Das wunderbare Licht, in dem wir leben
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Das wunderbare Licht, in dem wir leben

Gleichheit, Würde und Priestertum aller in der Kirche

  1. 166 Seiten
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Das wunderbare Licht, in dem wir leben

Gleichheit, Würde und Priestertum aller in der Kirche

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Über dieses Buch

Jede und jeder Getaufte ist durch die Gemeinschaft mit Christus Priester und König und Prophet. Doch wo und wie begegnet uns das, erfahren und erleben wir es? Es sind Worte, die kaum einen Widerhall finden in unserer christlich-kirchlichen Lebenswirklichkeit. Das Zweite Vatikanum hat diese Zusage der unveräußerlichen Gleichheit und Würde und des Priestertums aller Getauften im Rückgriff auf die Heilige Schrift wieder ins Bewusstsein gebracht. Sie blieb aber theologisch und in der Verkündigung eher wenig beachtet, ja sogar nicht selten gefürchtet. Deren Wahrheit und Bedeutung in Alltag und Liturgie der Christen zu zeigen ist das Anliegen dieses Buches. Seine Bewusstwerdung muss in allen, also auch gerade in jenen, die Leitungsvollmacht haben, geschehen. Diejenigen, die ein Amt in der Kirche innehaben, leben mit allen das eine Priestertum der Teilhabe am Priestertum Jesu.

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Information

Verlag
Echter
Jahr
2012
ISBN
9783429061159

Der Presbyter im priesterlichen Volk

Gleich zu Beginn dieses Kapitels will ich sein Anliegen kurz formulieren: dass nämlich und wie sehr der Presbyter in seinem Amt auf sein Priestertum aus Taufe und Firmung, also auf das dem ganzen Volk Gottes gemeinsame Priestertum angewiesen ist. Und dass es nicht nur umgekehrt, wie so oft gesagt wird, das Angewiesensein des Priestertums aller auf das Amt des Presbyters gibt. Sein Amtsverständnis und damit sein Leben und seine Spiritualität können daraus nur gewinnen. Ich zitiere als Beleg dafür ein fast allzu bekanntes Wort aus bewährter Quelle, um es auf vielleicht etwas ungewohnte Weise zu interpretieren:
»Ubi me terret quod vobis sum, ibi me consolatur quod vobiscum sum. Vobis enim sum episcopus, vobiscum sum christianus. Illud est nomen officii, hoc gratiae; illud periculi est, hoc salutis.« »Wo mich erschreckt, was ich für euch bin, da tröstet mich, was ich mit euch bin. Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ. Jenes bezeichnet das Amt, dieses die Gnade; jenes die Gefahr, dieses das Heil.«60
Es sei mir also gestattet, dieses oft herangezogene Augustinuswort im Sinne meines Themas zu akzentuieren. Über das Amt wird vieles gesprochen und geschrieben und ist viel gesprochen und geschrieben worden. Vieles über seine Bedeutung und seine Notwendigkeit und sein theologisches Verständnis. Vielleicht etwas weniger über seine Gefahr, die deutlich auf der Erschreckensseite (»Wo mich erschreckt« …) dieses Wortes genannt ist und die vierte der Gegenüberstellungen anführt. Auch ich möchte mich nicht so sehr mit der Erschreckensseite dieses Augustinuswortes befassen. Denn das ist insofern nicht nötig, als eine der größten Gefahren des Amtes ja gerade darin besteht, die Tröstungsseite (»da tröstet mich« …) in diesen Gegenüberstellungen, nämlich das Christsein des Amtsträgers, also sein eigenes Christsein, nicht oder zu wenig in seiner Bedeutung wahrzunehmen. Meinen Akzent möchte ich also auf das setzen, was einen Presbyter oder Bischof, der die Dinge ähnlich wie Augustinus sieht und empfindet, zu trösten vermöchte, und will in dieser Richtung eine Anregung geben.
Zuerst freilich bin ich noch eine Erklärung dafür schuldig, weshalb ich für den Träger des Dienstamtes in der Kirche durchgehend die Bezeichnung »Presbyter« gebrauche.

