Lebendige Seelsorge 5/2016
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Lebendige Seelsorge 5/2016

Martyria: Neue Chancen und neue Kompetenzen

  1. 72 Seiten
  2. German
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Lebendige Seelsorge 5/2016

Martyria: Neue Chancen und neue Kompetenzen

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Über dieses Buch

Wenn man uns als katholische Christinnen und Christen fragen wĂŒrde, woran man die QualitĂ€t unserer Gemeinden erkennen könnte, wĂ€ren drei Antworten recht populĂ€r: "Wir feiern Gottesdienst." "Wir bekĂ€mpfen Armut." Und: "Wir bieten viele Möglichkeiten fĂŒr die Erfahrung von Gemeinschaft an." Liturgie - Diakonie - Communio: unser katholischer Dreiklang. Ein Ton aber fehlt. Vielleicht sogar eine ganze Tonart. Denn wo gibt wer die Antwort: "Uns erkennst Du sofort, weil wir Dir eine Geschichte erzĂ€hlen können, die Dich vom Stuhl haut!?" GlaubensverkĂŒndigung; Martyria; die Kommunikation der Botschaft - wie wir es auch ausdrĂŒcken: Unsere Erfahrung eines glaubenden Lebens ist uns irgendwie aus der Sprache gerutscht. Dies wird von außen deutlich bemerkt: "Die Kirche verreckt an ihrer Sprache", titelt unser Autor, der Kommunikationsberater Erik FlĂŒgge. Der Vorwurf sitzt, auch wenn er in diesem Heft nicht unbeantwortet bleibt. Denn er zeigt ja nicht nur Genervtheit, sondern auch Bedauern. Welche Chancen hĂ€tten wir alle, ob kirchlich gebunden oder nicht, wenn die, die einen Glauben haben, diesen auch so erzĂ€hlten, dass man richtig gerne zuhört! In diesem Heft gehen wir den neuen Chancen, gut praktisch-theologisch, aber auch gleich den Kompetenzen einer "Martyria 2016" nach. Die Chance steht im Raum, mit neuen Techniken und in neuen unkirchlichen Kontexten, den eigenen Glauben neu zu lernen, indem man ihn neu versprachlicht. Solche Kompetenzen heißen: "Storytelling", "Campaigning", "Inszenierung des Authentischen", aber auch "Glaubensmarketing", "Essai", oder "Audiovisuelles Bewegtbild". Das Ziel unseres Heftes: zunĂ€chst selber wieder vom Stuhl gehauen werden, weil wir selber neu hingehört haben. Und dann in unserer Umgebung niemanden mehr sitzen lassen!

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Information

Verlag
Echter
Jahr
2016
ISBN
9783429062828
PRAXIS
AuthentizitĂ€t muss man gut inszenieren. Das YouTube-Casting 1‘ 31“
Ihre Videos werden monatlich im zweistelligen Millionenbereich abgespielt, sie besitzen eine absolute Monopolstellung in der Produktion jugendkultureller Ästhetik und Ausdrucksformen, dennoch sind die Ü25-JĂ€hrigen quasi vollkommen unbekannt. Die Rede ist von Dagmar Ochmanczyk oder Erik Range, online – und ĂŒberhaupt – besser gelĂ€ufig als DagiBee und Gronkh. Jan Kuhn
ENTSCHULDIGUNG, SIE HABEN DA ETWAS VERLOREN

Sie gehören zu den Superstars einer ganzen Generation, mit ihrer augenscheinlichen „AuthentizitĂ€t“ beherrschen sie die mobilen Bildschirme wie niemand sonst (tagesaktuelle Zahlen zu You-Tube, Twitch und Instagram werden von der Internetplattform Social Blade zusammengetragen und aufbereitet. FĂŒr die Top 100 der You-Tuber in Deutschland siehe http://socialblade.com/youtube/top/country/de/mostsubscribed).
Wie kann es sein, dass sich innerhalb von wenigen Jahren – vollkommen unbemerkt – neue Orte der Kreation kultureller Ausdrucksformen und Sprachen entwickelt haben? Was sind die Charakteristika und Logiken dieser neuen LebensrĂ€ume? Und: Was bedeutet dies fĂŒr bestehende kirchliche Kommunikationsstrukturen?
