Beten bei Edith Stein als Gestalt kirchlicher Existenz
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Beten bei Edith Stein als Gestalt kirchlicher Existenz

  1. 482 Seiten
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Beten bei Edith Stein als Gestalt kirchlicher Existenz

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Die Studie schließt eine Forschungslücke im Themenfeld monastischer Spiritualität. Erstmalig liegt eine Untersuchung vor, die sich umfangreich dem Beten im Leben und schriftlichen Werk der späteren Karmelitin Edith Stein widmet. Nach einer Sichtung der Konturen des Betens hinsichtlich der Gebetsorte, -zeiten, -formen und -anliegen, wie sie im Verlauf der Biographie Edith Steins zutage treten, werden prägende Einflüsse vorgestellt, die ihr Beten formgebend beeinflusst haben. Der zweite Teil der Studie lenkt den Blick auf zwei geistliche Texte der Autorin. Sowohl auf der Makroebene der Biographie als auch auf der Mikroebene der geistlichen Lyrik wird im Gang der Untersuchung eine Gestaltwerdung sichtbar, die als Ausdruck kirchlicher Existenz aufgewiesen und beschrieben werden kann.

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Information

Verlag
Echter
Jahr
2019
ISBN
9783429064402
1 Hinführung zum Thema
Eine besondere Stille prägt den Konzertsaal, wenn eine Aufführung zu Ende geht. Es verklingen die letzten Töne, die Instrumente verstummen. Wenn auch die Konzertbesucher noch für einen Augenblick schweigen, um dieser Stille zu lauschen, dann ist die Aufführung noch nicht vorüber. Was sie in diesem Moment vernehmen, das ist nicht in Tönen zu beschreiben. Doch das Begegnende ist noch zutiefst Teil der Aufführung und des lebendigen Ganzen, das sich darin artikuliert. Schon im Durchgang durch alle Töne macht es sich vernehmbar, jedoch auf andere Weise als diese selbst. In den phonetischen Gestalten der einzelnen Töne klingt es stets mit. Jeder Ton spricht davon, doch keiner allein nur für sich. Auch alle Töne gleichzeitig zu hören, es könnte nicht offenbaren, was zwischen ihnen, aus ihnen, durch sie hindurch ans Ohr dringen will. Was aber ist es, das sich erst im Durchgang durch alle Töne und schließlich im Schweigen zu Gehör bringt?
Diese Frage mag ein Gespür dafür wecken, was sich im Beten der Edith Stein vernehmbar machte. 51 Jahre an Lebenszeit waren Edith Stein gewährt, in denen Beten in verschiedener Manifestation bei ihr lebendig wurde. Diese fünf Jahrzehnte werden begrenzt vom 12. Oktober 1891, dem Tag ihrer Geburt in Breslau, und dem 9. August 1942, ihrem mutmaßlichen Todestag in Auschwitz. Auf diesem Lebensweg hat Beten in vielfältiger Form „Klangfarbe“ und eigene Stimme angenommen. Zuerst waren es Worte anderer Menschen, die Edith Stein beten hörte. Jüdische, deutsche und lateinische Gebete der jüdischen und christlichen Glaubenstradition drangen an ihr Ohr, bis ihre eigene Stimme Beten als besonderes Geschehen der Sprache lebendig werden ließ. Dabei war es gleichermaßen der öffentliche Raum des Betens in Gemeinschaft wie derjenige des privaten Gebets, der ihr zum geistlichen Lebensraum wurde. Dass Worte bisweilen nicht imstande gewesen sein mögen, noch zu fassen oder zu tragen, wessen diese Frau aus Breslau inne war, das zeigt nicht allein das auffällig lange und häufige schweigende Gebet, das von Edith Stein berichtet wird. In ihrer privaten und beruflichen Korrespondenz, ihren Gebeten und geistlichen Texten sucht Erfahrung nach Ausdruck, die Worte nicht erschöpfend oder gar nicht mitteilen können. Die Leserin und der Leser1 erfahren von Dank, Freude, tiefem Glück, das jeden Ausdruck übersteigt. Zum Geheimnis der Eucharistie etwa schreibt Edith Stein: „Wie wunderbar sind Deiner Liebe Wunder, / Wir staunen nur und stammeln und verstummen, / weil Geist und Wort versagt.“2