1. Presbyter

Das Zweite Vatikanum hat eine Korrektur im Bezug auf die Auffassung des amtlichen Priestertums herbeiführen wollen, »indem es schon im Titel des Dekrets ›Presbyterorum ordinis‹ ›über Dienst und Leben der Priester‹ nicht von Klerikern oder von sacerdotes sprechen wollte, sondern auf den neutestamentlichen Namen des Presbyters zurückgriff. Dieser an sich löbliche Versuch leidet allerdings daran, dass die Übersetzung des lateinischen ›presbyter‹ (von griechisch ›πρ∈σβύτ∈ρος‹) in die modernen Sprachen der westlichen Welt den intendierten Sinn gar nicht zum Ausdruck bringt, weil die entsprechenden Lehnworte sich zwar von presbyter herleiten (Priester, prêtre, priest, /prete – d. Verf./, presbitero), tatsächlich aber vom Kultpriestertum geprägt sind. Eine Änderung des Wortgehaltes im Sinn des Konzils wird erst das Leben selbst, die zukünftige Auffassung und Stellung des geistlichen Amtes, herbeiführen müssen« (F. Wulf – s. u. Anm. 60). Im Deutschen ermöglicht das Wort »Presbyter« eine recht einfache Klarstellung der Begriffe. Es liegt in der Tat sehr viel an der Nomenklatur. Wenn man in beiden Bereichen, dem gemeinsamen und dem amtlichen, mit demselben Wort »Priester« und »Priestertum« arbeitet, dann bleibt der ursprünglich zwar in der Schrift allein so bezeichnete, durch all die Jahrhunderte jedoch sehr viel weniger beachtete Bereich weiterhin zu Unrecht im Schatten: nämlich das allen christlich Glaubenden gemeinsame Priestertum. Die Sprachregelung, für das Amt die Bezeichnung »presbyter« zu wählen, ist im Dekret nicht mit aller Konsequenz, aber doch weitgehend durchgeführt. Damit verbindet sich eine offensichtliche »Tendenz: nicht Weihe und Heiligkeit des Priesters, sondern sein Dienst und seine Aufgabe in der Kirche stehen im Vordergrund der Betrachtung.«
In Presbyterorum ordinis findet man einerseits unschwer und deutlich das »traditionelle Priesterbild«. Der Presbyter steht »auf Seiten Christi des Hauptes: der Kirche, den Gläubigen gegenüber. Wie sehr auch diese Sicht zu Recht besteht, so ist sie doch einseitig; sie isoliert den Priester, wie die Geschichte gezeigt hat.« Es ist dies das Bild, das »vom Sacerdotal-Kultischen, von der Konsekrations- und Absolutionsgewalt, bestimmt ist … Diese Sicht wird dann allerdings … entscheidend ergänzt.« Dabei »werden auch das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen und das besondere Priestertum (= das neutestamentliche ›Dienstamt‹) des sakramentalen Ordo in einer universalen Schau auf ihre letzte Einheit zurückgeführt: hier erst zeigt sich, wie radikal das Priestertum des neuen Bundes sich von allem vor- und außerchristlichen Priestertum, auch dem des Alten Bundes, unterscheidet, wie sehr es ins Geistig-Personale gewandt ist, in das Opfer des Herzens (die Übergabe der Person, der eigenen Existenz), von dem schon die alttestamentlichen Propheten proleptisch sprachen, wie sehr alles Priestertum seine Eigenständigkeit an das eine und einzige Priestertum Christi verloren hat.« Dabei »wird auch das gemeinsame Priestertum der Getauften … als eigentliche, wirkliche Teilnahme an Christi Priestertum betrachtet«.61 Der Begriff »Presbyteros« bezeichnet in der Schrift einen angesehenen, sehr reichhaltigen, verantwortungsvollen und in den jüdischen wie in den christlichen Gemeinden unentbehrlichen amtlichen Dienst. »Wie im Volk Israel und in der Synagoge haben auch in der Urgemeinde von Jerusalem und in allen christlichen Gemeinden Älteste eine besondere Funktion. Unabhängig von ihrem tatsächlichen Alter sind es ›naturgegebene Autoritäten‹ (J. Becker), und besondere Repräsentanten der Gemeinde. Ihre Hauptaufgaben werden in zweifacher Weise gesehen. Sie haben die – in vertrauten biblischen Bildern ausgedrückte – Rolle von Hirten der Gemeinde. Zur Hirtenmetaphorik (d.h. zum Gebrauch des Hirtenbildes – d. Verf.) gehört auch die Bezeichnung ›Aufseher‹ (epískopos). Sie haben weiter einen besonderen Dienst im Bereich der Verkündigung und Lehre. Sie sind Garanten für die authentische Interpretation und Weitergabe der Christusbotschaft. Sie haben – in späterer Terminologie ausgedrückt – ein Hirtenamt und ein Lehramt. Eine Modellgestalt für den Dienst der Ältesten ist Paulus. In den Pastoralbriefen ist bereits eine Art Ritus (Handauflegung) bei der Amtsübertragung erkennbar. Weiter kann man sagen, dass die Ältesten in der Nachapostolischen Zeit auch die Rolle der Apostel fortsetzen.«62
