Tiepolos Geheimnis
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Tiepolos Geheimnis

Ein historischer Residenz-Krimi

  1. 132 Seiten
  2. German
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Tiepolos Geheimnis

Ein historischer Residenz-Krimi

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Die Nacht ist die Königin der SchattenSommer 1753: Maestro Tiepolo malt das weltberühmte Fresko - die vier Erdteile - in der Würzburger Residenz. Drachen, mysteriöse Gestalten und rätselhafte Schriftzeichen künden vom Niedergang des Götterhimmels. Lorenzo, des Maestros jüngster Sohn, will das Schicksal abwenden, doch ein zwielichtiger Narr und eine geheimnisvolle Schönheit stürzen den Hof von Fürstbischof Greiffenclau ins Chaos. Schon bald wandelt sich Spaß zu tödlichem Ernst.

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Information

Verlag
Echter
Jahr
2018
ISBN
9783429063672
FRÜHLING 1753
Apoll stellte sein Tagwerk ein, der Götterhimmel tauchte in den Schatten. Jupiter, Merkur und all das andere Himmelsvolk im Deckenfresko ergaben sich Luna, der Mondgöttin und liebevollen Gefährtin durch die Nacht.
„Genug für heute!“, rief Giambattista Tiepolo den Malern, Handwerkern und Arbeitern zu. „Bis morgen früh zum Sonnenaufgang.“
Erleichtert stellten sie Schaufel, Kelle und Eimer beiseite, klopften sich den Staub aus der Kleidung und verließen müde die Baustelle.
Mit entzündeten Augen stand Tiepolo in schwindelerregender Höhe auf dem Gerüst, das so groß und mächtig schien wie jenes zu Babel. Kleidung, Hände und Gesicht des Maestros waren farbverschmiert, seine Haltung vom stundenlangen Stehen gebeugt. Der Nacken schmerzte, die Schulter stach bis auf den Knochen. Unmöglich, auch nur noch einen weiteren Pinselstrich zu tätigen.
Doch die Zeit drängte. Der Fürst wollte Fortschritte sehen, die feine Hofgesellschaft tuschelte bereits. Ihr Geschwätz ging in die ganze Welt hinaus. Was waren das für fremdartige, rätselhafte Figuren, die sich da unter dem Götterhimmel scharten? Eine barbusige Wilde mit Federn auf dem Haupt saß auf einem archaischen Monstrum, ein Ungeheuer, dessen Maul so groß war, dass es ein Pferd verschlingen konnte. Ihr zu Füßen häuften sich abgeschlagene Köpfe. Menschenfresser tummelten sich gierig um die Beute am Feuer. Nein, das war alles andere als erwartet, das war roh und unkultiviert.
„Kommt jetzt, Vater“, sagte Domenico, nicht weniger verschmutzt und erschöpft, „lasst uns etwas essen und trinken.“ Er steckte den Pinsel in einen Eimer, strich sich den Gipsstaub von Ärmeln und Hose.
„Geh schon vor“, erwiderte Tiepolo, „ich will mir noch das Tagwerk für Morgen ansehen.“ Er schleppte sich zu einem breiten Tisch mit heruntergebrannten Kerzen, darauf die Pläne des heutigen Tages. Er rollte sie zusammen und legte sie beiseite. Aus einem Korb holte er den nächsten heraus, ein Füllhorn sollte es werden. Eine diffizile Arbeit. Er beugte sich darüber und vergaß die Welt um sich herum.
Domenico widersprach nicht, er hatte nichts anderes erwartet. Seitdem die Pläne geändert worden waren und die Diskussionen um die passende Ausschmückung dieser riesigen Decke nicht abreißen wollten, hatte sich sein Vater noch weiter zurückgezogen. Er war kaum ansprechbar, auch nicht von Lorenzo oder ihm, außer, es ging um diese vermaledeite Decke. Sie verlangte ihm all sein Können ab. Mitunter schien es Domenico, dass er scheitern würde, dass er seinen Zenit als weltbester Maler überschritten hatte, und dass sein Vater das Scheitern insgeheim spürte, es sich und den anderen nur nicht eingestehen wollte. Eine neue Zeit brach an, über der alten sammelten sich dunkle Wolken.
