Das Bild der Schweiz bei den Papstgesandten (1586-1654)
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Das Bild der Schweiz bei den Papstgesandten (1586-1654)

Die Ständige Nuntiatur in Luzern. Mit einer Dokumentation von Instruktionen und Berichten aus dem Geheimarchiv des Vatikans

  1. 354 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Das Bild der Schweiz bei den Papstgesandten (1586-1654)

Die Ständige Nuntiatur in Luzern. Mit einer Dokumentation von Instruktionen und Berichten aus dem Geheimarchiv des Vatikans

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Schaut man sich die Beziehung zwischen Papsttum und Eidgenossenschaft in der Frühen Neuzeit an, so sticht der "Schweizer Fall" in besonderer Weise heraus. Hier hatten es die Gesandten aus Rom nicht mit den in Europa üblichen monarchisch-adeligen Strukturen zu tun. Hatten frühere Historiker die Eidgenossen als "tapfere Kämpfer" dargestellt, ist die Geschichtsforschung seit den 1990er-Jahren dazu übergegangen, die Eidgenossenschaft als eine komplexere Gemeinschaft zu betrachten. Hier kann der "außenstehende Blick" eines Gesandten nützlich sein, um andere Elemente mit einzubeziehen, die bisher in der Erforschung nicht beachtet wurden.
Dieses Werk verfolgt zweierlei Zwecke: Einerseits geht es um eine Analyse des Schweiz-Bildes der Nuntien von 1586 bis 1654, andererseits will diese Studie künftige Forschungen durch die Edition der Korrespondenz unterstützen.
Die Grundlage für die Meinungsbildung der Päpste über "fremde Völker" lieferten vor allem ihre Gesandten. Sie waren die Augen, Ohren und Zunge der Päpste in der Ferne. Was die Nuntien nach Rom berichteten und was man ihnen aus Rom mitteilte, erhellt, wie das Papsttum und die damalige Schweiz miteinander verbunden waren und wie Menschen damals dachten.