Im Presbyterat der Kirche handelt es sich, wie im Episkopat, um einen notwendigen Dienst von Christen an Christen im Auftrag Christi. Was sich nicht bestimmen lässt, wohl weil es das nicht gibt, ist ein zeitliches oder sachliches »prius«, d.h. ein Zuerst des gemeinsamen Priestertums oder des Dienstamtes in der Kirche. Die Apostel waren, wie schon gezeigt, erste Christen und erste durch Jesus mit dem Dienstamt Betraute zugleich. Nicht wenig von ihrer Besonderheit und von ihrem Reiz oder Charme für uns besteht ja darin, dass sie einerseits offensichtlich von Jesus zu Verantwortungsträgern erzogen werden – dies jedoch zugleich und gerade so, dass sie bei ihm ihr Christsein erst blutig buchstabieren lernen müssen. Die gemeinsame Wurzel zeigt sich auch dadurch, dass nur, wer getauft ist, mit einem Dienstamt in der Kirche betraut werden kann. Die Zugehörigkeit zu Christus ist für jede Form des Christseins die Grundlage, Basis und Wurzel. Christsein und beauftragter Dienst am Christsein erscheinen als zugleich gesetzt – nicht nur de facto, sondern von dem, der der Herr und die eine Quelle ist: des Christseins und der normalerweise dafür benötigten Dienste.
Gut bekannt ist uns das Wort aus Lumen gentium 10: »Das gemeinsame Priestertum der Gläubigen aber und das Priestertum des Dienstes, das heißt das hierarchische Priestertum, unterscheiden sich zwar dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach.« Unmittelbar daran schließt sich das folgende Wort an, das nicht so oft zitiert wird: »Dennoch sind sie einander zugeordnet: das eine wie das andere nämlich nimmt je auf besondere Weise am Priestertum Christi teil.« Die Wesens-(»essentia«-)Differenz kann sich ja nicht so verstehen, dass das »Priestertum des Dienstes« – man verzeihe bitte den Ausdruck – von einem anderen Stern wäre, sondern so, dass die Orientierung des kirchlichen Dienstamtes – aus demselben heiligen Ursprung (∈ρὰ ἀρχή) unserer gemeinsamen Heilswirklichkeit, nämlich Christus – reflexiv dem Priestertum aller auf vielfältige Weise dienend/sorgend zugewandt/zugeneigt ist. Das Dienstamt in der Kirche hat als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal seine wesentliche Ausrichtung, nämlich durch ebendiese ganz bestimmte Form liebender und sorgender Zuwendung zu allen. Um es mit Paulus zu sagen: durch die »Sorge für alle Gemeinden« (2 Kor 11,28) bzw. für die Gemeinden, für die die Sorge aufgetragen ist – wozu, selbstverständlich, weil ganz naheliegend, die nötige Bevollmächtigung gehört. Dass es dabei auch eine Differenz dem Grade nach (»gradu«) gibt, kann sich entschieden nicht auf eine graduelle Differenz bezüglich der Würde beziehen (die ja in allen gleich ist: LG 32!), sondern kann sich nur auf die für den Dienst notwendige und mehrfach gefächerte Leitungs- und Hirtenvollmacht und die damit gegebene »Stellung«/Amtsposition beziehen.
Hierzu noch zwei Stimmen. Zunächst die Stimme Karl Rahners: »Worauf das Amtspriestertum zielt, ist das Priestertum der Glaubenden und Liebenden.«63 Umso bedeutsamer wird damit gemäß dem Augustinuswort für das Amt das einfache Christsein in Glaube und Liebe aus demselben Priestertum. Und in der Liebe weiß jeder und jede, dass er/sie dem/den anderen nichts voraushaben muss. Die zweite Stimme ist die einer ihr Leben lang im Glauben und aus den Sakramenten lebenden 80-jährigen Christin: »Der Priester ist nicht mehr und nicht weniger Christus als ich.« Dieses Wort scheint mir insofern von Interesse, als ein überzogenes Gegenüberstellen des Presbyters zur Gemeinde sich christlich als nicht produktiv erweist. In diesem Fall vielleicht dennoch, nämlich gegenläufig produktiv, insofern in dieser gläubigen Frau die eigene Christuswirklichkeit entschieden als Antwort auf ein solches Überziehen auf den Plan tritt. Da eine solche Kraft nicht in allen ist, wäre statt einer konfrontierenden oder sich überhöhenden und distanzierenden eine geschwisterlichere Einstellung im Dienstamt den Gemeinden sicherlich zuträglicher. Selbst die amtlich-liturgische Repräsentanz Christi »in der Person des Hauptes Christus« (PO 2) durch den Presbyter in den sakramentalen Vollzügen hätte ja keinen Boden und ginge ins Leere ohne die Christusrepräsentanz aller Glaubenden als seine Kirche in dieser Welt. Und wir laufen Gefahr, das Amt zu verderben, wenn wir uns nicht in unserem ganzen Verhalten ohne Unterlass und zutiefst eben seines Charakters als Dienstamt bewusst sind, wie das Zweite Vatikanum es unermüdlich betont und wie es nicht anders sein kann im Sinne Jesu, der in uns allen in seiner Selbstgabe zur Darstellung kommen will.
Vorausschicken muss ich noch, wie schon öfter angeklungen ist, dass das, was ich im Bezug auf den Presbyter zu sagen versuche, in entsprechender Weise auch für den Bischof gelten muss. Denn es ist ja das Wort des Bischofs Augustinus, das diesem Kapitel Anregung und Struktur gibt.

