Geistliche Liederdichter zwischen Liturgie und Volkssprache
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Geistliche Liederdichter zwischen Liturgie und Volkssprache

Übertragungen, Bearbeitungen, Neuschöpfungen in Mittelalter und Früher Neuzeit

  1. 309 Seiten
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Geistliche Liederdichter zwischen Liturgie und Volkssprache

Übertragungen, Bearbeitungen, Neuschöpfungen in Mittelalter und Früher Neuzeit

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Welchen Beitrag haben die geistlichen Liederdichter des Mittelalters und der Frühen Neuzeit zur volkssprachlichen Aneignung lateinischer Hymnen und Sequenzen in Mittelalter und Früher Neuzeit geleistet? Auf diese Frage antwortet der Sammelband mit dreizehn exemplarischen Fallstudien zu so unterschiedlichen Verfasserinnen und Verfassern wie Walther von der Vogelweide, dem Kanzler, Mechthild von Magdeburg, Mechthild von Hackeborn, Gertrud von Helfta, dem Mönch von Salzburg, Hugo von Montfort, Oswald von Wolkenstein, Heinrich Laufenberg, Michael Beheim, Sebastian Brant und Hans Sachs, die sich im Medium der deutschen Sprache produktiv mit der Tradition des lateinischen liturgischen Lieds auseinandersetzten und so zur Vorgeschichte des Kirchenlieds beitrugen. Der Band fragt nach den rezeptions- und produktionsästhetischen Bedingungen und Leistungen der geistlichen Lieder, ihrer Position im Spannungsfeld von Liturgie und Volkssprache, ihren vielfachen intertextuellen Bezügen untereinander sowie nach den sozialen Milieus, in denen sie gedichtet und gesungen wurden. Der Band richtet sich nicht nur an die germanistische Mediävistik, sondern auch an die Liturgie-, Musik- und Geschichtswissenschaft.

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Information

Jahr
2020
ISBN
9783110667035

Sebastian Brants Übertragung des Mariengrußes Ave, salve, gaude, vale und ihre Aneignung durch den Basler Kartäuser Ludwig Moser