Die anderen Maler und Arbeiter auf dem Hochgerüst schlichen an den Tiepolos vorbei, auf den Lippen ein kaum verständliches „Bis Morgen, Maestro“. Eine Leiter führte viele Sprossen hinab auf festen Grund in diesem kahlen, weiten Treppenhaus. Still verließen sie das Schloss über einen Seitengang, während aus dem Gartensaal Stimmen klangen, Geigenspiel und Gesang den Müßiggang bekleideten.
Wenn die Götter im Fresko zu Bett gingen, mussten noch lange nicht ihre irdischen Verwandten – Fürstbischof Greiffenclau und seine noblen Gäste – folgen. Gut ein Dutzend mochte es an diesem milden, fast schon sommerlich warmen Abend sein.
Die Tafel war bei offenen Türen zum Hofgarten hin aufgebaut, nach dem üppigen Mahl gedachte man einen Spaziergang zu unternehmen. Silberbesteck und feinste Gläser schillerten im Licht der geschwungenen Kerzenständer. Reh, Fasan, Hase und Perlhuhn mit frischen Kräutern und Salaten standen auf der Speisekarte, dazu Wein aus den ersten Lagen der fürstlichen Weinberge. Für die vornehmen Damen durfte es auch ein prickelnder Schaumwein mit kandierten Früchten sein. Schokolade war begehrt, nicht allein des Zuckers wegen, man munkelte, diese kleinen, braunen Pralinen hätten magische, stimmungsaufhellende Kräfte.
Der Mangel an Stimmung war nicht dem vorzüglichen Gesang Signora Plattis allein geschuldet, auch nicht der lüsternen Jagdgesellschaft im Deckengemälde des Gartensaals, wo sich ein Bacchus im Kreis seiner nackten Gespielinnen schamlos wand, sondern dem unerwarteten Ableben des Hofnarren. Wer unterhielt nun die Grafen und Gräfinnen, die Barone und Baronessen, die weitgereisten Chevaliers und Edelfrauen, wenn der Unterhalter den Tod statt ihrer Gesellschaft bevorzugte?
Schließlich waren sie nicht nur wegen dieser Baustelle mit ihren mysteriösen Dekorationen an den Hof gekommen, und auch der große Maestro aus Venedig vermochte die Begeisterung nicht länger aufrecht zu erhalten, sie hatten Anspruch auf eine standesgemäße Bewirtung und geistreiche Unterhaltung.
Der Vortrag Signora Plattis kam zu einem vorläufigen Ende, ihre Stimme verlangte nach Erholung, ihre Begierde nach Schaumwein mit Schokolade. Gelegenheit, auf den inakzeptablen Umstand zu verweisen.
„Gestattet mir ein Wort, Exzellenz“, bat Graf von Falkenberg mit unüberhörbarem österreichischem Zungenschlag, ein oft gesehener Gast an den Höfen im Reich, ein modebewusster Bonvivant mit vorzüglichem Geschmack obendrein. Eine gelockte Perücke fasste sein gepudertes Gesicht, auf der Wange saß ein dezent gesetzter schwarzer Punkt, Ärmelenden und Halspartie waren mit feinster französischer Spitze verziert.
Weitaus schlichter war Fürst Greiffenclau gekleidet. Böse Zungen sagten ihm den Kleidungsstil eines Hofbeamten nach.
„Nur zu, sprecht“, antwortete er beiläufig, viel mehr interessierte ihn, was sein Protegé, Lorenzo Tiepolo, da zeichnete.
Der saß an seiner Seite und fertigte im Auftrag des Maestros Charakterstudien der Gäste an. Die vielen Figuren im entstehenden Fresko brauchten Gesichter, und keines sollte dem anderen gleichen.
„Meine Reisen führten mich kürzlich an den Hof von Herzog Stanislaus nach Lunéville“, begann Falkenberg, „und ein gar wunderlich Ding bekam ich dort zu sehen.“