IDENTITÄTSKONSTRUKTIONEN IN EINER „ENTGRENZTEN“ WELT
„Wer bin ich?“, also die Frage nach der eigenen IdentitĂ€t ist zutiefst persönlich wie privat. Sie ist in einer Gesellschaft, die vor allem die öffentliche Produktion und Vermarktung des digitalen Ichs bis in die Perfektion gesteigert hat, ebenso obsolet wie gleichermaßen allgegenwĂ€rtig. Dies zeigt auch die starke Rezeption in sĂ€mtlichen Kulturfeldern wie bspw. in Literatur, Musik und Film wie auch in der Verwendung als offizielles YouTube Motto – „Broadcast Yourself“. Worin liegt aber dieser starke Wunsch nach einer derart expressiven Darstellung der eigenen IdentitĂ€t begrĂŒndet, wie es vor allem in den Social Communities (Snapchat, Instagram & YouTube) praktiziert wird?
In einer Gesellschaft, die einem von Geburt an Beliebigkeit in allen Bereichen des Lebens suggeriert, liegt die Herausforderung von IdentitĂ€tskonstruktion in dem einfachen Zugang zu einer Vielzahl von potenziell adaptierbaren Schnittmustern. Hinzu kommt eine einhergehende – nicht aber deckungsgleiche – Dekonstruktion von gesellschaftlich starken Leitbildern wie Geschlechterrollen oder allgemein anerkannten gesellschaftlich konstituierten Werten. Dabei ergibt sich IdentitĂ€t im Wesentlichen aus der Auseinandersetzung von Gesellschaft und Individuum. Die Produktion von Alleinstellungsmerkmalen nach außen dient auch einer Selbstvergewisserung nach innen. Dieser Vorgang ist, aufgrund der fluiden und erodierenden fixen Wertesysteme der umgebenden Gesellschaft, nicht nur Ă€ußerst komplex, sondern auch zu einem „unabschließbaren Projekt“ (Keupp, 100) geworden. Gerade fĂŒr Jugendliche bedeutet dies die Aneignung vollkommen neuer „Lesekompetenzen“ und FĂ€higkeiten der Selbstorganisation.
Jan Kuhn
geb. 1987; Wiss. Mitarbeiter und Doktorand am Zentrum fĂŒr angewandte Pastoralforschung (Bochum); Projektleiter Web-Video-Wettbewerb 1’31”; Arbeitsfelder: Bewegtbild-Kommunikation, Jugendkultur & Mediennutzung.
Man könnte die Herausforderungen aktueller „Millennials“ (nach 2000 Geborene) insofern zusammenfassen, dass aus den ehemaligen Sinn- und IdentitĂ€tssuchern des 20. Jh. hoch funktionale IdentitĂ€tsmanager des 21. Jh. geworden sind. Inwiefern die dargestellte und kommunizierte IdentitĂ€t in sozialen Interaktionen erfolgreich – also passgenau – ist, wird dabei extern evaluiert. Die gelungene Darstellung des eigenen Selbst ist die „derzeit global gĂ€ngige ‚Leit-WĂ€hrung‘ fĂŒr soziales Prestige“ (Niemand, 213). Sie ist normativ positiv aufgeladen, lĂ€sst sich quantitativ graduieren und versteckt sich hinter dem Modewort „AuthentizitĂ€t“.
WER IN SEINER KOMMUNIKATION NICHT ALS AUTHENTISCH WAHRGENOMMEN WIRD, IST SOZIAL TOT
Jugendliche Zuschauer sind besonders trainiert darauf, in Sekundenschnelle den Content mitsamt seiner Ă€sthetischen Formatierung (Kleidung/Set) und dem gewĂ€hlten Format als authentisch kredibel zu bewerten und diesen schnellstmöglich auf seine Adaptierbarkeit hin zu scannen (Lesekompetenz). Wer diesen „Lackmustest“ der persönlichen Kommunikation nicht besteht, wird aussortiert, in Zukunft weniger bis gar nicht rezipiert, kommt damit in der RealitĂ€t der Jugendlichen nicht mehr vor – ist sozial tot.