Lydia Wegener

1 Brant oder Moser? Zum Problem der Urheberschaft

Wer sich in Philipp Wackernagels Edition volkssprachlicher geistlicher Lieder über das lyrische Schaffen des Basler Kartäusers Ludwig Moser (1442‒1510) informieren möchte, wird im zweiten Band der umfangreichen Anthologie fündig. Unter den Nummern 1070‒1074 sind unter Mosers Namen zunächst vier Hymnenübertragungen abgedruckt;1 ihnen folgt eine Adaptation des 50strophigen Mariengrußes Ave, salve, gaude, vale, der auch unter dem Titel Crinale B. M. V. bekannt ist und von dem Kartäuser Konrad von Haimburg († 1360) geschaffen wurde.2 Der Wiedergabe der fünf Texte geht folgende Quellenangabe voraus: „Die Lieder stehen im Anhange zu dem Buche Der guldin Spiegel des Sunders. Basel 1497. 8°.“3 Es handelt sich um eine in der Offizin des Basler Druckers Johannes Amerbach erschienene, von Ludwig Moser betreute Inkunabel,4 die aus zwei drucktechnisch voneinander unabhängigen, jedoch meist im Überlieferungsverbund tradierten Teilen besteht:5 einem – aus mehreren Prosaübertragungen zusammengefügten – Hauptteil und einem Anhang, der die von Wackernagel edierten Liedübersetzungen enthält.6 Wackernagels summarische Auskunft zu der von ihm verwendeten Quelle unterschlägt allerdings die unterschiedliche Darbietung der Texte: Während die vier Hymnenübertragungen integraler Bestandteil eines Cursz vom sacrament sind und daher im Inhaltsverzeichnis des Anhangs nicht gesondert aufgeführt werden, kommt der Crinale-Adaptation eine Sonderstellung zu. Nicht nur wird sie als dritter und letzter Text unter dem Titel Sant Bernarts Rosenkrantz extra angekündigt,7 die Vorrede zum Appendix hebt ihre Bedeutung als finales Marienlob zusätzlich hervor.8 Damit avanciert die Crinale-Übertragung zum Schluss- und Höhepunkt nicht nur des Anhangs, sondern der Gesamtpublikation.9
Das Interesse des vorliegenden Beitrages gilt dieser Mariengruß-Dichtung, und zwar nicht allein wegen ihrer herausgehobenen Position im Guldin Spiegel des Sunders, sondern auch und vor allem wegen ihrer Überlieferung in mehreren Versionen, die neben Moser einen weiteren prominenten Namen ins Spiel bringen.
Denn Wackernagels Einordnung des volkssprachlichen Crinale unter die Werke Ludwig Mosers stieß rasch auf entschiedenen Widerspruch. Bereits 1875 – acht Jahre nach der Publikation des zweiten Bandes von Wackernagels Anthologie – stellt Karl Schmidt fest, dass die Übertragung keineswegs als Schöpfung des Basler Kartäusers gelten könne. Vielmehr handele es sich um eine Dichtung des Juraprofessors und Poetik-Dozenten Sebastian Brant, dessen namentlich signiertes Autograph in einem Basler Codex enthalten sei. Diesen Text habe eine fremde Hand mit einigen Änderungen versehen, bevor ihn Moser ohne Hinweis auf den berühmten Urheber veröffentlichte.10 Um hinsichtlich der verschiedenen Versionen der Crinale-Adaptation eine Vergleichsmöglichkeit zu bieten, gibt Schmidt Brants Autograph vollständig wieder. In einem Apparat ergänzt er sowohl die Eingriffe in die Handschrift als auch die darüber hinausgehenden Varianten der gedruckten Version.11
Aus Schmidts Ausführungen und seiner Edition geht eindeutig hervor, dass die deutsche Adaptation von Ave, salve, gaude, vale in drei Versionen existiert:
  1. Das Original stammt von Sebastian Brant. Ergänzend zu Schmidt sei bemerkt, dass die eigenhändige Niederschrift Brants in Cod. A IX 27 der Universitätsbibliothek Basel zu finden ist,12 einer Sammelhandschrift aus dem Besitz der Basler Kartause St. Margarethental.13
  2. Die „Aenderungen von anderer Hand“14 stammen von Ludwig Moser,15 der in Brants Text verschiedentlich inhaltlich und formal eingegriffen hat. Diese Modifikationen bleiben allerdings so dezent, dass von einer konsequenten Umformung der Ursprungsversion nicht die Rede sein kann. Das Resultat ist daher keine eigenständige Fassung, wohl aber eine Bearbeitung des Brantschen Autographs.16
  3. Von dieser zurückhaltenden Abwandlung des originalen Wortlauts unterscheidet sich die zum Druck gelangte Version der Mariengruß-Dichtung eklatant. Hier artikuliert sich durchgängig ein eigenständiger „Formulierungs- und Gestaltungswille“,17 der Brants Übertragung zwar nicht vollständig verdrängt, aber gleichwohl eine neue Textfassung hervorbringt.
Der autonome Status dieser Fassung findet in der nach Schmidts Einlassung entstehenden Forschung allerdings keine Resonanz. Stattdessen erfolgt in den wenigen Beiträgen, die sich mit der Crinale-Übertragung beschäftigen, in unterschiedlicher Weise eine Nivellierung oder zumindest Verwischung der Differenzen zwischen den drei Versionen. Für diese Tendenz gibt es mehrere Gründe: Bei der gedruckten Fassung handelt es sich – wie bereits erwähnt – insofern um ein hybrides Erzeugnis, als sie Brants ursprünglichen Text nicht vollständig ersetzt. Vielmehr werden einzelne Wörter, ganze Verse, aber auch mehrere komplette Strophen aus der vorgängigen Version übernommen.18 Dies lässt es naheliegend erscheinen, die gedruckte Fassung ebenfalls als Werk Brants auszuweisen.19 Die Aufnahme der Adaptation in den von Moser betreuten Guldin Spiegel kann umgekehrt dazu verleiten, die Mariengruß-Dichtung ausschließlich dem Basler Kartäuser zuzuerkennen.20 Diese Entscheidung entweder für den einen oder den anderen Urheber wird dadurch erleichtert, dass die Druckfassung – anders als die Handschrift – auf eine explizite Autorennennung verzichtet. Diese Leerstelle führt außerdem dazu, dass neuere Forschungsbeiträge zwar auf die Eingriffe Mosers in Brants Autograph und ebenso auf deren Übernahme in den Druck hinweisen. Die...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Einleitung
  5. Geistliche Liederdichterinnen? Mechthild von Magdeburg, Mechthild von Hackeborn, Gertrud von Helfta
  6. Leich und Sequenz. Walther von der Vogelweide als geistlicher Liederdichter
  7. Die Gebetsstrophen des Kanzlers im Goldenen Ton – ein ‚geistliches Sangspruchlied‘?
  8. Ein ‚volles Lied‘. Übertragung und Klang am Beispiel der geistlichen Lieder des Mönchs von Salzburg
  9. Kann denn Minne Sünde sein? Poetische Gratwanderungen zwischen Marien- und Frauenverehrung bei Hugo von Montfort und Oswald von Wolkenstein
  10. Die Performanz des Schmerzes. Poetische Inszenierungsstrategien von passio und compassio bei Oswald von Wolkenstein
  11. Das Ich im Fokus. Sprecher-Inszenierungen in den geistlichen Liedern Oswalds von Wolkenstein
  12. Muscatblut, trefflich gut? Zur Konventionalität als Interpretament mittelhochdeutscher Lyrik am Beispiel von Muskatbluts Marienlied Na lust reit ich (Groote 18)
  13. Kanonische Texte in poetischer Form Zur Versifikation von Evangelienabschnitten im Berliner Hans Sachs-Autograph
  14. Geschichten über Lucifer im anonymen Meistergesang des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts. Unter besonderer Berücksichtigung der Lieder in Regenbogens ‚Langem Ton‘
  15. Ars memorativa und Strategien der Heilssicherung in lyrischen Texten Heinrich Laufenbergs. Drei exemplarische Lektüren
  16. Sebastian Brants Übertragung des Mariengrußes Ave, salve, gaude, vale und ihre Aneignung durch den Basler Kartäuser Ludwig Moser
  17. Autorschaft im frühen Druckhymnar Zum Selbstverständnis von Petrus Tritonius und Leonhard Kethner
  18. Index
  19. Abkürzungsverzeichnis
  20. Autorenverzeichnis