Dantes Göttliche Komödie und die Spiritualität
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Dantes Göttliche Komödie und die Spiritualität

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Dantes Göttliche Komödie und die Spiritualität

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Über dieses Buch

Das E-Book "Dantes Göttliche Komödie und die Spiritualität" stellt die Frage nach der geistlichen Dimension der großen abendländischen Dichtung. Die Beiträge sind aus der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Theologie der Spiritualität (AGTS) 2011 in Würzburg hervorgegangen. Jörg Splett nimmt eine religionsphilosophische Reflexion von Dantes Gedicht vor, darunter Sprache, Vernunft und Glaube, Liebe und Eros, Leiblichkeit und Lächeln. Hartmut Köhler stellt Passagen des großen Gedichts vor, die sich explizit mit dem Begriff der Spiritualität befassen. Ansgar Wucherpfennig SJ beleuchtet die Bedeutung der Johannesoffenbarung sowie weiterer apokalyptischer Schriften in Dantes Dichtung. Andreas Wollbold ist der Frage nach der Liebe und den Gelübden bei Dante nachgegangen. Veit Neumann beleuchtet den Zusammenhang von Literatur, Theologie und Spiritualität.

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Information

Verlag
Echter
Jahr
2012
ISBN
9783429060626

Zu Dantes „Poema Sacro“ im Blick auf unsere Spiritualität

Jörg Splett
Belehrt vor allem von Romano Guardini und Hans Urs von Balthasar, möchte ich hier weniger eine wissenschaftliche Abhandlung vorlegen als eine Reihe von Anmerkungen, in denen ich Dante bei seinem Bemühen unterstützen will, die lehrmäßigen Festlegungen scholastischer Tradition geistlich zu erweitern.1

I. Verteidigung der Sprache

1. Seit je haben Liebende, Dichter und Mystiker die Sprache kritisiert: wegen ihrer Sprachlosigkeit, sobald es ernst wird. Und natürlich ist auch bei Dante immer wieder die Rede davon, dass ihm die Worte fehlen, zu sagen, was er erlebt und erleidet. Man darf indes fragen, inwieweit diese Klagen sich auf Erwartungen stützen, denen jeder Rechtsgrund abgeht. Was ist gemeint, wenn vom „Unsäglichen“ (ein Grundwort Rainer Maria Rilkes) die Rede ist? – Unbeschreiblichkeit.
Sprache aber ist kein Mittel zur Abschilderung. Nicht bloß Herzensempfindungen oder mystische Widerfahrnisse kann sie nicht wiedergeben, sondern noch nicht einmal schlicht eine Farbe. Sie erinnert „nur“ an Erfahrungen, die man selbst gemacht haben muss: grasgrün, moos-, lind-, jade-, olivgrün… Statt Beschreibung schenkt sie uns Evokation, An- und Aufruf. Vor allem aber ermöglicht sie Behauptung, Verneinung, Versprechen. Es ist keineswegs ihres Amtes, Blinden Farben zu beschreiben; sie liefert nicht Steckbriefe, sondern erzählt, vergegenwärtigt, ruft auf und an… Gegen das bekannte Schiller-Distichon2 gesagt:
„Spricht die Seele, so spricht“ sie sehr wohl – nämlich (anstatt sich beschreibend) sich aus – und sich jemandem zu.
Sigismund von Radecki berichtet von Else Lasker-Schüler: „Einmal erzählte sie mir, wie sie in einem Gedicht habe Ägypten erscheinen lassen wollen, es sei aber alles zu weitläufig geraten. ‚Da sagte ich einfach „Ägypten stand in goldnen Mantelfalten“, und nun war Ägypten auf einmal da.‘ “3
2. Den Anthropomorphismus-Artikel der Encyclopaedia Judaica hat seinerzeit Franz Rosenzweig scharf kritisiert. „ ‚Unzulänglichkeit der Sprache‘, ‚Beschränktheit des Denkens‘, ‚unsre sinnliche Erfahrung‘, zuletzt als Clou der vom Menschen in seinem Ebenbild geformte ‚Gott‘ – so behandelt man heut ein theologisches Problem!“4 Es gehe weder um Aussagen über Gott noch um solche über den Menschen, sondern um das Geschehen zwischen beiden. „Nie wird Gott – was doch die Redensart, dass ihm etwas ‚zugeschrieben‘ werde, still voraussetzt – beschrieben“5.