Unsagbares, das Worte nicht fassen können, rührt leider nicht alleine auf diese Weise an Edith Stein. Ihr Tod in einer Gaskammer in Auschwitz ist im letzten Moment ein erzwungenes Verstummen. Es ist ein Schweigen, das sich ihr angesichts des abgründigen „Nichts“ der Vernichtung unausweichlich auferlegte. Edith Stein lässt jedoch ein aktives Übernehmen dieser Konfrontation erkennen. Ihr Tod ist in diesem Sinne ein passives und ein aktives Geschehen zugleich. Diese Doppelpoligkeit spiegelt sich in ihrem geistlichen Testament vom 9. Juni 1939, das sie im Karmel in Echt drei Jahre vor ihrem Tode verfasste. Sie schreibt am Freitag in der Fronleichnamsoktav jenen Jahres: „Schon jetzt nehme ich den Tod, den Gott mir zugedacht hat, in vollkommener Unterwerfung unter Seinen heiligsten Willen mit Freude entgegen.“3 Ist es von daher gesehen das Schweigen, das ihr betendes Leben nicht nur im biographischen Sinne verstanden am Ende unerbittlich beschließt, sondern das auch schon zuvor bei ihr der unüberbietbare aktive Ausdruck der Selbstzurücknahme aus der Berührung mit dem Endgültigen gewesen war?
In jedem Falle scheint es zu wenig tiefgehend, wollte man sagen, Edith Stein habe unter anderem, neben und zwischen manch anderem gesprochenem Wort „auch“ noch geschwiegen, wo ihr Beten zum Ausdruck ihres Lebens wurde. Vielmehr hat sie schweigend die Grenze der Sprache und darin zugleich deren ganze Positivität erlebt und einen geistlichen Umgang damit nach außen hin vernehmbar gemacht, dass gerade ihr betendes Schweigen und ihr schweigendes Beten zutiefst „beredt“ sind, und zwar auf eine Weise, die nur vom Geschehen des Gebets her begreifbar und beschreibbar ist. Das schweigende Gebet dieser Frau kann man am allerwenigsten „überhören“. Ohne diesen „Klang“ vernommen zu haben, bleibt das Gehör taub für die unvertauschbar eigene Stimme der betenden Edith Stein. Sich ohne Eile in die Steinsche Sprachgeste des Schweigens einzustimmen und einzufühlen ist daher der kürzeste und unmittelbarste Weg, der zu ihrem Beten hinführt.4
Vor dem Hintergrund des Gesagten wird das Beten Edith Steins allerdings nur dann in einem wissenschaftlichen Sinne beschreibbar, wenn eine bleibende und unhintergehbare Begrenzung beachtet wird. Diese ist im Geschehen des Gebets selbst grundgelegt und hat mit einer fundamentalen Entzogenheit zu tun. Unsere Autorin kommt selbst darauf zu sprechen: „Was auf dem Grund einer Seele vorgeht, das kann die irdische Sprache nicht schildern.“5 Mit diesen Worten zitiert Edith Stein ihre Mitschwester Maria von der Heiligsten Dreifaltigkeit (Marie Antoinette de Geuser), deren Schrift „Briefe in den Karmel“ sie rezensiert. Folgt man der Einschätzung, die im Zitat zum Ausdruck kommt, dann gilt auch für ein suchendes Hingehen zum Gebet bei Edith Stein: Weil das auf dem Grund der Seele Edith Steins Verborgene überhaupt nicht angemessen beschrieben werden kann, deswegen muss anderes und kann eben nur dieses gesichtet und untersucht werden. Welche Sprachgeste wäre diesem Vorhaben angemessen?