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Information

Jahr
2021
ISBN
9783110718317
Auflage
1
Thema
Storia

1 Einleitung

Die Hauptaufgabe eines Papstes besteht seit jeher darin, eine Botschaft zu verkünden und für sie einzustehen. Als Oberhaupt der katholischen Kirche hat er vor allem eine „spirituelle“ Funktion, die aber im Laufe der Jahrhunderte unweigerlich auch mit politischen und somit weltlichen Belangen in Berührung kam. Päpste waren nie nur Bischöfe von Rom, die sich einzig um die Seelsorge in der Ewigen Stadt kümmerten. Galten sie noch zu Petri Zeiten als unpolitische Anführer, so war dies seit der Kaiserzeit Konstantins nicht mehr der Fall. Durch ihre Verweigerung der Opfer für den Kaiser begann die politische Dimension des Petrusamtes. Neben der simplen Verkündung einer Botschaft gehört das Fortleben von Traditionen in der katholischen Kirche zu den Grundaufgaben, die die Päpste als ihre elementarste Aufgabe betrachten. Traditionsbrüche und Auseinandersetzungen mit Mentalitäts- und Kulturunterschieden gehören deshalb zu den interessanten Merkmalen, die ein Historiker bei der Untersuchung der Wirkung der katholischen Kirche in Europa herausarbeiten kann. Denn damit können über die Kirchengeschichte hinaus Zusammenhänge und allgemeine Entwicklungen der Vergangenheit anschaulich und verständlich dargestellt werden.1
Auseinandersetzungen, Missverständnisse bis hin zu Kriegen prägten auch die katholische Kirche und das Papsttum. Die Grundlage für die Meinungsbildung der Päpste über „fremde Völker“ lieferten vor allem ihre Gesandten, die die lateinische Bezeichnung „Nuntius“ tragen. Sie waren die Augen, Ohren und Zunge der Päpste in einem weit von Rom entfernten Land. Die vorliegende Schrift will den Fokus auf die Nuntien legen und zwar mit dem Schwerpunkt auf die Eidgenossenschaft des 16. und 17. Jahrhunderts. Was die Nuntien nach Rom berichteten und was man ihnen aus Rom mitteilte, zeigt uns heute auf, wie das Papsttum und die damalige Schweiz miteinander verbunden waren sowie wie ein Großteil der Menschen damals dachte.2
Doch all dies gebietet dem Historiker, der seinen Blick durch die Geschichte hindurch auf grundsätzliche Fakten lenkt, mit der Festlegung von Sach- und Begriffslagen anhand von Meinungen, Erinnerungen und Beschreibungen vorsichtig zu sein.3 Der Begriff „Mentalität“ ist vielschichtig bis umstritten. In dieser Schrift wird dieses Stichwort als „kultureller Kontext“ verstanden. Jeder Mensch denkt anders, ist aber von seinem unmittelbaren Umfeld direkt betroffen. Dazu gehören Sprache, Zugehörigkeit zu einem bestimmten sozialen Milieu, religiöses Umfeld und politische Situation im unmittelbaren sowie näheren Umfeld.4
Schaut man sich dann die Beziehung des Papsttums zur Eidgenossenschaft im Spätmittelalter und Frühen Neuzeit an, so sticht der „Schweizer Fall“ in besonderer Weise heraus. Hier hatten es die Gesandten aus Rom nicht mit den in Europa üblichen monarchisch-adeligen Strukturen zu tun. Hatten frühere Historiker die Eidgenossen jener Zeit als „tapfere Befreiungsmenschen“ dargestellt – oder waren zumindest davon ausgegangen –, ist die Geschichtsforschung seit den 1990er-Jahren dazu übergegangen, die Eidgenossenschaft als eine komplexere und vielschichtige Gemeinschaft zu betrachten. Hier kann der „außenstehende Blick“ eines ausländischen Gesandten nützlich sein, um andere Elemente, die bisher in der Erforschung nicht beachtet oder anders betrachtet wurden, mit einzubeziehen.5
Dieses Werk verfolgt zweierlei Zwecke: Einerseits geht es um eine Analyse des Schweiz-Bildes der Nuntien von 1586 bis 1654, andererseits will diese Studie auch künftige Behandlungen des Themas „Nuntiatur in der Schweiz“ durch die Edition mit Übersetzungen von Korrespondenz-Texten unterstützen.6
Diese Arbeit ist folgendermaßen aufgebaut: Ausgehend von einem kurzen historischen Abriss der Entwicklung und Bedeutung des Papsttums und der Pontifikate von 1586 bis 1654 in Kapitel 2 werden auch die Aufgaben und das Umfeld der Nuntien erörtert. Daran anschließend werden in Kapitel 3 die Basis der Bildkonstruktion der Nuntien in der Eidgenossenschaft dargelegt. Der Kern dieser Arbeit ist die Aufarbeitung der Korrespondenz der einzelnen Nuntien (Kapitel 4), die in chronologischer Reihe vorgestellt werden, sowie eines Überblicks über die Instruktionen an die Nuntien und Berichte von Gesandten. Die Schlussfolgerungen und Ausblicke auf mögliche weitere Untersuchungsfelder bildet Kapitel 5. Im Anhang werden Instruktionen in einer eigenen Übersetzung aufgelistet.7
In ihrer Korrespondenz haben die Nuntien in der Eidgenossenschaft ihr Gastland und die Menschen, die dort leben, beschrieben. Die Gäste aus Rom hatten ein bestimmtes Bild in ihrem Kopf. Vorurteile, Stereotypen und Klischees gehören zum menschlichen Denken dazu. Es geht hier aber nicht um Marotten, also Einstellungen, über die man sich lustig machen kann. Stereotypen und Vorurteile sind kulturelle Kontexte, die eine Gemeinschaft durch ihre Geschichte, geographische Lage, Sprache und sozio-politische Situation „aufsammelt“. Eine Gemeinschaft entwickelt Vorurteile und Stereotypen gegenüber anderen Gemeinschaften und umgekehrt. Im Falle der Nuntien in der Eidgenossenschaft haben wir es mit zweierlei Sichtweisen zu tun. Einerseits der Blick von Italienern auf Schweizer und andererseits der Blick von kurialen Adeligen auf ländliche Patrizier und „einfache Leute“.8
