Architektur einer Gemeinschaft
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Architektur einer Gemeinschaft

Impulse aus den Satzungen der Jesuiten

  1. 72 Seiten
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Architektur einer Gemeinschaft

Impulse aus den Satzungen der Jesuiten

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Was macht den Geist einer Gemeinschaft aus? Wie verleiblicht sich ihre Spiritualität? Jesuiten sind geprägt durch die Geistlichen Übungen ihres Gründers Ignatius von Loyola. Aber auch die Ordensregeln, die so genannten Satzungen, sind von großer Bedeutung. In ihnen sind der Geist und die Architektur des Ordens grundgelegt. Hier sind viele Einsichten und Anregungen zu finden, die den Reichtum ignatianischer Erfahrungen für das Leben einer Gemeinschaft erschließen und fruchtbar machen.

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Information

Verlag
Echter
Jahr
2013
ISBN
9783429060992

III. Einzelthemen

1. Männer für eine gefährliche Reise

Das den Satzungen vorgeschaltete Examen, eine allgemeine Darlegung für die, die in den Orden eintreten wollen, arbeitet nicht mit Schönfärberei. Im Gegenteil: Es wird nicht verheimlicht, dass Christusnachfolge in einem Orden keine leichte Sache ist. Aus dem Text ergibt sich das, was Ernest Shackleton (1874– 1922) in einer berühmten Annonce für die Bewerber seiner Antarktisexpedition so ausgedrückt hatte: »Männer für gefährliche Reise gesucht. Geringer Lohn, bittere Kälte, lange Monate totaler Dunkelheit, ständige Gefahr, sichere Rückkehr ungewiss. Ehre und Anerkennung im Erfolgsfall.« Das ist nicht die Art, wie heute große Betriebe in Zeitungsanzeigen ihre Führungsaufgaben ausschreiben: siebenstelliges Jahresgehalt, Karriereleiter nach oben offen, strategisches und marktorientiertes Handeln Voraussetzung. Flexibilität und Durchsetzungsvermögen zur Gewinnmaximierung für die Aktionäre erwartet. Stattdessen werden ungeschminkt die Beschwerlichkeiten aufgezeigt. Und es geht um eine Karriere nach unten, die nicht an sich selber denkt, sondern an die anderen, denen man zu Diensten sein soll. Das bedeutet: Es geht nicht um Besitz, nicht um Geltung, nicht um Macht.
Eigentlich sind das ja Anforderungen nicht nur für Ordensleute, sondern, natürlich ohne Gelübde, für alle Christen. Im Evangelium ist doch auch vom Kreuz die Rede, von Hingabe des Lebens, von geistlicher Auseinandersetzung mit den widerstreitenden Einflüssen und deren plausibel scheinenden Einflüsterungen. Und die Entscheidungen für das Gute gegen das Böse sind zwar heilbringend, aber nicht gerade süffig und leicht.
Hier liegen die Fragen, wie weit wir die Anforderungen des Evangeliums uminterpretieren, um einigermaßen ungeschoren davonzukommen. Zum persönlichen Gebrauch klaubt man sich vielleicht die angenehmen Dinge heraus. Was schwierig scheint, wird relativiert. Eine »Nachfolge light«? Oder nach dem Motto: »Wasch mich, aber mach mir den Pelz nicht nass«? Es geschieht dann auch manchmal eine Verlagerung auf die üblichen Nebenkriegsschauplätze Zölibat, Priesterweihe der Frauen, römischer Zentralismus, Papstkritik, Kirchenkritik. Natürlich darf die Christusnachfolge von diesen Fragen nicht unberührt bleiben. Aber ist damit die Entscheidung für einen aufrechten Glauben, eine mutige Hoffnung, eine geduldige Liebe trotz aller vorgeblichen oder wirklichen Hindernisse unmöglich?