2. Mich tröstet, was ich mit euch bin

Das, worum es uns allen gemeinsam geht, ist ganz einfach genau das, was uns allen gemeinsam ist. Es ist genau das, wofür unser aller gemeinsames Priestertum steht: das Geschenk unseres Christseins, in einer unbegreiflichen Erwählung und Würde. Davon war schon deutlich und ausführlich die Rede. Das ist die Basis und das ist das Glück des Presbyters wie eines und einer jeden von uns. Nicht die Anforderungen, nicht die Erfolge und Misserfolge, nicht besondere Stellungen und Positionen seines Amtes und große Verantwortung sind sein Trost. Sie vermögen das in keiner Weise wirklich und tragfähig zu sein. Trost und Friede kann nur in dem Glück sein, das uns allen gemeinsam als Christen in Glaube, Hoffnung und Liebe geschenkt ist und das wir in der Gestalt des Dienens leben dürfen im Vermitteln, Teilen, Mitteilen, Austeilen und Weiterschenken. Es ist die Jesus- und Gottesbeziehung, die, in die verschiedensten Berufungen, Aufgaben und menschlichen Beziehungen persönlich je einmalig entfaltet, in allen ein und dieselbe ist.
Ein Beispiel: Die Frage Jesu an Simon Petrus »Liebst du mich?« (Joh 21,15ff.) ist keine spezifische Amts-, sondern eine gemeinsam christliche Elementarfrage. Als solche ist sie freilich gerade auch für das Amt von höchster Bedeutung. Und sie hat, wie für jeden Christen und jede Christin, natürlich zugleich eine ganz persönliche, beziehungsgeschichtliche Prägung, die in diesem Fall in ihrer Dreimaligkeit zum Ausdruck kommt. Die Dreimaligkeit der Frage bezieht sich gewiss einerseits auf die konkrete Geschichte des Simon Petrus mit Jesus, unterstreicht aber auch genau die elementare Bedeutung der Liebe zu Jesus in jeder Nachfolge und in jedem christlichen Dienen mit seiner je besonderen Verantwortung – damit dieses möglich und Jesus möglichst ähnlich wird. Keineswegs gebe ich in Exerzitien nur Presbytern diese Schriftstelle mit der Frage Jesu nach der Liebe zur Betrachtung. Nach dem Einen, das uns alle rettet und christlich lebensfähig und zum Dienen tauglich macht, ist gefragt. Diese Liebe ist, je persönlich und in allen gemeinsam, ein und dasselbe Glück und einziger Trost. Wir können eigentlich gar nicht anders, als Augustinus zustimmen: Der Trost ist nirgendwo anders als in dem, was uns allen als Kindern desselben Vaters, als Brüdern und Schwestern Jesu, als seinen Jüngern und Jüngerinnen gemeinsam ist.
Es wäre ein grobes Missverständnis, aus dieser Darlegung eine Abwertung des Presbyterats herzuleiten. Ich bin vielmehr davon überzeugt, dass es auch für den Presbyter – und ich bin ja selbst einer – zur Sinngebung seines Dienstes gehört, sich der gemeinsamen christlichen Quelle zunächst für sich selbst bewusst zu werden und daraus allen, für die er da ist, zu demselben Bewusstsein zu helfen: zum Bewusstsein der ihm selbst und allen andern ebenso geschenkten Unmittelbarkeit zu Gott in Jesus, der all die Mittel in der Gemeinschaft der Kirche ja dienen wollen, die ihm anvertraut und aufgetragen sind. Wir werden die eine und allen heilsame Quelle je besser für uns selbst und die uns Anvertrauten nutzen können, je mehr das »Mit euch bin ich Christ« unsere Freude ist.

