier eine Form des Widerstandes. Ich möchte ein Beispiel bringen aus der Sammlung jüdischer Witze von Salcia Landmann: Da kommt einer zum Rabbi und sagt: „Lieber Rabbi, ich habe die schönste Frau im Schtetl“. Der Rabbi sagt: „Da wäre ich gar nicht so stolz darauf, deine Frau hat mindestens noch vier Liebhaber.“ Da antwortet er: „Was soll´s, lieber mit 20 % an einer guten Sache beteiligt sein, als mit 100 % an einer schlechten.“
Hier hat sich der Jude also bereits herabgesetzt in einer Form der kulturellen Überlegenheit, einer Form des Widerstandes – das, was ihm vorgeworfen wird. Es gibt andere Elemente, aber das ist eine ganz wichtige Mechanik des jüdischen Witzes.

Inversion, Perspektivenwechsel und Dominanzverzicht

Komik und Macht, Lachen und Macht spielen natürlich eine Rolle im gesellschaftlichen, politischen Bereich. Deshalb ist auch für Diktaturen Lachen immer ein Politikum. Lachen hat einen subversiven Charakter und zwar aus folgenden Gründen: In der Komik, im Humor durch das Lachen ist eine der Strategien die „Inversion“. Man kann etwas verkehren. Man kann etwas ins Gegenteil überführen, Mann zu Frau machen, oben zu unten. Diese „Inversionen“ sind das eigentlich Subversive, deshalb muss dann die Zensur eingreifen.
Aber was neben der Inversion noch wichtiger ist, ist das, was Komik überhaupt auslöst, nämlich ein Perspektivenwechsel. Man sieht die Sache anders, hat eine neue Perspektive, legt die Scheuklappen ab. Das aber kann in einer Diktatur, wenn ein Perspektivenwechsel durch Komik angesagt ist, sehr destabilisierend wirken. Der Perspektivenwechsel der Komik wird auch als Instrument oder als Folge einer Humortherapie eingesetzt, bei Menschen, die krank sind. Dadurch sollen sie aus ihrem „Loch“, aus ihrer Depression herauskommen. Eine neue Perspektive aufzeigen – hier setzt die Humor-therapie an.
Und dann, das ist auch aus der Evolutionstheorie heraus häufig so verstanden worden, hat Komik, das Lachen etwas mit Dominanzverzicht zu tun. Wenn der Chef lächelt, verzichtet er im Augenblick auf seine Dominanz, seine Überlegenheit. Das hat einen egalitären Effekt.
Es sind ganz wichtige Ziele der Komiktheorie und überhaupt der Lachforschung, diese Inversionen, den Perspektivenwechsel und den Dominanzverzicht zu thematisieren. Aus dem Perspektivenwechsel geht natürlich auch hervor, dass Komik, das Lachen, durchaus etwas mit Innovation zu...

Inhaltsverzeichnis

  1. Die Göttliche Komödie