Große Gesellschaftsverträge aus Geschichte und Gegenwart
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Große Gesellschaftsverträge aus Geschichte und Gegenwart

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Über dieses Buch

Große Gesellschaftsverträge und Satzungen gehören zu den Schlüsseltexten des Gesellschaftsrechts. Dieser Band versammelt ausgewählte Statuten, erläutert sie in begleitenden Essays und wirft einen Blick auf die hinter ihnen stehenden Unternehmen und Organisationen. Zeitlich reicht der Bogen von der altrömischen societas über die Florentiner Medici, die Augsburger Fugger und die niederländisch-ostindische Compagnie bis hin zur Gründung von Google. Sachlich wird fast das gesamte Spektrum von Zweckzusammenschlüssen abgedeckt, von den Industrieschwergewichten Siemens, Allianz und Deutsche Telekom über den Massenverein ADAC und die HSV Fußball AG bis hin zur Bucerius Law School. Ein Stück deutscher Wirtschaftsgeschichte erzählen die Statuten der IG Farben, von Auto Union und Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. Insgesamt laden die 27 Einzelbeiträge ein zu einer (Neu-)Befassung der Rechtswissenschaft mit Gesellschaftsverträgen und schlagen zugleich die Brücke zur Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte.

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Information

Jahr
2021
ISBN
9783110733877
Auflage
1
Thema
Law

§ 1 Die societas danistariae aus Siebenbürgen (CIL III 950)