Es gibt also ein hohes Eigeninteresse, in der eigenen Kommunikation als authentisch wahrgenommen zu werden und die UmstĂ€nde zu produzieren/inszenieren, damit dies ĂŒberhaupt gelingen kann. Aber ist AuthentizitĂ€t und Inszenierung nicht ein Widerspruch in sich? Da jede Professionalisierung der Branche eine strategische – also geplante – Inszenierung mit sich bringt, sind besonders die Formate auf YouTube erfolgreich, die eine Offenlegung der ProduktionsumstĂ€nde gewĂ€hrleisten. Dies kann entweder durch szenespezifische Codierungen wie Aufnahmen mit wackeligen Handkameras oder auch durch eigene Formate (bspw. ‚Roomtour’/ ‚Follow Me Around’) geschehen. Hierbei filmt der Produzent sein Produktionsset und, da es sich in der Regel um eine Privatwohnung handelt, alle relevanten und nicht relevanten Faktoren im Bereich der Produktion. Sie rĂŒcken die Produktion des inszenierten Bewegtbildes aus dem Arkanen in die Öffentlichkeit, welches von den Zuschauern kommentiert und diskutiert wird.
WIR SIND WIE ALIENS IM NEUEN (DIGITALEN) LEBENSRAUM – NUR OHNE FANCY RAUMSCHIFF
Die Frage nach Glaubensvermittlung in sozialen Netzwerken ist ein in der Breite unbearbeitetes Feld, welches in seiner Beschaffenheit neue Möglichkeiten bietet und in seiner Relevanz absolute Notwendigkeiten aufzeigt. Die PrĂ€senz von Kirche in digitalen sozialen Netzen ist allerdings, was die Formate angeht, erschreckend eindimensional und in der QuantitĂ€t völlig unzureichend. Die Abwesenheit auf Plattformen wie YouTube ist nicht nur aufgrund der gigantischen Nutzungszahlen (>1Mrd. Nutzer/Tag) eine vergebene Chance – vielmehr ist sie gefĂ€hrlich, da die kulturellen Ausdrucksformen und Sprachen kontinuierlich fremder werden. Man ist immer hĂ€ufiger auf externe Übersetzer angewiesen.
Genau an dieses Problem dockt der – als einmaliges Projekt gestartete – YouTuber Wettbewerb 1’31” an, welcher sich aufgrund des Erfolges inzwischen im dritten Durchlauf befindet. Neben der Entdeckung und Förderung von jungen Videotalenten geht es gleichermaßen darum, neue Ausdrucksformen zu identifizieren, zu verstehen. Hier zeigt sich wiederum der kommunikative Charakter des Projektes: Es geht eben nicht darum, eine verpackte digitale Variante der Katechese zu betreiben, sondern in einen dialogischen Prozess mit jungen Kreativen zu treten. Hierbei wurden analoge wie digitale RĂ€ume in Form von mehrwöchigen Workshops geschaffen, in denen man auch ĂŒber Glaubens- und Wertethemen reden kann.
Die ersten beiden DurchgĂ€nge des Wettbewerbs zeigen: Es wurde nicht nur eine signifikante Gruppe von Talenten fĂŒr Themen mit religiösem Bezug aktiviert, sondern durch die engagierte Begleitung in den Workshops hat sich eine Ă€ußerst ambitionierte Community von Nachwuchsfilmemachern und YouTubern gegrĂŒndet, die mit UnterstĂŒtzung des ZAPs weiter zusammen an Projekten arbeitet. Wir haben gelernt, dass es nicht das eine Geheimrezept fĂŒr erfolgreiche digitale (Glaubens-)Kommunikation in Social Communities, speziell auf YouTube, gibt. Sehr wohl lassen sich aber gewisse Spielregeln identifizieren, die nachfolgend in fĂŒnf Doppelpaarungen zusammengefasst werden sollen:
AUTHENTISCH & PERSÖNLICH
Der Erfolg des Formates misst sich nicht in erster Linie an der (technischen) QualitĂ€t des Contents, sondern vielmehr an der Vielfalt, der Schnelligkeit, aber vor allem an der Persönlichkeit des Senders einer Information. Es kommunizieren Individuen, nicht Institutionen. Die AuthentizitĂ€t des Senders ist die SchlĂŒsselkomponente schlechthin. Sie bestimmt, ob eine Information angenommen wird oder nicht. Ebenso ist es nicht möglich, diese zu produzieren, denn es handelt sich immer um eine externe Zuschreibung.