II. Vernunft und Glaube

1. In Purg. III, 34ff. ist die Rede davon, dass wir mit der natürlichen Vernunft nur bis zum Quia/Dass gelangen, statt die Unendlichkeit zu durchmessen. Sonst hätte sich die Inkarnation erübrigt. – Abgesehen davon, dass Offenbarung nicht in erster Linie Wahrheiten vermittelt, sondern Selbstmitteilung besagt, wäre zunächst wie eben bei der Sprache rückzufragen: Nicht erst bei Gott, sondern in jeglicher Freiheitserfahrung ist uns nur das Dass zugänglich. Das Warum und Wozu ihres Handelns muss Person selbst bekunden – und muss dies eben nicht; es steht ihr frei. Und wenn sie spricht, dann liegt es wiederum an der Freiheit des Hörers, der ihr glauben muss bzw. nicht muss. Darum wende ich mich gegen die übliche Kontraposition von Glauben und Wissen. ‚Wissen‘ als eine Grundgegebenheit lässt sich nicht leicht definieren. Es handelt sich um ein Wahrheitsverhältnis. Wenn ein wahrer Satz „sagt, was (der Fall) ist“ (Aristoteles), dann kann man eine Wahrheit aussprechen, ohne es zu wissen. (Beispiel: „Die Zahl der Sterne ist gerade“ – oder „ungerade“. Einer dieser Sätze ist wahr; nur können wir nicht sagen, welcher.) Dem Wissenden aber ist bekannt, dass seine Aussage zutrifft. Man könnte also formulieren: Wissen bedeutet, sagen können, dass man sagen könne, was der Fall ist.
Woher dies Können kommt, darf offen bleiben. Auch der weitere Punkt, ob und wie einer beweisen könne, dass er weiß, muss für die Definition von Wissen nicht geklärt sein, so wichtig es für die Frage ist, ob wirklich Wissen vorliegt. Doch Wissen als solches besagt nur, dass die Wahrheit bekannt sei, nicht dass sie erweislich gewusst wird.
Im Wort „Wissen“ steckt die Wurzel vid = sehen (wie im griechischen oîda = ich habe gesehen).6 Kommt man allein durch Augenschein und Einsicht zur Wahrheit? Warum nicht auch durch das Wort eines verlässlichen Zeugen? „Glauben“ gehört zur Wortgruppe von „lieb“ und meint ursprünglich: für lieb halten, gutheißen, (sich) jemand anvertrauen. Ein Gläubiger ist jemand, der einem anderen Geld anvertraut hat. Im Wortsinn besagt ‚credere’: cor dare = sein Herz geben.7 Der Vorzug des Sehens leuchtet im Objekt- und Sachverhaltsbereich ein: Der Weg ist kürzer, wenn ich selber sehe, als wenn ich erst den Bericht eines Augenzeugen anhören muss. Doch wie steht es mit dem Wissen um die Einstellung des Anderen mir gegenüber?
Hier zu erklären, man bilde sich eine Hypothese über das Wohlwollen des Partners und dessen Verhalten im Notfall, ist nicht etwa „wissenschaftlich“, sondern verfehlt schlicht die Realität. Sollte ich nicht wissen, dass meine Frau mir zugetan ist - um dann bei der goldenen Hochzeit festzustellen, meine Theorie über ihr Geneigtsein habe sich mittlerweile erheblich verdichtet? Was aber für die zwischenmenschliche Beziehung gilt, ist auch von der Gottesbeziehung zu sagen: „Ich weiß, wem ich Glauben geschenkt habe“ (2 Tim 1,12). Glaube ist nicht dem Wissen gegenüberzustellen, sondern der Einsicht (sinnenhaft wie geistig).8
Klassisch gibt es drei Wissensebenen in aufsteigender Ordnung: 1. Gewusst, dass. 2. Gewusst, wie (technê, ars), 3. Gewusst, warum (epistêmê, scientia). Diese Stufung gilt indes nicht im Eigenraum des Personalen. Ihr ist das Dass erfahrener Zuwendung das Höchste, ohne Warum.
2. Das Wie aber, jetzt nicht als („Ingenieurs“-)Wissen gemeint, sondern als Seinsweise, erlebtes Leben, ist nicht erst im Personalen, sondern grundsätzlich unwissbar. Genannt sei nur – analog zu den Farbwörtern eingangs – der berühmte Aufsatz Thomas Nagels: What is it like to be a bat?9 In diesem Sinn möchte ich auch die These des Aquinaten lesen:10 Nimmt man „Sein“ im Sinn von Seins-Vollzug, „dann können wir Gottes Sein nicht wissen, sowenig wie sein Wesen“, sondern nur im Sinne des „ist“ sprachlicher Setzung. „Wir wissen nämlich, dass dieser unser Satz über Gott wahr ist, wenn wir sagen ‚Gott ist‘. Und dies wissen wir aus seinen Wirkungen.“