Eine gemeinsame wirtschaftliche Unternehmung aus der Zeit des Gaius (166/167 n. Chr.)
Andreas Martin Fleckner
Amin Kachabia
Am 24. Juli 1855 wurden aus dem verlassenen Stollen einer siebenbürgischen Goldgrube mehrere Wachstafeln geborgen1 – zusammen mit einem Tisch, diversen Gefäßen, Löffeln, Tonlampen, einem Goldklumpen, Wollfetzen sowie einem Zopf von über einem halben Meter Länge, geflochten aus sehr feinem, dunkelbraunem Haar und offenbar direkt am Kopf abgeschnitten.2 Welches möglicherweise traurige Schicksal sich mit dem Zopf und den Gebrauchsgegenständen verbindet, ist bis heute ebenso unklar wie die Frage, ob diese Gegenstände irgendeinen historischen Wert haben.3 Klar ist dagegen, dass zwei der in der Goldgrube gefundenen Wachstafeln aus gesellschaftsrechtlicher Sicht wahre Goldstücke, geradezu Jahrtausendfunde sind, denn sie enthalten die einzige aus der Antike überlieferte lateinischsprachige Vereinbarung, die sich als Gesellschaftsvertrag verstehen lässt.4
Der Vertrag hat die folgende Gestalt:
Abb. 1 Tafel 1 (Rückseite)5
Abb. 2 Tafel 2 (Vorderseite)
Die hier abgedruckten Abbildungen stammen aus dem von Theodor Mommsen (1817–1903) im Jahre 1873 herausgegebenen dritten Band des Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL III), einer Sammlung lateinischer Inschriften, in die auch die Wachstafeln aus Siebenbürgen aufgenommen wurden.6 Bei den Abbildungen handelt es sich um Zeichnungen von Karl Zangemeister (1837–1902),7 einem langjährigen CIL-Mitarbeiter,8 der sich maßgeblich um die Entzifferung der beiden Tafeln verdient gemacht hat.9
Dass Ausgangspunkt und Grundlage dieses Beitrages von Hand angefertigte Zeichnungen und nicht etwa Photographien oder sonstige mechanische Reproduktionen der Wachstafeln sind, hat einen ebenso einfachen wie bedauerlichen Grund: Die Originale selbst, also die beiden in Siebenbürgen geborgenen Wachstafeln, sind seit langer Zeit verschollen. Von den mehreren10 Tafeln, die am 24. Juli 1855 gefunden wurden,11 kamen im November 1855 neun12 ins Ungarische Nationalmuseum nach Pest, heute Teil von Budapest.13 Die übrigen Wachstafeln gingen an einzelne Einrichtungen und Personen im unmittelbaren Umfeld des Fundes; ihre Spur verlor sich so schnell, dass bereits unter Zeitgenossen unklar war, welche Tafeln an wen weitergereicht worden waren und wo sie sich jetzt befanden.14
Von den beiden Wachstafeln, die im Mittelpunkt dieses Beitrages stehen, lässt sich nur sagen, dass sie höchstwahrscheinlich nicht nach Pest gekommen,15 sondern zunächst in Siebenbürgen geblieben sind.16 Denn hier, konkret in Nagyenyed (Straßburg am Mieresch, heute Aiud), hat sie Mommsen gut zwei Jahre nach ihrer Entdeckung auf einer Forschungsreise im Original gesehen und erstmals zu entziffern versucht (September/Oktober 1857).17 Ein Jahrzehnt später wurden die beiden Tafeln von den Königlichen Museen zu Berlin erworben und inventarisiert (1867).18 Unmittelbar darauf gelangten sie zur Vorbereitung der CIL-Edition nach Gotha,19 wo Zangemeister seinerzeit als Bibliothekar wirkte (1868–1873).20
In Gotha verliert sich die Spur der beiden Wachstafeln. Ob sie von hier jemals wieder nach Berlin zurückgekommen sind, ist unklar. In der Überschrift der CIL-Edition nennt Mommsen Berlin als Aufbewahrungsort der Tafeln (1873).21 Aber diese Angabe könnte sich auch schlicht darauf beziehen, wo die Tafeln inventarisiert waren, ohne damit den aktuellen Aufenthaltsort zu bezeichnen. Deutlicher für eine Rückkehr der Tafeln nach Berlin spricht, dass sie offenbar einige Zeit später noch von Otto Hirschfeld (1843–1922), dem Nachfolger von Mommsen an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin (ab 1885), inspiziert wurden; die näheren Umstände dieser Einsichtnahme, insbesondere ihr Ort und Zeitpunkt, sind allerdings unbekannt (spätestens 1893).22 Weitere „Lebenszeichen“ der beiden Wachstafeln fehlen. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg wurden die Tafeln im Inventarbuch der Berliner Museen als nicht mehr auffindbar notiert („wo jetzt?“, eingetragen zwischen 1899 und 1935).23
Alle Versuche in Vorbereitung dieses Beitrages, die beiden Wachstafeln doch wieder aufzuspüren, sind bislang erfolglos geblieben.24 Aktuell das beste und leider auch einzige Mittel, um sich einen Eindruck von dem Vertrag auf den Wachstafeln zu verschaffen, sind daher die CIL-Zeichnungen von Zangemeister. Wie originalgetreu diese Zeichnungen sind, lässt sich ohne das Original bzw. andere Reproduktionen, mit denen die CIL-Zeichnungen verglichen werden könnten, nicht mehr überprüfen.25 Da Zangemeister die Tafeln nicht nur gezeichnet, sondern auch entziffert hat, ist trotz seiner großen Erfahrung und Verdienste eine gewisse Skepsis nicht unberechtigt.26 Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass Zangemeister im Zweifel gezeichnet hat, was er lesen zu können glaubte, also Unklarheiten im Original unbewusst oder sogar bewusst in eine bestimmte Richtung verändert hat.27
Wie bereits diese Vorbemerkungen und die Abbildungen vermuten lassen, bereitet es einige Schwierigkeiten, den genauen Inhalt des Vertrages zu rekonstruieren, der auf den beiden Wachstafeln überliefert ist. In einem ersten Schritt wird deshalb der Versuch unternommen, die bisherigen Lesarten zusammen mit eigenen Ergänzungen in einer neuen Fassung zu konsolidieren und den so gewonnenen Text ins Deutsche zu übersetzen (I.). Im Anschluss wird der Vertrag mit den Regeln verglichen, denen die Parteien bzw. ihre vertraglichen Klauseln mutmaßlich unterlagen (II.). Hiermit ist der Boden bereitet, um in einem dritten und letzten Schritt der Frage nachzugehen, warum die Parteien den Vertrag überhaupt geschlossen haben, was also die Motive für die Gründung einer gemeinsamen Unternehmung bzw. für die Verschriftlichung des Vertrages auf den Wachstafeln waren (III.). Primärer Zweck der drei Abschnitte ist es, dem gesellschaftsrechtlichen Publikum die vertragliche Vereinbarung vorzustellen. Gleichzeitig besteht die Hoffnung, so ein wenig dazu beizutragen, dass das urkundliche Material in der Diskussion um die gemeinsamen wirtschaftlichen Unternehmungen des Altertums mehr Aufmerksamkeit erhält.28