Die Abwesenheit auf Plattformen ist nicht nur eine vergebene Chance – sie ist gefĂ€hrlich
DIALOGISCH & MULTIPLIZIERT
Ein Spezifikum von Sozialen Netzen ist die hohe InteraktivitÀt. So fordern YouTuber ihre Zuschauer zu einem Dialog in den Kommentaren auf und beziehen diese wiederum in die Produktion neuer Formate ein. Obwohl es sich hierbei um eine klassische One-to-Many-Kommunikation mit stark gruppenkonstituierenden Mechanismen handelt, ist die Ansprache stets an einzelne Individuen gerichtet. Sie ist damit multipliziert und persönlich zugleich.
DIVERSIFIZIERT & NAH
Um in Social Communities erfolgreich zu kommunizieren, ist es wichtig, zielgruppenrelevante Fragen zu beantworten. Hierbei ist es besonders entscheidend, dass dem Sender die Lösungskompetenz fĂŒr das jeweilige Problem zugeschrieben wird. So sind die erfolgreichen Vloger meist nur wenige Jahre Ă€lter als ihre Zuschauer. Sie sind praktisch Ă€ltere digitale Geschwister, die zur Problemlösung hinzugezogen werden.
ENTLOKALISIERT & ZEITVERSETZT
Digitale Kommunikation findet in der Mehrheit der FĂ€lle auf mobilen EndgerĂ€ten statt. Dies bedeutet, dass man den Zuschauer viel hĂ€ufiger „unterwegs“ antrifft. Damit sind die potenziellen Zeitfenster des Kontaktes kĂŒrzer und in der Regel zeitversetzt. Die typische LĂ€nge eines VLOGS betrĂ€gt zwischen 8-15 Minuten.
SEQUENTIELL ADAPTIERBAR & AKTUELL
Inhalte in den Lebenswelten von Jugendlichen werden selbstĂ€ndig rezipiert und adaptiert. Sie beschrĂ€nken sich dabei weder auf sinnstiftende Komplettangebote noch auf spezifische KanĂ€le. So ist fĂŒr viele Jugendliche Facebook ab dem Moment „uncool“ geworden, an dem sich „Papa auch einen Account gemacht hat“. Orte, Logiken und Ausdrucksformen wechseln dem Zeitalter gemĂ€ĂŸ rasant. ■
LITERATUR
Niemand, Christoph, Was an der Bibel authentisch sein kann. Texte, Interpretationen, Menschen, in: Kreutzer, Ansgar / Niemand, Christoph (Hg.), AuthentizitĂ€t – Modewort, Leitbild, Konzept. Theologische und humanwissenschaftliche Erkundungen zu einer schillernden Kategorie (Schriften der Katholischen Privat-UniversitĂ€t Linz, Bd. 1), Regensburg 2016, 201-229.
Keupp, Heiner, Das spĂ€tmoderne Subjekt – von der Suche nach dem authentischen GlĂŒck erschöpft?, in: Kreutzer, Ansgar / Niemand, Christoph (Hg.), AuthentizitĂ€t – Modewort, Leitbild, Konzept. Theologische und humanwissenschaftliche Erkundungen zu einer schillernden Kategorie (Schriften der Katholischen Privat-UniversitĂ€t Linz, Bd. 1), Regensburg 2016, 89-116.