Dann aber sollte man nicht von der Unerkennbarkeit Gottes sprechen, sondern von seiner Unbegreiflichkeit.11 Und auch zur Unbegreiflichkeit erlaube ich mir rückzufragen. Nicht im Blick auf Gott – gegenüber Gnosis und Esoterik mit ihren Ansprüchen und Zudringlichkeiten; doch im Blick auf die geläufige Rede vom „unbegreiflichen Geheimnis“ (nicht nur bei Karl Rahner) oder auch vom „unaustrinkbaren Licht“ (Josef Pieper). Ein Geheimnis ist kein Rätsel = zu lösende Aufgabe. Es ist auch keine zu lüftende Verdeckung. Das schöne deutsche Wort besagt – Ge-heim-nis – ein gesammeltes Daheim. „Unbegreiflich“, weil seinerseits uns um- und einbegreifend. Warum sodann finster, statt licht? Allerdings kann sein Licht, so eins der alten Bilder, derart hell sein, dass es schwache Augen blendet, wie die Sonne. Wieso indes sollte einer, unter Gottes Lichtgüssen stehend und von ihnen getränkt (Ps 36), sie austrinken wollen?12
3. Darum sollten wir schließlich auch, angesichts ihrer propagierten Renaissance, Distanz gegenüber negativer Theologie wahren. Wie käme man durch Negationen zur Göttlichkeit Jesu Christi und zum Geheimnis der Dreieinigkeit? Sie werden nötig bei einem Verständnis von erkennen als Aneignung (unio subiecti et obiecti in subiecto) und einem Zugriff in neuplatonischer Tradition. Oder sie dient, wie in der pluralistischen Religionstheorie, dem Abweis von ernsthaftem Wahrheitsanspruch.13
Setzen wir nochmals bei der Sprache ein: „Vielleicht gibt es keine erhabenere Stelle im Gesetzbuche der Juden, als das Gebot: Du sollst dir kein Bildnis machen, noch irgendein Gleichnis, weder dessen was im Himmel, noch auf der Erden, noch unter der Erden ist usw.“, schreibt Immanuel Kant.14 „… kein Gottesbildnis“ heißt es erläuternd in der neuen Übersetzung Ex 20,4/Dtn 5,8; und an beiden Stellen setzt der nächste Vers fort: „Du sollst dich nicht vor andern Göttern niederwerfen…“ So auch in einschlägigen Rechts-Texten anderen Orts.15
Dabei muss, wie Christoph Dohmen anmerkt, „von Anfang an darauf geachtet werden (vor allem beim Lesen deutscher Texte), dass alle gewählten Termini sich auf konkrete Objekte beziehen […], nicht aber in das weite semantische Feld reichen, das durch das deutsche Wort ‚Bild‘ abgesteckt wird, so dass also sprachliche, gedankliche und ähnliche Bilder von den Formulierungen des Bilderverbotes gar nicht tangiert werden“16. Das wird indes immer wieder vergessen oder bewusst missachtet, von Religionsgegnern wie von Theologen.17 Vom Vorwurf „Anthropomorphismus“ war schon die Rede. Neben Kant wird auch immer wieder Satz 7 aus Ludwig Wittgensteins Tractatus zitiert, als wäre dies letzte Wort des Tractatus auch das letzte seines Verfassers. Um aus dem Jahre 1929 (in dem die Texte entstanden, die erst später aus dem Nachlass als „Philosophische Bemerkungen“ erschienen) nur eine Bemerkung anzuführen – zu Martin Heidegger ausgerechnet: Das Anrennen gegen die Grenze der Sprache sei die Ethik. „Das hat schon der heilige Augustinus gewusst, wenn er sagt: Was, du Mistvieh, du willst keinen Unsinn reden? Rede nur einen Unsinn, es macht nichts!“18
Menschen der Bibel wissen nicht bloß den Menschen als...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Einführung
  6. Literatur, Theologie und Spiritualität
  7. Literaturwissenschaftliche Einführung in Dantes Commedia
  8. Zu Dantes „Poema Sacro“ im Blick auf unsere Spiritualität
  9. Was geschieht mit den Toten? Dante, die Johannesoffenbarung und andere apokalyptische Schriften
  10. „Il tesoro“ - Dante, die Liebe und die Gelübde
  11. Veni, Creator Spiritus. Konturen einer Spiritualität kreativer Seelsorge