3. Mit euch bin ich Christ

a) Aus Wasser und Geist

Mit dem Glauben ist die Taufe das grundlegende Geschenk unseres Christseins. Unser Leben wird darin als neue Schöpfung neu konstituiert. Sind wir in unserem Werden im Mutterleib und mit unserer Geburt unserem Schöpfer begegnet, so begegnen wir in unserer Taufe und Firmung, im Glauben empfangen, dem, von dessen Bedeutung für uns das »Exsultet« der Osternacht singt. Ohne Jesus hätte uns unsere Geburt »nichts genützt«. In ihm und auf ihn hin sind wir geschaffen, und wir wären ohne ihn »umsonst« geboren, denn in unserer Schwachheit bedürfen wir der erlösenden Neugeburt. Wenn auch nicht die erste Begegnung im Geist mit ihm in Wasser und Geist geschieht, so doch die volle Eingliederung in ihn und seinen Leib, die Kirche, im Heiligen Geist. Taufe und Firmung sind unversiegliche Lebensquelle, eine Quelle der Heilung und neu geschenkten Lebens ein Leben lang. Sie übersteigen mit ihrer Erneuerungskraft jene doch schließlich endende Regenerationskraft, die wir in unserer Geburt mitbekommen haben.
In Taufe und Firmung ist die Quelle, aus der alle unsere verschiedenen Berufungen schöpfen und aus der auch alle Sakramente erwachsen. Die darin gegebene Zugehörigkeit zu Christus, der »Priester, König und Prophet ist in Ewigkeit«, bedeutet von selbst die Zugehörigkeit eines und einer jeden, die die Taufe empfangen, zu dem einen gemeinsamen Priestertum aller Getauften. Ebenso konstituiert sich der Presbyterat in besonderer Berufung und Weihe aus derselben Quelle. Er hat mit Taufe und Firmung das gemeinsame Priestertum zur bleibenden, nie erlöschenden Voraussetzung. Die Taufgnade geht in der Weihegnade nicht unter, sondern trägt sie und geht in sie ein als in eine ihrer Entfaltungen. Das zu vergessen oder nicht zu achten käme einem Geringachten der Taufe gleich. Es klingt sehr glaubwürdig, was ich aus verlässlicher Quelle gehört habe, dass nämlich Johannes XXIII. neben dem Tag seiner Weihe zum Presbyter immer mit besonderem Vorzug seines Tauftages (zugleich sein Geburtstag: 25.11.) gedacht hat.
Das Empfangen ist Quelle jeden Gebens, wie das Hören notwendig die Quelle des Sprechens ist. Das Geben wird extrem mühsam, wenn es zu wenig Empfangen gibt. Das Sprechen wird hohl und unbefriedigend, wenn es nicht aus einem Hören kommt. Unser Leben und Dienst als Presbyter trocknet aus, wenn wir nicht die genauso in uns wie in allen fließende Quelle des gemeinsamen Priestertums nutzen. Aus dem Empfangen kommt tatsächlich unser ganzes Geben und Schenken. Wir können niemals so kreativ sein, dass wir auf das aufmerksame, demütige und dankbare Empfangen aus dem Basisgeschenk unseres Glaubens und unserer Liebe verzichten könnten. Wenn wir daraus beziehen, was wir geben, tun wir uns – trotz aller Mühe – auch leichter, finden viel innere Hilfe für unseren Dienst und werden verständlicher und glaubwürdiger.