Denkt man im heutigen 21. Jahrhundert an Vorurteile gegenüber Schweizern, dann denkt man an den Ordnungssinn, Pünktlichkeit und wirtschaftliche Qualitäten. Die Schweiz gilt als reiches, sauberes und geregeltes Land. Die römische Kurie wird hingegen als „Kontrollzentrum“ wahrgenommen, das aber nicht mehr von römischen Adeligen geführt wird. Soviel zur heutigen Zeit. Ende des 16. bis Mitte des 17. Jahrhunderts gab es noch keine Schweizer Schokolade, Banken und Taschenmesser, die als Aushängeschilder der Eidgenossen dienten. Doch damals gab es durchaus Sinnbilder, die man als „typisch schweizerisch“ betrachtete. Diese waren verbunden mit den Taten der Eidgenossen und der geographischen Lage der Eidgenossenschaft. Warum aber den Blick auf das 16. und 17. Jahrhundert werfen? In dieser Arbeit werden auch zwei konkrete Jahreszahlen genannt. Diese sind nicht willkürlich ausgewählt. Sie entsprechen der Einsetzung der ständigen Nuntiatur in Luzern im Jahr 1586 und dem Ende der homogenen Phase von Nuntien im Jahr 1654. Was alle diese Gesandten aus Rom verband, war die Tatsache, dass es sich um Diözesanbischöfe eines italienischen Bistums handelte, die aber fern von ihrem Heimatbistum im Namen des Papstes im Einsatz waren.9 Was vor 1586 und nach 1654 anders war, würde einen vergleichenden Blick auf die Entwicklung erschweren.10
Ausgangspunkt der Auseinandersetzung mit dem Thema ist die sogenannte Mentalitätsgeschichte. Sie versucht „zwischen den Zeilen“, die gedanklichen und vor allem kulturell-bedingten Entwicklungen aufzuzeigen. Vorurteile und Stereotypen können in Briefen und vor allem in konkreten Beschreibungen viel über ein Land oder Menschengruppen aussagen. Doch gleichzeitig muss man sich davor hüten, nicht selber mit Vorurteilen und „vorgefertigten Meinungen“ die zu analysierenden Perspektiven anzugehen.11
Diese Arbeit will einen Beitrag dazu leisten, aus Nuntiaturberichten ein historisches Gesamtbild einer bestimmten Zeit – vom Ende des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts – über die Wahrnehmung der Identität im europäischen Kontext jener Zeit zu erstellen. Da es sich um ein spezifisches geographisches Gebiet Europas handelt – in diesem Falle die Schweiz – und die „Berichterstatter“ allesamt Italiener waren, geht es also um eine konkrete Betrachtung, die im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht.12
Was hier untersucht werden soll, sind „kohärente und selektive Darstellungen“ von Protagonisten, die aus einem bestimmten kulturellen, historischen und religiösen Kontext stammen. Es geht um Veränderungsprozesse, die kausale Zusammenhänge zwischen Situationen und Ereignisse betonen. Da es sich nicht um abstrakte Wesen, sondern um konkrete Menschen handelt, die eine eigene Biographie und Prägung vorweisen, berücksichtigt diese Schrift die anthropologische Komponente der Protagonisten. Wie bereits etliche Historiker, die sich mit Nuntiaturberichten auseinandergesetzt haben, betont haben, besteht die große Herausforderung und Faszination, sich überhaupt mit Nuntiaturberichten auseinanderzusetzen, darin, die Herausforderung des Fremden anzunehmen. Die Nuntien haben nach Rom geschrieben, um einerseits ihre Gastgeber zu beschreiben und Weisungen aus der Zentrale einzuholen, aber andererseits stellen sich die Nuntien auch selber mit ihrem „Blickpunkt“ in den Vordergrund.13
Nun könnte man einwenden, dass es bei den Nuntiaturberichten und Instruktionen um „langweilige“ und nichtssagende Texte handelt, wenn man sie mit Reiseberichten und Tagebüchern anderer „Ausländer“ in der Schweiz vergleicht. In der Tat sind Werke wie jene, die beispielsweise der Fürstabt von St. Gallen Celestino Sfondrati um 1696 verfasst hat, inhaltlich „spannender“ und für die wissenschaftliche Aufarbeitung von großer Bedeutung.14 Aus dem 16. und 17. Jahrhundert sind auch viele „persönliche“ Texte von und über Söldner zu finden, weniger hingegen von Diplomaten, wie es die Nuntien waren. Das lag wohl daran, dass sie ihre persönliche Sicht und Meinung aus Karriere bedingten Gründen zu verbergen suchten. Was man aber aus ihren Schriften herauslesen kann, ist ihre Sicht, die nicht nur den „Blick der Kirche“ widerspiegelt, sondern auch die Interessenfelder des jeweiligen Papstes und der Kurie sowie das allgemeine Empfinden gegenüber den Menschen, die in der Eidgenossenschaft lebten. Insofern sind die „trockenen Texte“ der Nuntien für die Wissenschaft der Historiker durchaus interessant und wichtig.15
Es sei hier noch auf einen weiteren Punkt hingewiesen: In den Texten der Nuntien selber wird der Begriff „Schweiz“ bzw. auf Italienisch „Svizzera“ verwendet, was streng genommen nicht ganz korrekt ist. Bis heute streitet man in der Schweiz – nicht nur unter Historikern –, ab wann die Schweiz so bezeichnet werden darf. Die französischen Gesandten in der Eidgenossenschaft bezeichneten im ab dem 16. Jahrhundert das Bündnissystem der dreizehn Orte als „Corpus Helveticum“ oder „corps helvétique“.16
Die Päpste, die römische Kurie und die Nuntien verstanden schon im 16. ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. 1 Einleitung
  5. 2 Historische Ausgangslage
  6. 3 Bild und Bildkonstruktionen: Die Perspektive des Nuntius
  7. 4 Die Korrespondenz der Nuntien in Luzern
  8. 5 Schlussfolgerung
  9. 6 Anhang: Berichte und Instruktionen im Wortlaut
  10. Abkürzungen
  11. Bibliographie
  12. Nachwort des Apostolischen Nuntius bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft und im Fürstentum Liechtenstein, Erzbischof Thomas E. Gullickson
  13. Personenregister
  14. Ortsregister