Die Aufhellung des Judentums im Platonismus
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Die Aufhellung des Judentums im Platonismus

Zu den jüdisch-platonischen Quellen des Deutschen Idealismus, dargestellt anhand von Hegels Auseinandersetzung mit Philon von Alexandria

  1. 354 Seiten
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Die Aufhellung des Judentums im Platonismus

Zu den jüdisch-platonischen Quellen des Deutschen Idealismus, dargestellt anhand von Hegels Auseinandersetzung mit Philon von Alexandria

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Über dieses Buch

This study traces G. W. F. Hegel's intellectual engagement with the Jewish Platonist Philo of Alexandria. In a historic-systematical investigation, Strauss elucidates the ambivalence of Hegel's image of Philo. Hegel understood him as a transitional figure between Judaism and Christianity. At the same time, he saw Philo's thought as an early form of Neo-Platonism in which the Biblical God encounters the metaphysical Logos of the Greeks for the first time.

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Information

Jahr
2019
ISBN
9783110621945

1 Die Grundlage der Verbindung zwischen Hegel und Philon – eine Neubewertung

Die Frage nach Stellung und Wirkung der Religionsphilosophie Philons in Hegels Denken ist keineswegs neu: Bereits 1844, dreizehn Jahre nach Hegels Tod, nimmt Staudenmaier, Professor für katholische Theologie, in seiner polemischen Schrift Darstellung und Kritik des Hegelschen Systems diese Neubewertung aus systematisch-theologischer Sicht vor, indem er primär unter Bezugnahme auf Philons System die Frage aufwirft: „Welches Recht aber haben wir, kann gefragt werden, diese [im Kern philonischen] Systeme in Verbindung mit dem Hegelschen zu bringen?“30 Das Recht darauf gründe sich größtenteils auf ihre gedankliche Präfiguration des christlichen Dreieinigkeitsdogmas als der „Lehre über den Proceß der Idee“, die Hegel in ihren Philosophien freizulegen meint, so der Theologe.31 In Staudenmaiers detaillierter Darstellung dieser verschiedenen „Trinitätssysteme“ kommt dem „Philonismus“ deshalb eine Schlüsselstellung zu, weil er mit dessen pantheistisch-akosmistischer Religionslehre nicht nur „den meisten pantheistischen Systemen vorausgegangen“ sei, sondern „auch dem Hegelschen“ (!).32 In ihrer Wirkmächtigkeit führe, so argumentiert Staudenmaier, Philons Art der trinitarischen Weltanschauung darüber hinaus zur Entstehung der sabellianischen „Lehre von der göttlichen Monas und von den drei Prosopen: Vater, Sohn und Geist“ als erster Vorgestalt einer personhaft konzipierten Dreieinigkeitsvorstellung.33
Auf Hegels positive Einschätzung vom philonischen „Trinitätsdenken“ Bezug nehmend gilt Staudenmaier Philons Denken als der Anknüpfungspunkt, an dem er die inhärente, wenngleich nicht häretische Inkonsequenz in Hegels pantheistisch-unpersönlicher Umgestaltung der christlichen Dreifaltigkeitslehre festzumachen sucht. Mit einer ausführlichen Erläuterung von Philons religionsphilosophischem Gedankengut als Vermittler für das frühe Christentum zwischen orientalischen und platonischen Denkformen betont er den akosmistischen Charakter seiner Gottes- sowie Logoskonzeption als „Einheitsbestimmungen“.34 Offenkundig greift Staudenmaier dabei Hegels eigene Schwerpunktlegung in dessen Philondarstellung auf, in der dieser ebenfalls auf die akosmistische Tendenz in Philons Gottesauffassung als Seinsfülle durch die All-Einheitsformulierung εἷς καὶ τὸ πᾶν in Leg. 1.44 eingeht.
Eine ähnliche Antwort auf diese erstmals 1844 von Staudenmaier gestellte Frage nach dem Zusammenhang zwischen Hegel und Philon liefert auch OʼRegan in seinem oben erwähnten Artikel. Was Philons Philosophie vor dem Hintergrund von Hegels System von anderen zentralen Philosophien deutlich unterscheide, rühre von seiner gedanklichen Nähe zur christlichen Religionslehre her, vor allem zu ihrem spekulativen Trinitätsgedanken, so OʼRegans Schlussfolgerung. Durch Philon als vorchristlichen „Trinitätsdenker“ könne Hegel seine heterodoxe Umgestaltung des Dreieinigkeitsdogmas weiter untermauern: „[…] in Hegel’s hands Philo is used not so much as an aid to the construction of adequate Christian thought – for example, the notion of Trinity and the God-world relation – but to assist in their radical reconstruction or revision.“35
Eine andere Sichtweise auf Philons Bedeutung für Hegels Philosophie eröffnet Westerkamp mit seinem innovativen Werk von 2009. Dort weist er nach, dass Philons Religionsphilosophie in Hegels Geschichte der Philosophie als wichtiges historisches Konstrukt gilt, wodurch die orientalische, „prinzipientheoretische Konstruktion“ der philosophia hebraeorum – im Unterschied zur vereinheitlichenden und abgrenzenden Tendenz der frühaufklärerischen Tradition der Philosophiegeschichtsschreibung – in einer „kontextualisiert[en] und fragmentiert[en]“ Form aufgefasst werde: „Sein [sc. Hegels] Ansatz kennt keine kontinuierliche Entwicklung jüdischer Philosophie, sondern nur individuelle ‚jüdische‘ Philosophen auf verschiedenen Stufen einer vernünftigen Universalgeschichte des Geistes.“36