In der Rezension gibt Edith Stein Hinweise, in welcher Richtung Antworten zu finden sind. Unsere Autorin lässt im Umgang mit geistlicher Lyrik Haltungen der einfühlenden Annäherung erkennen, die entlang der Grenze des Unsagbaren entstehen. Aus dieser Fühlungnahme heraus findet Edith Stein dann eigene, auslegende Worte. Sie zitiert zunächst ihre Mitschwester: „Die ganze letzte Zeit hindurch bin ich bei dem Wort geblieben: Nostra conversatio in coelis est, … aber was es enthält, das ist unsagbar: Me decet silentium.“6 In der gleichen Rezension von 1934 greift Edith Stein schließlich zu einem musikalischen Vergleich für das, was mit der Seele ihrer Mitschwester geschieht: „Und ihre Seele ist wie ein Instrument, wie eine Harfe, die von unsichtbaren Händen unentwegt gespielt wird, so daß sie sich in Lob und Dank und Anbetung verströmt.“7 Die Seele des Lesers dieser Briefe nimmt, so Edith Stein weiter, „mit Ergriffenheit und sehr stiller Freude“ wahr, „daß sie ganz und gar in die Atmosphäre des Heiligen, des Geweihten hineingehoben wird, durch die Berührung mit der Gnadenfülle eines wahrhaft gottliebenden Menschen“.8 Was Edith Stein hier von ihrem Umgang mit den Briefen einer Karmelitin schreibt und wie sie sich bei der Lektüre unmittelbar vom Text anrühren lässt, wäre das nicht die ideale Form, sich auch der geistlichen Literatur Edith Steins anzunähern? Spricht etwas dagegen, sich bei der Lektüre ihrer Texte einfach in entsprechender Weise unmittelbar anrühren zu lassen vom Lob, vom tiefen Dank, von der Freude, die sie lyrisch artikuliert? Bei dieser unbefangenen Weise von Textrezeption wäre der staunend-einfühlende Umgang Edith Steins mit einem geistlichen Text das Modell für eine heutige Rezeption ihrer geistlichen Texte.
Dagegen kann sich Zurückhaltung zu Wort melden. Diese ist begründet in der heutigen, gegenüber derjenigen der Edith Stein wesentlich veränderten Situation. Der theologisch andere Ort, vom dem aus ein heutiger Blick auf das Werk unserer Autorin blickt, ist derjenige einer Theologie „nach Auschwitz“, wie auch immer man diesen Ort theologisch näher qualifizieren und von seiner Bedeutung her situieren will.9 Sind die Worte, so kann man sich nachdenklich fragen, die Edith Stein unbefangen wählt, um vom Loben, Danken, Anbeten zu sprechen, von „sehr stiller Freude“, nach 1945 überhaupt noch in der Form ungebrochen zu verwenden? Sind sie noch stimmig? Es kann der Gedanke aufkommen, dass eine solche Diktion angesichts des brutalen Todes dieser Frau – und mit ihr10 der ungezählten11 Menschen, die zum Teil als Kinder12 ihr Leben lassen mussten – ein Ausweichen vor dem Unfassbaren wäre. Man kann sich fragen: Übertönt nicht dieser grauenhafte13 Tod gleichsam mit einem überlauten schrillen Ton und Schrei alles, was bei Edith Stein in leisen Tönen anklingen möchte? Ist somit jene Harfe der menschlichen Seele, von der Edith Stein in obiger Rezension bildhaft spricht, nicht doch eine grundlegend andere geworden in Auschwitz? Das Gedichts „Ein Lied vom letzten Juden“ von Jizchak Katzenelson rückt jedenfalls eine Harfe in den Blick, die gänzlich anders gestimmt ist. Entstanden ist die Lyrik des weißrussischen Dichters und Dramatikers vom 3.–5. Dezember 1943 im KZ Vittel. Ein Jahr vor seinem Tod im KZ Auschwitz formuliert er: „Sing, Nimm / die hohle, ausgehöhlte Harfe. Qual / Durchpulst / die dünnen Saiten. Wirf die Finger, bang / Wie Herzen schwer, / auf sie. Dann: sing ein letztes Mal. / Sing. Sing / des letzten Juden letzten Grabgesang.