I. Die vertragliche Vereinbarung

Zentraler Referenzpunkt des Beitrages ist die vertragliche Vereinbarung, die auf den beiden Wachstafeln beurkundet ist. Im wörtlichen wie im übertragenen Sinne lässt sich dieser Vereinbarung am besten näh...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Gesellschaftsverträge und Satzungen im Wandel der Zeiten
  5. § 1 Die societas danistariae aus Siebenbürgen (CIL III 950) Eine gemeinsame wirtschaftliche Unternehmung aus der Zeit des Gaius (166/167 n. Chr.)
  6. § 2 Die Gesellschaftsverträge der Medici – Pioniere des Personengesellschafts-konzerns
  7. § 3 Der erste schriftliche Gesellschaftsvertrag von Ulrich, Georg und Jakob Fugger: Frühform des OHG-Rechts
  8. § 4 Der Gesellschaftsvertrag zwischen Francisco Pizarro, Diego de Almagro und Hernando de Luque – Vorstudie zu einer Gesellschaftsrechtsgeschichte der atlantischen Expansion –
  9. § 5 Die Vereinigte Ostindische Compagnie der Niederlande zwischen privater Handelsgesellschaft und staatlicher Kolonialagentur
  10. § 6 Die Erste Group Bank AG – Stärkung des wirtschaftlichen Wohlergehens der Kunden als Unternehmenszweck
  11. § 7 Die Privatbank Sal. Oppenheim jr. & Cie.: Eine Bankiersfamilie und ihr Unternehmen im Spiegel ihrer Gesellschaftsverträge
  12. § 8 Die Siemens AG: Rechtliche Wegmarken von der Familien- zur Publikumsgesellschaft
  13. § 9 „Mother of Trusts“: Das Standard Oil Trust Agreement
  14. § 10 Von der Aktiengesellschaft zur Societas Europaea – die Satzungsgeschichte der Allianz
  15. § 11 Der Massenverein – Die Satzung des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs e.V.
  16. § 12 Der transnationale Verein – die Statuten der Fédération Internationale de Football Association (FIFA)
  17. § 13 Von der privaten zur staatlichen Aktiengesellschaft – die Satzung der Hamburger Hochbahn AG
  18. § 14 Die I.G. Farbenindustrie AG Die Geschichte eines deutschen Industriegiganten im Spiegel seiner gesellschaftsvertraglichen Grundlagen
  19. § 15 Der erste (verstaatlichte) Automobilkonzern – Der Gesellschaftsvertrag der Auto Union Aktiengesellschaft
  20. § 16 Die Familie als Unternehmen – Der Gesellschaftsvertrag der Tchibo GmbH
  21. § 17 Die unternehmensverbundene Stiftung – Die Satzung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung
  22. § 18 Vom Staatsunternehmen zur börsennotierten Aktiengesellschaft – Die Satzung der Deutschen Telekom AG
  23. § 19 Der weltweite Technologiekonzern – Die Satzung der Google Inc./Alphabet Inc.
  24. § 20 Die Idee der Welt-AG: Das Business Combination Agreement von Daimler-Benz/Chrysler
  25. § 21 Der staatliche Kulturkonzern – der Gesellschaftsvertrag der Bundestheater-Holding GmbH
  26. § 22 Die gemeinnützige Kapitalgesellschaft – Der Gesellschaftsvertrag der Bucerius Law School gGmbH
  27. § 23 Air Berlin: Close corporation und PLC & Co. KG – Rechtsformenarbitrage mit angloamerikanischen Scheinauslandsgesellschaften
  28. § 24 Der deutsch-österreichische Familien-Automobilkonzern – der Gesellschaftsvertrag der Porsche Piëch Holding GmbH
  29. § 25 Vom Amateurverein zur Profisport-Kapitalgesellschaft – Die Satzung der HSV Fußball AG
  30. § 26 Die stille Publikumsgesellschaft – Der Beteiligungs- und Gesellschaftsvertrag der Garbe Logimac AG
  31. § 27 Die supranationale Gesellschaft – die Satzung der Airbus SE
  32. Die Vermessung der Welt der Gesellschaftsverträge und Satzungen
  33. Verzeichnis der Autorinnen und Autoren