2. Das Mittelmaß – die Mitte zwischen den Extremen

»Die Beschränkung in den geistlichen und körperlichen Anstrengungen und das Mittelmaß in den Satzungen, die weder zu einem Extrem an Härte noch allzu großer Lockerheit abweichen sollen – und so kann man sie besser einhalten –, wird dazu helfen, dass dieser ganze Leib Dauer hat und in seinem Stand aufrechterhalten bleibt« (822).
Ignatius selbst hatte Erfahrung mit Extremen. Sowohl was seinen lockeren Lebenswandel vor seiner Bekehrung betrifft als auch bei den scharfen Bußübungen, mit denen er in der Phase seiner Umkehr den Himmel zu erzwingen glaubte. Er weiß also, dass das Mittelmaß nicht mit Mittelmäßigkeit zu verwechseln ist, sondern zu tun hat mit der Kardinaltugend des rechten Maßes. Kurzfristige Hektik, Übereifer, unerleuchtete asketische Überforderungen sind ihm genauso verdächtig wie geistige Lahmheit oder Ausreden für Nichtstun. Bei ihm gehen Hochherzigkeit und abwägende Klugheit durchaus zusammen. So wird ein langer Atem möglich, der das einmal Begonnene zäh weiterverfolgt und zu Ende bringt.
Immer wieder wird in den Konstitutionen vor Übertreibungen gewarnt. Ignatius ist der Meinung, dass es für die konkreten Entscheidungen wichtig ist, sich zu beraten mit dem Oberen und dem geistlichen Begleiter, um in dem Gewirr von Gründen und Gegengründen das richtige Maß und so das Richtige zu finden. Für heutige Überlegungen geht es beim Stichwort um einen engagierten Ernst und um eine erlöste Gelassenheit. Einerseits ist ein unüberlegtes Vorwärtsstürmen auf den Prüfstand zu bringen, eine Hyperaktivität, von der man meint, dass damit die Welt zu retten sei. Oft geht damit einher eine Verbissenheit, die sich und anderen ein schlechtes Gewissen macht. Eine Freudlosigkeit, die nicht mitreißend ist. Ein Drang nach Höchstleistungen, die zur Verachtung derjenigen führt, die da nicht mithalten können.
Andererseits muss bedacht sein, dass man das Ziel nicht mit einer Art Wurstigkeit angeht, fast so, als ob es erlaubt wäre zu sündigen, da Gottes Barmherzigkeit ja schon alles wieder richten wird. Bisweilen könnte es auch zu einer Art Mutlosigkeit kommen, in der man sich einreden möchte: Ich kann nichts, ich bin nichts, mit mir wird das nie was! Stattdessen ist man zu einer Gelassenheit eingeladen, die sich nicht verwirren lässt, empfängt sie doch ihre Kraft und Sinnhaftigkeit aus dem Gebet. Da ist dann auch das eigene Ungenügen miteinbegriffen und die Erfahrung, dass nicht alles aufgeht. Und trotzdem befähigt diese Gelassenheit zum Aushalten. Es ist eine erlöste Gelassenheit.