1.1 Überblick über Hegels Bezugnahmen auf Philon

Da sich Hegel in verschiedenen Zusammenhängen auf Philon bezieht, ist eine schematische Zusammenfassung dieser Bezugnahmen in seinen Werken für eine Orientierung und Neubewertung hilfreich.
  • i) In der Neufassung des Anfangs (1800) zur Positivitätsschrift markiert Philons jüdischer Platonismus den Höhepunkt der gesamten jüdischen Religionsgeschichte.37
  • ii) Im Zusatzteil zur enzyklopädischen Begriffsbestimmung der Natur (§ 247) verdeutlicht Hegel das Verhältnis Gottes zu seinem Moment des Andersseins in Form der Allgemeinheit im Rekurs auf Philons Logosprinzip: „Einmal bleibt das Unterschiedene aufbehalten in der ewigen Einheit der Idee; das ist der λόγος, der ewige Sohn Gottes, wie es Philon faßte.“38
  • iii) In den Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte legt Hegel die christliche Welt unter Berücksichtigung der Hauptmotive von Philons Philosophie aus, indem er sowohl auf dessen konkreten Geistbegriff wie auch auf dessen allegorische Pentateuchexegese als entscheidende Vorformen der christlichen Religionslehre rekurriert.39
  • iv) Im Rahmen verschiedener „Weltschöpfungsdarstellungen“ geht Hegel in den religionsphilosophischen Vorlesungen auf Philons ersterschaffende Weisheitshypostase (Logos) ein, die dem göttlichen Einen entsprungen sei.40
  • v) Im zweiten Teil dieser Vorlesungen zieht Hegel zudem das philonische Lehrgebäude als Paradebeispiel eines orientalischen Trinitätssystems heran (τὸ ὄν – λόγος – σοφία) und bringt es daraufhin mit der Trinitätsvorstellung der Gnostiker in Verbindung, die später in die christliche Dogmatik eingedrungen sei.41
  • vi) Unter impliziter Berufung auf Philon („platonischen Juden“) und seine Denkstruktur des λόγος ἐνδιάθετος stellt Hegel in seiner Geschichte der Philosophie die jüdische Gottesvorstellung ausführlich als ein übersinnliches Geistprinzip dar, kraft dessen eine innergöttliche Gedankenwelt ins Dasein gesetzt werde.42
  • vii) Im ersten Teil seines Abschnittes zum Neuplatonismus in den philosophiegeschichtlichen Vorlesungen legt Hegel seine vollständige Philondeutung dar.43
  • viii) Sich auf seine systematische Philondarstellung stützend identifiziert Hegel in seiner Analyse der Geistesgeschichte Kerngedanken der philonischen Denkweise in anderen Strömungen. Die Rede ist von der Kabbala,44 der Gnosis,45 dem Christentum46 dem Neuplatonismus47 und von der jüdisch-mittelalterlichen Philosophie48.
  • ix) In den 1819 sowie 1820/21 gehaltenen Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie erörtert Hegel gewichtige Aspekte der philonischen Religionsphilosophie und weist in Zusammenhang mit Philon auf überraschende Gedanken hin, die ansonsten in seinen Werken nicht vorkommen: (a) Er geht auf die in Abr. 119 – 132 beschriebene Trinitätsvorstellung von Gott ein; (b) er verknüpft Philons und Isaac Newtons Raumauffassung;49 (c) er stellt eine Verbindung zwischen Philons und Aristoteles’ allegorischem Ansatz her;50 (d) er vergleicht Philons anthropomorphen Logosbegriff mit der Logosvorstellung des Johannesprologs.51
  • x) In einem Manuskript der religionsphilosophischen Vorlesungen greift Hegel Motive von Philons „Trinitätsdenkens“ vor dem Hintergrund von dessen Logostheologie auf, die eng mit Vorstellungen der christlichen Gedankenwelt verwandt sind.52
  • xi) In der allgemeinen Bestimmung der neuplatonischen Philosophie bezieht sich Hegel in ihrer neugewonnenen Leitprämisse, der zufolge der Mensch „das Verhältnis […] zu dem Wahren, zu Gott“ aufbauen könne, ebenfalls auf Philon, wenn er dort am Rande bruchstückhaft bemerkt: „die Idee bei Philo des Wahren selbst“.53 Dabei scheint Hegel darauf hindeuten zu wollen, Philon vertrete ebenfalls den innovativen Standpunkt, dass eine auf dem Geist beruhende Gottesbeziehung für den Einzelmenschen möglich sei.
  • xii) Hinsichtlich der trinitarischen Natur des christlichen Gottesbildes greift Hegel auf Philons Gottes- und Logosbegriff in ihrem dialektischen Verhältnis zueinander zurück.54 An späterer Stelle beruft er sich erneut auf Philon, wenn er die Wirkung der platonischen Denktradition auf die christliche Dreieinigkeitsform thematisiert.55
Allerdings dürfen nicht allein Quantität und Ausmaß von Hegels Philon-Bezügen als entscheidender Nachweis für Philons Stellenwert für sein Denken gelten, sondern auch und erst recht die thematischen Zusammenhänge, in denen Hegel auf ihn zu sprechen kommt: Neben (1) der Entwicklungsgeschichte der jüdischen Religionslehre handeln diese Bezugnahmen primär von der jüdisch-platonischen Vorgestalt der Leitgedanken, welche die spekulativen Kerninhalte des Christentums als der Revolution der Weltgeschichte nachhaltig prägten, und zwar (2) von der allegorischen Bibelexegese, vom Geistprinzip und von der Dreieinigkeitslehre. (3) Die Relevanz von Philons Religionsphilosophie für Hegel resultiert zudem aus ihrer systematischen Ortsbestimmung in seiner Geschichte der Philosophie, in der sie ihrer expliziten Deutung wegen als Hauptverkünderin des Neuplatonismus fungiere, dem Höhepunkt der gesamten antiken Metaphysik. (4) Auch für Hegels enzyklopädische Systemschrift ist Philon bedeutsam, denn er beruft sich hier in der Definition seines eigenen spekulativen Naturbegriffes auf dessen Logosprinzip.56

