Lebendige Seelsorge 3/2018
eBook - ePub

Lebendige Seelsorge 3/2018

Pastoral und Kirchenrecht

  1. 84 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Lebendige Seelsorge 3/2018

Pastoral und Kirchenrecht

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Die Sonne steht tief über dem pastoralen Raum. Kaum eine Menschenseeleist noch draußen unterwegs. Die Leute haben sich vor der staubigen Hitzedes Abends in die Saloons zurückgezogen. Nur auf dem Platz vor dem kleinen, verbeulten Kirchlein stehen sich zwei harte Kerle gegenüber. Auge inAuge. Die Hüte tief in die Stirn gezogen. Die Finger am Abzug. SheriffCodex, der unbeugsame Hüter des Gesetzes. Ein unbarmherziger Ordnungshüter, der keine Kompromisse kennt. Und der Typ, den sie hier alle nur "DerPastor" nennen. Ein gesetzloser Macher mit sonnengegerbter Haut, der"Recht" nur für das Wort "zurechtbiegen" braucht. Wer zieht schneller?Klingt nach Klischee. Ist es auch. Allerdings eines, das in der Branche ziemlichtief sitzt. Der scheinbare Antagonismus von "Pastoral" auf der einenund "Kirchenrecht" auf der anderen Seite findet sich auf allen Ebenen derKirche: in der Frage nach der evangelischen Patin im Taufgespräch bis zurDebatte um die Relevanz päpstlicher Fußnoten für die authentische Interpretationdes CIC.Wir nehmen uns in diesem Heft jenes Knistern zwischen Kirchenrecht undPastoral vor, das für die einen fruchtbar und produktiv, für andere furchtbarund utopisch ist. Judith Hahn und Rainer Bucher diskutieren engagiert, wasman mit dem Kirchenrecht buchstäblich anfangen kann. Sabine Demel beschreibt- ausgehend von berechtigten Anfragen - das Kirchenrecht als pastoralesWerkzeug.Die Felder, auf denen Recht in der Kirche gerade von eminenter praktischerBedeutung ist, werden im Praxisteil beleuchtet: Unter anderem problematisiertMichael Böhnke, dass das Leitungsverständnis des CIC nach demZweiten Vatikanum keinem aggiornamento unterzogen wurde. Stefan Ihlidokumentiert die wesentlichen Entwicklungen im kirchlichen Arbeitsrecht.Und Georg Bier stellt die Frage nach dem Dilemma kirchlicher Eheverfahren: Darf man pastorale Grundsätze verletzen, um pastoral zu helfen?In unserem Duell drückt am Ende keiner der beiden hartgesottenen Kerleab. Sie stecken ihre Schießeisen ein und gehen erstmal zusammen in denSaloon. Denn dort gibt es für Sheriff Codex und "Den Pastor" so einigeszum Anpacken.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Lebendige Seelsorge 3/2018 von Erich Garhammer, Erich Garhammer, Erich Garhammer im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Theology & Religion & Christian Rituals & Practice. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Verlag
Echter
Jahr
2018
ISBN
9783429063795
PRAXIS
„Scherze des Heiligen Geistes“
Papst Franziskus, das Kirchenrecht und die Kurie
An Papst Franziskus, seinem Umgang mit dem Kirchenrecht und der geplanten Kurienreform scheiden sich die Geister. Wie sind die jüngsten Veränderungen im Recht und die schon ergriffenen Reformmaßnahmen an der Kurie zu verstehen und zu bewerten? Was haben wir für die Zukunft noch zu erwarten? Und welche Relevanz hat das alles für die pastorale Arbeit vor Ort? – Eine Suche nach Verstehenshilfen in stürmischen Zeiten. Rafael M. Rieger OFM
Papst Franziskus ist an der Basis unglaublich populär, zu seinen Gottesdiensten und Audienzen strömen die Massen, von Politikern aller Couleur wird er als Gesprächspartner sehr geschätzt. Unter den Kardinälen, an der Römischen Kurie, im Klerus sowie unter den Universitätstheologen und den Kanonisten gibt es aber nicht wenige, die sich an ihm reiben. Mangelnder theologischer Tiefgang und wenig kirchenrechtlicher Sachverstand wird ihm unterstellt. Eine kleine Schar ehemals „romtreuer“ Katholiken bezichtigt den Papst gar der Häresie und sprach via Onlinepetition eine „correctio filialis de haeresibus propagatis“ aus, was wiederum Paul M. Zulehner und Tomáš Halík veranlasste – ebenfalls im Internet – eine Unterschriftenaktion „Pro Pope Francis“ zu starten, der sich bis Anfang Mai 2018 knapp 74.000 Personen anschlossen.