b) Freier Zugang in Unmittelbarkeit

Aus dem Hören des Wortes und aus Wasser und Geist kommt uns die Gabe des Gebetes, die Gabe des freien Zugangs. Auch diese haben wir mit allen Christen gemeinsam. Hier sieht man vielleicht besonders deutlich, wie sehr wir in einem Boot sind mit allen, die Jesu Namen tragen. Wir haben da allen anderen priesterlich nichts voraus. Oft sind andere viel geübter und vertrauter mit dem Gebet. Unser offiziell liturgisches Beten macht da meist nicht viel wett. Die amtliche Stellung darin ist nicht so, dass wir dadurch einen Vorrang als Beter hätten und einen besseren Zugang zu Gott. Wir sind ein Zeichen – und je schlichter, je besser – dafür, dass sich mit uns die ganze Kirche in verschiedenen Formen des Gebets versammelt und engagiert. Doch es ist das Gebet aller, die, so wie sie und wir mit ihnen es vermögen, in Hingabe ihrer selbst die Liturgie feiern und den freien Zugang zu Gott ergreifen. Allen anderen wie auch uns selbst kann es nicht nützen zu sagen: »Der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn ist hier!« (Jer 7,4). Denn wir selbst sind der Tempel, in dem reiche Kommunikation mit dem Gott stattfinden will, der darin wohnt und sich mit offenen Türen nach uns sehnt und deshalb uns alle durch das Blut Jesu zu Priestern vor ihm gemacht hat.
Als Presbyter Menschen des Gebetes zu werden, wie es uns in unserem gemeinsamen Priestertum aus der Taufe gegeben und aufgegeben ist, das gehört, meine ich, zum Dringlichsten und nicht Delegierbaren. Wenn wir anderen zu Gott hin helfen wollen, dann ist es unerlässlich, dass wir selbst den freien Zugang zu ihm nützen, der uns allen durch Taufe und Firmung geschenkt ist. Als Presbytern kommt uns keine andere oder größere Unmittelbarkeit zu. Es ist jene Unmittelbarkeit, von der schon oben die Rede war, die ein unauslöschliches Merkmal des Priestertums aller Glaubenden ist und die denkbar größer nicht sein kann. Wenn wir so beten, so andere mitnehmen, dann füllt sich und verlebendigt sich unser Beruf aus den Quellen unseres Ursprungs. Dieser Zugang steht uns überall und immer offen in den kurzen Aufblicken unseres Alltags mit den Menschen, und er steht uns überall und immer offen in den verschiedenen Gebetsformen. Es gibt ganz viele, ja wohl unendlich viele Weisen des Betens – auch des christlichen Betens, so viele, wie es Menschen und Christen gibt. Sie führen zu ihm und sie kommen von ihm, der uns beten gelehrt hat zu dem, der sein und unser Leben ist. Er, Jesus, ist die stets offene Tür zu Gott, an dessen Herzen (vgl. Joh 1,18) auch wir zug...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Einführung
  7. Priester im Neuen Testament
  8. Aus Wasser und Geist zu Priestern geweiht
  9. Freier Zugang
  10. Selbstgabe
  11. Vergebung
  12. Verkünden
  13. Vermittlung
  14. Könige und Propheten
  15. Der Presbyter im priesterlichen Volk
  16. Sigel
  17. Anmerkungen