1.2 Philo Judaeus im Curriculum des Tübinger Stifts

Die Annahme, dass Hegel sich bereits während seiner Tübinger Studienzeit Kenntnisse über Philon aneignete, ist keineswegs irrig. Im ersten Kapitel seiner Habilitationsschrift geht Halfwassen unter Berücksichtigung von Hegels implizitem Frankfurter Philon-Bezug davon aus,57 er habe seine Philonkenntnisse bereits während seines fünfjährigen Theologiestudiums im Tübinger Stift erworben. Hierauf deute seine Philondarstellung in den philosophiegeschichtlichen Vorlesungen ebenfalls hin, denn dort „erweist sich Hegel als exzellenter Philon-Kenner“.58 Um diese Vermutung über Hegels Denkentwicklung weiter zu untermauern, greift Halfwassen auf „Themen der Dissertationen und Specimina“ der ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Widmung
  5. Vorwort
  6. Inhalt
  7. Abkürzungsverzeichnis
  8. Einleitung
  9. 1 Die Grundlage der Verbindung zwischen Hegel und Philon – eine Neubewertung
  10. 2 Hegels Philondeutung in den Vorlesungen zur Philosophiegeschichte
  11. 3 Philons Bedeutung für Hegels Verständnis des Christentums und Judentums
  12. 4 Zusammenfassung – Hegel als Interpret Philons
  13. Literaturverzeichnis
  14. Personenregister
  15. Sachregister