Ein wenig erinnert dies alles an Wahlkampf in demokratischen Staaten, nur dass kein Wahltermin (und damit ein vorläufiges Ende der Debatte) abzusehen ist. Unterschiede in Wortwahl, Stil und Verhalten stechen ins Auge. Doch eines haben die Kritiker von Papst Franziskus, die Unterstützer und die große schweigende Mehrheit gemeinsam: das in der conditio humana grundgelegte Verlangen nach Einsicht und Erkenntnis, das sich auch im religiösen Bereich unweigerlich zu Wort meldet (fides quaerens intellectum).
AUSGANGSPUNKT: EMPIRISCHE TATSACHEN
Die Empirie, Welt und Kirche so wie wir sie vorfinden, ist der Ausgangspunkt aller Bemühungen um Einsicht und Verstehen. Obgleich es keine absolut objektive Situationswahrnehmung gibt, dürfte doch bezüglich der empirischen Tatsachen (Fakten) in den entscheidenden Punkten Einigkeit zu erzielen sein. Für unseren Zusammenhang genügt es auf Folgendes stichwortartig hinzuweisen:
1. Die katholische Kirche ist die größte Glaubensgemeinschaft der Welt. Ihr gehören aktuell über 1,2 Mrd. Menschen an. Wie jede menschliche Gemeinschaft, so verfügt auch die katholische Kirche über eine rechtliche Ordnung (ubi societas, ibi ius). Angesichts ihrer Größe und ihrer zweitausendjährigen Geschichte überrascht es wohl niemand, dass die katholische Kirche mit dem kanonischen Recht über eine höchst komplexe, vielfach gegliederte, historisch gewachsene (und damit zwangsläufig interpretationsbedürftige) Rechtsordnung verfügt. Kernstück des geltenden kanonischen Rechts ist der Codex Iuris Canonici (CIC) von 1983. In diesem Gesetzbuch finden sich auch wesentliche Verfassungsgrundsätze, wenngleich verstreut und nicht gebündelt, sodass die Rechtsgestalt der Kirche nicht für jeden, der den Codex in die Hand nimmt, unmittelbar ersichtlich wird.
Rafael M. Rieger OFM
Dr. theol. Lic. iur. can., Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht an der Philosophisch-Theologischen Hochschule SVD in Sankt Augustin; von 2010 – 2015 am Apostolischen Stuhl tätig; von Papst Franziskus 2015 zum Missionar der Barmherzigkeit ernannt.
2. Am 13. März 2013 wurde Jose Mario Bergoglio SJ, der bisherige Erzbischof von Buenos Aires, zum 266. Bischof von Rom gewählt. Er nahm den Papstnamen Franziskus an. Nach katholischer Glaubenslehre ist der Papst als Bischof von Rom Nachfolger des hl. Petrus und als solcher Haupt des Bischofskollegiums, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche hier auf Erden. Kraft seines Amtes kommt dem Papst höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt (potestas) in der Kirche zu, die er immer frei ausüben kann (LG 22; c. 331 CIC). Diese umfassende Vollmacht wird mit dem Wort „Primat“ ausgedrückt, wobei das I. Vatikanische Konzil 1870 ausdrücklich festgelegt hat, dass es sich hierbei nicht nur um einen Ehrenprimat, sondern um einen Jurisdiktionsprimat handelt (DH 3055, 3058). Aufgrund des Jurisdiktionsprimats ist der Papst „Herr der Canones“. Er kann kirchliche Gesetze abändern, aufheben, von ihnen dispensieren, sie durch Sonder- und Ausnahmerecht ersetzen. Die heutige Machtfülle von Papst Franziskus lässt sich nicht vom Amt des historischen Petrus her ableiten. Der päpstliche Jurisdiktionsprimat hat sich erst im Laufe der Jahrhunderte entwickelt.
3. Kein Mensch kann eine Organisation wie die katholische Kirche allein leiten. Papst Franziskus ist auf die ständige und aktive Mitarbeit einer Vielzahl von Personen und Institutionen angewiesen. Unter den festen Einrichtungen, derer sich der Papst bei der Ausübung seines Amtes bedient, ist insbesondere die Römische Kurie zu nennen. Gegenwärtig sind beim Apostolischen Stuhl etwa 2.900 Personen beschäftigt. Die Struktur der Kurie mit einer größeren Anzahl von Dikasterien (z. Z. 25), die formal alle rechtlich gleichgestellt sind, faktisch aber in Bezug auf Kompetenzfelder, Mitarbeiterzahl, Arbeitsweise und interner Organisation erhebliche Unterschiede aufweisen, ist historisch gewachsen. Der Aufbau der Kurie wurde seit dem 22. Januar 1588, dem Tag an dem Papst Sixtus V. mit der Apostolischen Konstitution Immensa aeterni Dei die Curia Romana als ständige Einrichtung ins Leben rief, von den Päpsten immer wieder verändert. Mit der Apostolischen Konstitution Pastor Bonus hat Papst Johannes Paul II. 1988 die derzeitige Grundordnung festgelegt.