We lost the story
Oder: Wie die Kirche wieder lernt, gute Geschichten zu erzÀhlen
Es war keine gewöhnliche Nacht, damals wĂ€hrend meines Freisemesters in Dublin. Anstatt in einem Pub verbrachte ich die Nacht in der Kirche, die – auch anders als ĂŒblich – aus allen NĂ€hten platzte: Osternacht. Von allen Osterpredigten, die ich bislang gehört habe, ist mir nur diese immer noch im GedĂ€chtnis. Christian Schröder
Fr. Robert atmete hörbar durch nach den vielen Lesungen aus dem Alten Testament. „People somehow lost the story“, war sein erster Satz. Und er meinte damit, dass viele Menschen emotional sehr empfĂ€nglich fĂŒr die Botschaft der Auferstehung seien. Nur: Sie haben die entsprechende Geschichte dazu verloren, die ihnen zeigt, was das eigentlich fĂŒr ihr Leben bedeuten könnte. DafĂŒr machte Fr. Robert nicht die Leute selbst verantwortlich. Sondern sich und alle, die als Christinnen und Christen glauben, dass das Evangelium die „greatest story ever told“ ist.
WE LOST THE STORY
Es gab diese Zeit, als die Kirche ziemlich viel Energie ins ErzĂ€hlen von Geschichten investiert hat. Eigentlich war es sogar eine ziemlich lange Epoche. Immer wieder dachten sich Christinnen und Christen originelle Formate aus, mit denen sie ihren Zeitgenossen von ihrem Glauben erzĂ€hlen konnten. Zum Beispiel durch die Architektur berĂŒhmter KirchengebĂ€ude. Oder durch die bunten Kirchenfenster, die das Drama der Bibel- und Heiligengeschichten darstellten. Oder das religiöse Theater der Jesuiten. Oder die Verbindung der Epiphaniegeschichte mit dem Eine-Welt-Gedanken in der modernen Sternsingeraktion.
Das ErzĂ€hlen von dem, was Christinnen und Christen glauben, scheint mir derzeit kein AushĂ€ngeschild der christlichen Kirchen zu sein. Viele Gemeinden haben zwar ein starkes liturgisches oder diakonisches Profil. Aber welche Pfarrei legt etwa ganz bewusst den Schwerpunkt auf VerkĂŒndigung, auf die Artikulation von Glaubenserfahrungen in der Sprache von heute? Wo werden ĂŒberhaupt von Christinnen und Christen spannende religiöse Geschichten erzĂ€hlt, die weder Ă€sthetisch noch dramaturgisch abfallen gegenĂŒber dem, was wir sonst gewohnt sind von Netflix, youtube, Videospielen oder populĂ€rer Musik?
Es gibt tatsĂ€chlich solche Orte. Und viele davon liegen in den USA. Wo Gemeinden, anstatt den dritten Aushilfsorganisten anzustellen, einen Rock- oder Popmusiker als „artist in residence“ mit einem monatlichen Sockelbetrag unterstĂŒtzen, damit er dabei hilft, auch moderne Gottesdienste ansprechend zu gestalten. Oder ein Team von Videofreaks aufbauen, die das Leben der Gemeinde inklusive Glaubenszeugnissen vom Firmling bis zum Seniorenkaffee ins Internet ĂŒbertragen, damit man endlich mal eine Antwort auf die Frage bekommt: Warum gibt es euch als Kirche eigentlich? Was ist eure Message? Mit UnterstĂŒtzung des Projekts Crossing Over hatte ich die Chance, einige solcher Orte zu besuchen. In vier kurzen Schlaglichtern, die jeweils eine zentrale These aus den Lernerfahrungen der Reise illustrieren, möchte ich von den aus meiner Sicht wichtigsten Erkenntnissen fĂŒr die pastorale Situation in Deutschland erzĂ€hlen. Eine ausfĂŒhrlichere Dokumentation der Reise findet sich auf www.storychurch.de.
Christian Schröder
Dr. theol., Pastoralassistent in der Pfarre Franziska von Aachen. Schwerpunkte: Jugendpastoral (u.a. Jugendkirche kafa...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Inhalt
  3. Thema
  4. Projekt
  5. Interview
  6. Praxis
  7. Forum
  8. Impressum
  9. Nachlese
  10. Popkulturbeutel