3. Die »Soldaten des Papstes«

Die Jesuiten galten oder gelten als der Stoßtrupp der Päpste, die »Ledernacken des Papstes«, wie eine Zeitschrift einmal formulierte, als seine Paladine oder wie immer die Klischees lauten, die die enge Verbindung des Ordens mit dem Papst ausdrücken.
Grundgelegt ist dies in den Texten der Konstitutionen. Schon der erste Satz der Formula Instituti spricht davon, dass die Gesellschaft ihren Dienst unter dem Papst, »dem Stellvertreter Christi auf Erden«, versehen will. Im VII. Teil der Konstitutionen wird die Sendung durch die Päpste ausführlich behandelt (603–617). Und dann gibt es ein besonderes Gelübde gegenüber dem Papst. Es lautet: »Darüber hinaus verspreche ich besonderen Gehorsam gegenüber dem Papst in Bezug auf die Sendungen …« (527). Das wurde oft als ein Versprechen eines absoluten Gehorsams ausgelegt. Das ist aber nicht der Fall, denn absoluten Gehorsam kann man nur Gott leisten und sonst niemandem. Trotzdem hält sich dieses Missverständnis bis heute, obwohl schon die Satzungen mehrfach erklären, dass das Gelübde sich (nur) auf die Sendungen bezieht, die der Papst dem Gesamtorden oder Einzelnen aufträgt. Die Erklärungen machen deutlich, dass es um keinen übertriebenen Gehorsam geht, sondern um einen Gehorsam gegenüber den mehr oder weniger klar umschriebenen Sendungsaufträgen (zum Beispiel in Tokio eine katholische Universität zu gründen, wie es Pius X. 1905 dem Orden auftrug).
Die Geschichte der Jesuiten mit den Päpsten war manchmal recht spannungsgeladen. Das fing schon zu Lebzeiten des Ignatius an. Er sagte, bei der Wahl Kardinal Caraffas zum Papst Paul IV. (1555) hätten ihm alle Knochen im Leib gezittert. Der Konflikt zog sich dann noch jahrelang hin. Derselbe Papst verlangte übrigens von den Jesuiten das gemeinsame Chorgebet, obwohl dies in den Konstitutionen gerade nicht vorgeschrieben war (586). Die Jesuiten in Rom beteten also tapfer das gemeinsame Chorgebet. Nach dem Tod des Papstes fragten sie bei den Vatikanjuristen an, wie das denn nun in Zukunft zu halten sei. Sie erhielten die Auskunft, dass diese nur mündliche Anordnung mit dem Tod des Papstes erloschen sei. Und so beendeten sie das gemeinsame Beten im Chor wieder.
Um noch einige Beispiele zu nennen: Papst Klemens XIV. hob im Jahre 1773 den Orden auf. Als Begründung wird unter anderem angegeben, dass der Orden nicht mehr »imstande ist, jene segensreichen und herrlichen Früchte hervorzubringen und die nützlichen Dienste zu leisten, um derentwillen er gestiftet und von so vielen unserer Vorgänger bestätigt … worden ist«. Es sei schwer oder gar unmöglich, in der Kirche den Frieden herzustellen, solange dieser Orden bestehen bleibe.
Papst Pius VII. stellte den Orden im Jahre 1814 wieder her, weil die Kirche »auf diese erfahrenen Ruderer des Schiffleins Petri« nicht verzichten könne. Und auch noch jüngere Maßnahmen brachten den Orden in schwere Erschütterungen. Dies hebt aber die grundsätzliche Zuordnung nicht auf. Der Papst hat es ja wirklich nicht leicht, wenn er für Wahrheiten einsteht, die dem heutigen Lebensgefühl nicht entsprechen.
Die Ursachen geschichtlicher Vorgänge, Erfolge oder Katastrophen müssen hier nicht abgehandelt werden. Was aber auch heute nötig ist angesichts von Umwälzungen, Rückschlägen, Ideologien, Bemühungen, Erfolgen, Schuldzuweisungen oder Blindheiten nicht nur innerhalb eines Ordens, wäre: genau hinschauen, offen für Kritik sein, sich nicht selbst täuschen, nicht überreagieren, redlich argumentieren, mit Konflikten umgehen können, in Konflikten miteinander umgehen können, nicht schnell Verwerfungen vornehmen, nicht realitätsblind sein, sich nicht über Tatsachen hinwegschwindeln, für seine Überzeugung einstehen, sich korrigieren lassen, Unabänderliches ertragen können, verzeihen können, in Gott gegründet bleiben.

4. Erstaunliches über das Gebet

Zweifellos sind die Geistlichen Übungen der Ort, an dem Ignatius die Inhalte und die Methodik des Betens ausführlich beschreibt. Ähnliches wird man in den Konstitutionen nicht suchen. In der Tat finden wir nur Hinweise im Allgemeinen, für wen und wofür gebetet werden soll und wer die Beter sind, angefangen von den Novizen bis hin zum Generaloberen. Umso interessanter ist, was wir über die Dauer der Gebetszeit lesen. Die Eintretenden sollen etwa einen Monat lang die Geistlichen Übungen machen (65). Die Mitbrüder in der Ausbildung erfahren Folgendes: »… Wie darauf zu achten ist, dass sie bei der Hitze des Studierens nicht in der Liebe zu den wahren Tugenden und zum religiösen Leben lau werden, so sollen Abtötungen, Gebete und lange Betrachtungen in dieser Zeit nicht viel Raum haben. Denn sich der Wissenschaft zu widmen, die man mit der lauteren Absicht des göttlichen Dienstes erlernt und die in gewisser Weise den vollständigen Menschen erfordert, wird während der Zeit des Studiums Gott unserem Herrn nicht weniger, sondern eher mehr wohl gefallen« (340). Dann wird gesagt (341), dass man für das Gebet eine Stunde einplanen soll.
Bis dahin klingt alles noch nicht sehr aufregend. Jetzt aber: Für die endgültig Eingegliederten, von denen vorausgesetzt wird, dass sie »auf dem Weg Christi unseres Herrn eilen« (582), gilt, »man solle ihnen in Bezug auf das Gebet, die Betrachtung und das Studium sowie die leibliche Übung der Fasten, Wachen und sonstiger Härten und Bußübungen keine andere Regel geben, als welche die kluge Liebe ihnen geböte, wofern nur stets der Beichtvater und, im Zweifel darüber, was angebracht ist, auch der Obe...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. I. Die Eigenart der Satzungen
  7. II. Durchgehende Perspektiven
  8. III. Einzelthemen
  9. Ein Vorwort als Nachwort