Im Vorgriff auf die angekündigte große Kurienreform hat Papst Franziskus in den vergangenen Jahren bereits einige strukturelle Umgestaltungen vorgenommen. So wurden das Wirtschafts- und das Mediensekretariat sowie die beiden Dikasterien „für Laien, Familie und das Leben“ sowie „für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen“ neu geschaffen. Im Gegenzug wurden mehrere päpstliche Räte aufgelöst. In den letzten fünf Jahren kam es an der Kurie zu einer Vielzahl personeller Veränderungen auf allen Ebenen. Zum Großteil beruht der Personalwechsel auf regulären Pensionierungen und der in jeder Arbeitsorganisation anzutreffenden Fluktuation. In nicht wenigen Fällen (und keineswegs begrenzt auf die oberste Führungsebene) wurden jedoch Personen auf ausdrücklichen Wunsch des Papstes an die Kurie berufen, andere wiederum von ihm persönlich bzw. auf seine Weisung hin vom Dienst entfernt.
VON DEN VORURTEILEN ZUR (BEGRENZTEN) ERKENNTNIS
Der zentrale Akt menschlicher Erkenntnis ist das Urteil. Häufig bleiben wir aber bei Vorurteilen stehen. Niemand ist frei von Vorurteilen. „Denn schon dadurch, dass einer in eine bestimmte Familie hineingeboren wird, mit bestimmten Freunden Umgang pflegt, dass er in der Grundschule jene Lehrerin hat, diese Mittelschule oder jenes Gymnasium besucht, an die Universität geht, schon dass er fernsieht, die Zeitung liest, also allein dadurch dass er als normaler Mensch unter normalen Verhältnissen lebt, ist er wie durch Osmose völlig durchtränkt mit Vorurteilen, das heißt mit Ideen und Vorstellungen über die Werte, den Sinn und die Bedeutung der Dinge, […]“ (Giussani, 54). Alles, was wir an Informationen etwa über die Medien häppchenweise von Papst Franziskus und den Zuständen an der Kurie aufschnappen, nährt zwangsläufig unsere Vorurteile. Verschiedene wissenschaftliche Zugänge können helfen, diese zu überwinden, d. h. von den Vorurteilen zu einem begründeten Urteil zu gelangen.
Die im vorangegangenen Abschnitt stichwortartig angedeuteten Fakten lassen sich aus verschiedenen Wissenschaftsperspektiven beurteilen. Ein geschichtswissenschaftlicher Zugang ermöglicht eine historisch-kritische Darstellung der kirchlichen Rechtsbildung. Niccolò del Re etwa hat in seiner bis heute nicht überholten Studie die historische Entwicklung der Organe der Römischen Kurie von den Anfängen bis zum Jahr 1998 mit all ihren Brüchen und Wendungen nachgezeichnet.
Aus religionssoziologischer Perspektive ließen sich die Wechselwirkungen von kirchlicher Rechtsordnung und sozialer Wirklichkeit untersuchen. Hierzu gibt es noch wenige Studien. Simon Hecke konnte immerhin in seiner im vergangenen Jahr vorgelegten kleinen systemtheoretischen Arbeit den Wandel des kanonischen Rechts von einem die mittelalterliche Gesellschaft bis an ihre Ränder prägenden „Gesellschaftsrecht“ zu einem „Organisationsrecht“ aufzeigen, das „[n]ur noch innerhalb des Kreises der hauptamtlich bei der katholischen Kirche beschäftigten Mitglieder […] umfassend institutionalisiert“ ist (Hecke, 60).
Juristische Analysen der jüngsten kirchenrechtlichen Reformen decken die zum Teil eklatanten handwerklichen Fehler auf, mit denen die neuen Rechtstexte an einigen Stellen behaftet sind. So moniert etwa Thomas Schüller, „dass gerade die jüngsten päpstlichen Gesetze […] nicht in kirchenrechtlich exaktem Kirchenlatein, sondern sprachlich ‚luftigem‘ Italienisch abgefasst wurde[n], noch dazu mit etlichen pastoralen Stilblüten, die die Verwendung von Alltagssprache nun einmal mit sich bringt“ (Schüller, 23).