„Ganz wunderbar, fürwahr, ist seine Hofhaltung“, warf die Baronesse de Fleury ein, die ein Praliné in Augenschein nahm, ob es ihrem Anspruch gerecht wurde.
„Eben deswegen war ich auch dort“, gab Falkenberg indigniert zurück. Dieses impertinente Weibsbild von zweifelhaftem Rang raubte ihm schon den ganzen Tag die Contenance.
„Dann lasst hören, was ich ohnehin schon weiß.“ Sie legte das Praliné zurück, unterzog nun den Schaumwein einer Prüfung.
„Sicher nicht, was mir der Herzog im Vertrauen berichtet.“ „Was er Euch aufgegeben hat, so wie den vielen anderen, die sich bei ihm einnisten.“
„Madame! Ihr versteigt Euch in Eurer Wortwahl wie in Eurer Bedeutung.“
„Die für Euch unerreichbar sind.“
Greiffenclau ging dazwischen, der Abend war zu schön, um Streit zu dulden. „Was habt Ihr in Lunéville gesehen?“
„Am Hof von Herzog Stanislaus“, korrigierte Falkenberg, „gibt es ein Ding, um genau zu sein, ein Menschlein von nicht vorstellbarer Kleinheit. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie … “
Die Baronesse gähnte demonstrativ. „Den Zwerg Bébé kennt jeder Dienstbote, bis hinein in die dunkelste Hafenkaschemme von Marseille.“
„Wo Ihr Euch offensichtlich gut auskennt.“
„Wo Euer Name für Heiterkeit sorgt. So berichten es mir meine Dienstboten.“
„Was hat es mit diesem Zwerg auf sich?“, hakte Greiffenclau nach.
„Es ist ein ausgewachsener Mann, wenn man das so sagen kann, aber kleiner als ein Kind von zwei, drei Jahren.“ „Wahrlich, das ist klein. Wo hat ihn der Herzog her?“
„Die entscheidende Frage ist“, kam die Baronesse dem Grafen zuvor, „wie der Herzog ihn wieder losbekommt. Dieser jähzorniger Tyrann ist schlimmer als ein Sack Bettflöhe.“
„Aber ein ausgesprochen witziges Kerlchen“, korrigierte Falkenberg. „Es vergeht kein Tag, an dem er den Herzog und seine Gäste nicht aufs Vorzüglichste zu erheitern vermag.“
„Lachen und weinen“, beschied Greiffenclau, „zwei Seiten einer uns wohlbekannten Disziplin: dem Theater.“
„Ich hätte es nicht treffender ausdrücken können, Exzellenz“, bekräftigte Falkenberg mit Nachdruck, „der Unterhaltung.“
Die Baronesse Fleury stimmte unerwartet zu. „Wo ist Euer Hofnarr, Exzellenz, le Bouffon!? Mir steht der Sinn nach Lachen.“
Greiffenclau beteuerte: „Wahrlich, es ist nicht leicht einen neuen Unterhalter für meinen Hof zu finden. Viele haben sich beworben, doch keiner vermochte mich zu rühren …“
Ein enttäuschtes Seufzen ging reihum.
„Keiner … bis auf einen.“
Falkenberg applaudierte unhörbar, aber demonstrativ. „Ich brenne vor Ungeduld auf seine Scherze.“
Ein Handzeichen Greiffenclaus befahl einem Diener nach draußen zu eilen, die anderen zehn verharrten an Ort und Stelle.
„Wo habt Ihr ihn her?“, fragte die Fleury ungeduldig.
„Kennt man ihn?“, schob Falkenberg nach, und noch zwei Dutzend weiterer Fragen prasselten auf Greiffenclau ein. Doch der übte sich in Schweigen und einem Lächeln.
Ebenso gespannt wie alle anderen blickte Lorenzo zur Tür. Unter den Dienstboten war ein Gerücht umgegangen, dass sich der Fürst nun tatsächlich für einen der vielen Kandidaten entschieden hatte. Er habe bereits Quartier im Schloss bezogen, hieß es, irgendwo in einer abgelegenen Kammer. Die Diener beschrieben ihn als unheimlichen Kerl, der sein Gesicht unter einer Kapuze versteckte. Den Frauen jage er Angst ein, wenn sie ihn über die Gänge schleichen sahen.
„Wo bleibt er denn?“, fragte Falkenberg ungeduld...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelblatt
  3. Urheberrecht
  4. Widmung
  5. Karneval 1751
  6. Frühling 1753
  7. November 1753