“14 Eine heutige Rede vom Gebet der Edith Stein wird vor dem Hintergrund des Dargelegten dann in einem unvermeidlichen Sinne falsch und insgesamt abwegig, wenn sie obigen, von Leid geprägten, schrillen Ton ausblendet und von ihm absieht. Denn er mischt sich für jeden heutigen Interpreten unabweisbar in das, was bei Edith Stein in den geistlichen Texten Ausdruck sucht und vor ihrem Tod in Auschwitz zu Papier gebracht wurde. In jedem Fall scheint dem Verfasser der vorliegenden Studie unmöglich, dass ein interpretierendes Interesse auf die geistliche Lyrik der Karmelitin hinblickt, ohne stets den geschichtlichen Kontext zu beachten, in dessen Licht sie dem heutigem Auge „nach Auschwitz“ unumgänglich erscheinen und zu Gesicht kommen muss. Daher wird den Bedingungen einer Gebetstheologie nach Auschwitz im Verlauf der Studie Augenmerk geschenkt. Vorblickend kann für die Studie insgesamt festgehalten werden: Das Beten Edith Steins in Worten darzustellen und auszulegen, das wird wesentlich und zuinnerst zurückhaltend geschehen müssen, in einer Sprachgeste diskreten Interesses. Gerade darin jedoch kann die sprachliche Darstellung sich als geschichtlich situiert und sensibilisiert erweisen. Überschwängliches Pathos ist dieser Sprachgeste fremd. Ein sprachlicher Duktus, der den geschichtlichen Standort vergisst, wird unmöglich. Was Paul Celan für die lyrische Rede formuliert, das bleibt auch für die in dieser Studie gesuchte theologische Rede beachtenswert: „Erreichbar, nah und unverloren blieb inmitten der Verluste dies eine: die Sprache. Sie, die Sprache, blieb unverloren; ja, trotz allem. Aber sie musste hindurch gehen durch ihre eigenen Antwortlosigkeiten, hindurchgehen durch furchtbares Verstummen, hindurchgehen durch die tausend Finsternisse todbringender Rede. Sie ging hindurch und gab keine Antwort für das, was geschah; aber sie ging durch dieses Geschehen. Ging hindurch und durfte wieder zutage treten, ‚angereichert‘ von all dem.“15
Eine Gebetstheologie, die auf Edith Stein hinblickt, ist somit zu einer „verhaltenen“ Weise des Sprechens gerufen, die gerade darin geschichtlich „angereichert“ in Erscheinung tritt. In dieser Frage kann Bernhard Welte bezüglich der theologischen Diktion als Modell gelten. An seinem Werk fällt auf, dass in seiner philosophischtheologischen Rede das Moment der „Verhaltenheit“ das Arrangement seiner Worte und Gedanken wesentlich prägt. Dieses Moment scheint mir eine sprachliche Geste der Diskretion zu sein, die aus der Berührung mit der menschlichen Verfasstheit und deren Charakter eines Geheimnisses ebenso herrührt wie aus der Nähe zum Mehr- als-Menschlichen. Insofern ist es eine ursprünglich „fromme“, von Ehrfurcht orientierte Sprachform, die im Werk und Vortrag Bernhard Weltes erkennbar wird. Bernhard Casper bemerkt zu seinem Sprachstil: „Es ist sicher einer der wichtigsten Leistungen Bernhard Weltes, daß er einen neuen Stil des theologischen Denkens und Sprechens geschaffen hat. Wir können diesen Stil den Stil der Verhaltenheit nennen. Oder auch den Stil der Scheu. Sprechen geschieht hier so, daß es in dem, was es vorbringt, zugleich Zeugnis ablegt von dem Verhältnis des Spreche...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Inhalt
  6. 1. Hinführung zum Thema
  7. 2. Aktueller Forschungsstand
  8. 3. Handlungsleitendes Interesse, methodische Ausrichtung und geschichtliche Situierung der Untersuchung
  9. 4. Begriffliche Klärungen
  10. 5. Sichtung der Konturen des Gebets im Lebensvollzug der Edith Stein
  11. 6. Aufweis sinndeutender Horizonte
  12. 7. Theologische Auslegung der geistlichen Texte „Ostermorgen“ und „Braut des Heiligen Geistes“
  13. 8. Zusammenfassung und Ertrag der Studie
  14. 9. Quellen
  15. 10. Siglen
  16. 11. Literaturverzeichnis