Alle (profan-)wissenschaftlichen Erkenntniswege haben zwei Gemeinsamkeiten: Zum einen konzentrieren sie sich grundsätzlich auf einen methodischen Zugang (Formalobjekt) und einen klar begrenzten Gegenstand (Materialobjekt), denn nur so ist wissenschaftliche Erkenntnis möglich. Zum anderen blenden wissenschaftliche Studien die Gottesfrage systematisch aus (et si Deus non daretur). Ihr Erkenntniswert ist daher stets begrenzt. Sie können niemals ein „Pauschalurteil“ rechtfertigen. Beispielsweise ist es durchaus denkbar, dass ein mit gravierenden formalen Mängeln behaftetes kirchliches Gesetz dennoch hohe Wirksamkeit entfaltet, da der angezielte Regelungszweck von den Rechtsanwendern verstanden und vorbehaltlos anerkannt wird.
DAS ENTSCHEIDENDE THEOLOGISCHE KRITERIUM
Aus theologischer Perspektive sind das kanonische Recht, alle Gesetzesreformen und die gesamte kirchliche Praxis letztlich an einem einzigen Kriterium auszurichten. Joseph Ratzinger schreibt hierzu in seinem nach wie vor lesenswerten Büchlein Zur Gemeinschaft gerufen. Kirche heute verstehen (während dessen Drucklegung er zum Papst gewählt wurde): „Wie soll nun eigentlich die Kirche konkret leben und gestaltet werden, damit sie dem Willen des Herrn entspricht – das ist die Frage, die sich uns gebieterisch nach allen […] Überlegungen stellt“ (74). Die Kirche soll in ihren rechtlichen Strukturen und in ihrer pastoralen Praxis dem Willen des Herrn entsprechen. Daran muss sich jedes kirchliche Gesetz, die einzelnen Reformvorhaben und alles Handeln der aktuell über 1,2 Mrd. Kirchenglieder messen lassen.
Die große Schwierigkeit liegt freilich darin begründet, dass sich der göttliche Wille nicht einfach ablesen lässt, weder aus der Heiligen Schrift noch aus lehramtlichen Dokumenten oder kirchlichen Gesetzen. Die „Zeichen der Zeit“ haben in diesem Punkt ebenfalls keine zwingende Evidenz. Was konkrete Personalfragen anbelangt, bleibt Gottes Vorsehung stets unergründlich. Allen Kritikern von Papst Franziskus, die sich in die Zeiten von Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI. zurücksehnen, rät Kardinal Maradiaga diesbezüglich zu gläubiger Gelassenheit und Humor: „Wir können nicht annehmen, dass alle Päpste gleich sind. Nach Franziskus wird wieder ein anderer kommen und andere Impulse setzen. Wir sollten den Scherzen des Heiligen Geistes mit mehr Humor begegnen“ (Maradiaga, 126f.). Für die rechtskonforme Papstwahl nimmt die Kirche Glaubensgewissheit in Anspruch. Im Vertrauen auf den ihr zugesagten Beistand des Heiligen Geistes postuliert sie eine Übereinstimmung von menschlichem Handeln und göttlichem Willen. Gleiches gilt für die Feier der Sakramente. Wo diese nach der Ordnung der Kirche gültig gefeiert werden, ist nach kirchlicher Lehre das Angebot der Heilszusage Gottes unzweifelhaft gegeben. Bei unfehlbaren Lehräußerungen können sich die Gläubigen ebenfalls gewiss sein, dass sich durch die Dogmen Gottes Wille offenbart. Nur deshalb wird volle und unwiderrufliche Glaubenszustimmung gefordert (c. 750 § 1 CIC).
In der Kirche ist eine Gewissenserforschung nötig, inwieweit die konkreten Strukturen und Handlungen dem Willen Gottes entsprechen.
Die Grenzen des göttlichen Beistands für die Kirche und ihre Amtsträger traten zuletzt in der Missbrauchskrise für alle Gläubigen in erschreckender Weise und für die unmittelbar Betroffenen zudem äußerst leidvoll zu Tage. In für päpstliche Verlautbarungen ungewöhnlicher Weise hat Papst Franziskus jüngst gegenüber den chilenischen Bischöfen offen eingestanden, dass er in einem konkreten Missbrauchsfall „schwerwiegende Fehler gemacht ha[t] in der Bewertung und Wahrnehmung der Situation, besonders aus Mangel an wahrhaftiger und ausgewogener Information“ (Schreiben vom 8. April 2018). Mit Hans Küng muss man nüchtern feststellen: „Die konkrete Glaubensgemeinschaft, die sich Kirche nennt, ist also heilig und sündhaft zugleich. Sie ist Kampfplatz zwischen Gottes Geist und dem Bösen in der Welt, und die Front verläuft nicht einfach zwischen der heiligen Kirche und der unheiligen Welt, sondern mitten durch das Herz der Menschen“ (Küng, 187). In der Kirche ist daher auf allen Ebenen stets ei...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Inhalt
  3. Thema
  4. Projekt
  5. Praxis
  6. Forum
  7. Nachlese
  8. Impressum
  9. Popkulturbeutel